Bahnreform: Spartentrennung und Privatisierungsmöglichkeiten


Hausarbeit (Hauptseminar), 2005

24 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Bahnreform von 1994
2.1. Die Entwicklung der Deutschen (Bundes-)Bahn von 1949 bis 1993
2.2. Gründe und Ziele
2.3. Stufen
2.4. Der aktuelle Stand

3. Hinterfragung des staatlichen Monopols
3.1. Das System Eisenbahn
3.2. Marktversagen
3.2.1. Öffentliches Gut
3.2.2. Externe Effekte
3.2.3. Zusammenfassung
3.3. Wettbewerbsversagen
3.3.1. Natürliches Monopol
3.3.2. Ruinöse Konkurrenz
3.3.3. Zusammenfassung
3.4. Privates Monopol

4. Strukturmodelle
4.1. Vertikal integriertes Unternehmen
4.2. Trennung von Netz und Transport
4.2.1. Staatliches EIU
4.2.2. Private EIUs

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

Eidesstattliche Erklärung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

„Gleis 2, der Zug von X nach Y, planmäßige Abfahrt um 12:00, hat 20 Minuten Verspätung.“ So oder so ähnlich hört man es tagtäglich auf vielen Bahnsteigen in Deutschland. Und immer ist die Bahn schuld. Auch die Medien berichten oft über die Bahn. Ihren Vorstandsvorsitzenden Mehdorn kennen vermutlich mehr Menschen in Deutschland als den Präsidenten der Europäischen Kommission Barroso. Durch diese Beispiele wird verdeutlicht, welchen Stellenwert die Bahn in unserer Gesellschaft hat. Eigentlich ist das Wort „Bahn“ die falsche Bezeichnung – richtig wäre in den meisten Fällen „Deutsche Bahn AG“. Fast immer wird die Bahn als Synonym für die DB AG verwendet. Aber warum ist das so? Gibt es keine anderen Eisenbahnen in Deutschland? Ist die Bahn mehr als nur ein Zugunternehmen? Diese und andere Fragen versuchen die folgenden Ausführungen zu klären.

Im ersten Kapitel wird die Entwicklung der deutschen Eisenbahn in der BRD bis zur Verabschiedung der Bahnreform beschrieben, und auf die Notwendigkeit einer Reform eingegangen. Darauf aufbauend werden das Konzept und der aktuelle Stand der Umsetzung geschildert. Das zweite Kapitel dreht sich um das System der Eisenbahn mit den zentralen Fragen der Existenz eines Monopols und die Gestaltungsmöglichkeiten des Monopols hinsichtlich der Privatisierung. Das dritte und letzte Kapitel beschäftigt sich mit der Betrachtung von Modellstrukturen. Es wird das Modell der Spartentrennung mit dem des vertikal integrierten Unternehmens verglichen und die Privatisierungsmöglichkeiten erläutert.

Ziel der Arbeit ist die Darstellung der Bahnreform, einen Einblick in die Monopolproblematik des Eisenbahnsektors und Alternativen zur Gestaltung der dritten Stufe der Bahnreform zu vermitteln.

2. Die Bahnreform von 1994

2.1. Die Entwicklung der Deutschen (Bundes-)Bahn von 1949 bis 1993

Nach in Kraft treten des Art. 134, Abs. 1 GG am 23.05.1949 wird „das Reichsvermögen .. grundsätzlich Bundesvermögen.“[1] Damit wurde die Deutsche Bundesbahn, ehemals ein Teil der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft, zum Eigentum der Bundesrepublik Deutschland. Nach Art. 87, Abs. 1 GG musste diese durch eine bundeseigene Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau geführt werden. Weitere Bestimmungen zur Führung und den Aufgaben der Bundesbahn finden sich im AEG vom 29.03.1951 und im BbG vom 13.12.1951.[2] Mit der Gründung der DB wurde sie mit sehr geringem Eigenkapital ausgestattet und musste gleichzeitig für die Beseitigung der Kriegsschäden selbst aufkommen. Deshalb war sie genötigt, von Anfang an mit Fremdkapital zu arbeiten. Auch sollte sie einerseits wie ein Wirtschaftsunternehmen agieren, war aber auf der anderen Seite zur besten Verkehrsbedienung verpflichtet. Diese gemeinwirtschaftlichen Aufgaben implizierten die Betreibung unrentabler Strecken, die Pflicht zur Ausführung aller, auch unwirtschaftlicher Aufträge und das Verbot der Preissetzung nach Angebot und Nachfrage.[3] Aufgrund dieser gemeinwirtschaftlichen Aufgaben und den damit stark begrenzten wirtschaftlichen Handlungs- und Entscheidungsspielraum, führte dies zu einer fehlenden Marktorientierung der Bundesbahn. Als Folge verlor die Bahn im Modal Split (Verteilung des Transportaufkommens auf die einzelnen Verkehrsträger) an Wettbewerbsfähigkeit.[4] Im Zeitraum von 1965 bis 1993 fiel der Marktanteil der Eisenbahn im Personenverkehr von 10,6% auf 6,5% und im Güterverkehr von 33,5% auf 16,6% (Verkehrsleistung in Pkm und tkm).[5] Aus der finanziellen Perspektive betrachtet, wies die Bahn schon seit Jahrzehnten einen kontinuierlichen Jahresfehlbetrag aus, „trotz langjähriger Ausgleichszahlungen des Bundes für die DB“.[6] Die kumulierten Fehlbeträge ergaben 1993 einen Schuldenstand von 67,3 Mrd. DM.[7]

