Vergleichende Ausführung über den Geist des Kapitalismus und der Religion


Hausarbeit (Hauptseminar), 2016

14 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


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Weltsicht überträgt sich auch in Smiths religiöse Ansichten : Er glaubt an einen Gott der Menschen
belohnt selbst wenn bzw. gerade wenn diese sich egoistisch verhalten haben, da sie in diesen
Fällen ja das Wohl aller unterstützen. Auch wenn man sicherlich eine Rechtfertigung mit Hilfe der
,,unsichtbaren Hand" nicht als religiöses ,,Outing" verstehen darf, zeigt trotzdem der Einfluss, den
diese Theorie der ,,unsichtbaren Hand" heute noch hat wie verwoben die beiden Felder von
Religion und Kapitalismus sein können. Lässt sich also Kapitalismus als Religion bezeichnen?
Genau dieser Frage wird versucht auf den Grund zu gehen. Dabei werden zuerst die Konstrukte
Religion, Geld und Kapitalismus definiert um im abschließenden Teil darauf einzugehen in wie fern
die beiden eine Gemeinsamkeit aufweisen und wie nicht.
2 Annäherung an den Begriff der Religion
Den Begriff ,,der Religion" komplett zufriedenstellend zu definieren ist nahezu unmöglich. Religion
ist, sowie die Erfahrungen die damit verknüpft sind, etwas sehr subjektives. Dieser Umstand
erschwert eine umfassende Definition sehr. Darüber hinaus ist Religion ein interdisziplinäres
Phänomen, es beschränkt sich also nicht auf einen wissenschaftlichen Bereich. Soziologen haben
andere Anforderungen an eine Religionsdefinition als Theologen oder Psychologen.
Inhalt dieses Abschnittes wird nicht sein eine hieb ­ und stichfeste Definition von Religion zu finden,
viel mehr wird versucht den Begriff im Sinne der Arbeit greifbar zu machen. Wie Christoph
Deutschmann in seinem Buch ,,Die Verheißung des absoluten Reichtums" feststellte, hat man bei
einem derartigem Unterfangen zwei Möglichkeiten: Entweder man definiert Religion mithilfe der
substantiellen Methode oder man widmet sich der Funktionalen. Die Erstere sieht Religion ,,im
Sinne einer institutionell aus der Gesellschaft herausgehobenen und von der profanen Welt
abgrenzenden Sphäre des ,,Heiligen""
6
.Sie fasst den Religionsbegriff also sehr eng und bindet so
spirituelle Phänomene wie zum Beispiel den Buddhismus oder soziale Phänomene wie
beispielsweise den Faschismus nicht mit ein. Der funktionalistische Religionsbegriff hingegen, hat
die Besonderheit , dass ,,er es vermeidet spezifische Inhalte von Religion festzulegen
beziehungsweise besonderen kulturellen Vorstellungen von Religion aufzusitzen."
7
Unter zur
Claus Recktenwald). München 5. Aufl. 1990, S. 370f.
6
Deutschmann. Christoph. Die Verheißung des absoluten Reichtums Zur religiösen Natur des Kapitalismus. Frankfurt/Main.
S.106
7
Knoblauch, Hubert nach Hildebrandt, Mathias / Brocker, Manfred: Der Begriff der Religion: interdisziplinäre Perspektiven. In:
Hildebrandt, Mathias / Brocker, Manfred (Hg): Der Begriff der Religion interdisziplinäre Perspektiven. Wiesbaden.2008. S 9-29.
S.19

