Die Schlacht von Marathon


Hausarbeit, 2004

16 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Mythos Marathon

II. Die Schlacht als historisches Ereignis

III. Die Vorgeschichte
III.1 Warum Marathon? Der Feldzug der Perser gegen Athen
III.2 Die Geschehnisse in Athen

IV. Die Schlacht
IV.1 Das Datum
IV.2 Die Truppenstärken
IV.2.1 Die Athener
IV.2.2 Die Perser
IV.2.2.1 Flotte
IV.2.2.2 Infanterie
IV.2.2.3 Kavallerie
IV.3 Verlauf der Schlacht
IV.4 Der Marathonlauf

V. Archäologie & Topographie zu Marathon

VI. Marathon und Demokratie? Eine Bilanz.

LITERATUR- UND QUELLENVERZEICHNIS

I. Mythos Marathon

„Judgement Day“, oder ähnlich heroisch würde wohl der Titel eines heutigen Hollywood-Filmes lauten, wenn es in ihm um die Schlacht von Marathon, welche von den Athenern und Persern im Jahre 490 v. Chr. geschlagen wurde, ginge. Denn von Herodots Geschichtsschreibung an bis heute ist diese Schlacht - möglicherweise zu unrecht - von einer Art mythologischer Aura umgeben, die es uns nicht immer einfach macht, zu erkennen, was sich damals in der Ebene von Marathon tatsächlich zugetragen hat.

Ein Ziel dieser Arbeit soll also sein, neben der rein militärgeschichtlichen Schilderung der Abläufe im Zusammenhang mit der Schlacht auch Antworten darauf zu finden, was dazu geführt hat, dass eine Schlacht dermaßen mythologisiert wird. Dazu wird es im folgenden nötig sein, die einzige historisch-zeitgenössische Quelle, den Bericht des Herodot von Halikarnassos, auf ihren Wahrheits- und Informationsgehalt zu überprüfen. Eine Betrachtung der Schlacht von Marathon kann und muss nur von ihm ausgehen. Oftmals jedoch hat die Interpretation dieser Quelle unter graecophilen Interessen oder unwissenschaftlichem Hochmut gelitten, weshalb ich versuchen werde, die verschiedenen Lesarten, die momentan zu Marathon existieren, wiederzugeben und auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen. Um diesem Ziel gerecht zu werden, wird ein Abgleich der Daten aus Herodots Bericht nach verschiedenen topographischen Kriterien und mit Informationen aus der Archäologie, die uns inzwischen zur Verfügung stehen, stattfinden. Darüber hinaus wird in die Untersuchung zum einen Wissen über die damaligen Gepflogenheiten der Kriegführung einfließen, das aus dem Vergleich mit anderen Schlachten und Feldzügen dieser Zeit gewonnen werden kann, als auch eine rationale Einsicht, darüber, was letztendlich möglich war und was jenseits jeglicher Vorstellungskraft liegt, eine entscheidende Rolle spielen. Dementsprechend ist liegt ein Hauptaugenmerk meinerseits darauf, herauszufiltern, in welchem Rahmen sich die zahlenmäßige Stärke der Waffengänger tatsächlich bewegte, da gerade die teilweise unheimlich hohen Einschätzungen einiger Wissenschaftler und natürlich die übertrieben anmutenden Angaben Herodots dazu beigetragen haben, eine Glorifizierung der Schlacht von Marathon zu fördern. Hierbei werden in den entsprechenden Kapiteln die Forschungsdebatten berücksichtigt und wiedergegeben.

Neben diesen militärgeschichtlichen Aspekten soll vor allem aber auch erörtert werden, welche sozialgeschichtliche und politische Tragweite die Schlacht von Marathon besitzt. Gerade diese Komponenten sind ja schätzungsweise dafür verantwortlich, wie stark und in welcher Ausprägung sich eine Schlacht im kollektiven Gedächtnis und der Kultur einer Nation widerspiegelt.

Von diesem sozialgeschichtlichen Punkt ausgehend möchte ich versuchen, eine Einbettung der Schlacht in die Seminarthematik vorzunehmen, die da lautet:: „Bürger und Krieger in der Demokratie der polis“. Hier gilt es zu erkennen, welche Rolle Kriegertum und Schlachten in der und für die Demokratie spielen und - weitergehend – zu fragen, was gerade die Schlacht von Marathon möglicherweise so wichtig für die athenische Demokratie gemacht hat.

