Das Oberhausener Manifest als Initialzündung des neuen dt. Films und dessen Streiter


Seminararbeit, 2003

13 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


INHALT

Einleitung

Papas Kino ist tot

Die neuen Filmemacher

Das Oberhausener Manifest 1962

Die Folgen und Auswirkungen

Filmbeispiel Kluge

Der Durchbruch 1970

Schluss: Idealismus oder Egoismus?

Literaturverzeichnis

Einleitung:

Im Mittelpunkt meiner Hausarbeit soll der neue deutsche Film stehen. In den sechziger Jahren haben viele Regisseure genug von `Opas Kino` und setzen diesem ein Ende. Das Oberhausener Manifest soll zur Geburtsurkunde des nachfolgenden Filmes werden. So unterzeichnen 1962 bei den Oberhausener Kurzfilmtagen 26 junge Filmemacher ein Manifest gegen den konventionellen deutschen Film. Sie wollen dem ihrer Ansicht nach verlogenen Kino der Wirtschaftswunderzeit einen neuen deutschen Film entgegensetzen, der die Wirklichkeit in der Bundesrepublik zeigt. Zu den Unterzeichnern gehört unter anderem Alexander Kluge, der in der Folgezeit gemeinsam mit anderen jungen Regisseuren realistische Filme über aktuelle Themen wie Abtreibung, Scheidung, Generationenkonflikte und gesellschaftliche Außenseiter dreht. Eines seiner Werke soll hier thematisiert werden, da Kluges „Abschied von gestern“ (1966) einen beispielhaften Film der neuen Art darstellt. So beendet der neue deutsche Film allmählich die Krise des Films in der Bundesrepublik und verhilft ihm zu neuem Ansehen.

`Papas Kino` ist tot:

Ende der fünfziger Jahre wird mehr denn je deutlich, dass das ehemals allseits beliebte Kino an einer existentiellen Altersschwäche leidet, da sich die Interessen der jungen Filmemacher von denen der alten stark unterscheiden. Noch dominieren die betagten Filmer den Markt mit ihren Schlagerfilmen, Lustspielen, Krimis und Abenteuerfilmen. Mit Abstand die größten Erfolge sind die Filmserien nach Vorlagen von Edgar Wallace und Karl May. Sie halten sich an die öffentliche Kontrolle der Phantasieproduktion und die kommerzielle Vorherrschaft über Bilder und Vorstellungswelt.[1] Heimatfilme wie „Sissi“ sind immer wieder gleich gestrickt, besitzen ein Happy End und erzählen von der imaginierten Schönheit Deutschlands und Europas. Das ist es, was der Staat den Menschen zeigen will. Er will sie die grausame Vergangenheit und Schuldigkeit vergessen machen und sich so davon reinwaschen. Indem nur heitere deutsche Filme produziert werden, sollen auch die umliegenden Länder wieder auf Deutschlands Schönheit hingewiesen und gezeigt werden, dass alles längst Vergangenheit ist und nicht mehr diskussionswert. Nur, was dem Staat gefällt, wird finanziell unterstützt und in die Kinos gebracht. Der konventionelle deutsche Film der Nachkriegszeit ist also der Kontrolle von oben ausgesetzt und ökonomisch mitbestimmt. Die jungen Regisseure jedoch sind nicht gewillt, sich dessen zu unterwerfen. Das bedeutet das Todesurteil für Papas Kino, denn die Zukunft wird anders aussehen.

Die neuen Filmemacher:

Die Generation um Papas Kino fabriziert eine Jugend mit gegensätzlichen Attributen und Zielen zu denen ihrer Väter. Sie sind selbstbewusst, optimistisch, zornig und bereit, ihre Stimme für ihre Interessen zu erheben, zu provozieren, zu beschimpfen und aufzuklären.

Die Söhne und Töchter stellen Fragen, geben ihrer Unzufriedenheit Ausdruck und wollen Veränderung. Skepsis bis Ablehnung stehen einer jungen Generation gegenüber, die hoffnungsvoll einer in ihren Augen zum Stillstand gekommenen Gesellschaft zum neuen Aufbruch verhelfen will.[2]

Eine der grundlegendsten Veränderung ist, dass dem Regisseur eine umfassendere Rolle in der Produktion seines Werkes zukommt. Viele Regisseure schreiben ihre Drehbücher selbst: der Autorenfilm ist geboren, der sich durch eine neue persönliche Bildersprache und in seiner Produktionsweise frei von Zwängen auszeichnet.[3] Filme, die vom Regisseur selbst bestimmt werden, seine Interessen und Sichtweisen zum Ausdruck bringen und nicht die des Staates, der Ökonomie oder sonstiger etablierter Gemeinschaften.

