Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht hat durch seine Vorschläge zur Überarbeitung von Basel I, der Eigenkapitalvereinbarung von 1988, in Deutschland eine breit angelegte öffentliche Diskussion über die künftigen Perspektiven der Mittelstandsfinanzierung ausgelöst .
Diese durch Basel II eingeleitete Diskussion sollte sich aber nicht nur einseitig auf die in Deutschland weit verbreitete Fremdkapital-geprägte Finanzierungskultur des Mittelstands beschränken, vielmehr scheint eine akribische Analyse des gesamten Spektrums aller Finanzierungsalternativen angebracht, wie sie international bereits vielfach angewandt wird . Die dabei in Deutschland vorherrschenden Finanzierungsstrukturen des Mittelstands werden auf einen harten Prüfstand gestellt, aber durch die veränderten Rahmenbedingungen im Zuge von Basel II können sich nicht nur neue Anforderungen, sondern durchaus auch neue Möglichkeiten in der Mittelstandsfinanzierung ergeben.
Betrachtet man die weit vorangeschrittene Internationalisierung des Kapitalmarkts, welche durch die Einführung des Euros in Europa noch an Fahrt gewonnen hat , so lässt sich auf der einen Seite feststellen, dass sich der Wettbewerb im Finanzsektor in den vergangenen Jahren sehr stark intensiviert hat. Banken, Versicherungen und Fondsgesellschaften ringen um die Gunst der Anleger, und die Unternehmen finanzieren sich zunehmend direkt am Kapitalmarkt, Ländergrenzen spielen hierbei zunehmend eine untergeordnete Rolle.
Der einheitliche internationale und hochliquide Kapitalmarkt ermöglicht aber auf der anderen Seite neue Perspektiven in der Unternehmensfinanzierung. Nicht nur Großunternehmen und weltweit agierenden Konzernen stehen ganz neue Zugangsmöglichkeiten offen, sondern auch große mittelständische Unternehmen können teils beispielsweise über das Instrument der Kreditverbriefung einen indirekten Marktzugang erreichen.
Diese zunehmende Bedeutung des Markts wird mittelfristig zu einer konsequenten, bonitätsabhängigen Preisdifferenzierung führen, wie sie implizit durch die neuen Vorschläge des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht gefordert wird. Die bislang übliche Subventionierung bonitätsmäßig schlechter Risiken durch gute Risiken wird durch die risikoorientierte Differenzierung beendet werden und zu einer faireren Preisgestaltung bei der Unternehmensfinanzierung führen .
INHALTSVERZEICHNIS
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Basel II im Überblick
2.1 Historie der Baseler Eigenkapitalvereinbarung
2.2 Zielsetzung von Basel II
2.3 Die drei Säulen der neuen Baseler Eigenkapitalvereinbarung
2.3.1 Säule I: Mindestkapitalanforderungen
2.3.2 Säule II: Aufsichtsrechtliches Überprüfungsverfahren
2.3.3 Säule III: Förderung der Marktdisziplin
3. Der deutsche Mittelstand
3.1 Begriffsbestimmung und Bedeutung des Mittelstands in Deutschland
3.2 Finanzierungs- und Eigenkapitalsituation
4. Alternative Finanzierungsformen für den deutschen Mittelstand
4.1 Stärkung des Eigenkapitals
4.2 Beteiligungsfinanzierung
4.2.1 Venture Capital und Private Equity
4.2.2 Business Angels und Inkubaturen
4.3 Öffentliche Fördermittel
4.4 Mezzanine-Kapital
4.4.1 Privatplatzierte Mezzanine-Instrumente
4.4.2 Kapitalmarktorientierte Mezzanine-Instrumente
4.5 Leasing
4.6 Factoring bzw. Forfaitierung
4.7 Asset-Backed-Securities
5. Abschließende Betrachtung
Anhang
Literaturverzeichnis
Ehrenwörtliche Erklärung
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht hat durch seine Vorschläge zur Überarbeitung von Basel I, der Eigenkapitalvereinbarung von 1988, in Deutschland eine breit angelegte öffentliche Diskussion über die künftigen Perspektiven der Mittelstandsfinanzierung ausgelöst[1].
Diese durch Basel II eingeleitete Diskussion sollte sich aber nicht nur einseitig auf die in Deutschland weit verbreitete Fremdkapital-geprägte Finanzierungskultur des Mittelstands[2] beschränken, vielmehr scheint eine akribische Analyse des gesamten Spektrums aller Finanzierungsalternativen angebracht, wie sie international bereits vielfach angewandt wird[3]. Die dabei in Deutschland vorherrschenden Finanzierungsstrukturen des Mittelstands[4] werden auf einen harten Prüfstand gestellt, aber durch die veränderten Rahmenbedingungen im Zuge von Basel II können sich nicht nur neue Anforderungen, sondern durchaus auch neue Möglichkeiten in der Mittelstandsfinanzierung ergeben.
