Venture Capital, Business Angels und Crowdfunding. Möglichkeiten der Finanzierung und Kapitalbeschaffung für Start-ups


Bachelorarbeit, 2017

97 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Der Start-up-Begriff
2.1 Definition
2.2 Finanzierungsstruktur

3 Venture Capital
3.1 Definition
3.2 Segmente und Teilnehmer des Venture Capital-Marktes
3.3 Der Finanzierungsprozess mit Venture Capital Gesellschaften

4 Business Angels
4.1 Definition
4.2 Arten von Business Angels
4.3 Geschäftsmodell Business Angels
4.4 Motivation und Persönlichkeitsmerkmale eines Business Angels
4.5 Chancen und Risiken für Start-ups

5 Crowdfunding
5.1 Definition
5.2 Historische Entwicklung
5.3 Modelle des Crowdfunding
5.4 Konzept und Ablauf
5.5 Voraussetzungen für Start-ups
5.6 Chancen und Risiken für Start-ups

6 Vergleich

7 Fazit

Literaturverzeichnis

Anhang

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Finanzierungs- und Gründungsphasen

Abbildung 2: Verschiedene Kapitalgeber im Venture Capital

Abbildung 3: Motivationsgründe (n=232; Mehrfachnennungen n=1.321)

Abbildung 4: Crowdfunding-Modelle unterschieden nach Komplexität und Unsicherheit der Investmententscheidung

Abbildung 5: Idealtypische Finanzierung in den Unternehmenslebensphasen

Abbildung 6: Phasen einer Venture Capital Finanzierung

Abbildung 7: The Investment Activity and Characteristics of the Different Angel Types

Abbildung 8: Crowdinvesting in Deutschland - Entwicklung 2011-2016

Abbildung 9: Crowdinvesting Unternehmen 2016 - Marktanteile der Plattformen

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Unterschied Venture Capital - Private Equity

Tabelle 2: Typische ergänzende Regelungen in VC-Beteiligungsverträgen

1 Einleitung

„Die Existenzgründer von heute sind der Mittelstand von Morgen.“[1] So sind es vor allem Unternehmensgründungen, die einen zentralen Baustein für die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes bilden. Investitionen und unternehmerisches Wachstum sind jedoch trotz guter Ideen ohne die Verfügbarkeit entsprechender Mittel nicht realisierbar.[2] In diesem Zusammenhang erfordert die Entwicklung wachstumsstarker und innovativer Unternehmen jedoch in vielen Fällen, deutlich über die persönlichen finanziellen Möglichkeiten der Gründer bzw. Unternehmer hinausgehende Kapitalerträge.[3] Dabei ist eine stets vorhandene, ausreichende Liquidität für die Existenz eines Start-ups überlebensnotwendig.[4] Die Möglichkeit der Fremdfinanzierung über Kreditinstitute ist insbesondere für Unternehmensgründungen, die noch keine etablierten Beziehungen zu Kreditinstituten aufweisen können und in ihrer Kapitalbeschaffung vom Null-Punkt starten, schwierig. Da sie keine Kredithistorie vorweisen können, erhalten sie auch kein spezifisches Rating einer Bank, das oft Voraussetzung für ein Darlehen ist. Zudem sind zum Gründungszeitpunkt nur selten ausreichend Sicherheiten für Kredite vorhanden.[5] Zusätzlich erschwert wird eine Kreditfinanzierung außerdem seit der Einführung von Basel II. In diesem Zusammenhang führten Kreditinstitute flächendeckend Rating-Systeme ein, die seither Auswirkungen auf die Kreditkonditionen haben. Eine erhebliche Steigerung des verpflichtend vorgeschriebenen Niveaus und der Qualität des durch die Banken vorzuhaltenden Eigenkapitals, erfolgte durch Basel III. Dadurch, dass Kreditinstitute künftig ca. ein Drittel mehr, qualitativ besseres und damit teureres Eigenkapital bereithalten müssen und den damit einhergehenden eingeschränkten Risikoübernahmemöglichkeiten der Kreditwirtschaft, dürfen gerade Unternehmen mit mittlerem Rating mit höheren Finanzierungskosten oder Anforderungen an Sicherheiten rechnen. Auch risikoreichere Finanzierungen, wie Existenzgründungen, Unternehmensnachfolgen und Innovationen, werden voraussichtlich schwerer.[6] Aus diesem Grund sollen im Rahmen dieser Arbeit Venture Capital, Business Angels und Crowdfunding als alternative Möglichkeiten zur Finanzierung und Kapitalbeschaffung für Start-ups vorgestellt werden. Die vorliegende Arbeit gliedert sich in 7 Kapitel. Zu Beginn wird in Kapitel 2 der Begriff des „Start-ups“ definiert und dessen Finanzierungsstruktur erläutert. In diesem Zusammenhang kann zwischen drei Hauptfinanzierungsphasen unterschieden werden, die im Einzelnen näher beschrieben werden. Dabei werden diesen auch mögliche Finanzierungsquellen für Gründer zugeordnet. Kapitel 3 konzentriert sich anfänglich auf den Begriff „Venture Capital“ im Allgemeinen und beschreibt außerdem die mit einer Venture Capital-Finanzierung einhergehenden Gegebenheiten. Neben einer Abgrenzung zum Begriff „Private Equity“ wird zudem ein Überblick über die Segmente und Teilnehmer des Venture Capital-Marktes gegeben. Im Fokus stehen hierbei die auf dem formellen Venture Capital-Markt agierenden Venture Capital Gesellschaften. Im Hinblick auf diese wird der Finanzierungsprozess skizziert sowie anschließend Vor- und Nachteile erläutert. Das folgende Kapitel 4 setzt sich intensiv mit der Möglichkeit der Finanzierung von Start-ups über Business Angels auseinander. Neben einer Definition und einer Typologisierung der verschiedenen Arten erfolgt analog zu den Venture Capital Gesellschaften eine Skizzierung des Finanzierungsprozesses. Besonderes Augenmerk wurde zudem auf die Motivation und die Persönlichkeitsmerkmale eines Business Angels gelegt sowie anschließend die Chancen und Risiken für Start-ups erläutert. In Kapitel 5 wird Crowdfunding als dritte alternative Finanzierungsmöglichkeit vorgestellt. Abgesehen von einer Definition wird auch die historische Entwicklung der doch noch relativ jungen Finanzierungsmöglichkeit aufgezeichnet. Außerdem werden die vier am Markt üblichen Erscheinungsformen erläutert sowie neben dem Konzept und Ablauf der Finanzierung auch die Voraussetzungen, die ein Start-up hierfür erfüllen muss, aufgezeigt. Abschließend erfolgt auch hier eine Auseinandersetzung mit den Chancen und Risiken für Start-ups, die mit einer Finanzierung über Crowdfunding verbunden sind. In Kapitel 6 erfolgt eine Gegenüberstellung der drei in den vorherigen Kapiteln vorgestellten Finanzierungformen. Dabei ist zu beachten, dass der Begriff des „Venture Capital“ im Rahmen des Vergleiches ausschließlich für die Finanzierung über die in Kapitel 3 im Fokus stehenden Venture Capital Gesellschaften verwendet wird. Das Fazit in Kapitel 7 bildet den Abschluss der Arbeit und nimmt nochmals den einleitenden Gedanken der Wichtigkeit der Unternehmensgründungen für die wirtschaftliche Entwicklung und damit auch die Wichtigkeit des Vorhandenseins alternativer Finanzierungsformen zu Banken auf.