Die Ausdrucksweisen und Techniken der jungen Filmemacher sind vielfältig. Durch eigenwillige Montagen und die Vermischung von Dokumentar - und Filmsequenzen entsteht ein eigener Stil[4]. Sexualität ist kein Tabu mehr im Film und wird ab jetzt als etwas Natürliches und Bestandteil des Alltags dargestellt. Ein großes Budget ist nicht von Nöten und würde den Ausdruck des Autorenfilms auch nur verfälschen. Man arbeitet mit einfachen Mitteln, verzichtet häufig auf technische Vollkommenheit, um das Augenmerk des Zuschauers mehr auf das `Was` als auf das `Wie` zu lenken. Zudem besteht auch die Schwierigkeit, an Geld für die Filme heranzukommen. Der neue deutsche Film wird schließlich in seiner Anfangszeit nicht vom Staat gefördert wie seinerzeit Papas Kino. So engagieren die jungen Filmemacher keine beim Zuschauer bereits bekannten und teuer honorierten `Stars`. "Glatte" Schönheiten sind nicht mehr gefragt. Vielmehr unbekannte Alltagsgesichter und Laiendarsteller, dafür aber "Gesichter mit Charakter" werden ausgesucht.[5] Der neue deutsche Film soll sich aus seiner geistigen Isolierung lösen[6] und sich nicht dem Diktat der vollkommen kommerziellen Relevanz des Filmes unterwerfen. Außerdem sollen Filmemacher sich darüber klar werden, welch große Verantwortung sie in der Wahl ihrer Themen gegenüber der Öffentlichkeit haben. Sich über ihren Einfluss auf die Meinungsbildung und Lebensführung ihres Publikums klar werden und diesen in ihrer Arbeit berücksichtigen. Im Film sollen relevante Themen wie Politik, Soziales, Wirtschaft, Bildungsfragen und filmische Neuentwicklungen realisiert werden.[7]

Während die „Nouvelle Vague“[8], eine Bewegung junger Kinospezialisten- Regisseure und Journalisten- im französischen Filmbusiness, schon in den 50er Jahren in Frankreich zu bahnbrechenden Veränderungen im Filmgeschehen veranlasste, fühlten sich auch unsere jungen wütenden Filmemacher Deutschlands in ihrem Ziel bestärkt und brachten ihr Manifest feierlich zu Papier.

Das Oberhausener Manifest vom 28. Februar 1962

Der Zusammenbruch des konventionellen deutschen Films entzieht einer von uns abgelehnten Geisteshaltung endlich den wirtschaftlichen Boden. Dadurch hat der neue Film die Chance, lebendig zu werden.

Deutsche Kurzfilme von jungen Autoren, Regisseuren und Produzenten erhielten in den letzten Jahren eine große Zahl von Preisen auf internationalen Festivals und fanden Anerkennung der internationalen Kritik. Diese Arbeiten und ihre Erfolge zeigen, dass die Zukunft des deutschen Films bei denen liegt, die bewiesen haben, dass sie eine neue Sprache des Films sprechen.

Wie in anderen Ländern, so ist auch in Deutschland der Kurzfilm Schule und Experimentierfeld des Spielfilms geworden. Wir erklären unseren Anspruch, den neuen deutschen Spielfilm zu schaffen.

Dieser neue Film braucht neue Freiheiten. Freiheit von den branchenüblichen Konventionen. Freiheit von der Beeinflussung durch kommerzielle Partner. Freiheit von der Bevormundung durch Interessengruppen.

[...]


[1] Eric Rentschler: Der alte Film war tot. 100 Texte zum westdeutschen Film 1962-1987. Hgg: Hans Helmut Prinzler, Eric Rentschler, Frankfurt a. Main, 2001, Seite 27

[2] http://www.deutsches-filminstitut.de/sozialgeschichte/dt072.htm

[3] Eric Rentschler: Der alte Film war tot. 100 Texte zum westdeutschen Film 1962-1987. Hgg: Hans Helmut Prinzler, Eric Rentschler, Frankfurt a. Main, 2001, Seite 45

[4] http://www.dhm.de/lemo/html/DasGeteilteDeutschland/KontinuitaetUndWandel/UnruhigeJahre/neuerDeutscherFilmBody.html

[5] http://www.dhm.de/lemo/html/DasGeteilteDeutschland/KontinuitaetUndWandel/UnruhigeJahre/neuerDeutscherFilmBody.html

[6] Alexander Kluge: Was wollen die „Oberhausener“? In: Der alte Film war tot. 100 Texte zum westdeutschen Film 1962-1987. Hgg: Hans Helmut Prinzler, Eric Rentschler, Frankfurt a. Main, 2001, Seite 47

[7] Alexander Kluge: Was wollen die „Oberhausener“? In: Der alte Film war tot. 100 Texte zum westdeutschen Film 1962-1987. Hgg: Hans Helmut Prinzler, Eric Rentschler, Frankfurt a. Main, 2001, Seite 47

[8] la nouvelle: die Neuigkeit, vague: unklar, zerstreut, undeutlich. Im Frankreich der 50er Jahre: die wohl erste und wichtigste Bewegung der europäischen Filmgeschichte unter der Führung von Jean-Luc Godard, Francois Truffaut, Claude Chabrol und Jaques Rivette (Filmjournalisten) mit dem Schlachtruf: Der Film von morgen wird ein Akt der Liebe sein (schrieb Francois Truffaut 1957 in einem Artikel für die Pariser Zeitschrift „Cahiers du Cinéma“)

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Das Oberhausener Manifest als Initialzündung des neuen dt. Films und dessen Streiter
Hochschule
Universität Karlsruhe (TH)
Veranstaltung
Rainer Werner Fassbinder: Leben und Werk
Note
2,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
13
Katalognummer
V39565
ISBN (eBook)
9783638382984
Dateigröße
734 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Oberhausener, Manifest, Initialzündung, Films, Streiter, Rainer, Werner, Fassbinder, Leben, Werk
Arbeit zitieren
Kirsten Hauk (Autor:in), 2003, Das Oberhausener Manifest als Initialzündung des neuen dt. Films und dessen Streiter, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/39565

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