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Hilfenahme dieser Methode wird , untersucht was Menschen glauben, was für sie ,,religiös" ist und
was das für sie bedeutet bzw. was das für die Gesellschaft bedeutet. Es steht also, wie der Name
schon vermuten lässt, die Funktion von ,,Religion" im Vordergrund. Der Vorteil für diese Arbeit
besteht darin, dass mit Hilfe des funktionalistischen Ansatzes auch die Art von gesellschaftlichen -
und spirituellen Phänomenen mit ein bezogen werden die auf den ersten Blick eventuell nicht als
Religion durchgehen würden. Selbstverständlich ist bei einem so schwer zu erfassendem Feld wie
der Religion keine Theorie bzw. Definition perfekt. So halten Kritiker dieser Art und Weise Religion
zu beschreiben entgegen, dass sie auf der einen Seite zu weit greift, es also nach ihr fast nichts
mehr gibt was nicht religiös ist, sie auf der anderen Seite aber auch zu eng greift, weil Religionen
ja nicht nur integrieren, sondern auch spalten. Dies hat zur Folge, dass die funktionalistische
Methode empirisch gehaltlos wird. Dieses Problem ließe sich durch einen substantiellen Zugang
lösen, da dieser ja wie oben bereits erwähnt, inhaltliche Kriterien zur Verfügung stellt die zeigen
sollen wie ,,Religion" zu sein hat und wie nicht. Trotz dieses Einwandes, der für die Analyse anderer
Sachverhalte durchaus ausschlaggebend sein mag, ist er es nicht für den weiteren Verlauf dieser
Arbeit. Zum Einen liegt das daran, dass die substantielle Methode sehr dogmatisch vorgeht, sich
also nicht aus der christlichen Kulturüberlieferung lösen
8
kann und somit eindeutig der Theologie
zuzuordnen ist und nicht der Soziologie, was sie für die genannte Zielsetzung unbrauchbar macht.
Zum anderen ist die Tatsache, dass eventuell zu viele gesellschaftlich Erscheinungen mit
berücksichtigt werden durchaus intendiert, da ihr Prinzip es ist ihre Gegenstände mit Bezug auf ein
Problem mit anderen Gegenständen vergleichbar zu machen. Betrachtet man bei einer Definition
von Religion lediglich das Verhältnis von Transzendenz und Immanenz so bleibt, nach dem
substantiellen Zugang, ausschließlich ,,die Religion" übrig.
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Religion, wie immer man sie auch
beschränken mag, lebt immer von der Illusion die ihre jeweiligen Anhänger für sich selbst kreieren.
Anhänger wird man wenn man für sich selber Nutzen darin sieht. Die selbsterschaffene Illusion ist
somit eine Nützliche. Eine Illusion ist davon gekennzeichnet, dass sie nicht belegbar ist sie also in
dem Moment an Reiz verliert in dem ein Teil von ihr belegt oder sogar widerlegt werden kann.
Daraus lässt sich schlussfolgern, dass eine mangelnde empirische Aussagekraft, die ja der
funktionalen Methode wie beschrieben vorgeworfen wird, keineswegs negativ aufgefasst werden
sollte. Mithilfe von Empirie versucht man Sachverhältnisse zu erklären und zu belegen, was dem
8
vgl Deutschmann Christoph. Die Verheißung des absoluten Reichtums Zur religiösen Natur des Kapitalismus. Frankfurt/Main.
S.106
9
vgl. Haring Sabine A.: Der Begriff der Religion in der Religionssoziologie. In: Hildebrandt, Mathias / Brocker, Manfred (Hg): Der
Begriff der Religion interdisziplinäre Perspektiven. Wiesbaden.2008. S.113-142. Seite 125

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Wesen der Religion zu wider wäre. Allein die Tatsache, dass man ,,glaubt" zeigt, dass man nicht
einen Beweis, der möglicherweise den Glauben entzaubern könnte, benötigt. Zusammenfassend
lässt sich also sagen, dass die funktionale Herangehensweise weder perfekt, noch für jedes Thema
geeignet wäre, sie für die bevorstehende Diskussion aber die absolut richtige Wahl ist. Nachdem
jetzt die Methode zur Religionsbeschreibung klar geworden ist, muss noch genauer auf die
verschiedenen Funktionen die Religion laut dieser Definition hat eingegangen werden. Nach Franz
Xaver Kaufmann hat Religion folgende Funktionen: Religion soll zur Identitätsstiftung anregen.
Durch die Zugehörigkeit zu einer wie auch immer gearteten Glaubensgemeinschaft soll das
Individuum seine Identität festigen oder gar von den Werten der Gemeinschaft zu Neuen überzeugt
werden. Problematisch wirkt sich diese Funktion auf Menschen aus die bis jetzt noch keine festen
Platz für sich im Leben gefunden haben. So lässt sich beispielsweise das Problem der
Radikalisierung mit der Funktion der Identitätsstiftung erklären. Aus der Stiftung einer Identität folgt
dann die Handlungsweisung. Jede Religion hat bestimmte Normen oder auch Gesetze an die sich
die Anhänger zu halten haben, sowie bestimmte Riten die es zu erfüllen gibt. Eine Funktion die
gerade im Mittelalter von extremer Bedeutung war, ist die Kontingenzbewältigung. Mit Kontingenz
wird in der Soziologie und Philosophie die Offenheit und Unsicherheit menschlicher Erfahrungen
beschrieben. In der Erkenntnistheorie wird mit dem Begriff das Wissen darüber ausgedrückt, dass
jedes Wissen relativ ist. Es also nie absolutes Wissen geben kann. Kontingenz birgt immer das
Risiko enttäuscht zu werden. Kontingenzbewältigung geht diesem Risiko aus dem Weg in dem es
für Fragen die unergründbar zu sein scheinen möglichst einfache und mehr oder weniger plausible
Antworten gibt. Da die klassischen Religionen zum Großteil auf Glauben basieren sind sie
besonders von Kontingenzbewältigungs ­ bzw. unterdrückungsmechanismen geprägt. Die
Sozialintegration ist ähnlich wie die Handlungsweisung, eng mit der Identitätsstiftung verknüpft.
Anders als bei der Systemintegration, bei der es um den Zusammenhalt verschiedener
Subsysteme wie beispielsweise Rechts ­ und Wirtschaftssystem geht, geht es bei der
Sozialintegration um die Integration einzelner Menschen in die Gemeinschaft. Religion legitimiert
also die Gemeinschaftsbildung und die soziale Integration. Wobei natürlich gerade Religion das
Potenzial hat im gleichen Maße zu spalten in dem es auch integrieren kann. Mit der Kosmisierung
der Welt soll es möglich sein, der Welt so wie sie besteht einen Sinn zu geben um sich so von der
Sinnlosigkeit mancher Ereignisse nicht zu stark beeinflussen zu lassen. Die letzte Funktion die
Kaufmann erwähnt ist die Weltdistanzierung. Damit ist gemeint, dass Religion es einem
ermöglichen soll sich von unakzeptablen Gesellschaftszuständen zu distanzieren um so