Betrachtet man die weit vorangeschrittene Internationalisierung des Kapitalmarkts, welche durch die Einführung des Euros in Europa noch an Fahrt gewonnen hat[5], so lässt sich auf der einen Seite feststellen, dass sich der Wettbewerb im Finanzsektor in den vergangenen Jahren sehr stark intensiviert hat. Banken, Versicherungen und Fondsgesellschaften ringen um die Gunst der Anleger, und die Unternehmen finanzieren sich zunehmend direkt am Kapitalmarkt, Ländergrenzen spielen hierbei zunehmend eine untergeordnete Rolle.
Der einheitliche internationale und hochliquide Kapitalmarkt ermöglicht aber auf der anderen Seite neue Perspektiven in der Unternehmensfinanzierung. Nicht nur Großunternehmen und weltweit agierenden Konzernen stehen ganz neue Zugangsmöglichkeiten offen, sondern auch große mittelständische Unternehmen können teils beispielsweise über das Instrument der Kreditverbriefung einen indirekten Marktzugang[6] erreichen.
Diese zunehmende Bedeutung des Markts wird mittelfristig zu einer konsequenten, bonitätsabhängigen Preisdifferenzierung führen, wie sie implizit durch die neuen Vorschläge des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht gefordert wird. Die bislang übliche Subventionierung bonitätsmäßig schlechter Risiken durch gute Risiken wird durch die risikoorientierte Differenzierung beendet werden und zu einer faireren Preisgestaltung bei der Unternehmensfinanzierung führen[7].
Basel II greift diese am Markt zu beobachtenden Tendenzen mit der Forderung einer bonitätsabhängigen Eigenmittelunterlegung der Kreditinstitute aus bankaufsichtsrechtlicher Sicht an, und trägt so zur Stabilität der Finanzmärkte bei.
Oft ist aber im Zuge von Basel II die Rede von „Credit Crunch“[8] oder „Finanzierungskrise des Mittelstands“. Entgegen diesen Aussagen wird aber die Finanzierung von Vorhaben, welche eine angemessene Rendite erwirtschaften, wohl auch weiterhin gesichert sein[9], wenn auch evtl. zu anderen Kreditkonditionen und mit höheren Transparenzanforderungen als bislang.
Jedoch scheint Basel II das in Deutschland häufig vorzufindendes Merkmal der Eigenkapitalschwäche des Mittelstands aufzudecken. Die Entwicklung der Unternehmensinsolvenzen in den vergangenen Jahren[10] zeigt, dass die Eigenmittelausstattung vieler deutscher Mittelständler in einem schwierigen gesamtwirtschaftlichen Umfeld unzureichend ist.
Betrachtet man die Eigenkapitalquoten von ausländischen Unternehmen, so lässt sich erkennen, dass diese i.d.R. über eine höhere Eigenmittelausstattung verfügen als deutsche Unternehmen[11], und dass deren besseren finanziellen Rücklagen im momentan schwierigen Umfeld einen deutlichen Vorteil darstellen.
Die deutschen Mittelständler sollten also bestrebt sein ihre Eigenmittelausstattung zu erhöhen, und ihre Finanzierungsstrukturen kritisch, anstatt nur unter steuerrechtlichen Aspekten, zu überprüfen. Durch Basel II sollte sich daher die Flexibilität im Hinblick auf neue Finanzierungsalternativen erhöhen[12].
Da die Innenfinanzierung, also die Selbstfinanzierung aus Gewinnen, Abschreibungen und Rückstellungen, nach wie vor das Finanzierungsrückgrat deutscher Unternehmen bildet[13], könnte die Bundesregierung durch eine konsequente Fortführung der durch die Unternehmenssteuerreform 2000 eingeleitete Steuerpolitik in Form einer rechtsformunabhängigen, angemessenen Besteuerung, wie sie international verbreitet ist, zur Stärkung der Eigenmittelausstattung beitragen.
Um jedoch zeitnah an das international übliche Eigenkapitalniveau heranzukommen, wird zusätzlich haftendes Kapital von außen zugeführt werden müssen[14]. Dies geschah in den vergangen Jahren vielfach durch Beteiligungskapital[15] oder auch durch die Emission von Aktien[16].
Eine Optimierung der deutschen mittelständischen Finanzierungsstrukturen endet aber nicht bei einer gestärkten Eigenkapitalbasis, sondern erfordert auch eine Intensivierung der Nutzung alternativer Finanzierungsformen[17].