2 Der Start-up-Begriff

2.1 Definition

Unter dem englischen Begriff „Start-up“ ist eine kürzlich gegründete Firma, die sich in der ersten Phase des Lebenszyklus eines Unternehmens befindet, zu verstehen. Das Alter allein macht jedoch nicht aus jedem Unternehmen ein Start-up, denn der Grad an Innovation, mit dem die Gründer überraschen und überzeugen wollen, spielt hier eine wesentliche Rolle.[7] Die Unternehmen befinden sich im (Vor-) Gründungsprozess und sind auf der Suche nach Finanzierungsmitteln (Start-up im weiteren Sinne), wobei sich der Begriff vor allem auch für junge Wachstumsunternehmen eingebürgert hat, die über ein besonderes Innovationspotential verfügen und die Aufnahme einer Tätigkeit im Bereich Internet/Web beabsichtigen (Start-up im engeren Sinne).[8] Neben der innovativen Idee bedarf es zur erfolgreichen Gründung eines Start-ups auch der Entwicklung eines skalierbaren Geschäftsmodells sowie einer detaillierten Ausarbeitung in einem Businessplan (BP). Weiterhin muss das benötigte Kapital beschafft werden, was für die meisten Unternehmer eine der schwierigsten Hürden ist. Zur Umsetzung der Idee steht in den meisten Fällen nur geringes Startkapital zur Verfügung, weshalb Start-ups i.d.R. sehr früh eine Ausweitung ihrer Geschäfte und Stärkung ihrer Kapitalbasis anstreben. Dabei greifen sie häufig auf Venture Capital oder Business Angels (BAs) zurück.[9] Jedoch werden Gründungen und Wachstumsvorhaben von Unternehmen auch immer mehr mit Hilfe von Crowdfunding und Crowdinvesting finanziert.[10]

2.2 Finanzierungsstruktur

Im Hinblick auf die Steigerung des Unternehmenswertes sowie auf die Bewertung im Stadium des Exits, ist die Wahl der richtigen Finanzierungsstruktur bereits in einem frühen Unternehmensstadium von Bedeutung.[11] Dabei muss grundsätzlich zwischen der Kapitalquelle (Innen-/Außenfinanzierung) und der Rechtsstellung der Kapitalgeber bzw. der Haftungsqualität (Eigen-/Fremdkapital) des in das Start-up fließenden Kapitals unterschieden werden.[12] Der Entwicklungsprozess von jungen Unternehmen kann in Anlehnung an Lebenszyklusmodelle in Phasen unterteilt werden, wobei die Investitionsphasen jene Phasen beschreiben, in denen in ein Unternehmen investiert wird.[13] Jede Wachstumsphase des Unternehmens erfordert eine auf das Entwicklungsstadium des Start-ups abgestimmte Wahl der Finanzierungsmittel. Während in frühen Phasen der unternehmerischen Aktivität bzw. deren Vorbereitung externe Kapitalquellen nur äußerst beschränkt zur Verfügung stehen, spielen neben der Wahl der Kapitalquelle auch strategische Überlegungen hinsichtlich der Strukturierung der Finanzierung im Rahmen späterer Finanzierungsrunden eine Rolle.[14] Es wird zwischen drei Hauptfinanzierungsphasen unterschieden, die im Folgenden genauer beschrieben werden.

Abbildung 1: Finanzierungs- und Gründungsphasen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Hahn/Naumann (2014), S. 84

2.2.1 Early Stage

Die Early Stage, auch Gründungsphase genannt, umfasst die Finanzierung von der Entwicklung eines Geschäftsmodells auf Basis einer Idee, über die Entwicklung eines Prototyps und der Gründung, bis hin zur Produktion und der Vermarktung des Produktes.[15] Dabei kann sie, wie in Abbildung 1 ersichtlich, in die (Pre-) Seed-Phase und die Start-up-Phase unterteilt werden. Der Zeitraum vor dem eigentlichen Gründungsakt, in dem Gründer den Gründungsentschluss fassen und neben dem Unternehmenskonzept auch den BP erstellen, wird als (Pre-) Seed-Phase bezeichnet. Gekennzeichnet ist diese durch das Treffen wichtiger Entscheidungen hinsichtlich Standort und Rechtsform des Start-ups, Abwägen der Finanzierungsmöglichkeiten und erste Investitionen zum Start des Unternehmens.[16] Im Rahmen der Seed-Finanzierung wird Gründungsunternehmen sogenanntes „Samen- oder Saatkapital“ zur Verfügung gestellt, das zum Zweck der Ausarbeitung eines Geschäftsmodells, zur Anfertigung von Marktanalysen und zur grundlegenden Entwicklung von Produkten und Leistungen benötigt wird.[17] I.d.R. ist hier noch kein Unternehmen gegründet worden, da der Fokus auf die Ideensuche bzw. die Planung und Ausgestaltung der Umsetzung des konkreten Geschäftsmodells gesetzt wird.[18] Gründer greifen hier üblicherweise auf eigene Mittel oder auf Kapital aus dem Familien-, Freundes- und/oder Bekanntenkreis zurück.[19] Daneben kommen auch Inkubatoren und BAs als Finanzierungsquellen in Betracht. In der anschließenden Start-up-Phase erfolgen die offizielle Unternehmensgründung und die eigentliche Gründungsfinanzierung, welche die Produktentwicklung, die Vorbereitung der Produktion und die Aufnahme erster Marketingaktivitäten beinhaltet.[20] Dabei ist sie durch hohe Anlaufkosten, schwache Umsatzerlöse und die Erwirtschaftung geringer oder keiner Gewinne geprägt.[21] Neben Inkubatoren, BAs, Family and Friends, bereits vorhandenem Eigenkapital oder öffentlichen Fördermitteln stellt Venture Capital eine wichtige Finanzierungsquelle in der Start-up-Phase dar. Alternativ besteht die Möglichkeit des Crowdinvestings.[22]

