Die Potentialanalyse einer Methodenkopplung von TRIZ und Bionik


Studienarbeit, 2005

137 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Abkürzungsverzeichnis

2. Zielsetzung der Arbeit
2.1. Abstract
2.2. Einführung: Was ist TRIZ? Was ist Bionik?
2.3. Zielsetzung

3. Stand der Technik
3.1. TRIZ – Stand der Technik
3.1.1. Altshuller und die Entstehung von TRIZ
3.1.2. Innovationsniveaus, Idealität und Widersprüche
3.1.3. Das TRIZ-Gebäude
3.1.4. Wichtige Werkzeuge und Ansätze
3.1.4.1. Problemformulierung und Stoff-Feld-Analyse
3.1.4.2. Standardlösungen und Effektensammlung
3.1.4.3. Innovations-Checkliste
3.1.4.4. Antizipierende Fehlererkennung
3.1.4.5. Widerspruchsmatrix und Innovationsprinzipien
3.1.4.6. Gesetze der technischen Evolution
3.1.5. ARIZ
3.1.6. Bewertung der TRIZ-Methode
3.2. Bionik – Stand der Technik
3.2.1. Geschichte der Bionik
3.2.2. Definition und Abgrenzung
3.2.3. Biologie gibt Anregungen zu Kreativität
3.2.4. Bionik als Problemlösungsmethode
3.2.4.1. Beispiele
3.2.4.2. Allgemeine Bionik
3.2.4.3. Systematische Bionik
3.2.4.4. Angewandte Bionik
3.2.5. Weitere Methoden der Bionik
3.2.5.1. Synergetik
3.2.5.2. Evolutionsstrategie
3.2.5.3. Bauteile wachsen wie Bäume
3.2.6. Bewertung von Bionik als Methode

4. Methodenkopplung TRIZ-Bionik
4.1. Gegenüberstellung der Methoden
4.2. Mögliche Kopplungen
4.2.1. Integration Bionischer Ansätze in TRIZ
4.2.1.1. Beschreiben des Idealen Endresultats (IER)
4.2.1.2. Erweiterung der Effektensammlungen
4.2.1.3. Vervollständigung der Widerspruchsmatrix
4.2.1.4. Widerspruchsmatrix basierend auf Analyse natürlicher Lösungen
4.2.1.5. Biologische Beispiele zu den Innovationsprinzipien
4.2.2. Integration von TRIZ-Werkzeugen in bionische Methodik
4.2.2.1. Ausgangspunkt: Umweltbedingungen
4.2.2.2. Systematische Zielbestimmung
4.2.2.3. Analogiesuche basierend auf Widerspruchsmatrix
4.2.3. TRIZ und Bionik als Teilkomponenten einer umfassenden Methode
4.2.4. Darstellung von einfachen Ansätzen der Methodenkopplung
4.2.4.1. Innovations- und Bionik-Checkliste
4.2.4.2. Antizipierende Fehlererkennung und VESTERs 8 Grundregeln
4.3. Abschließende Bewertung einer Methodenkopplung

5. Zusammenfassung und Ausblick

6. Schrifttumsverzeichnis

7. Abbildungsverzeichnis

8. Anlagen

1. Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2. Zielsetzung der Arbeit

2.1. Abstract

When having to deal with any problem the use of creativity methods is quite common. However, creativity methods like brainstorming have one crucial drawback: psychological inertia. Solutions are developed depending on the professional background and therefore lacking objectivity. This weakness can be overcome by the methods TRIZ (Theory of Inventive Problem Solving) and Bionics.

In this paper each method is introduced, the state-of-the-art is described and the method is evaluated.

TRIZ is dating back to the 1950s, when Genrich Altshuller developed the method. Essential elements of TRIZ are systematic problem description and problem solution based on principles extracted from thousands of patents. TRIZ comprises numerous tools which can be selected depending on the structure of the problem.

Bionics (or Biomimetics) takes a model of the nature and tries to develop an analogous solution in engineering. Although this proceeding is longstanding, systematic research and use is just emerging.