Zielsetzung dieser Arbeit ist es, die Auswirkungen der neuen Baseler Eigenkapitalvereinbarungen auf deutsche mittelständische Unternehmen und deren Finanzierung zu untersuchen. Hierbei sollen alternative Finanzierungsformen zur traditionellen Kreditfinanzierung vorgestellt und kritisch beurteilt werden, sowie deren Einsatzmöglichkeiten für mittelständische Unternehmen betrachtet werden.
Nachfolgend wird der Aufbau dieser Arbeit kurz erläutert. Zunächst werden im zweiten Kapitel die Neuerungen beleuchtet, wie sie durch Basel II gefordert werden. Dabei liegt der Fokus auf einer historischen Betrachtung sowie einer Betrachtung der Zielsetzung von Basel II.
Im dritten Kapitel wird dann die vergangene und aktuelle Finanzierungssituation des deutschen Mittelstands untersucht. Dabei werden sowohl das aktuelle Finanzierungsverhalten der Mittelständler, als auch aktuelle Entwicklungen in der Kreditpolitik der Banken betrachtet, um so sich ergebende Konsequenzen für die Unternehmensfinanzierung durch Basel II aufzudecken.
Hierauf aufbauend werden im vierten Kapitel in der Reihenfolge ihrer Bedeutung für mittelständische Unternehmen in der Praxis alternative Finanzierungsformen deskriptiv vorgestellt, anschließend kritisch beurteilt und abschließend eine Bewertung für deren Einsatz in deutschen mittelständischen Unternehmen erstellt.
Im abschließenden fünften Kapitel werden die wichtigsten Ergebnisse dieser Arbeit zusammengefasst.
2. Basel II im Überblick
Um zu verstehen weshalb Basel II gravierende Änderungen in der Finanzierungssituation deutscher Unternehmen hervorrufen wird und somit verstärkt alternative Finanzierungsformen in den Fokus rücken werden, wird im zweiten Kapitel ein Überblick über die Vorschläge des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht gegeben. Dieser Überblick umfasst zuerst die historische Entwicklung, anschließend werden die drei Eckpfeiler der neuen Baseler Eigenkapitalvereinbarung vorgestellt. Abschließend wird die Zielsetzung von Basel II näher untersucht.
2.1 Historie der Baseler Eigenkapitalvereinbarung
Die Baseler Eigenkapitalvereinbarung wurde und wird von dem Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht mit Sitz im schweizerischen Basel ausgearbeitet, der 1974 gemeinsam von den Zentralbanken der G10-Staaten ins Leben gerufen wurde. Die Zielsetzung dieses Ausschusses ist es international anerkannte und anwendbare, einheitliche Richtlinien zur Bankenaufsicht zu erarbeiten, die dann auf nationaler Ebene durch die Legislative umgesetzt werden. Dabei können die einzelnen Staaten eigenverantwortlich festlegen in welchem Umfang diese Empfehlungen umgesetzt werden[18].
Durch die zunehmende Internationalisierung und die einhergehende Entwicklung von freien Güter- und Kapitalmärkten wurden unterschiedliche Aufsichtnormen in verschiedenen Ländern verstärkt dazu genutzt, um Geschäfte dort abzuwickeln, wo die Kontrollvorschriften am schwächsten ausgeprägt waren[19]. Dieses Phänomen machte eine gemeinsame Regelung unumgänglich, was zur Verabschiedung der 1. Baseler Eigenkapitalvereinbarung, Basel I, im Jahre 1988 führte[20]. Das deklarierte Ziel war es, die aus dem Aktivgeschäft der Kreditinstitute resultierenden Risiken durch Unterlegung von Eigenmitteln einzugrenzen. Dies sollte geschehen durch Begrenzung des Kreditvolumens der Banken auf das 12,5-fache des Eigenkapitals[21].
In Deutschland wurde dieser Vorschlag 1993 durch die vierte KWG-Novelle in nationales Recht umgesetzt[22].
Durch einen Zusatz zu Basel I kam im Januar 1996 durch das Baseler Marktrisikopapier die Verpflichtung zur Eigenmittelunterlegung von Marktpreisrisiken hinzu, welche sich beispielsweise aus dem Handel mit Aktien, Währungen, Anleihen oder Rohstoffen ergeben können[23].
Somit kann festgehalten werden, dass der erste Baseler Akkord eine adäquate Eigenmittelausstattung der Kreditinstitute zum Ziel hatte, welche sich positiv auf die Stabilität des internationalen Bankensystems auswirken sollte.