2.2.2 Expansion Stage

Nach erfolgtem Launch (Markteinführung) der Produktidee bzw. des Produktes/der Dienstleistung am Markt, folgt die Emerging Growth-Phase, die sich grob in die Stadien Wachstumsphase, Erweiterung und Verbesserung der Unternehmensstruktur sowie in die Bridge-Phase untergliedern lässt.[23] Das Start-up erreicht in dieser Phase den Break-Even-Point (Gewinnschwelle), Anfangsverluste amortisieren sich und die Produktion sowie der Vertrieb werden ausgebaut. Außerdem müssen zur Festigung der Unternehmensexistenz Finanzierungsentscheidungen getroffen werden.[24] Neben einem signifikanten Anstieg des Umsatzvolumens ist auch der Rückgang von Produkt- und Prozessinnovationen für diese Phase typisch, wobei die Aufrechterhaltung der Innovationskraft für ein Start-up wichtig ist.[25] Vorteilhaft ist dabei jedoch, dass sich durch Erzielung von Umsätzen und damit in Verbund stehenden ersten Gewinnen, neue Finanzierungsquellen, insbesondere eine Fremdfinanzierung, erschließen lassen.[26] Fremdkapital, Privat Equity und mittelbare Finanzierungen durch Mitarbeiterbeteiligung, stellen neben der weiterhin bestehen Möglichkeit der Eigenkapitalfinanzierung, durch bspw. Venture Capital oder BAs, die hauptsächlichen Kapitalquellen dieser Phase dar.[27] Die Bridge-Phase, auch bezeichnet als „Überbrückungsphase“, kennzeichnet den Beginn der Reifephase eines Unternehmens in seinem Lebenszyklus. Die Konkurrenzsituation auf dem Markt verschärft sich, doch ist für eine weitreichende Expansion des Unternehmens oder auch eine Diversifizierung der Produktpalette viel Kapital notwendig. Viele Unternehmen streben in diesem Zusammenhang den Gang an die Börse an. Während die meisten Investitionen dieser Phase aus dem Cashflow des Unternehmens finanziert werden, benötigt das Unternehmen für einen Börsengang zusätzliches Kapital. Investitionen dieser Art werden unter dem Begriff „Bridge-Finanzierung“ zusammengefasst.[28]

2.2.3 Later Stage

Die Phase der Later Stage ist durch eine weite Entwicklung, oftmals sogar Sättigung des Marktes für die Produkte des Unternehmens gekennzeichnet. Um die Existenz des Unternehmens weiterhin zu sichern, ist es daher notwendig, Kapital für die Erweiterung des Produktangebots oder die Sanierung bzw. Restrukturierung des Unternehmens zu akquirieren.[29] In diesem Zusammenhang bietet sich die bereits erwähnte „Bridge-Finanzierung“ an, die in der Literatur oftmals auch als Übergang zwischen der Expansion Stage und der Later Stage angesehen wird.[30] Das im Rahmen dieser Phase akquirierte Kapital kann einerseits dazu genutzt werden, die notwendigen Voraussetzungen für einen Börsengang bzw. die Kosten für die Vorbereitung dieses zu finanzieren,[31] andererseits kann es dazu verwendet werden, neue Wachstumsschwellen zu überwinden.[32] Ebenfalls charakteristisch für die Later Stage ist, dass sich die meisten Kapitalgeber von ihren Anteilen am Start-up trennen. Eine vergleichsweise häufige und bekannte Ausstiegform stellt hierbei der Börsengang dar. Ein Exit kann hierbei jedoch auf vielfältige Art und Weise erfolgen (siehe herzu auch Abbildung 5 im Anhang).[33] So stellt der sogenannte „Trade Sale“ eine Exit-Variante dar, die einen ähnlich hohen Verkaufspreis ermöglicht wie der Gang an die Börse, jedoch nicht dessen hohe Ausgaben bzw. Anforderungen erfordert. Um welche Investoren es sich hierbei handelt und was deren Motive sind, soll später in der Arbeit im Zusammenhang mit den Venture Capital Gesellschaften (VCG) erläutert werden.[34] Eine weitere Form stellt der „Management-Buy-Out“ dar. An dieser Stelle wird das Unternehmen von leitenden Angestellten oder der Geschäftsführung übernommen, wodurch die bisherige Führung damit selbst zu Gesellschaftern wird und frühere Eigentümer ablöst. Die umgekehrte Variante nennt sich „Management-Buy-In“ und beschreibt die Übernahme der operativen Geschäftsführung durch ein neues, externes Management.[35] Allgemein wird die Übernahme bzw. der Kauf eines Unternehmens durch neue Eigentümer als „Leverage-Buy-Out“ bezeichnet.[36]

