Das Anliegen meiner Arbeit ist es, die Lücke zwischen Systemtheorie und systemischer Beratung zu schließen, indem ich sie zu einer Einheit zu konzipieren versuche. Denn die systemische Beratung versteht sich als eine Umsetzung systemischen Denkens; sie setzt systemisches Gedankengut in den praktischen Umgang mit sozialen Systemen und Kommunikationen um. Darum sollen im Folgenden Theorie und Praxis unbedingt gemeinschaftlich konzeptualisiert werden, ohne aber an irgendeiner Stelle ihre Gewissheit und Absolutheit zu postulieren. Sicherlich hat jedes andere Beratungsmodell mit der hinter ihr stehenden Theorie, „durch eine andere Brille gesehen“, seine Berechtigung und seinen Gebrauchswert, darum möchte ich auch die systemische Beratung nicht als die einzig Richtige darstellen, denn das würde dem systemisch konstruktivistischen Grundgedanken widersprechen. Meine Intention ist es vielmehr, eine Anregung zu geben, einmal durch die „systemische Brille“ zu schauen und den Nutzen dieser besonderen Theorie für die systemische Beratung erkennen zu lassen. Man hat es aber in der systemischen Praxis weder mit technischen Arbeitsabläufen, noch mit linearen Abfolgen und einfachen Korrelationen zu tun. Auch ist die ihr zugrunde liegende Systemtheorie komplex und zirkulär, was eine vollständige Darstellung des systemischen Denkens und der systemischen Beratung in einer strikten linearen Weise unmöglich macht. Darum strebe ich vielmehr Wege des Verstehens an, ohne die Komplexität durch tradierte Ursache- Wirkungs- Erklärungen reduzieren zu wollen. In einem ersten Schritt wird von mir der Versuch unternommen, die Systemtheorie als ein interdisziplinäres Paradigma einzuführen, um eine Vertrautheit mit dem systemischen Denken anzustreben (1. Kapitel). Dabei werde ich den Systembegriff zu klären suchen, wobei ich schon gleich Anknüpfungen für die systemische Praxis mit einflechte, um den Gegenstand nicht zu abstrakt zu halten. Diese Praxisimplikationen erscheinen kursiv gedruckt, um sie von ihrem theoretischen Rahmen abgrenzen zu können. Im Anschluss werde ich die besondere Sichtweise, mit der auf diesen „Gegenstand geschaut wird, die „systemische Sicht der Dinge“, zu klären versuchen. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Einblicke in die Theorie
- 1.1 Der Systembegriff
- 1.2 Was bedeutet das Zauberwort „systemisch“?
- 1.3 Entwicklungsgeschichte der systemtheoretischen Grundlagen
- 1.4 Luhmanns Theorie sozialer Systeme
- 1.5 Das Mitglied-Konzept
- 2. Einblicke in die Praxis
- 2.1 Gegenüberstellung traditioneller Beratungsansätze und des systemischen Ansatzes
- 2.2 Der Gegenstand systemischer Beratung- ein systemischer Prozess
- 2.3 Grundhaltungen des systemischen Beraters
- 2.4 Leitlinien der systemischen Beratung
- 2.4.1 Hypothetisieren
- 2.4.2 Zirkularität
- 2.4.3 Neutralität und Neugier
- 2.4.4 Ressourcen- und Lösungsorientierung
- 2.4.5 Kundenorientierung
- 2.5 Elemente eines Beratungsgespräches
- 2.5.1 Ankoppeln
- 2.5.2 Klärung des Beratungskontextes
- 2.5.3 Vom Problem zum Anliegen und Auftrag
- 2.5.4 Systemische Interventionsmöglichkeiten
- 2.5.4.1 Fragen
- 2.5.4.2 Reflektieren und Empfehlen
- 3. Darstellung der Praxisimplikationen am ausgewählten Fallbeispiel
- 3.1 Dokumentation des Verlaufs der durchgeführten Beratung
- 3.1.1 Das Erstgespräch
- 3.1.2 Die zweite Beratungssitzung
- 3.1.3 Die dritte Beratungssitzung
- 3.2 Abschlussreflexion der gesamten Beratungssequenzen
- 3.1 Dokumentation des Verlaufs der durchgeführten Beratung
- Schlussbemerkung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit befasst sich mit der Verknüpfung von Systemtheorie und systemischer Beratung. Das Ziel ist es, die systemische Beratung als Umsetzung systemischen Denkens zu verstehen und beide Bereiche in einem gemeinsamen Rahmen zu konzeptualisieren. Die Arbeit fokussiert darauf, wie systemisches Gedankengut in den praktischen Umgang mit sozialen Systemen und Kommunikationen einfließt.
- Der Systembegriff und seine Implikationen für die Praxis
- Die „systemische Sicht der Dinge“ und ihre Besonderheiten
- Die Entwicklung systemtheoretischer Grundlagen, insbesondere das Autopoiesekonzept und das Mitglied-Konzept
- Grundhaltungen und Prämissen des systemischen Beraters
- Methoden und Interventionen der systemischen Beratung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in die Systemtheorie als interdisziplinäres Paradigma und beleuchtet den Systembegriff sowie seine praktische Relevanz. Anschließend wird die „systemische Sicht der Dinge“ erläutert und ein Überblick über die Entwicklungsgeschichte der systemtheoretischen Grundlagen gegeben, wobei besonderes Augenmerk auf Maturanas Autopoiesekonzept und Luhmanns Theorie sozialer Systeme gelegt wird. Das Mitglied-Konzept von Kurt Ludewig, das beide Ansätze vereint, wird vorgestellt.
Im zweiten Kapitel werden die Implikationen der Systemtheorie für die Praxis untersucht. Hierbei wird Ludewigs „klinische Theorie“ als Grundlage der systemischen Beratung betrachtet. Es werden die Grundhaltungen und Prämissen des systemischen Beraters sowie der methodische Rahmen der Beratung erörtert, der einen kommentierten Ablauf eines Beratungsgespräches mit verschiedenen Interventionsmaßnahmen umfasst.
Das dritte Kapitel widmet sich der Praxisimplikation der systemischen Beratung anhand eines von Kommilitonen durchgeführten Beratungsgespräches. Die einzelnen Beratungssitzungen werden dokumentiert und die gesamte Beratungssequenz reflektiert.
Schlüsselwörter
Systemtheorie, systemisches Denken, systemische Beratung, Autopoiesis, soziale Systeme, Luhmanns Theorie, Mitglied-Konzept, Grundhaltungen, Leitlinien, Interventionsmaßnahmen, Beratungsprozess, Praxisimplikationen.
- Arbeit zitieren
- Silke Modder (Autor:in), 2003, Theoretische Grundlagen systemischen Denkens und mögliche Implikationen für die Praxis an ausgewählten Beispielen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/39749