Am 11. Mai 1990 stimmte der Bundesrat dem „Gesetz zur Neuordnung des Kinder- und Jugendhilferechts“ zu. Nach etwa 30 Jahren Reformbestrebungen wurde damit das Jugendwohlfahrtsgesetz (JWG), welches auf dem Reichsjugendwohlfahrtsgesetz (RJWG) von 1922 basierte, durch das Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) abgelöst (vgl. Jordan/Sengling 2000, S. 67). Das KJHG trat am 1. Januar 1991 (in den neuen Bundesländern bereits am 3. Oktober 1990) in Kraft. Die Jugendhilfe erhielt durch das KJHG nun eine zeitgemäße rechtliche Grundlage. „Schon für den Beginn der neueren Reformdiskussion war bestimmend, dass das Gesetz für Jugendwohlfahrt (JWG) in weiten Teilen den Anforderungen an einen leistungsorientierte Jugendhilfe nicht mehr gerecht wurde“ (Jordan/Sengling 2000, S. 67). Durch die Entwicklungen in der Gesellschaft und die damit verbundenen veränderten Sozialisationsbedingungen sind viele neue Anforderungen an die Jugendhilfe entstanden. Diesen Anforderungen konnte das JWG nicht mehr ausreichend begegnen. Im Gegensatz zum KJHG war das JWG eher eingriffs-, kontroll- und ordnungsrechtlich orientiert (vgl. Verband katholischer Einrichtungen... 1995, S. 13). Das als Leistungsrecht konzipierte KJHG versucht so weit wie mögliche auf Eingriffsmaßnahmen zu verzichten. Die Jugendhilfe soll also nicht in die Erziehung in der Familie eingreifen, sondern sie soll die Erziehung in der Familie unterstützen und gegebenenfalls ergänzen. Sowohl die Familie als vorrangiger Erziehungsraum, als auch die Selbstverantwortung der Personensorgeberechtigten, sollen durch das KJHG gestärkt werden. Das bedeutet auch, dass sowohl die Familien und die betroffenen Kinder und Jugendlichen als auch ihr soziales Umfeld in den Hilfeprozess mit eingebunden werden sollen. An den grundlegenden Rechtspositionen der Leistungsberechtigten, wie dem Recht auf Schutz der Menschenwürde, dem Recht auf Autonomie und Selbstverantwortung und dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung, orientieren sich die einzelnen Regelungen im KJHG (vgl. bmfsfj 1999, S. 22). Im KJHG werden daher bewusst abwertende Zuschreibungen, wie Verwahrlosung, Entwicklungsdefizite etc. vermieden (vgl. bmfsfj 1999, S. 23). Als pädagogische Leistungen definiert das KJHG die Erziehungshilfen, auf welche die Betroffenen einen Anspruch haben. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Hilfeplanung
- 2. Multiperspektivische Fallarbeit
- 2.1 Sozialpädagogische Anamnese
- 2.2 Sozialpädagogische Diagnose
- 2.3 Sozialpädagogische Intervention
- 2.4 Evaluation
- 3. Multiperspektivische Fallarbeit in der Hilfeplanung
- 4. Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Konzept der multiperspektivischen Fallarbeit im Kontext der Hilfeplanung nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG). Sie beleuchtet die Bedeutung dieses Ansatzes für eine erfolgreiche Hilfeplanung und die Förderung der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Dabei werden die verschiedenen Phasen der multiperspektivischen Fallarbeit, von der Anamnese bis zur Evaluation, ausführlich analysiert und anhand praktischer Beispiele veranschaulicht.
- Die rechtlichen Grundlagen der Hilfeplanung im KJHG
- Die Bedeutung der multiperspektivischen Fallarbeit für die Hilfeplanung
- Die verschiedenen Phasen der multiperspektivischen Fallarbeit
- Die Herausforderungen und Chancen der multiperspektivischen Fallarbeit in der Praxis
- Die Rolle der beteiligten Akteure (Jugendamt, Familie, Kind/Jugendlicher) in der Hilfeplanung
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung gibt einen Überblick über die historische Entwicklung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes und die Bedeutung des Hilfeplans als zentrales Instrument der Jugendhilfe. Es wird erläutert, dass das KJHG im Vergleich zum vorherigen JWG einen stärker leistungsorientierten Ansatz verfolgt und die Selbstverantwortung der Familie und die Beteiligung der Kinder und Jugendlichen im Hilfeprozess betont.
- 1. Hilfeplanung: Dieses Kapitel beleuchtet die rechtlichen Grundlagen der Hilfeplanung nach § 36 KJHG. Es werden die verschiedenen Phasen des Hilfeplanungsverfahrens, von der Beratung bis zur Erstellung des Hilfeplans, beschrieben. Dabei werden die Bedeutung der Mitwirkung der Personensorgeberechtigten und des Kindes oder Jugendlichen sowie die komplexen Aufgaben des Jugendamts bei der Hilfeplanung erläutert.
- 2. Multiperspektivische Fallarbeit: In diesem Kapitel wird die multiperspektivische Fallarbeit als integraler Bestandteil der Hilfeplanung vorgestellt. Es werden die unterschiedlichen Perspektiven und die beteiligten Akteure im Hilfeprozess beleuchtet. Die einzelnen Phasen der multiperspektivischen Fallarbeit, von der Anamnese bis zur Evaluation, werden im Detail beschrieben.
Schlüsselwörter
Hilfeplanung, Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG), multiperspektivische Fallarbeit, Sozialpädagogische Anamnese, Sozialpädagogische Diagnose, Sozialpädagogische Intervention, Evaluation, Jugendamt, Familie, Kind/Jugendlicher, Ressourcenorientierung, Partizipation, Empowerment.
- Arbeit zitieren
- Nicole Schwartz (Autor:in), 2004, Multiperspektivische Fallarbeit in der Hilfeplanung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/39588