Klassenproblematik in den Ideen Mao Tse-tungs


Seminararbeit, 2000

15 Seiten, Note: gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Vorwort

2. Klassendefinition
2.1 Klassen
2.2 Proletariat
2.3 Bourgeoisie

3. Klassenkampf

4. Fazit

Quellen

1. Vorwort

Die ideologische Grundlage für die Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) bilden die Ideen von Mao Tse-tung, die in westlichen Übersetzungen häufig unter dem Begriff Maoismus auftauchen.[1] Sie gelten in der KPCh als Weiterentwicklung und Anpassung des Marxismus-Leninismus auf die chinesischen Verhältnisse. In verschiedenen Grundelementen der Ideologie gibt es in den Schriften Mao Tse-tungs deutliche Abweichungen gegenüber dem sowjetisch geprägten Marxismus-Leninismus. Hierfür können die ökonomischen Bedingungen, die halbkoloniale Struktur, in der sich China zur Zeit der Revolution befanden und auch der andere Kulturkreis eine bedeutende Rolle gespielt haben. Die Unterschiede durch die Anpassung der Ideen an eine andere Situation mag auch der Grund gewesen sein, daß sich ein großer Teil der kommunistischen Parteien und Gruppen in den sogenannten Entwicklungsländer der Dritten Welt sich eher am Kommunismus chinesischer Prägung als an dem sowjetischer orientieren bzw. orientiert haben..

Als ein entscheidender Unterschied zwischen den maoistischen Ideen und dem Marxismus-Leninismus sowjetischer Prägung wird häufig die Definition der Klassen und der daraus erfolgten unterschiedlichen entwickelten Auffassungen über den Charakter des Klassenkampfes. Ich werde diesen Bereich im folgenden Text näher untersuchen, inwieweit diese These haltbar ist. An Hand der marxistisch-leninistische Auffassung werde ich im Vergleich und der Kritik die Unterschiede zwischen dem sowjetischen Marxismus-Leninismus und den Ideen Mao Tse-tungs aufzeigen. Den Schwerpunkt werde ich dabei auf die Definition der Klassenzugehörigkeit, den Begriff der Klasse allgemein, die beiden Hauptklassen Arbeiterklasse bzw. Proletariat und Bourgeoisie widmen. Im nachfolgenden Teil werde ich auf den Klassenkampf eingehen. Die Gefahr der Bildung neuer Klassen innerhalb der Partei und der Gesellschaft, die Mao mit der Kulturrevolution verhindern wollte, kann ich in diesem Zusammenhang nur am Rande betrachten. Ebenfalls kann in diesem Rahmen nicht untersucht werden, welche Auswirkung die sich von der marxistisch-leninistischen Klassentheorie unterscheidende Auffassung Maos auf die Revolutionstheorie ausübt. Im Zusammenhang mit dem Thema ergab sich das Problem objektive Sekundärliteratur in deutscher oder englischer Sprache zu finden. Die Autoren stammen entweder aus dem maoistischen Lager oder aus antikommunistischen bzw. sowjetisch geprägten marxistisch-leninistischen. In Hinblick auf die Primärliteratur ergab sich das Problem, Maos Schriften aus der Zeit nach den 50er Jahren zu bekommen. Die meisten der erschienen Broschüren und Bände gehen auf die Texte, die in den Ausgewählten Schriften von 1956 bereits erschienen sind, zurück. Gerade die Schriften aus der Zeit der „großen proletarischen Kulturrevolution“ hätten mehr Aufschluß über Maos Sicht auf die Bildung von Zwischenklassen im Sozialismus und den andauernden Klassenkampf gegeben.

2. Klassendefinition

2.1 Klassen

„Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaften ist die Geschichte von Klassenkämpfen. [...] Unsere Epoche, die Epoche der Bourgeoisie, zeichnet sich jedoch dadurch aus, daß sie die Klassengegensätze vereinfacht hat. Die ganze Gesellschaft spaltet sich mehr und mehr in zwei große und feindliche Lager, in zwei große, einander gegenüberstehende Klassen: Bourgeoisie und Proletariat“[2] heißt es im von Karl Marx und Friedrich Engels 1848 verfaßten Kommunistischen Manifest. Eine Klasse definiert sich für Marx durch die Gemeinsamkeit ihrer ökonomischen Existenzbedingungen, ihrer Lebensweise, Interessen und Bildung. Die sich im Klassenkampf gegenüber stehenden Klassen sind die Arbeiterklasse bzw. das Proletariat und die Bourgeoisie. Neben den Hauptklassen Proletariat und Bourgeoisie existieren auch noch Nebenklassen, z.B. die Bauernschaft in der kapitalistischen Gesellschaft. Der wesentliche Unterschiedsmerkmal für Klassen ist ihr Platz in einem geschichtlich bestimmten System der gesellschaftlichen Produktion und das dadurch gegebene Verhältnis zu den Produktionsmitteln.[3]

Lenin definierte Klassen als „große Menschengruppen, die sich voneinander unterscheiden nach ihrem Platz in einem geschichtlich bestimmten System der gesellschaftlichen Produktion, nach ihrem (größtenteils in Gesetzen fixierten und formulierten) Verhältnis zu den Produktionsmitteln, nach ihrer Rolle in der gesellschaftlichen Organisation der Arbeit und folglich nach der Größe des Anteils am gesellschaftlichen Reichtum, über den sie verfügen.“[4] Die Zugehörigkeit zu einer Klasse wird dieser Definition nach primär durch die ökonomischen Verhältnisse bestimmt. Weiterhin sind Klassen im Wörterbuch des wissenschaftlichen Kommunismus als Träger „der sozialen, der politischen und der aus ihnen abgeleiteten ideologischen Verhältnisse.“[5] definiert. Im Sozialismus, wo die Produktionsmittel in staatlicher Hand sind und die ökonomischen Klassengegensätze aufgehoben sind, endet dieser Logik folgend auch der Klassenkampf bzw. schwächt ab.