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Widerstand und Protest gegen diese auszudrücken. Natürlich lassen sich durch diese sechs
Funktionen Kaufmanns die Aufgaben von Religionen nicht erschöpfend erklären, so schlagen
beispielsweise Hildebrandt und Brocker vor die genannten Funktionen noch um Welterklärung und
Legitimation zu ergänzen, um der Diskussion die hier eröffnet wird ein Fundament zu liefern sind
sie trotzdem bestens geeignet.
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3 Geld & Kapitalismus
Geld und Kapitalismus sind zwei Begriffe die beide untrennbar mit einander verwoben sind und die
beide aufgrund dessen nicht undefiniert bleiben dürfen. Der folgende Abschnitt wird sich deshalb
mit der Definition der beiden Begriffen auseinandersetzen.
3.1 Versuch einer Definition von Geld
Denkt man an Geld scheint eine Definition zuerst recht trivial zu sein. Geld ist laut dem Duden
ein ,,in staatlichem Auftrag aus Metall geprägtes oder auf Papier gedrucktes Zahlungsmittel" und
weiter ,, größere [von einer bestimmten Stelle stammende, für einen bestimmten Zweck
vorgesehene] Summe"
11
. In ,,Knapps Enzyklopädischen Lexikon des Geld - , Bank ­ und
Börsenwesens" wird Geld schon ein bisschen komplexer definiert: ,,Geld sei, alles was die
Geldfunktion erfülle."
12
Diese Beschreibung ist natürlich noch sehr allgemein gehalten. Im weiteren
Verlauf des Abschnittes wird deswegen noch die, für das allgemeine Verständnis von Geld recht
wichtige, ,,Triade des Geldes" eingeführt : ,,Geld diene als Recheneinheit, als generelles
Wertaufbewahrungsmittel und schließlich als Tauschmittel."
13
Die Funktionen die das Geld also
damit innehat drehen sich alle mehr oder weniger um den Tausch. Damit die Tauschfunktion aber
genutzt werden kann muss der Geldbesitzer ein Teil der Geldgemeinschaft sein. Ist er es nicht hat
10
vgl Hildebrandt, Mathias / Brocker, Manfred: Der Begriff der Religion: interdisziplinäre Perspektiven. In: Hildebrandt, Mathias /
Brocker, Manfred (Hg): Der Begriff der Religion interdisziplinäre Perspektiven. Wiesbaden.2008. S 9-29. S.19
11
Wissenschaftlicher Rat Dudenredaktion. Duden Die deutsche Rechtschreibung, Mannheim 2013
unter:
http://www.duden.de/rechtschreibung/Geld
(eingesehen am 19.10.2016)
12
Helmedag Fritz. Geld: Einführung und Überblick. In: Prof. Dr. Bartmann, Prof. Dr. A. Burger, Prof. Dr. T. Burkhardt, Prof. Dr. W.
Folz, Prof. Dr. T. Hartmann-Wendels, Prof. Dr. T. Heidorn, PD Dr. S. Kirmße, Prof. Dr. H. Rehm, W. Weinkauf(Hg) : Knapps
Enzyklopädisches Lexikon des Geld -, Bank ­ und Börsenwesens. Frankfurt am Main. 2007 S. 1-11 S. 1
13
Helmedag Fritz. Geld: Einführung und Überblick. In: Prof. Dr. Bartmann, Prof. Dr. A. Burger, Prof. Dr. T. Burkhardt, Prof. Dr. W.
Folz, Prof. Dr. T. Hartmann-Wendels, Prof. Dr. T. Heidorn, PD Dr. S. Kirmße, Prof. Dr. H. Rehm, W. Weinkauf(Hg) : Knapps
Enzyklopädisches Lexikon des Geld -, Bank ­ und Börsenwesens. Frankfurt am Main. 2007 S. 1-11 S. 1
Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Vergleichende Ausführung über den Geist des Kapitalismus und der Religion
Hochschule
Universität Paderborn
Note
1,0
Autor
Jahr
2016
Seiten
14
Katalognummer
V387155
ISBN (eBook)
9783668613034
ISBN (Buch)
9783668613041
Dateigröße
586 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kapitalismus, Kapital, Religion, Walter Benjamin, Max Weber, Hartmut Winkler, Neoliberalismus, Definition Religion, Definition Kapitalismus, Defintion Geld, Medienwissenschaften
Arbeit zitieren
Tobias Rösner (Autor:in), 2016, Vergleichende Ausführung über den Geist des Kapitalismus und der Religion, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/387155

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