Die Ehe der Maria Braun - Ein analytischer Vergleich von Rainer Werner Fassbinders Film mit Gerhard Zwerenz` gleichnamigen Roman


Hausarbeit, 1999

16 Seiten, Note: 2.0


Leseprobe


Inhaltsangabe

1. Einleitung
1.1. Aufgabenstellung
1.2. Kurze Inhaltsangabe

2. Beziehung zur Mutter

3. Marias Aufstieg in der Nachkriegszeit

4. Marias beruflicher Erfolg

5. Der Umschwung

6. Beziehung zu Hermann

7. Marias Sturz

8. Geschichtsbild

9. Fazit

10. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

‘Die Ehe der Maria Braun’ lässt, je öfter man Fassbinders Film anschaut, immer mehr Interpretationsansätze zu. Fassbinder hat sich über seine Filme allgemein folgend geäußert: „Der Zuschauer soll Beobachter nicht Betrachter sein.“ Für einen Laien ist es erstaunlich zu beobachten, wie viel Aufmerksamkeit jeder noch so kleinen, unbedeutend wirkenden Kameraeinstellung beigemessen werden muss. Maria Braun wird von diversen filmischen Mitteln geprägt, eine Charakterisierung ihrer Person scheint daher unkompliziert. Doch die Quantität der Informationen ist umfangreich, daher ist es schwierig zu differenzieren, welche Informationen von großer Bedeutung sind, und welche, in einer Filmanalyse verarbeitet, überflüssig wären.

1.1 Aufgabenstellung

Folgend werde ich versuchen, Marias Aufstieg bis zu ihrem Scheitern in der jeweiligen Gesellschaftsgruppe zu analysieren. Dabei wird die Analyse in neun verschiedene Kapitel (inklusive Einleitung und Fazit) unterteilt.

Der Schwerpunkt wird auf dem Vergleich zwischen zwei verschiedenen Medien liegen:

Zum einen Fassbinders Film und zum anderen Gerhard Zwerenz` literarische Erzählung. Gerhard Zwerenz hat es sich zur Aufgabe gemacht, einen Roman ‘nach’ dem Film zu schreiben, dementsprechend muss die in dem Film erzählte Geschichte rekonstruiert werden. Verglichen werden Filmsegmente mit Textpassagen aus Zwerenz` Roman.

Es sollen die Differenzen der beiden Medien herausgestellt werden, außerdem versuche ich die Frage zu klären, was Film und Buch jeweils vermitteln möchten. Gibt es Gemeinsamkeiten, oder muss Zwerenz` Roman unabhängig von Fassbinders Film betrachtet werden?

1.2 Kurze Inhaltsangabe

Maria Braun ist eine junge, ehrgeizige und emanzipierte Frau, die in der deutschen Nachkriegszeit nach ihrem sozialen Aufstieg strebt. Von ihrem Ehemann Hermann Braun getrennt, beginnt sie mit Skrupellosigkeit und Gefühlskälte Karriere zu machen, dabei nutzt sie einige Männer ihrer Positionen wegen aus. Letztendlich verliert sie ihre Liebe an das Streben nach Reichtum und Macht.

Folgend wird die Beziehung Marias zu ihrer Mutter beschrieben. Im Film nicht besonders erläutert, findet diese Beziehung bei Gerhard Zwerenz große Beachtung.