Nature offers an enormous pool of ideas to solve problems and TRIZ can offer a very systematic approach. Those qualities should be integrated in a connection of both methods. Possible connections and combinations are described, benefits named and furthermore, the linking evaluated.

2.2. Einführung: Was ist TRIZ? Was ist Bionik?

„Als Kreativitätstechniken bezeichnet man systematische und strukturierte Techniken, die das kreative Potential einer Gruppe oder einer einzelnen Person fördern. Ziel der Anwendung der Kreativitätstechniken ist die Entwicklung einer möglichst großen Zahl von Ideen. Dadurch gerät die Qualität der Lösungen oft in den Hintergrund.“

(zitiert nach /25/)

Diese Feststellung von KNIEß deutet es an: Bei der Suche nach Lösungen zu Problemen geht es eigentlich nicht um eine große Zahl an Lösungen. Quantität kann nicht das Ziel sein und garantiert schließlich keinen Erfolg. Die Qualität der Lösungsideen ist entscheidend.

Dieses Manko haben die beiden Methoden TRIZ und Bionik nicht und sind im Sinne der obigen Definition keine Kreativitätstechniken, sondern vielmehr Problemlösungsmethoden. Beiden Methoden ist eigen, dass sie zu einem verallgemeinerten Problem bereits „vorgeprüfte“ Ideen zur Lösungsfindung zur Verfügung stellen.

Dabei wird ein Problem nach EHRLENSPIEL /12/ durch drei Komponenten gekennzeichnet: einen unerwünschten Anfangszustand, einen erwünschten, mehr oder weniger klaren End- bzw. Zielzustand und eine Barriere, die die Überführung vom Anfangs- in den Endzustand verhindert. Problemlösen befasst sich gemäß dieser Definition mit dem Auflösen oder Überwinden der Barriere.

Exkurs: Problemlösen

Der hohe Anspruch an den Menschen beim Problemlösen wird verdeutlicht, wenn die Bedeutung von „Problemlösen“ in der Psychologie betrachtet wird. Hier werden „Problemlösen“ und „produktives Denken“ auf eine Stufe gestellt und werden als höchste Stufe des Lernens betrachtet. „Problemlösen“ meint nicht das blinde Finden einer Lösung durch „trial-and-error“, sondern vielmehr das gedankliche Herstellen von neuen Zusammenhängen unter Einbeziehung sinnhaltigen Vorwissens.

(nach /33/)

Auf den Zufall vertrauende Problemlösungsmethoden wie „trial-and-error“ oder Brainstorming grenzen die Suche nach Lösungen nicht von vornherein ein. Dadurch soll uneingeschränktes, unbeschränktes Denken möglich sein. Trotzdem ist die Lösungssuche beschränkt: Die geistige Trägheit des Menschen (ALTSHULLER spricht vom Trägheitsvektor) gibt unbewusst die Denkrichtung vor, siehe Abbildung 1.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Lösungsentwicklung durch „trial-and-error“ und die Wirkung des Trägheitsvektors (nach /4/)

Systematisches Vorgehen bei der Problemformulierung und bei der Lösungsfindung hingegen hat den Vorteil, dass die Systematik eine grobe Lösungsidee ergibt und somit ein zielgerichteteres Arbeiten ermöglicht, siehe Abbildung 2.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Systematische Problemformulierung und Lösungsfindung mit beschränktem Suchwinkel (nach /4/)

WESTKÄMPER klassifiziert in /52/ Methoden zur Optimierung, Problemlösung und Ideenfindung in drei Kategorien: Intuitive Methoden (z.B. Brainstorming, Methode 635), Diskursive[1] Methoden (z.B. Morphologischer Kasten, Teile- und Funktionskataloge) und Recherchierende Methoden (z.B. Literatur- und Patentrecherche). TRIZ und Bionik beinhalten Elemente aller Kategorien.