2.2. Gründe und Ziele

Durch die beschriebenen sinkenden Marktanteile der Bahn im Modal Split und dem stetig steigenden Schuldenstand, der zu einem Haushaltsrisiko des Bundes wurde, war eine Reform unausweichlich, insbesondere bei den institutionellen Rahmenbedingungen. Oberstes Ziel war es die Wettbewerbsfähigkeit der Bahn zu sichern und zu stärken, d.h. mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen und durch neue Organisationsformen den Bundeshaushalt zu entlasten. In die Bahnreform integriert, sollte die europäische Richtlinie 91/440/EWG ins nationale Recht umgesetzt werden, die als Ziel die Erhöhung der Leistungsfähigkeit und die Ermöglichung von marktgerechtem Handeln verfolgt.[8] Dies sollte durch „die Unabhängigkeit der Geschäftsführung der Eisenbahnunternehmen, die Trennung zwischen Betrieb der Infrastruktur und Erbringung von Schienenverkehrsleistungen, die finanzielle Sanierung und den (Anm. des Verfassers: diskriminierungsfreien) Zugang zur Eisenbahnstruktur“[9] durch Dritte gewährleistet werden. Das bedeutet, dass die Bahn zusätzlich zum intermodalen Wettbewerb zu den anderen Verkehrsträgern, auch in einem intramodalen Wettbewerb zu anderen EVU stehen soll, um damit das Ziel der Erhöhung des Schienenverkehrs zu erreichen.[10]

2.3. Stufen

Die 1993 vom Bundestag und -rat beschlossene und zum 01.01.1994 in Kraft getretene Bahnreform ist in drei Stufen angelegt worden. In der ersten Stufe wurden zunächst die drei bahnbezogenen Sondervermögen DB, DR und Vorratsvermögen Berlin (West) zum Sondervermögen Bundeseisenbahnen zusammengezogen, um dann dieses in einen unternehmerischen (DB AG), öffentlichen (BEV) und hoheitlichen Bereich (EBA) zu unterteilen. Um eine formelle Privatisierung des unternehmerischen Bereichs zu erreichen, bedurfte es erstens zu einer finanziellen Sanierung der DB AG durch die Totalentschuldung durch den Bund und die Neubewertung des Anlagevermögens. Zweitens wurde die DB AG durch die Regionalisierung des ÖPNV von ihren gemeinwirtschaftlichen Aufgaben wie der Betriebspflicht entbunden, drittens ermöglichte die Personalüberleitung zum BEV einen Ausstieg aus dem Dienst- und Beamtenrecht. Schließlich wurden alle hoheitlichen Aufgaben dem EBA zugewiesen und damit alle Voraussetzungen zur Privatisierung erfüllt.[11] Als Ausgleich wurde die Bundesrepublik Deutschland alleinige Aktionärin der DB AG. Nach der formellen Privatisierung des unternehmerischen Bereiches erfolgte eine organisatorische Trennung in die Bereiche Personenfernverkehr, Personennahverkehr, Güterverkehr und Infrastruktur,[12] um der EU-Richtlinie 91/440/EWG und dem § 9 Abs. 1 AEG zu entsprechen, die bei vertikal integrierten Bahnen eine getrennte Rechnungsführung von Fahrweg und Betrieb mit Verbot der Überleitung von Subventionen vorsehen.[13] Mit dieser „partiellen vertikalen Desintegration der DB AG“[14] und der Netzöffnung für Dritte durch § 14 AEG, wonach allen deutschen EVU der diskriminierungsfreie Zugang zur Infrastruktur gewährleistet werden soll und ausländische Bahnen den Zugang nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit erhalten sollen,[15] wurde die Basis zum intramodalen Wettbewerb geschaffen. Als Kontrollinstanz fungiert die EBA auf Anfrage, um einen diskriminierungsfreien Zugang für alle zugelassenen EVU zu gewährleisten.[16]

[...]


[1] Bundeszentrale für Politische Bildung (2000), S. 79.

[2] Vgl. Bennemann (1994), S. 18 ff.

[3] Vgl. Munzert (2001a), S. 12 f.

[4] Vgl. Munzert (2001a), S. 15.

[5] Vgl. BMVBW (2003), S. 214, 238.

[6] Bennemann (1994), S. 35.

[7] Vgl. Aberle (1996), S. 125 f.

[8] Vgl. Aberle / Brenner (1996), S. 6; BMVBW (2005).

[9] Aberle / Brenner (1996), S. 9.

[10] Albach (1998), S. 333.

[11] Vgl. Aberle / Brenner (1996), S. 15 ff; Munzert (2001a), S. 19 ff.

[12] Vgl. Bennemann (1994), S. 46.

[13] Vgl. Freise (1994), S. 51.

[14] Munzert (2001a), S. 26.

[15] Vgl. Freise (1994), S. 55 f.

[16] Vgl. Aberle / Brenner (1994), S. 8.

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Bahnreform: Spartentrennung und Privatisierungsmöglichkeiten
Hochschule
Universität Potsdam
Note
1,7
Autor
Jahr
2005
Seiten
24
Katalognummer
V39642
ISBN (eBook)
9783638383615
ISBN (Buch)
9783638655071
Dateigröße
443 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Inhalt ist zum einen die Stufen der Bahnreform und der aktuelle Umsetzungsstand. Gleichzeitig wird die Frage des Vorhandenseins eines natürlichen Monopols bei der Schieneninfrastruktur geklärt, und ob dieses zu privatisieren möglich ist. Als letztes werden Modelle hinsichtlich eines vertikal integrierten Konzerns oder der Trennung von Netz und Betrieb vorgestellt.
Schlagworte
Bahnreform, Spartentrennung, Privatisierungsmöglichkeiten
Arbeit zitieren
Sebastian Poncé (Autor:in), 2005, Bahnreform: Spartentrennung und Privatisierungsmöglichkeiten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/39642

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