2. Beziehung zur Mutter

Als Tochter einer jähzornigen und dominanten Mutter, entwickelt Maria sich zu einer starken und berechnenden Persönlichkeit. Die Beziehung zwischen Mutter und Tochter ist von Machtkämpfen geprägt. Während Fassbinder den Charakter der Mutter als zierlich[AM1] und unterwürfig, eventuell ein wenig verlogen, darstellt, bezeichnet Zwerenz die Mutter als „umfänglich und wuchtig“, „die Wächterin und Aufpasserin“[1] Marias. Ihre Stärke wird hier besonders hervorgehoben, in Fassbinders Film aber nicht zur Geltung gebracht, hier ist Maria die Stärkere: Maria erscheint zum Geburtstag der Mutter in deren Wohnung, stößt dort auf den Liebhaber der Mutter. Mit einem prüfenden, herausfordernden, beinahe siegessicheren Blick beobachtet Maria den Zusammenstoß der Mutter mit ihrem in der Tür stehenden Liebhaber. Dieses Segment ist für den Kontext sehr wichtig, die Verlogenheit der Mutter, sowie auch Marias Überlegenheit ist deutlich, Zwerenz legt darauf allerdings keinen Wert. Er lässt Maria der Szene gedankenlos beiwohnen, die Dominanz der Mutter tritt auch hier wieder in den Vordergrund: „>Ich hab’ dir gleich geraten, in die Küche zu gehen<, sagte die Mutter, (...)“[2], wie auch bei Willis Kriegsheimkehr: „Die Mutter fuhr Betti zornig an: >Was heulst du denn, du dumme Gans! Der deine ist ja nicht tot. (...)<[3], Fassbinder dagegen lässt in diesem Segment die Mutter unsicher hin und her laufen, weinend, aber ohne Spur von Zorn, sondern voller Mitgefühl und Freude, aber auch Trauer über Hermanns angeblichen Tod. Aus Panik versteckt sie sich bei Marias Rückkehr hinter einem dünnen Holzpfeiler. Fassbinder scheint an einer genauen Charakterisierung der Mutter nicht interessiert zu sein, Zwerenz versucht durch die genaue Darstellung Marias sozialen Umfeldes, einschließlich vergangener Anekdoten, die Bildung ihres starken Charakters herzuleiten.

2.1 Marias Aufstieg in der Nachkriegszeit

Maria Braun ist einen Tag und eine Nacht verheiratet, als ihr Ehemann eingezogen wird. Von nun an beginnt Maria sich ihr eigenes Leben aufzubauen, dabei ist sie sicher, dass ihr Ehemann Hermann bald zurückkehren wird. Für das gemeinsame Leben mit Hermann entschließt sich Maria Karriere zu machen. Das Streben nach Reichtum und Erfolg ist besonders stark in der Zeit des Wirtschaftswunders. Hier beginnt auch Maria Brauns Karriere. Der Weg aus der nachkriegszeitlichen Armut, über ihren Aufstieg als erfolgreiche Geschäftsfrau, bis zu ihrem Abstieg soll nun folgend analysiert werden, insbesondere der Vergleich zwischen Film und Literatur wird unter diesem Aspekt betrachtet.

Fassbinders Maria heiratet im Bombenhagel ihren Hermann Braun. Die Trauung wird von Detonationen und Schüssen begleitet, die Mauern des Standesamtes drohen einzustürzen. Die Gefahr, in der sich die Beteiligten befinden, wird hier durch diverse akustische Elemente dargestellt, wie zum Beispiel das laute Babygeschrei, der Hall der Schüsse und Explosionen. Fassbinder lässt diese Ehe in einem akustischen und bildlichen Chaos beginnen und schließlich elf Jahre später in einem ähnlichen Bild wieder enden. Maria, die selbstbewusste junge Frau wird in „200 von 323 Naheinstellungen“[4] gezeigt, ihr Auftreten wirkt kokett und der jeweiligen Situation überlegen. Sie hat ein festes Ziel vor Augen, sie möchte Reichtum und die Anerkennung ihres sozialen und beruflichen Umfeldes erlangen. Ihr selbstsicheres Auftreten wird nicht zuletzt durch ihre Körpersprache und Kleidung unterstrichen, selbst während der Armutszeit agiert der Charakter Maria Braun stolz und stark, ganz gegensätzlich zu dem eigentlichen duckmäuserischen Verhalten der allgemeinen Bevölkerung. Besonders deutlich wird dies in dem folgenden Segment:

Maria sitzt mit einer Rot-Kreuz-Schwester in einer Barackenkantine, sie wird auf eine ordinäre Art von einem englischsprachigen Soldaten verbal belästigt. Ohne zu Zögern tritt sie an den Tisch der fremden Soldaten und stellt jenen zur Rede, es scheint so, als ob Maria ihre Ehre und ihren Stolz verteidigt. Die Kamera zeigt Maria stehend, die Soldaten sitzen alle um den Tisch herum. Ein deutlicher Close-Up Marias zeigt eine gewisse arrogante Mimik. Die Verwendung der leicht angedeuteten Froschperspektive lässt die Soldaten unterwürfig wirken. Maria kehrt zu ihrem Tisch zurück, der erstaunte Soldat folgt ihr und schenkt ihr eine Packung Zigaretten. Daraufhin fängt Maria an zu lachen, dieses Lachen klingt höhnisch und zufrieden. Die Rot-Kreuz-Schwester steht hier für das vorher erwähnte duckmäuserische Verhalten der Bevölkerung. Sie spricht leise, weiß auf Marias Frage, was der Soldat gesagt hätte, nur ungenau und unsicher zu antworten, ihr Blick ist nach unten gerichtet. Es entsteht beim Betrachter die Vermutung, sie wäre um nichts in dieser Welt aufgestanden und zum Tisch der Soldaten gegangen.