Jedoch stieß der erste Baseler Akkord von 1988 in den letzten Jahren durch die Entwicklungen an den Finanz- und Kapitalmärkten an seine Grenzen, da beispielsweise die Anwendung von neuen Risikomodellen oder innovative Finanzinstrumente, wie verbriefte Aktiva oder Kreditderivate, keine Berücksichtigung fanden.
Abhilfe schaffen sollte das im Juni 1999 vorgelegte erste Konsultationspapier zum zweiten Baseler Akkord, welches nach heftigem Widerstand im Januar 2001 durch das zweites Konsultationspapier nachgebessert wurde[24]. Dieses Papier beinhaltete die Gleichstellung von internen, bankerstellten Ratings und externen, beispielsweise durch eine große Ratingagentur, wie Standard & Poors, erstellten Ratings, wie sie vor allem aus Deutschland gefordert wurde[25].
Im April 2003 wurde das dritte Konsultationspapier zu Basel II veröffentlicht und angekündigt, die neue Eigenkapitalvereinbarung im vierten Quartal 2003 zu verabschieden. Da jedoch bis Oktober 2003 mehr als 200 Verbesserungsvorschläge und Kommentare sowohl von einzelnen Unternehmen, als auch von Wirtschaftsverbänden beim Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht eingingen, wurde der Zeitpunkt der Veröffentlichung der endgültigen Fassung auf die Jahresmitte 2004 verlagert.
Die Umsetzung von Basel II in nationales Recht soll bis Jahresanfang 2007 erfolgen, was in Europa durch inhaltsgleiche EU-Richtlinien erreicht werden soll, welche für alle nationalen Gesetzgeber verpflichtend gelten sollen. Somit muss eine Erneuerung des KWG spätestens zu diesem Zeitpunkt erfolgen[26].
2.2 Zielsetzung von Basel II
Als vorrangiges Ziel der neuen Baseler Eigenkapitalvereinbarung ist die Erhöhung der Stabilität des internationalen Bankensystems zu nennen. Dies soll durch eine Verbesserung der Erfassung von Risiken im Kreditgeschäft und, damit verbunden, eine risikoadäquate Eigenmittelunterlegung von Kreditengagements erreicht werden[27].
Hierbei soll nun eine Betrachtung des individuellen Kreditnehmers und dessen Bonität stattfinden. Die Höhe der Eigenkapitalunterlegung der Kreditinstitute erfolgt somit künftig nicht mehr pauschal, sondern wird bei jedem Kreditengagement nach der Bonität des Kreditnehmers stattfinden. Daher müssen die Kreditinstitute in Zukunft für risikoarme Kredite, sprich Kreditnehmer mit einer guten Bonitätseinschätzung, weniger Eigenkapital aufwenden als für riskantere Kredite[28].
Insgesamt soll die Eigenmittelausstattung der Kreditinstitute dabei mindestens auf dem bisherigen Niveau bleiben, und sich im Idealfall deutlich erhöhen.
2.3 Die drei Säulen der neuen Baseler Eigenkapitalvereinbarung
Um die zuvor in Kapitel 2.2 genannten Ziele zu erreichen, wurde Basel II auf folgende drei sich gegenseitig ergänzende Säulen gestellt:
- Mindestkapitalanforderungen (Minimal Capital Requirement)
- Aufsichtsrechtliches Überprüfungsverfahren (Supervisory Review Process)
- Förderung der Marktdisziplin ( Market Discipline)[29]
Diese Säulen werden nachfolgend näher erläutert.
2.3.1 Säule I: Mindestkapitalanforderungen
Im wesentlichen basieren die Empfehlungen des Baseler Ausschusses für die Mindestkapitalanforderungen auf den mit Basel I geschaffenen Grundlagen. Sowohl die Definition des aufsichtsrechtlich vorgeschriebenen Eigenkapitals, als auch die Mindesteigenkapitalquote im Verhältnis zu den risikogewichteten Aktiva eines Kreditinstituts bleiben unverändert bestehen[30].
In Zukunft sollen sowohl externe, als auch interne Ratingverfahren zur Bestimmung der Höhe des zu hinterlegenden Eigenkapitals herangezogen werden. Dabei löst die Betrachtung der individuelle Bonität des einzelnen Kreditnehmers zur Bestimmung der Höhe des zu unterlegenden Eigenkapitals die bislang praktizierte pauschale Unterlegung mit 8% Eigenkapital ab.
Somit wird die bisher häufig vorzufindende Subvention von bonitätsmäßig schlechten Kunden durch bonitätsmäßig gute Kunden in Form von zu niedrigen Kreditzinssätzen für die schlechten Kunden abnehmen bzw. verschwinden[31], da mit der risikoadäquaten Eigenkapitalunterlegung die risikoreicheren, schlechten Kunden mit mehr Eigenkapital unterlegt werden müssen.