3 Venture Capital

3.1 Definition

Für den Begriff „Venture Capital“ gibt es im Deutschen keine einheitliche Übersetzung, er kann jedoch in etwa mit den Begriffen Wagnis-, Unternehmungs-, Risiko- oder Chancenkapital gleichgesetzt werden.[37] Vom englischen Begriff „Venture“, der ein durch Chance, Risiko und Gefahr gekennzeichnetes Unterfangen bezeichnet, lässt sich ableiten, dass Venture Capital eine besondere Art der Beteiligungsfinanzierung an einem Unternehmen ist, das neben einem großen Wachstumspotenzial auch durch ein hohes Risiko gekennzeichnet ist. So bezieht der Begriff sowohl den negativen Aspekt des Risikos, als auch den positiven Aspekt der dahinterstehenden Chance mit ein.[38] In dieser Arbeit wird jedoch, aufgrund des Fehlens einer zufriedenstellenden Übersetzung, weiterhin der Begriff „Venture Capital“ verwendet. Die zu finanzierenden Unternehmen befinden sich noch in der Phase der Forschung, Entwicklung sowie Markterschließung und zeichnen sich dadurch aus, dass sie noch kein Produkt bzw. keine Dienstleistung am Markt anbieten.[39] Im Rahmen der Venture Capital-Finanzierung überlassen Venture Capital-Geber den Start-ups hohe Investitionssummen und erhalten im Gegenzug dafür Geschäftsanteile und Mitbestimmungsrechte. Ziel des Investments ist es, dass das Start-up expandiert und/oder wirtschaftlich wächst sowie die möglichst hohe gewinnbringende Veräußerung der Geschäftsanteile nach einer begrenzten Investitionsperiode durch den Venture Capital-Geber.[40] Neben der Finanzierung werden dem Unternehmen auch nicht-finanzielle Unterstützerleistungen, sogenanntes „Value Adding“, zur Verfügung gestellt, weswegen Venture Capital auch als „Smart Money“ bezeichnet wird.[41] Im Gegensatz zu einer herkömmlichen Kreditfinanzierung, erklären sich Venture Capital-Geber ohne Stellung von Sicherheiten durch den Venture Capital-Nehmer zu einer langfristigen Finanzierung bereit. Üblicherweise erfolgt dies in Form von haftendem Eigenkapital, das weder verzinst noch zurückgezahlt werden muss[42] und dies über eine aktive oder stille Teilhabe.[43] Der Venture Capital-Geber trägt somit das unternehmerische Risiko des Start-ups als haftender Mitgesellschafter, ist damit im Gegenzug aber auch unmittelbar am Erfolg des Unternehmens beteiligt.[44] Venture Capital ist für Start-ups und Gründer neben den üblichen Finanzierungsquellen wie Banken, die bspw. aufgrund des nicht absicherbaren Finanzierungsrisikos nicht zur Verfügung stehen, von elementarer Bedeutung,[45] wobei auch bereits etablierte Unternehmen auf diese Quelle zur Wachstumsfinanzierung zurückgreifen.[46] Da dem Unternehmen durch einen Investor Kapital von außen zugeführt und dieser im Zuge der Kapitalbereitstellung Anteilseigner wird, fällt die Finanzierung durch Venture Capital innerhalb der Möglichkeiten der Außenfinanzierung unter die Eigen- oder Beteiligungsfinanzierung.[47] Weiterhin kann zwischen informellem und formellem Venture Capital unterschieden werden. Eine detailliertere Auseinandersetzung diesbezüglich erfolgt unter Punkt 3.3.

3.1.1 Abgrenzung von Venture Capital und Privat Equity

Eine einheitliche Definition und Abgrenzung der Begriffe „Venture Capital“ und „Private Equity“ ist sowohl in der Literatur, als auch in der Praxis nicht zu finden. Dabei werden die Begriffe teilweise synonym verwendet. In Deutschland setzt sich mittlerweile immer mehr das angelsächsische Begriffsverständnis durch.[48] Demzufolge ist Private Equity der Oberbegriff des Anlagesegments vorbörslicher Firmenbeteiligungen[49] und umfasst neben Venture Capital auch Mezzanine und Buy-Outs.[50] Da die Venture Capital-Finanzierung damit nur einen Teilbereich des Private Equity-Marktes ausmacht und somit als untergeordnetes Teilsegment angesehen werden kann, gilt es, eine Abgrenzung zwischen Private Equity im Allgemeinen und Venture Capital im Speziellen vorzunehmen.[51] Während Venture Capital Eigenkapital für kleine und mittlere private Unternehmen verkörpert, die zum Finanzierungszeitpunkt noch nicht börsennotiert, dabei jedoch durch eine besondere Technologie oder ein innovatives Konzept mit hohem Potential gekennzeichnet sind, beschreibt Private Equity Investitionen späterer Finanzierungsphasen. In beiden Fällen erfolgt die Kapitalbereitstellung in Form von voll haftendem Eigenkapital.[52] In diesem Zusammenhang beteiligen sich VCG, die unter den Begriff der Venture Capital-Geber fallen, i.d.R. mit Minderheitsanteilen in frühen Unternehmensphasen, wohingegen Private Equity-Fonds häufig kontrollierende Mehrheitsanteile an für gewöhnlich etablierten Unternehmen übernehmen, die mitunter sogar börsengelistet sind und einen stabilen Cashflow haben.[53] Neben dem präferierten Unternehmenstyp und der Unternehmensphase, können der folgenden Tabelle weitere Unterschiede zwischen Venture Capital und Private Equity entnommen werden.

Tabelle 1: Unterschied Venture Capital - Private Equity

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Leitinger u.a. (2000), S. 89

Für Start-ups handelt es sich bei beiden Finanzierungsarten um wichtige Kapitalquellen, um unternehmerisches Wachstum zu generieren, den Wert der Geschäftsanteile zu erhöhen und schließlich den Break-Even-Point zu erreichen. Eine scharfe Trennung zwischen ihnen existiert jedoch nicht, da beide gemeinsame Merkmale haben und sich in der Praxis oftmals vermischen.[54]

3.2 Segmente und Teilnehmer des Venture Capital-Marktes

Der Abbildung 2 ist zu entnehmen, dass sowohl private Venture Capital-Anbieter, als auch institutionelle Venture Capital-Anbieter, zu den Teilnehmern des Venture Capital-Marktes zählen. Dabei lässt sich dieser in den informellen und den formellen Venture Capital-Markt gliedern. Die Trennung erfolgt anhand des Organisationsgrades des Marktes und der Renditeorientierung.[55] Wie bereits unter Punkt 3.1 definiert, erhalten die Venture Capital-Anbieter im Rahmen der Venture Capital-Finanzierung Anteile am Unternehmen. Zu überprüfen ist, ob das Kapital dem informellen oder dem formellen Venture Capital zuzuordnen ist, wobei das wesentliche Abgrenzungskriterium der Finanzintermediär ist, der zwischen den Investoren und den zu finanzierenden Unternehmen steht.[56] Im Folgenden wird der Venture Capital-Markt in die Segmente informeller bzw. formeller Venture Capital-Markt gegliedert. Dazu werden die unterschiedlichen Anbieter einer näheren Betrachtung unterzogen und die Beteiligungsform geklärt.

