Zu den ältesten Formen anlegerschädigender Praktiken gehört die Manipulation von Börsenkursen. Einer der ersten Fälle ergab sich im Jahre 1814 in England. Unter der Führung eines Herrn de Berenger verbreiteten in Militäruniform verkleidete Personen die unwahre Nachricht vom Ableben Napoleons. Kurz darauf zogen die Börsenkurse stark an, da mit einem schnellen Ende des Krieges gerechnet wurde.
De Berenger und seine Komplizen konnten so ihre Wertpapierbestände mit großem Gewinn abstoßen. Nachdem sich die Unrichtigkeit dieser Nachricht herausstellte, kehrten die Kurse alsbald auf ihr ursprüngliches Niveau zurück. Diese Möglichkeit der Einflussnahme lässt sich auch heute noch, natürlich mit den gegenwärtigen Mitteln der Informationsverbreitung, beobachten.
Gesetzliche Vorschriften zur Verhinderung manipulativer Verhaltensweisen bestehen in Deutschland seit Ende des 19. Jahrhunderts. Der 1884 geschaffene Art. 249d ADHGB wurde 1896 als Paragraph 75 Abs. 1 in das Börsengesetz übernommen und stellte betrügerische Beeinflussung von Börsenkursen erstmals unter Strafe. Trotz Modifizierungen im Laufe der Zeit blieb die Vorschrift im Kern unverändert, zuletzt im § 88 BörsG.
Die in den vergangenen Jahren starke Zunahme börsennotierter Unternehmen, die schlechte Vorbereitung von Börsengängen und gleichzeitig ansteigende Anzahl an Manipulationsversuchen ließen auch die Zahl der Gerichtsverfahren in diesem Zusammenhang steigen. Unter dem Gesichtspunkt des Anlegerschutzes zeigten sich schnell Defizite in der bestehenden Regelung. Des Weiteren verlangt die Tendenz der zunehmenden Internationalisierung von Finanzmärkten und Wertpapiergeschäften im Zusammenhang mit einer Richtlinie der Europäischen Union die Notwendigkeit einer Anpassung der deutschen Normen an diese Standards sowie an Erfordernisse der Praxis, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Finanzmärkte zu stärken.
Ziel dieses Arbeitspapiers ist es, Neuerungen des Gesetzgebers auf dem Gebiet der Markt- und Preismanipulation gemäß dem 4. FinFöG, insbesondere im Hinblick auf wirksamen Anlegerschutz vor Kursmanipulation und europäischer Anpassung zu untersuchen. Die dem Themenbereich verwandten Punkte Insiderhandel, Spekulation und Ad-hoc Mitteilungen sollen nur abgegrenzt, jedoch nicht weiter behandelt werden, sie sind Gegenstand anderer Arbeitspapiere.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- B. Entstehung eines Kurs- bzw. Marktpreises
- C. Abgrenzung Kursmanipulation- Insiderhandel und Spekulation
- I. Informationsbezogene Manipulationshandlungen
- II. Handelsgestützte Manipulation
- 1. Fiktive Transaktionen
- a) Wash Sales
- b) Matched Orders
- 2. Tatsächliche Handelsaktivitäten
- a) Kurspflege
- b) Leerverkäufe und corners
- c) Marking the Close
- III. Veränderung des inneren Wertes eines Wertpapiers
- IV. Zusammenfassung
- D. Manipulationstechniken
- E. Die bisherige deutsche Regelung
- I. § 88 BörsG
- F. Die neue Regelung im Rahmen des 4. FinFÖG
- I. § 20 WpHG
- 1. § 20a WpHG
- 2. § 20b WpHG
- G. Strafrechtliches Sanktionssystem
- I. Ordnungswidrigkeit nach § 39 Abs. 1 Nr. 1 und 2 WpHG
- II. Straftatbestand nach § 38 Abs. 1 Nr. 4 WpHG
- 1. Objektiver Tatbestand
- 2. Subjektiver Tatbestand
- H. Zivilrechtliche Haftung
- I. Zivilrechtliche Haftung aus dem BGB
- II. Zivilrechtliche Haftung aus dem BGB i. V. mit dem WpHG.
- I. Überprüfung der deutschen Regelung anhand europäischer Normen
- J. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit befasst sich mit dem Verbot der Kurs- und Marktpreismanipulation im deutschen und europäischen Kapitalmarktrecht. Ziel ist es, die Neuerungen des Gesetzgebers im Hinblick auf wirksamen Anlegerschutz vor Kursmanipulation und europäischer Anpassung zu untersuchen. Die Arbeit konzentriert sich auf das 4. FinFöG und analysiert die neuen Regelungen im Detail. Insiderhandel, Spekulation und Ad-hoc Mitteilungen werden lediglich abgegrenzt und nicht weiter behandelt.
- Entstehung eines Kurs- bzw. Marktpreises
- Abgrenzung von Kursmanipulation, Insiderhandel und Spekulation
- Manipulationstechniken
- Die deutsche Regelung zum Verbot der Kursmanipulation (alt und neu)
- Strafrechtliche und zivilrechtliche Haftung bei Kursmanipulation
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die den historischen Kontext der Kursmanipulation und die Notwendigkeit gesetzlicher Vorschriften beleuchtet. Anschließend wird der Entstehungsprozess eines Kurs- bzw. Marktpreises anhand von Angebot und Nachfrage erläutert. Kapitel C grenzt Kursmanipulation von Insiderhandel und Spekulation ab, wobei die unterschiedlichen Motive und Handlungsweisen der Akteure hervorgehoben werden. In Kapitel D werden verschiedene Manipulationstechniken detailliert beschrieben, darunter fiktive Transaktionen (Wash Sales und Matched Orders), tatsächliche Handelsaktivitäten (Kurspflege, Leerverkäufe und Corners, Marking the Close) sowie die Manipulation des inneren Wertes eines Wertpapiers.
Die Kapitel E und F befassen sich mit der deutschen Regelung zur Verhinderung von Kursmanipulation. Dabei wird die bisherige Regelung im § 88 BörsG und die neue Regelung im Rahmen des 4. FinFÖG im § 20 WpHG (insbesondere § 20a und § 20b) analysiert. Kapitel G beleuchtet das strafrechtliche Sanktionssystem für Kursmanipulation, während Kapitel H die zivilrechtliche Haftung behandelt. Abschließend wird in Kapitel I die deutsche Regelung anhand europäischer Normen überprüft.
Schlüsselwörter
Kursmanipulation, Marktpreismanipulation, Kapitalmarktrecht, Anlegerschutz, Insiderhandel, Spekulation, § 88 BörsG, § 20 WpHG, 4. FinFÖG, Strafrecht, Zivilrecht, europäisches Recht, Ad-hoc Mitteilungen.
- Arbeit zitieren
- Matthias Haegebarth (Autor:in), Armin Kukuck (Autor:in), 2004, Das Verbot der Kurs- und Marktpreismanipulation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/39525