Diese Ausarbeitung befasst sich mit Heinrich Heines Nordsee-Zyklus (1825/26) und den Themen der unerfüllten Liebe und dem Liebesleid des lyrischen Ichs. Schon der gewählte Untertitel von Heinrich Heine zeigt, dass es sich um einen Zyklus handelt oder besser gesagt, dass er diese Gedichtreihung Zyklus nannte. Erschienen ist der Nordsee-Zyklus im Buch der Lieder sowie in Einzelausgaben. Zu Beginn wird kurz erläutert, was ein Zyklus ist.
Ein Zyklus ist eine Gruppe von selbstständigen, in narrativer Sukzession oder thematischer Variation aufeinander bezogenen Gedichten, Dramen oder Erzähltexten. Der Zyklus berücksichtigt die in Bezug auf die Textgesamtheit je unterschiedlich stark eingeschränkte, aber nie vollständig reduzierte Autonomie der Teiltexte. Verknüpfungen zwischen Teiltexten können nach raum-zeitlichem, nummerischem oder inhaltlichem Ordnungsmuster sein.
Der Gedichts-Zyklus selbst ist keine Gattung, jedoch eine unkanonische Sekundärgattung. Es gibt verschiedene Typen von Beziehungen zwischen den Gedichten, wie die zeitlich vs. nicht-zeitliche, poetische oder thematische. Zudem lassen sich zwei Gruppierungen innerhalb eines Zyklus festmachen, die Direkt- und Nahbeziehung oder die Distanzbeziehung zwischen den Teiltexte. Typisch für einen Zyklus ist, dass jedes Gedicht mit zu mindestens einigen Elementen seines Bedeutungsaufbaus und mit seiner Position unter den anderen Gedichten für das zyklische Ganze bedeutungstragend ist. Daraus folgt, dass das zyklische Ganze die Autonomie seiner Einzelgedichte wahren muss. Dies bedeutet nicht, dass der Zyklus keine Elemente aufweisen darf, welche der Ganzheitsvorstellung wiedersprechen. Doch die Anordnung der Gedichte muss als Ganze gelesen eine mehr oder weniger prägnante Kompositionsidee und eine darin verankerte Sinngestalt ergeben, die in den Einzelgedichten nicht unbedingt enthalten sein muss. Demnach ist der Gedichts-Zyklus eine prinzipiell offene Form
Inhaltsverzeichnis
Der Nordsee-Zyklus
Was ist ein Zyklus?
Thema und Intention des Nordsee-Zyklus
1. Verlauf des Zyklus und freie Rhythmen
2. Das lyrische ICH und die unerfüllte Liebe
Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Der Nordsee-Zyklus
Diese Ausarbeitung befasst sich mit Heinrich Heines Nordsee-Zyklus (1825/26) und den Themen der unerfüllten Liebe und dem Liebesleid des lyrischen Ichs. Schon der gewählte Untertitel von Heinrich Heine zeigt, dass es sich um einen Zyklus handelt oder besser gesagt, dass er diese Gedichtreihung Zyklus nannte. Erschienen ist der Nordsee-Zyklus im Buch der Lieder sowie in Einzelausgaben (vgl. Börner 2005, S. 159). Zu Beginn wird kurz erläutert, was ein Zyklus ist.
Was ist ein Zyklus?
Ein Zyklus ist eine Gruppe von selbstständigen, in narrativer Sukzession oder thematischer Variation aufeinander bezogenen Gedichten, Dramen oder Erzähltexten. Der Zyklus berücksichtigt die in Bezug auf die Textgesamtheit je unterschiedlich stark eingeschränkte, aber nie vollständig reduzierte Autonomie der Teiltexte. Verknüpfungen zwischen Teiltexten können nach raum-zeitlichem, nummerischem oder inhaltlichem Ordnungsmuster sein (vgl. Reallexikon 2013, S. 899).
Der Gedichts-Zyklus selbst ist keine Gattung, jedoch eine unkanonische Sekundärgattung (vgl. Fieguth 2005, S. 407). Es gibt verschiedene Typen von Beziehungen zwischen den Gedichten, wie die zeitlich vs. nicht-zeitliche, poetische oder thematische (vgl. ebd., S. 410). Zudem lassen sich zwei Gruppierungen innerhalb eines Zyklus festmachen, die Direkt- und Nahbeziehung oder die Distanzbeziehung zwischen den Teiltexten (vgl. ebd., S. 411). Typisch für einen Zyklus ist, dass jedes Gedicht mit zu mindestens einigen Elementen seines Bedeutungsaufbaus und mit seiner Position unter den anderen Gedichten für das zyklische Ganze bedeutungstragend ist. Daraus folgt, dass das zyklische Ganze die Autonomie seiner Einzelgedichte wahren muss (vgl. ebd., S. 413). Dies bedeutet nicht, dass der Zyklus keine Elemente aufweisen darf, welche der Ganzheitsvorstellung wiedersprechen. Doch die Anordnung der Gedichte muss als Ganze gelesen eine mehr oder weniger prägnante Kompositionsidee und eine darin verankerte Sinngestalt ergeben, die in den Einzelgedichten nicht unbedingt enthalten sein muss. Demnach ist der Gedichts-Zyklus eine prinzipiell offene Form (vgl. ebd, S. 414).
