Wohnt bei Mama, steht nicht sicher auf seinen Beinen und hat gerade gegessen. Dies sind meine ersten und wahrscheinlich nicht ganz wertfreien Eindrücke von Herrn H., aber dazu später mehr. Als ich die Aufgabe bekam, eine Person, die Prekarität erfahren hat oder in dieser lebt, zu interviewen, war ich erstmal gänzlich überfordert. Zum einen musste ich eine Person in einer Stadt finden, in der ich erst wenige Zeit lebe, und zum anderen musste diese auch noch offen für ein Interview mit mir, einer fremden Person, sein, in dem vermutlich in den Abgründen des eigenen Lebens herumgestochert wird. Außerdem ist die Verknüpfung zwischen meinem Interviewpartner und Prekarität nicht zwingend sofort ersichtlich auf Grund des Wortes und dessen Definition. Aber auch darauf werde ich später näher eingehen, vor allem mit dem Ansatz bzw. der Frage, ob Herr H. wirklich in einer prekären Lage war oder ist. Dabei Miteinhergehen wird auch eine Selbstreflektion, da ich ehrlicherweise auch meine persönliche Skepsis und Unsicherheit zur empirischen Korrektheit für wichtig erachte. Nun aber zu meinem Interviewpartner Herr H. und der Kontaktaufnahme. Als ich der Muttermeines Freundes, der gebürtiger Eichstätter ist, von meiner Suche erzählte, bot sie mir ihre Hilfe an. Nach kurzem Überlegen, nannte sie mir Herr H. und dass dieser mit der Familienfirma bankrott ging und darüber hinaus an Multiple Sklerose erkrankte. Dieser schien mir eine interessante Person zu sein und somit rief ich ihn, nach einem kleinen Vorgespräch zwischen der Mutter meines Freundes und Herr H., an. Und siehe da: nach einem sehr angenehmen Telefonat hatte ich schon meinen ersten Interviewtermin. Soweit die Vorgeschichte zu meiner Arbeit. Im Folgenden werden zuerst biographische, berufliche und besonders die gesundheitlichen Ereignisse im Leben von Herr H. dargestellt. Davon ausgehend werde ich den Fokus auf dessen prekäre bzw. prekäre (?) Situation legen und versuchen, diskursiv der Frage nachzugehen, ob nun bei Herr H. eine Prekarität vorliegt oder nicht und vor allem in welcher Form. Meine Skepsis über die tatsächliche Prekarität von Herr H. wird im Laufe der Arbeit näher erläutert und diskutiert.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 2 Vorstellung der Person Herr H.
- 2.1 Private Biographie
- 2.2 Darstellung des beruflichen Werdegangs
- 2.3 Schilderung der gesundheitlichen Situation
- 3 Diskursive Auseinandersetzung mit möglichen Ursachen der Prekarität von Herr H.
- 3.1 Vorbemerkungen
- 3.2 Charakterliche Auffälligkeiten und Betrachtung des Habitus
- 3.3 Umgang mit den Folgen der Krankheit
- 3.4 Arbeitsbezogener Ethos
- 4 Zusammenfassung mit Schlussfolgerungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die Entstehung von Prekarität bei Herrn H., einem Mann, der im ländlichen Bereich lebt und an Multipler Sklerose erkrankt ist. Die Arbeit untersucht die Ursachen der prekären Situation von Herrn H. anhand einer mikroanalytischen Betrachtung seines Lebens und seiner Erfahrungen. Der Fokus liegt dabei auf der Interaktion zwischen biografischen Ereignissen, gesundheitlichen Herausforderungen und dem sozialen Kontext, in dem er lebt.
- Zusammenhang zwischen chronischer Erkrankung und Prekarität
- Einfluss des Lebenslaufs und biografischer Ereignisse auf die Entstehung von Prekarität
- Soziale und wirtschaftliche Faktoren, die zur Prekarität im ländlichen Raum beitragen
- Individuelle Coping-Strategien im Umgang mit Prekarität
- Ethische Aspekte und die Frage nach Selbstbestimmung in prekären Situationen
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in die Forschungsfrage ein und stellt den Interviewpartner, Herrn H., sowie die methodische Herangehensweise vor. Kapitel zwei beleuchtet die private und berufliche Biografie von Herrn H. mit Fokus auf den Verlauf seiner chronischen Erkrankung. Kapitel drei widmet sich einer diskursiven Auseinandersetzung mit möglichen Ursachen der Prekarität von Herrn H. Dabei werden Faktoren wie sein Lebenslauf, sein Charakter und sein Umgang mit den Folgen seiner Krankheit analysiert.
Schlüsselwörter
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit den Themen Prekarität, chronische Erkrankung, Multiple Sklerose, Biografieforschung, Lebenslaufanalyse, Habitus, Coping-Strategien, Selbstbestimmung, ländlicher Raum und soziale Ungleichheit. Die Studie untersucht die Auswirkungen von individuellen und strukturellen Faktoren auf die Entstehung von Prekarität im Kontext einer chronischen Erkrankung.
- Arbeit zitieren
- Laura Knieling (Autor:in), 2017, Die Entstehung von Prekarität durch eine chronische Erkrankung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/388902