II. Die Schlacht als historisches Ereignis

Um ein Verständnis davon zu erhalten, was die Schlacht als solche ausmacht, soll an dieser Stelle erörtert werden, welche Elemente die Schlacht als historisches Ereignis definieren.

Vordergründig ist die Verwandtschaft mit dem Verb „schlachten“ zu erkennen, was dann auch insofern den Ansatz für die Definition des Schlachtbegriffes gibt, dass nämlich eine Schlacht immer mit Blut und Gewalt verbunden ist. Fügt man dem eine militärische Komponente bei, lässt sich eine Schlacht grundsätzlich als eine blutige Auseinandersetzung organisierter Kampfverbände bezeichnen[1]. Im Vordergrund steht dabei natürlich der Gedanke einer offenen Feldschlacht, die eine in Zeit und Raum konzentrierte und für die jeweilige Zeit als große Kampfhandlung eingestufte militärische Auseinandersetzung darstellt. Im Idealfall findet sie auf einem zusammenhängenden Gelände statt, das sich vom so genannten Feldherrnhügel überblicken lässt. Hier schlagen die Heere meist innerhalb eines Tages die Schlacht, an deren Ende die Niederlage einer Partei steht. Die modernen Kriege und die dort eingesetzte Technologie jedoch lassen keine so klare zeitlich und räumliche Eingrenzung mehr zu. Mit diesen Charakteristika der Größe und Form eng verbunden ist die Rolle des Kriegers. Erst in dem Augenblick, in dem aus Menschen - meist Männern - Soldaten werden, die sich zu großen Einheiten zusammenschließen, bekommt die Schlacht ihre Akteure gestellt, ohne die sie im oben genannten Sinne nicht stattfinden könnte.

Für die Arbeit und insbesondere die Seminarthematik ist also interessant, welche Rolle der Krieger und die Erfahrung einer Schlacht für seine Sozialisation spielen, und wo Schnittpunkte zwischen Krieger-Sein und Bürger-Sein entstehen. Denn neben dem eigentlichen kriegerischen Akt besitzen Schlachten offensichtlich ein historisches Potential, das bewirkt, dass sie zu „historischen Ereignissen ersten Ranges, zu herausragenden Meilensteinen des kollektiven Gedächtnisses werden“ [2]. Woran messen wir eine Schlacht? Im Normalfall führt die Schlacht zu einer Entscheidung, die für Sieger und Verlierer mit weit reichenden Konsequenzen verbunden ist. Ein mögliches Kriterium zur Bewertung einer Schlacht wäre also, die politischen und sozialen Veränderungen zu analysieren, die diese hervorgerufen hat. Oft betrachten wir Schlachten als Auslöser oder Entscheidungsbringer

für ausgreifende politische Prozesse, wie Staatengründungen, Systemwechseln oder Revolutionen. Oft, denn nicht immer wendet sich das Blatt für den Sieger zum Guten und keine Schlacht kann in eine streng kausalische Kette gezwängt werden, die bereits vor der Entscheidung die Konsequenzen aufzeigt. Denn bei allen militärischen Faktoren, die für einen Vorteil für eine der Parteien sprechen, spielen gerade im unmenschlichen Wirrwarr und Getobe einer Feldschlacht menschliche Psyche, Chaos und Zufall eine nicht zu unterschätzende Rolle. Berichte von Veteranen lassen deutlich werden, dass auf dem Schlachtfeld nur das nackte Überleben des einzelnen im Mittelpunkt steht und ein Feldherr im lauten Getümmel nur noch bedingt strategische Anweisungen effektiv umsetzen kann. Gerade in der Antike, in der Feldherren noch keine modernen Kommunikationsmittel, optische Instrumente und schnelle Fortbewegungsmittel zur Verfügung stehen, kann eine Schlacht nur bedingt als geordneter Ablauf militärischer Aktionen betrachtet werden, sondern auch als weitgehend unkontrolliertes und mit einer Eigendynamik ausgestattetes Aufeinandertreffen von Einzelpersonen.

