Die Grupos Antiterroristas de Liberación (GAL) töteten 1983-1987 insgesamt 28 Personen, die Mitglieder ETAs waren oder diesem Umfeld irrtümlicherweise zugerechnet wurden. ETA-Terror sollte mit gleichen Mitteln beantwortet werden, wobei vorrangig Etarras, die sich nach Südfrankreich abgesetzt hatten, ins Visier gerieten. Als Täter wurden in Frankreich sowohl spanische Polizeibeamte als auch Auftragsmörder verhaftet. In einem Mordfall war bald die Verwicklung eines hohen Mitarbeiters des Innenministeriums, der die dortigen schwarzen Kassen führte, evident. In einem Entführungsfall konnte die Beteiligung des damaligen Innenministers, Barrionuevo, sowie seines Staatssekretärs nachgewiesen werden. Neben dem Innenministerium und der regulären Polizei waren der spanische Geheimdienst CESID, das Verteidigungsministerium, die Guardia Civil sowie die französischen Geheimdienste maßgeblich an den Aktionen, die unter dem Begriff GAL subsumiert werden, beteiligt.
Die juristische Aufarbeitung in Spanien begann 1987 und steht bis heute erst an ihrem Anfang. Sie wird den Spanischen Staat und Gesellschaft also noch lange beschäftigen.
Ausgangspunkt für die Wahl des Themas, „Die Konsolidierung der spanischen Demokratie und der Caso GAL“, ist die Relevanz des gewählten Themas. In Spanien nahm, zusammen mit Portugal und Griechenland, die dritte große Demokratisierungswelle ihren Anfang (vgl. Huntington 1991). Aufgrund des schnellen und günstigen Verlaufs ihres Systemwechsels sind sie zu den wichtigsten Referenzpunkten in der Demokratisierungsforschung geworden.
Der Caso GAL hat im Zuge seiner Aufdeckung lange Zeit die politische Tagesordnung Spaniens beherrscht. Zusammen mit verschiedenen Korruptionsskandalen der sozialistischen Regierung trug er entscheidend zur Abwahl der Regierung 1996 bei.
Der Caso GAL und der sich anschließende Aufklärungsprozeß werfen ein Schlaglicht auf Defizite der jungen spanischen Demokratie: Sie stehen in diesem Zusammenhang für das Antworten auf einen großen, vielleicht systemgefährdenden Problemdruck (von Seiten ETA) mit Methoden jenseits rechtsstaatlicher Legalität. Dies offenbarte ein geringes Maß an demokratischer Durchdringung von Teilen der Polizei, des Geheimdienstes, des Innenministeriums und z.T. der sozialistischen Regierung (PSOE).
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Hauptteil
- 1.1. Problemszenario
- 1.2. Terrorismusbekämpfung jenseits rechtsstaatlicher Grenzen 1983-87: Die GAL
- 1.3. Spanien - eine konsolidierte Demokratie mit dem Wahlsieg der Sozialisten 1982?
- 2. Exekutive
- 2.1. Die Subordinierung der Armee unter zivile Kontrolle
- 2.2. Der Antiterrorismus der sozialistischen Regierung 1982-1987
- 2.3. Die fondos reservados und die Geheimnisse des Staates
- 2.4. Die versagte Reform der Polizeikräfte
- 2.5. Zwischenergebnis
- 3. Legislative
- 3.1. Parlament und Parteien im Konsolidierungsprozeß
- 3.2. Das Parlament unter der Regierung des PSOE
- 3.3. Die Kontrolle des Regierungshandelns als zentrale Funktion des Parlaments
- 3.4. Die Wahrnehmung der Kontrollfunktion des Parlaments im Caso GAL
- 3.5. Zwischenergebnis
- 4. Zivilgesellschaft und Bevölkerungseinstellungen
- 4.1. Zivilgesellschaft und Konsolidierung
- 4.1.1. Legitimität und Effizienz
- 4.2. Die zivilgesellschaftliche Reaktion auf den Caso GAL
- 4.2.1. Nichtregierungsorganisationen
- 4.2.2. Medien
- 4.3. Bevölkerungseinstellungen
- 4.4. Zwischenergebnis
- 5. Justiz
- 5.1. Die juristische Kontrolle und der Rechtsstaatsbegriff in der Konsolidierung
- 5.2. Die spanische Justiz in der Transitions- und Konsolidierungsphase
- 5.3. Die Justiz und der Caso GAL
- 5.4. Zwischenergebnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Frage, welchen Einfluss der Caso GAL und sein Aufklärungsprozess auf die Konsolidierung der spanischen Demokratie hatten. Ziel ist es, die Defizite in Bezug auf rechtsstaatliches Handeln von Teilen der Regierung und des Sicherheitsapparates sowie die Gewaltenkontrolle in den ersten Jahren der sozialistischen Regierung zu analysieren. Dabei wird besonders auf die parlamentarische Kontrolle und die Reaktion zivilgesellschaftlicher Akteure wie Menschenrechtsorganisationen und Presse sowie die Einstellung der Bevölkerung gegenüber den illegalen Methoden der Terrorismusbekämpfung eingegangen.