Abbildung 2: Verschiedene Kapitalgeber im Venture Capital

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Wöhe/Bilstein/Ernst/Häcker (2013), S. 174

3.2.1 Informeller Venture Capital-Markt

Das Kapital, das von privaten Venture Capital-Gebern zur Verfügung gestellt wird, wird als „informelles Venture Capital“ oder auch „nicht-institutionalisiertes Venture Capital“ bezeichnet.[57] Die Bezeichnung informell weist dabei nicht etwa auf das Fehlen vertraglicher Vereinbarungen oder Formalitäten, sondern auf den geringen Organisationsgrad des informellen Venture Capital-Marktes hin, der auch als der Ursprung der Risikokapitalfinanzierung bezeichnet wird.[58] Außerdem ist dieser von hoher Heterogenität der Marktteilnehmer und somit auch hoher Intransparenz geprägt, da die Akteure nur mit erheblichem Aufwand und persönlichen Kontakten zu ermitteln sind. Im Rahmen der informellen Venture Capital-Finanzierung investieren die Marktteilnehmer persönliches Kapital direkt in Form einer offenen oder stillen Beteiligung in das zu finanzierende Unternehmen.[59] Neben informellem Venture Capital stellen sie zusätzliche Leistungen wie Management- und Unterstützungsleistungen zur Verfügung.[60] Abgesehen von der Konstruktion des primär steuerlich motivierten Quasi-Fonds, bei dem i.d.R. Banken als Kapitalvermittler und Treuhänder für Einzelpersonen oder kleine Gruppen von Fondsinvestoren auftreten, ist der Einsatz von Intermediären in diesem Segment nicht üblich.[61] Durch die direkte Beteiligung erwerben die auf diesem Markt agierenden Venture Capital-Geber Anteile am Unternehmen und partizipieren damit am künftigen Wertzuwachs, wobei im Unterschied zum klassischen Darlehen weder Zinszahlungen noch Tilgungen anfallen.[62] In diesem Zusammenhang erhalten sie die volle Rendite und müssen überdies keine Managementgebühr entrichten.[63]

Zu den privaten Venture Capital-Anbietern zählen neben Familienangehörigen und Freunden, die hauptsächlich wegen ihrer persönlichen Bindung zu dem Unternehmer ihr Kapital bereitstellen,[64] auch BAs.[65] Da diese die wesentlichen Akteure des informellen Venture Capital-Marktes sind,[66] wird ihnen im Rahmen dieser Arbeit das Kapitel 4 gesondert gewidmet. Familienangehörige und Freunde werden, da sie im Gegensatz zu BAs neben ihrem Kapital keine ungemeinen Unterstützungsleistungen für die Unternehmen bieten, zur Gruppe der passiven Privatinvestoren gezählt.[67] Ferner sind auch Crowdfunding/-investment Anbieter, auf die in Kapitel 5 genauer eingegangen wird, sowie als Sonderform Founding Angels, Teil des informellen Venture Capital-Marktes.[68] Das informelle Venture Capital stellt für Unternehmen in den wachstumsintensiven Phasen eine wichtige und attraktive Finanzierungsalternative dar.[69] Die hier aufgeführten Privatpersonen, die dieses zur Verfügung stellen, können die Jungunternehmer somit davor bewahren, dass eine Eigenfinanzierungslücke entsteht.[70]

3.2.2 Formeller Venture Capital-Markt

Im Gegensatz zum informellen Venture Capital steht das formelle Venture Capital. Dieses ist durch fondsorientierte indirekte Beteiligungen gekennzeichnet. Gemeint ist damit die Einschaltung eines Finanzintermediärs zwischen Investoren und Zielunternehmen, der das Kapital der Investoren in Fonds verwaltet, die sich in Form einer offenen oder stillen Beteiligung an Zielunternehmen beteiligen.[71] Der formelle Venture Capital-Markt ist dabei durch institutionelle Venture Capital-Anbieter, wobei auch Privatpersonen als Kapitalgeber auftreten können, einen hohen Grad an Professionalisierung und eine effiziente Organisation gekennzeichnet.[72]

Im Rahmen der Intermediation nehmen die Intermediäre Zahlungsmittel der Kapitalgeber entgegen (= Anlageleistung) und stellen diese den Kapitalnachfragern zur Verfügung (= Finanzierungsleistung), wodurch direkte Finanzbeziehungen zwischen Kapitalanbietern und -nachfragern, durch indirekte Finanzbeziehungen ersetzt werden. Neben Kreditinstituten, (Lebens-) Versicherungen, Kapitalanlagegesellschaften und Pensionsfonds sind auch VCG besondere Arten dieser Finanzintermediäre.[73] Im Folgenden soll der Fokus auf die VCG als Finanzintermediäre gelegt werden. Das durch VCG bei den (institutionellen) Anlegern gesammelte Kapital wird in einem Fonds verwaltet und in ein Portfolio von Unternehmen investiert. Bei der Durchführung von Investments sind VCG hinsichtlich ihrer Investmententscheidungen an bestimmte Investitionskriterien gebunden, die Start-ups zwingend erfüllen müssen. Sie handeln als Intermediäre zwischen den Investoren/Anlegern und den Start-ups, wobei die Anleger kein tatsächliches Mitspracherecht darüber haben, in welche Unternehmen das Kapital investiert werden soll.[74] Im Gegensatz zum informellen Venture Capital-Markt wird das Kapital also indirekt investiert. Neben der Auswahl der zu finanzierenden Unternehmen sind auch die Überwachung, Kontrolle und Unterstützung der Portfolio-unternehmen über die gesamte Investitionsdauer hinweg zentrale Aufgaben der VCG. Die Rendite des Venture Capital-Fonds ergibt sich durch den Verkauf erfolgreicher Portfoliounternehmen (Exit), abzüglich der Verluste erfolgloser Beteiligungen. Am Ende der Laufzeit wird der Ertrag des Fonds zwischen der VCG und den Venture Capital-Gebern aufgeteilt. Neben der Renditebeteiligung müssen Investoren auch eine jährliche Managementgebühr an die VCG entrichten.[75] VCG, die auf diesem Markt auftreten, können prinzipiell anhand der Phase, der Branche und der Region, in der die Gesellschaft in ein Unternehmen investiert, sowie anhand der Eigentümer- und Investitionsstruktur unterschieden werden. Weiterhin wird zwischen öffentlichen VCG, die von Bund, Ländern und Sparkassen getragen werden und neben der Rendite vorwiegend strategische Ziele verfolgen und privaten VCG, die vor allem renditeorientiert sind, unterschieden.[76] Jegliches Investment bzw. jegliche Beteiligung seitens einer VCG ist auf einen Exit ausgerichtet und die damit einhergehenden Renditeerwartungen liegen extrem hoch, nicht selten zwischen 20 % bis 40 % pro Jahr.[77] Im Zusammenhang mit einer indirekten Beteiligung kann ferner noch zwischen abhängigen (captive), teilweise abhängigen (semi-captive) und unabhängigen (independent) Finanzintermediären unterschieden werden. Die captive VCG sind im Besitz einzelner Kapitalgeber, bspw. in Form einer rechtlich selbstständigen Tochtergesellschaft der übergeordneten Institution, die einzig von der Muttergesellschaft ihr Kapital erhält[78] und werden zu den unechten Finanzintermediären gezählt.[79] Des Weiteren werden auch semi-captive VCG zu den unechten Finanzintermediären gezählt. Bei ihnen hält nicht ein Kapitalgeber allein das Eigentum an der Gesellschaft, sondern ein kleiner Kreis mehrerer Kapitalgeber.[80] Unabhängige VCG zählen hingegen zu den echten Finanzintermediären. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sie aktives Fundraising betreiben und das Kapital von mehreren Investoren zur Verfügung gestellt bekommen,[81] wobei die Investoren dabei keine dominierende Eigentümerstellung innehaben.[82] Der Abbildung 1 ist zu entnehmen, dass vier verschiedene Arten von VCG auf dem formellen Venture Capital-Markt agieren. Überwiegend regional und dabei ohne speziellen Branchenfokus,[83] investieren öffentliche Förderinstitute in Form der mittelständischen Beteiligungsgesellschaften oder (halb-) staatlichen Fördereinrichtungen, meistens im politischen Auftrag. Allerdings finanzieren diese Unternehmungsgründungen i.d.R. nur in Verbindung mit einem Lead Investor (Hauptinvestor), der meist ein institutioneller Kapitalgeber ist und aus europa-/beihilferechtlichen Gründen mindestens genauso viel Kapital wie der öffentliche Venture Capital-Fonds zur Verfügung stellen muss.[84] Corporate VCG sind i.d.R. Tochtergesellschaften großer Konzerne, die für den Mutterkonzern, in Anlehnung an dessen Kerngeschäft, strategische Investments tätigen und Corporate Venture Capital gezielt als Instrument für eine aktive Konzernentwicklung sowie zur Wahrung eigener strategischer Interessen einsetzen.[85] Eine Bereitstellung von Corporate Venture Capital kann jedoch auch direkt zwischen Investor und Kapitalnehmer erfolgen.[86] Während private VCG, je nach Investmentansatz, in unterschiedliche Branchen und Unternehmensphasen investieren, verfolgen VCG von Banken, Versicherungen und Sparkassen hauptsächlich strategische und regionale Ziele.[87]