Es lässt sich also zusammenfassend festhalten, dass bei allen militärhistorischen Gemeinsamkeiten, die Schlachten aufweisen, jede Schlacht ein eigenständiges Ereignis ist; mit spezifischen Ausprägungen, Akteuren und Konsequenzen. Genauso unterschiedlich werden sie von der Nachwelt wiedergegeben.

III. Die Vorgeschichte

III.1 Warum Marathon? Der Feldzug der Perser gegen Athen

Die Geschichte um die Schlacht von Marathon beginnt früher, mit dem Ionischen Aufstand in den Jahren 500 bis 494 v. Chr. Mit der Einführung der athenischen Demokratie zu Beginn des 5. Jahrhunderts v. Chr. sahen sich die Perser gezwungen, die poleis im asiatischen Ionien unter ihre Kontrolle zu bringen, da sie die neuen, demokratischen Strukturen als gefährlich und unzuverlässig einschätzten[1]. Athen und Eretria unterstützten diese poleis in ihrem Bestreben nach Unabhängigkeit. Der Perserkönig Dareios I. schafft es, die aufständischen Städte gewaltsam zu unterwerfen. Im Jahre 492 v. Chr. zog daraufhin bereits eine erste persische Armee unter Dareios’ Schwiegersohn Mardonios gen Athen. Nachdem er Thrakien und das mazedonische Königreich des Alexander I. besiegt hatte, wurde ein Großteil der Flotte durch einen Sturm am Berg Athos zerstört. Im Kontext dieser Ereignisse lässt sich der griechische Sieg bei Marathon auch als Endpunkt im Ringen des Ionischen Aufstandes betrachten[2].

Der Feldzug mit seiner Stoßrichtung gegen Athen und Eretria war für Herodot als Vergeltungsmaßnahme von Dareios I. zu sehen, der befohlen hat, „das Verbrennen der Tempel von Sardeis zu vergelten“[3] und die Einwohner Attikas zu Sklaven zu machen. Die Tatsache, dass der persische Heereszug jedoch auch vom athenischen Ex-Tyrannen Hippias[4], Sohn des Peisistratos, begleitet wurde, lassen ein ebenso vorhandenes politisches Kalkül der Expedition erkennen. Hippias hatte Dareios I. wohl davon überzeugt, Athen ohne größere militärische Auseinandersetzung nehmen zu können, indem er mit der einflussreichen athenischen Familie der Alkmenoiden ein politisches Komplott gegen Militiades schmiede. Sobald Athen wieder unter Hippias Kontrolle ( natürlich mit der persischen Streitmacht im Rücken ) gestanden hätte, wären die griechischen poleis zwar nominell unabhängig geblieben, Griechenland aber eindeutig in den persischen Machtbereich einverleibt worden, und das ohne, dass die Perser eine ausgedehnte militärische Expedition auf dem Landweg über Thrakien hätten durchführen müssen. Es ist nicht zu übersehen, dass sich Dareios mit einem ihm hörigen Athen, eine Basis für Interventionen wie zum Beispiel in Ionien schaffen wollte.

In den Jahren 492 und 491 v. Chr. veranlasst Dareios den Bau einer Flotte unter Einforderung der Mithilfe durch seine an der Küste gelegenen Vasallenstaaten[5]. Ein Novum war hierbei der groß angelegte Bau von Pferde-Transportschiffen. Nach der Benennung der Feldherren Datis und Artaphernes und der Sammlung des Heeres in Kilikien stach die persische Flotte in See. Erste Station auf dem Weg nach Griechenland war die Insel Samos. Von dort aus zog sie weiter nach Naxos, wo die Bewohner sich in den Bergen versteckten, um den Persern zu entgehen. Die jedoch brannten Städte und Tempel nieder und versklavten die Naxier. Auf Delos wurde darauf verzichtet, die Bewohner zu belangen, sondern dem Apoll gehuldigt. Dann erreichten die Perser Karystos im Süden Euböäs. Auch hier folgte der Weigerung, am Feldzug gegen ihre