Thema und Intention des Nordsee-Zyklus
1. Verlauf des Zyklus und freie Rhythmen
Die Untertitel der einzelnen Gedichte vom Zyklus Nordsee ergeben eine narrative Abfolge, wie durch den Aufbruch des lyrischen Ichs im Meergruß (1. Gedicht) und der Rückkehr Im Hafen sowie dem Epilog erkennbar ist. Diese Abfolge wirkt auf den Leser wie eine Reise oder Schifffahrt des lyrischen Ichs. Das Versmaß im Nordsee-Zyklus entspricht den freien Rhythmen und reimlosen Versen mit damals neuartigen Strophenmustern und Kombinationen von Versmaß (vgl. ebd., S.176). Heine verwendet diese unregelmäßigen, langen, stark rhythmisierten, reimlosen Verse, wodurch er sich von der Dichtung der meisten seiner Zeitgenossen unterscheidet, bei denen die Reimstrophe vorherrschend war. Zudem vermischt er unterschiedlichste Themen, Motive, Stimmungen und Tonlagen, deren oberflächliche Einheit sich nur durch das Meer und die Schifffahrt ergibt. Das Sprunghafte und Dynamische der einzelnen Gedichte wirkt dabei wie ein Sinnbild für die Wechselhaftigkeit des Meeres (vgl. ebd., S. 181). Ein weiteres gemeinsames Thema der einzelnen Gedichte ist die unerfüllte Liebe und das Liebesleid des lyrischen Ichs.
2. Das lyrische ICH und die unerfüllte Liebe
Im Nordsee-Zyklus scheint der Inhalt zwar zunächst größtenteils ein typisch romantischer zu sein, besonders in Bezug auf das Thema unglückliche Liebe vor einer Naturkulisse, die als Spiegelbild für die Gefühle des lyrischen Ichs dient, doch wird dieser Gegenstand anders als in Heines bisherigen Gedichten behandelt. Schon durch das Verlassen der herkömmlichen Reimstrophe der romantischen Dichtung zu freien Rhythmen, wird dies deutlich.
Das erste Gedicht Meergruß stellt den Aufbruch des lyrischen Ichs dar. Mit den Worten „Thalatta, Thalatta“ (1. Str., Vs. 1) begrüßt er das „ewige Meer“ (1. Str., Vs.1), wie einst die Griechen auf einem Rückzug das Meer als erste Verbindung zur Heimat begrüßten (vgl. 1 Str., Vs. 5-8). Durch den Vers „Du tapferes Rückzugherz“ (5. Str., Vs. 1) wird klar, dass die Griechen sich auf der Rückkehr befanden. Ebenso wie den Griechen wird dem lyrischen Sprecher das Meer zur Rettung, weil es ihm eine Möglichkeit bietet, die Fremde zu verlassen: „O! wie hab ich geschmachtet in öder Fremde!“ (4. Str., Vs. 1). Er fühlt sich wie in einer „dunklen Krankenstube“ (4. Str., Vs. 6), die er nun verlassen kann und der „smaragdene Frühling ihm entgegen strahlt“ (vgl. 4. Str., Vs. 7-8). In der Vergangenheit wurde das lyrische Ich von „des Nordens Barbarinnen“ (5. Str., Vs. 3) bedroht, was Heine in der letzten Strophe mittels Kriegsmetaphern schildert. Es handelt sich also um Liebesprobleme des lyrischen Ichs, welche ihn schließlich bis ans Meer drängen, „dem lieben, rettenden Meer“ (5. Str., Vs. 15). Das Meer „hilft“ dem lyrischen Sprecher dann bei der Befreiung von Liebesleiden. Dass jedoch keine endgültige Rettung zu erhoffen ist, wird bereits durch das nächste Gedicht Gewitter angedeutet.
In dem Gedicht Gewitter, ist das lyrische Ich noch nicht direkt in das Geschehen involviert, sondern das Gewitter wird von einer anderen Person vom Land aus beschrieben: „Armes, lustiges Schifflein, Das dort dahintanzt den schlimmsten Tanz!“ (2. Str., Vs. 1-2). Heine verwendet für die gesamte Situation Begriffe wie „schwarze Wolkenwand“ (1. Str., Vs. 2); „wüste, wogende Wasser“ (1. Str., Vs. 6); „zitternde Seele“ (2. Str., Vs. 9) und die Wellen treten personifiziert als „Wellenrosse“ (1. Str., Vs. 8) auf, welche eine düstere Stimmung hervorrufen. Am Schluss des Gedichtes steht ein Hilferuf zu den Dioskuren nach Rettung „der zitternden Seele“ (2. Str., Vs. 9). Durch das darauffolgende Gedicht, entsteht ein Zusammenhang zwischen dem Naturereignis und dem Seelenzustand des Liebenden, denn auf das Gewitter folgt der Schiffbrüchige.