3.3 Der Finanzierungsprozess mit Venture Capital Gesellschaften

Unabhängig davon, ob es sich um informelles oder formelles Venture Capital handelt, kann der Prozess, der im Rahmen einer Venture Capital-Finanzierung durchlaufen wird, aus Sicht des Venture Capital-Gebers in verschiedene, idealtypische Phasen unterteilt werden.[88] Die Abbildung 6 (siehe Anhang) zeigt, dass die Suche nach potenziellen Beteiligungsunternehmen (Sourcing), deren Prüfung, die Beteiligungsstrukturierung und das Management der Beteiligung (Venture Management) sowie der Abschluss dieses Prozesses durch den Ausstieg (Exit) des Venture Capital-Gebers, zu diesen Phasen zählen. Da es meist eine VCG ist, die eine Venture Capital-Finanzierung durchführt,[89] werden im Folgenden die einzelnen Phasen, die diese und die zu finanzierenden Unternehmen dabei durchlaufen, näher beschrieben. Anzumerken ist, dass insbesondere der zeitliche Ablauf der hier aufgeführten Prozessschritte nicht zwingend mit der Praxis übereinstimmen muss, da die einzelnen Schritte auch parallel ablaufen können.[90]

3.3.1 Suche nach Beteiligungsunternehmen (Sourcing)

Grundsätzlich kann im Rahmen des Sourcings, zwischen einer aktiven und passiven Suche durch den Venture Capital-Geber unterschieden werden. Bei der passiven Suche wendet sich das kapitalsuchende Unternehmen direkt an den Venture Capital-Geber oder außenstehende Dritte tragen Beteiligungsanfragen an diesen heran. Weiterhin können diesem auch Empfehlungen hinsichtlich potenzieller Beteiligungsunternehmen durch sein Kontaktnetzwerk, bspw. früheren Beteiligungsunternehmen oder Industrieunternehmen, weitergeleitet werden. Der Besuch, insbesondere von Konferenzen, Kongressen und Messen, beschreibt dagegen aktive Suchmaßnahmen seitens des Venture Capital-Gebers. Ergebnis des Sourcings ist neben der Identifikation einer Vielzahl von Finanzierungsmöglichkeiten, dem sogenannten „Dealflow“, auch der erste Kontakt zwischen dem Venture Capital-Geber und dem potenziellen Beteiligungsunternehmen.[91] Die Art und Weise sowie die Form der Kontaktaufnahme sind dabei entscheidend. Venture Capital-Gebern sollte eine Zusammenfassung des BPs zur Verfügung gestellt werden, damit die VCG einen Überblick über das Start-up erhält. I.d.R. wird in diesem Zusammenhang auf Vertraulichkeitserklärungen verzichtet, weshalb vertrauliche Informationen entweder umgangen oder nur verkürzt dargestellt werden sollten.[92] Der Suche nach Beteiligungsunternehmen stellt sich, zumindest im Rahmen einer Venture Capital-Finanzierung über unabhängige VCG, die Phase der Kapitalakquisition voran. Hierbei stehen die Kommunikation der Beteiligungspolitik in den Markt sowie die Einwerbung von Kapital im Vordergrund.[93] In diesem Zusammenhang wird, wie zuvor bereits angesprochen, von aktivem Fundraising gesprochen.