Die bestehende Mindesteigenkapitalquote von 8% der risikogewichteten Aktiva eines Kreditinstituts bleibt auch weiterhin gültig.
2.3.2 Säule II: Aufsichtsrechtliches Überprüfungsverfahren
Die zweite Säule von Basel II stellt eine erhebliche Neuerung dar, die bislang in dieser Form nicht in der Baseler Eigenkapitalvereinbarung verankert war. Hierbei werden laufende Prüfungen vor Ort im Rahmen einer qualitativen Bankenaufsicht vorgeschlagen[32].
Ziel ist die Sicherstellung der jederzeitigen Bestimmbarkeit der notwendigen Eigenkapitalausstattung der Kreditinstitute durch geeignete Methoden und Verfahren, welche laufend von den Prüfungsinstanzen auf deren Eignung überprüft und beurteilt werden. Unter diese Prüfungsaufgaben fällt aber explizit nicht eine Überprüfung oder sogar eine Beurteilung der Risikostrategie der Kreditinstitute[33].
Des weiteren soll das aufsichtsrechtliche Überprüfungsverfahren dabei helfen externe, bislang unberücksichtigte Risiken, wie beispielsweise konjunkturelle Einflüsse, abzudecken. Hierzu können die Instanzen alle entsprechenden Maßnahmen nach eigenem Ermessen einleiten[34].
Im Mittelpunkt dieses Überprüfungsverfahrens stehen dabei die jeweiligen bankinternen Risikomanagement-Systeme. Daher ist es notwendig einen kooperativeren, engeren Dialog zwischen den beteiligten Parteien herzustellen als dies bislang der Fall war.
Diese zweite tragende Säule von Basel II soll außerdem im Rahmen der zunehmenden Globalisierung international einheitliche und vergleichbare Wettbewerbsbedingungen für alle Kreditinstitute schaffen, indem einheitliche Überprüfungspraktiken eingeführt werden.
2.3.3 Säule III: Förderung der Marktdisziplin
Die dritte Säule des neuen Baseler Akkords soll durch deutlich erweiterte Publizitätspflichten für alle Kreditinstitute zu einer Erhöhung der Markttransparenz führen[35]. Die neuen Empfehlungen und Vorschriften zur Offenlegung der Risiko- und Eigenkapitallage der Kreditinstitute lassen sich grob in folgende vier Bereiche einteilen:
- Anwendung der Eigenkapitalvorschriften
- Eigenkapitalstruktur
- Eigenmittelausstattung
- eingegangene Risiken[36]
Durch diese erweiterten Offenlegungspflichten und –empfehlungen soll es für alle Marktteilnehmer möglich sein die Risikostruktur sowie die Eigenkapitalunterlegung der Kreditinstitute zu beurteilen.
Diese Transparenzerhöhung soll zur Erhöhung der Marktdisziplin beitragen, da gut informierte Marktteilnehmer bei ihren Anlageentscheidungen auch das Risikomanagement der Banken beurteilen können, und somit zu risikoreiche Strategien evtl. von den Marktteilnehmern abgestraft werden. Hierdurch ergibt sich für die Kreditinstitute ein starker Anreiz die eigene Risikostrategie zu überprüfen und die eingegangenen Risiken zu kontrollieren[37].
3. Der deutsche Mittelstand
3.1 Begriffsbestimmung und Bedeutung des Mittelstands in Deutschland
Unter dem Begriff „Mittelstand“ werden kleine und mittlere Unternehmen, zusammengefasst. Hierzu gehören beispielsweise Handwerksbetriebe, traditionelle Familienunternehmen, Freiberufler, Existenzgründer und die Freien Berufe. Diese KMU haben besonders in Deutschland eine tragende Rolle für das Wirtschaftswachstum und die Beschäftigung[38].
Angesichts uneinheitlicher Größenstrukturen in den Wirtschaftsbranchen Dienstleistungen, Handel, Handwerk, Industrie und Freie Berufe ist es kaum verwunderlich, dass ein feststehender, einheitlicher Mittelstandsbegriff nicht existiert. Vielmehr gibt es unterschiedliche qualitative und quantitative Unterscheidungsmerkmale an Hand deren eine Zuordnung zum wirtschaftlichen Mittelstand erfolgen kann[39].