Die metaphorische Ebene fließt direkt ineinander über, denn nach dem Gewitter heißt es in den ersten Versen des nächsten Gedichtes: „Hoffnung und Liebe! Alles zertrümmert! Und ich selber, gleich einer Leiche“ (1. Str., Vs. 1-2). In der Zukunft wie auch in der Vergangenheit sind dem lyrischen Ich nur Kummer und Elend (1. Str. Vs. 7) gegeben. Im weiteren Verlauf des Gedichtes, fällt das lyrische Ich in eine Art „Knabentraum“ von der leidenschaftlichen und unbegreiflichen Liebe (vgl. 3.-4. Str.). Im Traum gibt es ein „schönes Weib, königlich schön“ (3. Str., Vs.2), welche jedoch wie eine „schwarze Sonne“ (3. Str., Vs. 12) strahlt. Diese schwarze Sonne könnte den starken und mächtigen Charakter der Frau darstellen, welcher das lyrische Ich betäubt und berauscht und es so keine vollkommende Liebe empfinden lässt (vgl. 4. Str., Vs. 1-4). In der letzten Strophe findet sich die Situation der ersten Strophe wieder und das lyrische Ich „liegt am Boden“ (5. Str., Vs.3) wie „Ein öder, schiffbrüchiger Mann“ (5. Str., Vs.4). Wie auch in den anderen Nordsee-Gedichten wird in diesem Gedicht das Meer zum Bezugspunkt des lyrischen Ichs, dessen Stimmung personifiziert auf Vorgänge rund um das Meer dargestellt wird. Der Liebende sieht immer wieder Parallelen zwischen sich selbst und der Naturkulisse. Das Meer wird innerhalb der unglücklichen Liebesgeschichte fast zu einem Mitspieler.
Im nächsten Gedicht Untergang der Sonne, wird in der ersten Strophe eine romantische Naturkulisse des Meeres beschrieben. In der zweiten Strophe „wandelt“ (vgl. 2. Str., Vs. 3) das lyrische Ich mit „einem Freund am Strand“ (vgl. 2. Str., Vs. 2) und dieser erzählt ihm „scherzend halb und halb wehmütig“ (vgl. 2. Str., Vs. 4), die Geschichte über die Ehe von der Sonne und dem Meergott. Der Meergott wird nicht gerade würdevoll dargestellt, sondern mit einer „Jacke von gelbem Flanell, einer lilienweißen Schlafmütze, und einem abgewelkten Gesicht“ (vgl. 4. Str., Vs. 3-5). „Der Freund“ hat ihn in der Nacht gesehen, wie er wieder einmal an die Meeresoberfläche schwamm, „um Luft und Besinnung zu schöpfen“ (3. Str., letzter Vs.). Denn zuvor hat der Meergott seine „schöne Frau“ (2. Str., Vs. 6) als „Strahlenbuhlende, die den ganzen Tag nur für andere glüht und Nachts, für ihn frostig und müde sei“ (vgl. 3. Str., Vs. 9- 11) beschimpft. Deswegen klagt die Sonne „ihr Elend“ (3. Str., Vs 14), dass sie „trostlos gezwungen“ (2. Str., Vs. 15) sei jeden Abend wieder zu ihm zukehren. Unter Berücksichtigung der Themen Liebesleid und Einsamkeit des lyrischen Ichs und dieser Schilderung über die absolute Verzweiflung der Sonne und des Meergottes, scheint der Freund das lyrische Ich trösten zu wollen. Die Geschichte wird erzählt um den Liebenden von seinem Leid abzulenken. Der Freund versucht dem unglücklichen „Schiffbrüchigen“ zu versichern, dass sogar die Sonne und der Meergott unglücklich sind.
Das folgende Gedicht, der Gesang der Okeaniden, welches in der dritten Person geschrieben ist mit Ausnahme der letzten Verszeile, stellt zu Beginn eine schon bekannte Stimmung und Kulisse dar. Das „weite, wogende Meer“ (1. Str., Vs. 6) und „ein Mann auf dem kahlen Strand“ (1. Str., Vs. 3) mit „seiner einsamen Seele“
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- Ronja Bastian (Author), 2017, Unerfüllte Liebe und Liebesleid des lyrischen Ichs. Analyse von Heinrich Heines Nordsee-Zyklus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/386279
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