3.3.2 Prüfung des Beteiligungsunternehmens

Die im Rahmen des Sourcings identifizierten potenziellen Beteiligungsunternehmen werden im anschließenden Auswahlprozess einer mehrstufigen Prüfung unterzogen. Dabei streben VCG danach, „Engagements auszuwählen, die ihren Anlagegrundsätzen/Beteiligungskriterien entsprechen und für sich genommen ein möglichst gutes Rendite-/Risiko-Profil erwarten lassen und portfoliobezogene Ziele umzusetzen, um unsystematische (= unternehmensspezifische) Risiken zu minimieren.“[94] Zunächst erfolgt eine Grobanalyse (Screening), basierend auf dem BP, bei der geprüft wird, ob das zu finanzierende Unternehmen in den Investmentfokus des Investors fällt.[95] Unter anderem werden hier Rendite-, Management-, Technologie- und Marktkriterien berücksichtigt.[96] Wird das zu finanzierende Unternehmen durch die VCG weiterhin für attraktiv gehalten, so setzt sich diese im Rahmen einer Detailanalyse intensiver mit dem kapitalsuchenden Unternehmen auseinander. Neben der Durchführung erster Markt- und Konkurrenzanalysen und Führen von Gesprächen mit evtl. bereits existierenden Referenzkunden, beschäftigt sich die VCG näher mit dem Produkt bzw. der Dienstleistung des Unternehmens. Speziell die Finanzplanung des BPs erfährt erhöhte Aufmerksamkeit und dient als Grundlage für eine erste Bewertung des Unternehmens.[97] Üblich ist auch ein persönlicher Kontakt mit dem Unternehmer sowie eventuell ein Besuch des Portfoliounternehmens. Zur Überprüfung der Übereinstimmung mit den Investitionskriterien werden häufig Externe herangezogen, die bspw. Referenzen über das Unternehmen und sein Management abgeben oder als Verbände Marktinformationen bereitstellen.[98] Kommt die VCG nach der Detailanalyse zu dem Ergebnis, dass diese sich an dem Start-up beteiligen möchte, so wird dies i.d.R. durch den „Letter of Intent“ (LoI) mitgeteilt.[99] Dieser bzw. ein „Term Sheet“ (Absichtserklärung) erfüllen grundsätzlich drei Aufgaben: die Festlegung der Vertragsinhalte, die Dokumentation eines ernsthaften Beteiligungsinteresses und die Festlegung der Kostentragung für die anstehende Due Diligence (DD).[100] Unter einer DD oder auch „Beteiligungswürdigkeitsprüfung“, ist eine kritische Prüfung des gesamten Unternehmens zu verstehen. Das kapitalsuchende Unternehmen wird dabei also „auf Herz und Nieren“ geprüft.[101] Die Prüfung gliedert sich in eine Legal, Financial, Technical und Commercial DD und wird i.d.R. durch externe Spezialisten und nur in wenigen Fällen durch die VCG selbst durchgeführt.[102] Ziel ist die Identifikation von Stärken, die für eine Beteiligung sprechen, aber auch von Schwächen bzw. Gründen, die gegen eine Beteiligung am Unternehmen sprechen, den sogenannten „Deal Breakern“.[103] Die Ergebnisse nehmen erheblichen Einfluss auf die Gestaltung des nachfolgenden Beteiligungsvertrages. Sollten diese eine starke Abweichung von den Vorstellungen der Investoren aufweisen, kann es passieren, dass die Finanzierung insgesamt scheitert.[104]

3.3.3 Beteiligungsstrukturierung

Die sich anschließenden Beteiligungsverhandlungen mit den übrig gebliebenen potentiellen Beteiligungsunternehmen werden i.d.R. durch ein „Investment Proposal“ (Investitionsantrag) der VCG initiiert. Auf diesem beruhend werden Konditionenbestandteile wie die Bewertung des Unternehmens, die Beteiligungshöhe, die einzusetzenden Finanzierungsinstrumente sowie Informations- und Kontrollrechte verhandelt.[105] Im Rahmen der Unternehmensbewertung, die für die Anteilsbestimmung notwendig ist, führen beide Parteien eine subjektive Bewertung des Unternehmens durch und nutzen diese als Argumentationshilfe im Zuge der Verhandlung. Die VCG greift dabei auf die Ergebnisse der DD zurück und entnimmt dieser die für eine Bewertung notwendigen Parameter.[106] Da junge Wachstumsunternehmen häufig noch keine Umsatz- und Erfolgs-Kennzahlen bzw. positive Cashflows vorweisen können, ist die Anwendung klassischer Verfahren zur Unternehmensbewertung wie die Multiplikatormethode oder Discounted-Cashflow-Methode, problematisch.[107] Aus diesem Grund können Investoren oftmals nur auf das „Benchmarketing“, die „Internal Rate of Return-Berechnung“ und den „Bewertungshandel“ zurückgreifen.[108] Zusätzlich ist der Beteiligungsvertrag von ergänzenden Regelungen geprägt, die das Verhältnis beider Parteien während der Investitions-, Management- und Veräußerungsphase bestimmen. Diese fallen typischerweise in eine der fünf Kategorien, die der Tabelle 2 im Anhang zu entnehmen sind.[109] Mit dem Unterzeichnen aller vertraglichen Regelungen und dem Transfer des zugesagten Kapitals endet die Phase der Beteiligungsstrukturierung.[110]

[...]


[1] CDU/CSU/SPD - Koalitionsvertrag 18. Legislaturperiode (2013), S. 22, (s. Iv.)

[2] Vgl. Röhl (2010), S. 5

[3] Vgl. Schefczyk (2006), S. 1

[4] Vgl. Hahn (2014), S. 5

[5] Vgl. Röhl (2010), S. 5

[6] Vgl. Bundesverband deutscher Banken e. V. (2013), S. 6 ff., (s. Iv.)

[7] Vgl. Vertical Media GmbH (o. J., a), (s. Iv.)

[8] Vgl. Hahn (2014), S. 4

[9] Vgl. Vertical Media GmbH (o. J., a), (s. Iv.)

[10] Vgl. IHK Köln (2015), (s. Iv.)

[11] Vgl. Weitnauer (2011), S. 153

[12] Vgl. Werner/Kobabe (2007) S. 9

[13] Vgl. DS Media GmbH (o. J., a), (s. Iv.)

[14] Hahn/Naumann (2014), S. 82

[15] Vgl. Betsch (2000), S. 20 f.

[16] Vgl. Reichle (2010), S. 18

[17] Vgl. Nathasius, K. (2001), S. 57

[18] Vgl. Börner/Grichnik (2005), S. 71 f.

[19] Vgl. Hahn (2014), S. 28 f.

[20] Vgl. Hahn/Naumann (2014), S. 125 u. S. 194

[21] Vgl. Reichle (2010), S. 18 f.

[22] Vgl. Hahn/Naumann (2014), S. 130 u. S. 175

[23] Vgl. Hahn (2014), S. 199

[24] Vgl. Reichle (2010), S. 19

[25] Vgl. Grummer/Brorhilker (2013), (s. Iv.)

[26] Vgl. Hahn (2014), S. 29

[27] Vgl. ebenda, S. 219

[28] Vgl. WEKA MEDIA GmbH & Co. KG (o. J., a), (s. Iv.)