Die in Deutschland angewandte Definition des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn (IfM) nach Jahresumsatz und Beschäftigtenzahl (max. 50 Mio. EUR Jahresumsatz und 499 Beschäftigte)[40] wendet dabei lediglich quantitative Merkmale zur Abgrenzung an. Nach dieser Definition waren im Jahre 2001 99,7% aller umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen, insgesamt 3,3 Millionen Betriebe mit 20 Millionen Beschäftigten, dem Mittelstand zuzurechnen[41]. Die tatsächliche Bedeutung des Mittelstands in Deutschland lässt sich aber vor allem auch an folgenden Zahlen verdeutlichen:
Der deutsche Mittelstand
- beschäftigte in etwa 70% aller Arbeitnehmer
- trug ca. 49% zur Bruttowertschöpfung aller Unternehmen bei
- vereinnahmte knapp 43% aller steuerpflichtigen Umsätze
- bildete 83% aller Auszubildenden und Lehrlinge aus und
- tätigte ca. 46% aller Bruttoinvestitionen
im Jahre 2001 in Deutschland[42]. Diese Definition des deutschen Mittelstands stellt auch die für diese Arbeit relevante Definition dar.
Überdies werden auch noch andere Definitionen angewandt. Im Bereich der Mittelstandsförderung finden in Deutschland teils auch deutlich höhere Grenzwerte Anwendung. So sind beispielsweise im Rahmen des Mittelstandsprogramms der KfW alle Unternehmen förderungsfähig, wenn sie mehrheitlich in Privatbesitz sind und nicht mehr als 500 Mio. EUR Jahresumsatz erwirtschaften[43].
In Europa wird eine Definition verwandt, die sowohl quantitative, als auch qualitative Merkmale berücksichtigt. Quantitative Zahlen, wie Beschäftigtenzahl, Umsatz und Bilanzsumme werden hierbei mit qualitativen Merkmalen, wie der Forderung nach Unabhängigkeit des Unternehmens kombiniert[44].
Die von der Europäischen Kommission angewandte Kombination aus quantitativen Merkmalen und dem Unabhängigkeitskriterium und die im KfW-Mittelstandsprogramm gestellte Bedingung nach mehrheitlichem Privatbesitz zeigen, dass eine Beschränkung auf rein quantitative Merkmale den Begriff Mittelstand nicht adäquat darstellen können. Mit das wesentlichste qualitative Merkmal mittelständischer Unternehmen ist eine enge Verbindung von Inhaber und Unternehmung[45]. Charakteristisch hierfür ist beispielsweise die Einheit von Eigentum, Leitung, Haftung und Risiko[46].
Diese qualitativen Aspekte dominieren oft sehr stark über die quantitativen, und wirken sich auf die Wahl der Rechtsform[47], die Unternehmensfinanzierung, die Produkt- und Marketingpolitik und die Produktinnovation aus, da persönliche Wertorientierungen, Einstellungen und Prinzipien des Inhabers mit in diese strategisch wichtigen Entscheidungsprozesse einfließen[48].
3.2 Finanzierungs- und Eigenkapitalsituation
Die kleinen und mittleren Unternehmen unterscheiden sich stark von großen Unternehmen auf Grund ihrer speziellen qualitativen Merkmale, welche ihre Finanzierungsgewohnheiten bestimmen[49]. Die Hauptfinanzierungsquellen des Mittelstands in Deutschland bilden die Selbstfinanzierung aus Gewinnen, Abschreibungen und Rückstellungen, sowie die Finanzierung mittels Bankkrediten[50].
Bedingt durch ihre geringe Größe und des damit verbundenen geringeren Kapitalbedarfs, sowie festen Eigentümerstrukturen nutzen mittelständische Unternehmen Finanzierungsmöglichkeiten am Kapitalmarkt nur selten[51]. Der Zugang zum Kapitalmarkt bleibt ihnen meist auf Grund von zu hohen Mindestvolumina oder zu hohen Kosten verschlossen[52].
Ein Hauptmerkmal deutscher mittelständischer Unternehmen ist eine nur geringe absolute und relative Eigenmittelausstattung im internationalen Vergleich[53]. Die Eigenkapitalquote drückt den prozentualen Anteil des Eigenkapitals an der Bilanzsumme des Unternehmens aus[54], und spielt bei der Beurteilung der Bonität eines Unternehmens im Zuge eines Ratingverfahrens eine essentielle Rolle[55]. Bei einem Großteil aller mittelständischer Unternehmen liegt die EK-Quote unter 20%. Auf gesamtwirtschaftlicher Ebene beträgt diese sogar nur etwa 7%[56].
[...]