- Die Konsolidierung der spanischen Demokratie nach der Franco-Diktatur
- Der Caso GAL als Beispiel für rechtsstaatliche Defizite
- Die Reaktion der politischen Elite und der Zivilgesellschaft auf die Affäre
- Die Rolle der Gewaltenkontrolle im Konsolidierungsprozess
- Die strukturellen Defizite und Fortschritte der spanischen Demokratie
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema „Die Konsolidierung der spanischen Demokratie und der Caso GAL“ ein und erläutert die Relevanz des gewählten Themas im Kontext der spanischen Demokratisierung. Der Caso GAL wird als Testfall für die junge spanische Demokratie vorgestellt, der Defizite in Bezug auf rechtsstaatliches Handeln von Teilen der Regierung und des Sicherheitsapparates sowie der Gewaltenkontrolle offenbart.
Der erste Hauptteil beleuchtet das Problemszenario, die Terrorismusbekämpfung jenseits rechtsstaatlicher Grenzen durch die GAL und die Frage, ob Spanien nach dem Wahlsieg der Sozialisten 1982 tatsächlich eine konsolidierte Demokratie war.
Der zweite Hauptteil befasst sich mit der Rolle der Exekutive in der Konsolidierung der spanischen Demokratie. Hier werden die Subordinierung der Armee unter zivile Kontrolle, der Antiterrorismus der sozialistischen Regierung, die fondos reservados und die Geheimnisse des Staates, die versagte Reform der Polizeikräfte und die Zwischenergebnisse dieser Punkte analysiert.
Der dritte Hauptteil untersucht die Rolle der Legislative im Konsolidierungsprozess. Es werden Themen wie das Parlament und die Parteien, die Kontrolle des Regierungshandelns durch das Parlament und die Wahrnehmung der Kontrollfunktion des Parlaments im Caso GAL behandelt.
Der vierte Hauptteil konzentriert sich auf die Zivilgesellschaft und die Bevölkerungseinstellungen im Zusammenhang mit der Konsolidierung der spanischen Demokratie. Er untersucht die Reaktion der Zivilgesellschaft auf den Caso GAL, die Einstellungen der Bevölkerung gegenüber den illegalen Methoden der Terrorismusbekämpfung und die Rolle der Medien und Nichtregierungsorganisationen.
Der fünfte Hauptteil befasst sich mit der Justiz im Konsolidierungsprozess. Hier werden die juristische Kontrolle und der Rechtsstaatsbegriff in der Konsolidierung, die spanische Justiz in der Transitions- und Konsolidierungsphase, die Rolle der Justiz im Caso GAL und die Zwischenergebnisse dieser Punkte beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter und Fokusthemen der Arbeit sind: Konsolidierung der spanischen Demokratie, Caso GAL, Terrorismusbekämpfung, Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenkontrolle, Exekutive, Legislative, Zivilgesellschaft, Bevölkerungseinstellungen, Justiz, Spanien, Franco-Diktatur, Sozialistische Regierung, PSOE, ETA, Geheimdienste, fondos reservados, Medien, Nichtregierungsorganisationen.
- Quote paper
- Henrik Flor (Author), 1999, Die Konsolidierung der spanischen Demokratie und der Caso GAL, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/38810