[29] Vgl. WEKA MEDIA GmbH & Co. KG (o. J., a), (s. Iv.)

[30] Vgl. Kollmann (2014), S. 541

[31] Vgl. Vogelsang u.a. (2015), S. 96

[32] Vgl. Weitnauer (2011), S. 367

[33] Vgl. Vogelsang u.a. (2015), S. 96

[34] Vgl. Dourvos (2008), S. 65

[35] Vgl. Kasperzak (2001), S. 151 f.

[36] Vgl. Springer Gabler Verlag Stichwort „Leverage-Buy-Out“ (o. J.), (s. Iv.)

[37] Vgl. Kollmann/Kuckertz (2003), S. 212

[38] Vgl. Nathasius, E. (2005), S. 9

[39] Vgl. Krecek (2005), S. 5

[40] Vgl. Börner/Grichnik (2005), S. 90

[41] Vgl. Nathasius, K. (2002), S. 5 f.

[42] Vgl. Breithaupt/Ottersbach (2010), Teil 1. C. §1, Rn. 22

[43] Vgl. Hahn/Naumann (2014), S. 132

[44] Vgl. Hahn (2014), S. 58

[45] Vgl. Weitnauer (2011), S. 4

[46] Vgl. Hahn (2014), S. 57

[47] Vgl. Schmidke (1985), S. 44

[48] Vgl. Leuopold/Frommann/Kühr (2003), S. 6 f.

[49] Vgl. Jesch (2004), S. 21

[50] Vgl. Frommann (2002), S. 11, (s. Iv.)

[51] Vgl. Gündel/Katzorke (2007), S. 28

[52] Vgl. Jesch (2004), S. 21

[53] Vgl. Boué/Kehlbeck/Leonhartsberger-Heilig (2012), S. 45

[54] Vgl. Breithaupt/Ottersbach (2010), Teil 1. C. §2, Rn. 61

[55] Vgl. Kulicke/Leimbach (2012), S. 27, (s. Iv.)

[56] Vgl. Ermisch/Thoma (2002), S. 36

[57] Vgl. Brinkrolf (2002), S. 17

[58] Vgl. Wöhe/Bilstein/Ernst/Häcker (2013), S. 172

[59] Vgl. Brinkrolf (2002), S. 17

[60] Vgl. Brettel (2004), S. 32

[61] Vgl. Fischer (1987), S. 11f. u. 22 f.

[62] Vgl. IHK Schwarzwald-Baar-Heubeurg (o. J.), S. 1, (s. Iv.)

[63] Vgl. Schaal (2010), S. 106

[64] Vgl. Viemann (2007), S. 21

[65] Vgl. Wöhe/Bilstein/Ernst/Häcker (2013), S. 172

[66] Vgl. Brettel (2004), S. 32

[67] Vgl. Wöhe/Bilstein/Ernst/Häcker (2013), S. 172 f.

[68] Vgl. Kulicke/Leimbach (2012), S. 27, (s. Iv.)

[69] Vgl. Aldinger (2005), S. 23

[70] Vgl. Mayer (2003), S. 119

[71] Vgl. Brinkrolf (2002), S. 17 f.

[72] Vgl. Wöhe/Bilstein/Ernst/Häcker (2013), S. 173

[73] Vgl. Schefczyk (2006), S. 86

[74] Vgl. Hahn (2014), S. 58

[75] Vgl. Schaal (2010), S. 104

[76] Vgl. Wöhe/Bilstein/Ernst/Häcker (2013), S. 173

[77] Vgl. Werner/Kobabe (2007), S. 55

[78] Vgl. Zemke (1995), S. 85

[79] Vgl. Schefczyk (2000), S. 56

[80] Vgl. Zemke (1995), S. 85

[81] Vgl. Schefczyk (2000), S. 56

[82] Vgl. Zemke (1995), S. 84

[83] Vgl. Wöhe/Bilstein/Ernst/Häcker (2013), S. 173

[84] Vgl. Weitnauer (2011), S. 8

[85] Vgl. Werner/Kobabe (2007), S. 57

[86] Vgl. Schefczyk (2006), S. 87

[87] Vgl. Wöhe/Bilstein/Ernst/Häcker (2013), S. 173

[88] Vgl. Fendel (1987), S. 160 ff.

[89] Vgl. WEKA MEDIA GmbH & Co. KG, (o.J., b), (s. Iv.)

[90] Vgl. Boué (2008), S. 22

[91] Vgl. Engelmann/Heitzer (2001), S. 219

[92] Vgl. Hahn (2014), S. 132 f.

[93] Vgl. Schefczyk (2006), S. 23

[94] ebenda, S. 26

[95] Vgl. Boué (2008), S. 22 f.

[96] Vgl. Stuart/Abetti (1990), S. 151 ff.

[97] Vgl. Boué (2008), S. 23

[98] Vgl. Schefczyk (2006), S. 28

[99] Vgl. Weitnauer (2011), S. 290

[100] Vgl. Boué (2008), S. 84 f.

[101] Vgl. Rauschenbusch (2005), S. 105

[102] Vgl. Lemper (2005), S. 70 f.

[103] Vgl. Boué (2008), S. 104

[104] Vgl. Dittmar (2012), (s. Iv.)

[105] Vgl. Schefczyk (2006), S. 29

[106] Vgl. Nathasius, E. (2005), S. 32

[107] Vgl. Nathasius, K. (2001), S. 20 ff.

[108] Vgl. Weitnauer (2011), S. 288 ff.

[109] Vgl. Schefczyk (2006), S. 29

[110] Vgl. Kaplan/Strömberg (2001), S. 2

Ende der Leseprobe aus 97 Seiten

Details

Titel
Venture Capital, Business Angels und Crowdfunding. Möglichkeiten der Finanzierung und Kapitalbeschaffung für Start-ups
Hochschule
FOM Hochschule für Oekonomie & Management gemeinnützige GmbH, Frankfurt früher Fachhochschule
Note
1,3
Autor
Jahr
2017
Seiten
97
Katalognummer
V386832
ISBN (eBook)
9783960952183
ISBN (Buch)
9783960952206
Dateigröße
3070 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Crowdfunding, Business Angels, Venture Capital, Start ups, Start-up, Unternehmensgründung, Finanzierung, Kapital, Kredit
Arbeit zitieren
Carolin Erkal (Autor:in), 2017, Venture Capital, Business Angels und Crowdfunding. Möglichkeiten der Finanzierung und Kapitalbeschaffung für Start-ups, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/386832

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