Im Buch „Der Maoismus – ein ideologischer und politischer Gegner des Marxismus-Leninismus“ heißt es die über die Klassendefinition in Maos Ideen: „Im Maoismus ist die Klasse eine ideologisch, politisch und vermögensmäßig definierte Kategorie, die das Verhältnis einer Bevölkerungsgruppe zu einer bestimmten Ideologie charakterisiert.“[6] Textstellen in Maos Schriften als Beleg für diese These werden nicht genannt. Aus diesem Vorwurf folgt: „Zur „Bourgeoisie“ kann jeder Arbeiter, Bauer, Ingenieur und Wissenschaftler gezählt werden. Dabei werden die soziale Herkunft und die soziale Stellung des Menschen und die Motive seiner Unzufriedenheit überhaupt nicht berücksichtigt.“[7]

Desweiteren wird Mao vorgeworfen, die „riesige Masse der ärmsten Bauernschaft und die deklassierten Elementen zum Proletariat zu zählen.“[8] Rumjanzew verweist bei seiner Kritik auf einen Text von Mao von 1926, in dem er sagt: „In jedem Land der Erde gibt es drei Kategorien von Menschen: die obere, die mittlere und die untere Kategorie. Wenn man sie eingehender analysiert, so sind es fünf Kategorien: die Großbourgeoisie, die mittlere Bourgeoisie, das Kleinbürgertum, das Halbproletariat und das Proletariat.“[9] Auf dieser Grundlage aufbauend untersucht er im folgenden Teil die genannten Klassen, die ich in den Abschnitten und noch einmal ausführlicher beleuchten werde.

In „Der Maoismus – ein ideologischer und politischer Gegner des Marxismus-Leninismus“ heißt es: „Andererseits schafft die maoistische Klassenkonzeption unter den gegenwärtigen chinesischen Bedingungen die Möglichkeit für subjektivistische Willkür bei der Definition von Klassenzugehörigkeit des Menschen.“[10] Rolf Max wirft Mao vor, daß in seiner Ideologie die Klasse aufhört, eine soziale Kategorie zu sein.[11] Wie bereits bei der oben genannten Quelle verzichten auch Rolf Max und das Autorenkollektiv des Buches „Der Maoismus – ein ideologischer und politischer Gegner des Marxismus-Leninismus“ auf eine Angabe von Quellen auf die er sich beruft.

Eine weitere Besonderheit in den Ideen Mao Tse-tungs ist der Gedanke der Neubildung von Klassen in der Phase des Sozialismus. Bei Marx und später bei Lenin ist die Phase des Sozialismus durch das Absterben der Klassenunterschiede gekennzeichnet. Mao hingegen vertritt die Idee, daß sich in dieser Übergangsphase vom Kapitalismus zur klassenlosen Gesellschaft des Kommunismus neue Klassen herausbilden. Der sowjetische Marxismus-Leninismus sah zwar ein, daß es unterschiedliche Zwischen- und Übergangsklassen geben würde im Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus. Im Sozialismus selber würden sich aber die Klassen annähern.

[...]


[1] Vgl. Rolf Max: Zum politisch-ideologischen Wesen des Maoismus, S. 16.

[2] Vgl. Marx/Engels: Kommunistisches Manifest, S. 44.

[3] Vgl. Philosophisches Lexikon, S. 275.

[4] S. Wörterbuch des wissenschaftlichen Kommunismus, S. 188f..

[5] S. ebenda., S. 188.

[6] S. Der Maoismus - ein ideologischer und politischer Gegner des Marxismus-Leninismus, S.:106.

[7] S. ebenda., S. 107.

[8] S. ebenda, S. 106.

[9] S. Rumjanzew: Die Quelle und Entwicklung der Ideen Mao Tse-tungs Ideen., S. 290.

[10] S. Der Maoismus - ein ideologischer und politischer Gegner des Marxismus-Leninismus, S. 107.

[11] Vgl. Rolf Max: Zum politisch-ideologischen Wesen des Maoismus, S. 56.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Klassenproblematik in den Ideen Mao Tse-tungs
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Otto-Suhr-Institut)
Veranstaltung
Die Legitimationsproblematik der Kommunistischen Partei Chinas
Note
gut
Autor
Jahr
2000
Seiten
15
Katalognummer
V39132
ISBN (eBook)
9783638380027
ISBN (Buch)
9783656563983
Dateigröße
525 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Darstellung der Unterschiede in der Klassenthematik zwischen dem sowjetischen Marxismus-Leninismus und dem Maoismus.
Schlagworte
Klassenproblematik, Ideen, Tse-tungs, Legitimationsproblematik, Kommunistischen, Partei, Chinas
Arbeit zitieren
Maurice Schuhmann (Autor:in), 2000, Klassenproblematik in den Ideen Mao Tse-tungs, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/39132

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