Nachbarstädte teilzunehmen eine Belagerung und die völlige Unterwerfung der Stadt. Schließlich erreichte das Heer des Dareios I. Eretria. Die Eretrier verschanzten sich hinter ihren Stadtmauern, nachdem die aus Athen erbetene Unterstützung, etwa 4000 Kleruchen, unverrichteter Dinge wieder abziehen mussten, da die Eretrier sich untereinander nicht klar über ihre Position zu den Persern waren. Nach sechs Tagen der Belagerung wurde die Stadt von Euphorbos und Philagros verraten, geplündert, die Eretrier versklavt und die Tempel niedergebrannt. Bei Herodot liest sich dieses Vorgehen lediglich als Vergeltung für das Niederbrennen der Tempel von Sardis im Ionischen Aufstand[1]. Man muss jedoch sehen, dass die Einnahme von Eretria am Ende einer politisch cleveren und taktisch sinnvoll geplanten Kriegführung der Perser steht. Dass sie den direkten Weg durch die Ägäis nehmen und nicht wie gewohnt den Weg entlang der Küste, mag sehr wohl dadurch begründet sein, gefährlichen Stellen wie dem Athos auszuweichen[2]. Die aber sicherlich schwerer wiegenden Beweggründe waren anderer Natur: die Kykladen und Euböä unter persische Kontrolle zu bringen, war zum einen wichtig, um die Nachschublinien zu sichern, Soldaten für den Kampf gegen Athen auszuheben als auch den persischen Machtbereich langfristig bis vor das attische Festland auszubauen. Darüber hinaus dachte man, die Pferde der Kavallerie für die Schlacht fit zu halten, indem sie bei Landungen auf den Inseln zum Einsatz kamen. Von dieser Tatsache kommen wir zu der zentralen Frage, weshalb Marathon als Landungspunkt gewählt wurde. Von Karystos aus kann man heute binnen zwei Stunden die Bucht von Marathon erreichen. Dass sowohl Karystos als auch Eretria erobert wurden, ist ein Indiz dafür, dass es von Anfang an Dareios’ Plan gewesen sein muss, von Marathon aus Attika anzugreifen[3]. Hinzu kommt, was Herodot andeutet:

[...]


[1] Vgl. Förster/Pöhlmann/Walter, „Schlachten der Weltgeschichte“, München (2001), S. 7

[2] Ebd.

[1] Vgl. Durando, Furio, „Griechenland“, Erlangen (1997), S. 47

[2] Vgl. Evans, J.A.S., “Herodotus and the Battle of Marathon”, Historia 42, Wiesbaden (1993), S. 281; Evans’
Perspektive ist eine mögliche von mehreren. Im Gegensatz zu ihr kann Marathon auch als Beginn des persi-
schen Engagements in Europa gesehen werden, oder als Rettung der Attischen Demokratie. Insbesondere
letztere Betrachtungsweise wird in einem der folgenden Kapitel intensiv diskutiert.

[3] Herodot (=Hdt.), Historia VI 101; wie in allen folgenden Passagen liegt die Übersetzung der „Historia“ durch
Theodor Braun, Leipzig (2001), zugrunde

[4] Hippias kam an Dareios’ Hof und erbat politisches Asyl, nachdem er bereits 521 v. Chr. unter Beihilfe des
Königs von Sparta, Kleomenes I., aus Athen vertrieben worden war.

[5] Hdt. VI 48

[1] Hdt. VI 101

[2] Hdt. VI 95

[3] Vgl. Doenges, Norman A., „The Battle and Campaign of Marathon“, Historia 47, Wiesbaden (1998) , S. 3

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Die Schlacht von Marathon
Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Veranstaltung
Bürger und Krieger in der 'polis'
Note
2
Autor
Jahr
2004
Seiten
16
Katalognummer
V39555
ISBN (eBook)
9783638382908
Dateigröße
499 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit umfasst sowohl den militärgeschichtichen Komplex als auch die dem Seminarthema verwandte Frage nach der Einheit von Bürger und Soldat in den demokratischen antiken poleis. Dichter Text - einzeiliger Zeilenabstand.
Schlagworte
Schlacht, Marathon, Bürger, Krieger
Arbeit zitieren
Johannes Wolfmüller (Autor:in), 2004, Die Schlacht von Marathon, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/39555

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