[1] Vgl. Bundesverband deutscher Banken (BdB); Mittelstandsfinanzierung vor neuen Herausforderungen – Daten, Fakten, Argumente; Berlin; Januar 2003; S. 5
[2] Vgl. Anhang: Abb. 1 und Abb. 2
[3] Vgl. GoingPublic Media AG; VentureCapital Magazin – Sonderausgabe Mittelstandsfinanzierung 2004; Wolfratshausen; 5. Jahrgang 2004; S. 3
[4] Vgl. Anhang: Abb. 3
[5] Vgl. IKB Deutsche Industriebank AG; Geschäftsbericht 2001/2002; Düsseldorf; 21.05.2002;
S. 23
[6] Vgl. Bundesverband deutscher Banken (BdB); Mittelstandsfinanzierung vor neuen Herausforderungen – Daten, Fakten, Argumente; Berlin; Januar 2003; S. 5 sowie GoingPublic Media AG; VentureCapital Magazin – Sonderausgabe Mittelstandsfinanzierung 2004; Wolfratshausen; 5. Jahrgang 2004; S. 5 und S. 26
[7] Vgl. Bayerische Beteiligungsgesellschaft mbH; Baytrag zum Beteiligungsgeschehen; Ausgabe 3
September 2003; München; 2003; S. 2
[8] Einschränkung und Verknappung von Krediten
[9] Vgl. Stein, Dr. Stefan / Paul, Prof. Dr. Stephan; Rating, Basel II und die Unternehmensfinanzierung;
Köln; 1.Ausgabe 2002; S. 5
[10] Vgl. Anhang: Abb. 4
[11] Vgl. Anhang: Abb. 5
[12] Vgl. GoingPublic Media AG; VentureCapital Magazin – Sonderausgabe Mittelstandsfinanzierung
2004; Wolfratshausen; 5. Jahrgang 2004; S. 13
[13] Vgl. Anhang: Abb. 6
[14] Vgl. GoingPublic Media AG; VentureCapital Magazin – Sonderausgabe Mittelstandsfinanzierung
2004; Wolfratshausen; 5. Jahrgang 2004; S. 4
[15] Vgl. Anhang: Abb. 7
[16] Vgl. Anhang: Abb. 8
[17] Vgl. GoingPublic Media AG; VentureCapital Magazin – Sonderausgabe Mittelstandsfinanzierung
2003; Wolfratshausen; 4. Jahrgang 2003; S. 3
[18] Vgl. Basel Commitee on Banking Supervision; The Basel Commitee on Banking Supervision; Online
im Internet unter: http://bis.org/bcbs/aboutbcbs.htm ; Abfrage vom 03.04.2004
[19] Vgl. Kolbeck, Christoph / Wimmer, Rudolf; Finanzierung für den Mittelstand; 1. Auflage; Wiesbaden;
2002; S. 50
[20] Vgl. Deutsche Bundesbank; Basel II – Die neue Baseler Eigenkapitalvereinbarung; Online im Internet
unter: http://www.bundesbank.de/bank/bank_basel.php ;Abfrage vom 03.04.2004
[21] Vgl. Hofmann, Gerhard; Auf dem Weg zu Basel II: Konzepte, Modelle, Meinungen; 1. Auflage;
Frankfurt am Main; 2001S. 7
[22] Vgl. Kolbeck, Christoph / Wimmer, Rudolf; Finanzierung für den Mittelstand; 1. Auflage; Wiesbaden;
2002; S. 50
[23] Vgl. Deutsche Bundesbank; Monatsbericht April 2001; Frankfurt am Main; 2001; S. 16
[24] Vgl. Deutsche Bundesbank; Basel II – Die neue Baseler Eigenkapitalvereinbarung; Online im Internet
unter: http://www.bundesbank.de/bank/bank_basel.php ; Abfrage vom 03.04.2004
[25] Vg. Stein, Dr. Stefan / Paul, Prof. Dr. Stephan; Rating, Basel II und die Unternehmensfinanzierung;
Köln; 1.Ausgabe 2002; S. 34
[26] Vgl. GoingPublic Media AG; VentureCapital Magazin – Sonderausgabe Mittelstandsfinanzierung
2004; Wolfratshausen; 5. Jahrgang 2004; S. 64
[27] Vgl. Paul, Stephan (Hrsg.); Basel II, Mittelstand und Kreditpreise; Frankfurt am Main; 1.Auflage 2003;
S. 38
[28] Vgl. PriceWaterhouseCoopers; Fit für Rating? Wie gut ist der deutsche Mittelstand auf das Rating
vorbereitet?; Stuttgart; Februar 2004; PDF-Dokumentation; Online im Internet unter: http://www.uni-
stuttgart.de/mittelstandsforum/Archiv/Praesentation_PwC_Wintermantel_2004-02-12.pdf ; Abfrage
vom 05.04.2004
[29] Vgl. Anhang: Abb. 9