Maria hat durch ihr Verhalten in dieser Situation Achtung gefordert und auch erhalten. Sie nimmt die Entschuldigung in Form einer Packung Zigaretten an. Zigaretten gelten den ganzen Film über als Leitmotiv. Wie Marias Mutter ist auch Hermann nach seiner Kriegsheimkehr gierig nach Zigaretten, Maria dagegen ist zu dieser Zeit noch Nichtraucherin, ein weiterer Punkt, der ihre Unabhängigkeit und ihre Stärke hervorhebt. Nachdem Maria von Hermanns angeblichen Tod erfahren hat, geht sie eine Beziehung zu dem GI Bill ein. Bill versorgt die ganze Familie mit gutem Essen, der Aufstieg der Maria Braun beginnt hier, zuerst nur auf sozialer Ebene. Fassbinder verwendet noch einige Male die bereits erwähnte Vogelperspektive, sowie auch die Froschperspektive, vorwiegend auf Maria oder Hermann konzentriert, der die einzige Person ist, der Maria unterwürfig ist.

Dass Maria gegenüber ihrem Umfeld äußerst dominant wirkt, wird besonders in den Segmenten, die die Beziehung zu Oswald behandeln, wiedergespiegelt:

Maria lernt den Unternehmer Oswald im Zug kennen, indem sie ihn um einen Platz bittet. Durch ihre Offenheit und Courage imponiert sie Oswald, schließlich bietet er ihr einen Job als Dolmetscherin in seinem Betrieb an. Der erste Schritt auf Marias Erfolgsleiter ist damit getan. Sie arbeitet hart, beinahe zweckmäßig wirkt ihre Affäre mit Oswald, denn er kann ihr zu dem verhelfen, nach dem sie strebt: Reichtum und Unabhängigkeit. Maria, die Kämpferin, ist stets gut gekleidet, bewegt sich anmutig und zeigt keine Schwächen.

Gerhard Zwerenz hat seinen Roman ‘nach’ dem Film von Fassbinder geschrieben, allerdings stehen Zwerenz nur literarische Mittel zur Verfügung, um Marias soziale und berufliche Entwicklung zu schildern.

Folgend wird nun auf den direkten Vergleich der beiden unterschiedlichen Medien, Roman und Film, eingegangen, und die Differenzen dargestellt.

[...]


[AM1] Ihre Statur ist nicht zierlich, allerdings wirkt sie durch ihre teilweise gebückte Haltung sehr klein und zerbrechlich.

[1] aus: Zwerenz, Gerhard: „Die Ehe der Maria Braun. Nach dem gleichnamigen Film von Rainer Werner Fassbinder mit Hanna Schygulla in der Hauptrolle.“ Goldmann-Verlag, München, 1979

[2] ebenda, S. 202

[3] ebenda, S. 60

[4] aus: Musiol, Siegfried: „Die Ehe der Maria Braun“, Filmanalyse (Examensarbeit), S. 207

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Die Ehe der Maria Braun - Ein analytischer Vergleich von Rainer Werner Fassbinders Film mit Gerhard Zwerenz` gleichnamigen Roman
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin  (Institut für Neuere deutsche Literatur)
Veranstaltung
Einführung in die Literaturwissenschaft
Note
2.0
Autor
Jahr
1999
Seiten
16
Katalognummer
V3907
ISBN (eBook)
9783638124249
ISBN (Buch)
9783638756334
Dateigröße
559 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Faßbinder
Arbeit zitieren
M. A. Alexandra Mohr (Autor:in), 1999, Die Ehe der Maria Braun - Ein analytischer Vergleich von Rainer Werner Fassbinders Film mit Gerhard Zwerenz` gleichnamigen Roman, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/3907

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