[30] Vgl. Kolbeck, Cristoph / Wimmer, Rudolf; Finanzierung für den Mittelstand; 1. Auflage; Wiesbaden;
2002; S. 51
[31] Vgl. Paul, Stephan (Hrsg.); Basel II, Mittelstand und Kreditpreise; Frankfurt am Main; 1.Auflage 2003;
S. 73
[32] Vgl. Tietmeyer, Hans / Rolfes, Bernd (Hrsg.); Basel II: Das neue Aufsichtsrecht und sein Folgen –
Beiträge des Duisburger Banken-Symposiums; Wiesbaden; 1. Auflage 2002; S. 16
[33] Vgl. Hofmann, Gerhard; Auf dem Weg zu Basel II: Konzepte, Modelle, Meinungen; 1. Auflage;
Frankfurt am Main; 2001; S. 170
[34] Vgl. Deutsche Bundesbank; Monatsbericht April 2001; Frankfurt am Main; 2001; S.30
[35] Vgl. Brockhaus, Miriam; Basel II – Was das neue Credit Rating für mittelständische Unternehmen
bedeutet; 1. Auflage; Düsseldorf; 2001; S. 65
[36] Vgl. Deutsche Bundesbank; Basel II – Die neue Baseler Eigenkapitalvereinbarung; Online im Internet
unter: http://www.bundesbank.de/bank/bank_basel.php ; Abfrage vom 03.04.2004
[37] Vgl. Deutsche Bundesbank; Monatsbericht April 2001; Frankfurt am Main; 2001; S. 31
[38] Vgl. Nolte, Bernd; Basel II konkret – Auswege aus der Kreditklemme; Weinheim; 1.Auflage 2003; S. 6
[39] Vgl. Institut für Mittelstandsforschung Bonn (IfM); Unternehmensgrößenstatistik 2001/2002 – Daten
und Fakten; Bonn; 2002; S. 1
[40] Vgl. Anhang: Abb. 10
[41] Vgl. Institut für Mittelstandsforschung Bonn (IfM); „Finanzierung des Mittelstands“ Vortrag anlässlich
des Kongresses „Basel II – Herausforderungen für den Mittelstand“ der Fachhochschule der
Wirtschaft, Bergisch Gladbach am 07.11.2002; PDF-Dokumentation; Online im Internet unter:
http://www.ifm-bonn.org/presse/fhdw-wallau.pdf ; Abfrage vom 12.04.2004
[42] Vgl. Bundesverband deutscher Banken (BdB); Mittelstandsfinanzierung vor neuen Herausforderungen
– Daten, Fakten, Argumente; Berlin; Januar 2003; S. 8
[43] ebenda; S. 8
[44] Vgl. Anhang: Abb. 11
[45] Vgl. Anhang: Abb. 12
[46] Vgl. Niederöcker, Bettina; Finanzierungsalternativen in kleinen und mittleren Unternehmen;
Wiesbaden; 1.Auflage Januar 2002; S. 19-27
[47] Vgl. Anhang: Abb. 13
[48] Vgl. Brockhaus, Miriam; Basel II – Was das neue Credit Rating für mittelständische Unternehmen
bedeutet; 1. Auflage; Düsseldorf; 2001; S. 20
[49] Vgl. Everling, Oliver; Rating – Chance für den Mittelstand nach Basel II; Wiesbaden; 1.Auflage 2001;
S. 3
[50] Vgl. Niederöcker, Bettina; Finanzierungsalternativen in kleinen und mittleren Unternehmen;
Wiesbaden; 1.Auflage Januar 2002; S. 68
[51] Vgl. Kolbeck, Christoph / Wimmer, Rudolf; Finanzierung für den Mittelstand; 1. Auflage; Wiesbaden;
2002; 38
[52] Vgl. Niederöcker, Bettina; Finanzierungsalternativen in kleinen und mittleren Unternehmen;
Wiesbaden; 1.Auflage Januar 2002; S. 71
[53] Vgl. Tietmeyer, Hans / Rolfes, Bernd (Hrsg.); Die Banken und der Mittelstand – Beiträge des
Duisburger Banken-Symposiums; Wiesbaden; 1. Auflage 2003; S. 9
[54] Vgl. Nolte, Bernd; Basel II konkret – Auswege aus der Kreditklemme; Weinheim; 1.Auflage 2003;
S. 16
[55] Vgl. Stein, Dr. Stefan / Paul, Prof. Dr. Stephan; Rating, Basel II und die Unternehmensfinanzierung;
Köln; 1.Ausgabe 2002; S. 34
[56] Vgl. Anhang: Abb. 14
- Arbeit zitieren
- Alexander Schwaier (Autor:in), 2004, Finanzierungsalternativen für deutsche mittelständische Unternehmen im Hinblick auf Basel II, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/38754
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