Die Einordnung der Methoden in das Phasenmodell zur Planung technischer Produktinnovationen nach BRANDENBURG zeigt, dass TRIZ und Bionik als Lösungsmethoden für dieselben Aufgaben betrachtet werden, jeweils für Ideenfindung (3) und Ideendetaillierung (5). (siehe Abbildung 3)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: W-Modell nach BRANDENBURG
1…Zielbildung, 2…Zukunftsanalyse, 3…Ideenfindung, 4…Ideenbewertung, 5…Ideendetaillierung, 6…Konzeptbewertung, 7…Umsetzungsplanung
(in Anlehnung an /13/)

TRIZ ist das russische Akronym für „Theorie zur erfinderischen Problemlösung“[2]. Die Methode geht zurück auf Genrich Altshuller, der diese in der ehemaligen Sowjetunion ab 1946 entwickelt hat. Grundlage von TRIZ ist die Analyse von zahlreichen Patenten und der daraus gewonnenen Gesetzmäßigkeiten.

„The evolution of all technical systems is governed by objective laws.“

(ALTSHULLER zitiert nach /74/)

Um bei der erfinderischen Problemlösung (siehe Abbildung 4) von den vielen Gesetzmäßigkeiten (auch aus anderen Fachgebieten) zu profitieren, wird das Problem allgemein und abstrakt beschrieben, die ideale Lösung zu dem gefundenen Widerspruch formuliert und nach analogen Lösungen gesucht, welche dann wieder konkretisiert werden. Häufig führt jedoch bereits die systematische Problemanalyse zu Lösungsideen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Übersicht über den TRIZ Problemlösungsprozess (nach /13/)

Bionik ist ein Kunstwort, welches sich aus den Wörtern „Biologie“ und „Technik“ zusammensetzt.

Bionik = Bio logie + Tech nik

Dabei liefert die Biologie Erkenntnisse über biologische Systeme und die Technik setzt diese in praktischen Nutzen um. Mag der Begriff Bionik noch jung sein, so ist bionische Vorgehensweise, das Lernen von der Natur, so alt wie der Mensch selbst.

Die Natur bietet eine riesige Menge an optimierten Lösungsvorschlägen: Im Laufe von Millionen von Jahren hat die Evolution ca. 1,5 Mio. Tier- und 0,5 Mio. Pflanzenarten hervorgebracht. (nach /13/)

Dieses Reservoir an Gestaltungsvorschlägen und Lösungsideen zu nutzen ist der Kerngedanke der Bionik – nicht durch bloßes Kopieren, sondern durch erfinderische Übertragung auf das technische Problem.

2.3. Zielsetzung

Zielsetzung der vorliegenden Arbeit ist eine Potentialanalyse bezüglich der Methodenkopplung der beiden Methoden TRIZ und Bionik.

Diese Betrachtung setzt eine Darstellung der Methoden und eine Analyse des Standes der Technik der beiden Methoden voraus. Im nachfolgenden Kapitel 3 werden diese Betrachtungen angestellt und jeweils mit einer Bewertung der Methode abgeschlossen. Ausgehend von diesem Wissensstand werden im Kapitel 4 die Methoden einander gegenübergestellt und mögliche Kopplungen untersucht. Die Methodenkopplung soll an Hand von Beispielen verdeutlicht werden. Zum Abschluss wird der Nutzen und das Potential möglicher Methodenkopplungen bewertet und ein Ausblick auf weiteres Vorgehen gegeben.

3. Stand der Technik

3.1. TRIZ – Stand der Technik

In diesem Teilkapitel soll ein Überblick über die Entstehung von TRIZ, sowie die zu Grunde liegende Philosophie und charakteristische Werkzeuge der Methode gegeben werden.

3.1.1. Altshuller und die Entstehung von TRIZ

„Technical evolution has its own characteristics and laws. This is why different inventors in different countries, working on the same technical problems independently, come up with the same answer. This means that certain regularities exist. If we can find these regularities, then we can use them to solve technical problems – by rule, with formulae, without wasting time on sorting out variants.” /2/

Die Theorie zum erfinderischen Problemlösen geht auf Genrich S. Altshuller zurück, siehe Abbildung 5.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: G. Altshuller, Erfinder von TRIZ, (aus /76/)

Ein kurzer Lebenslauf von ALTSHULLER (nach /75/ und /72/) soll einen Eindruck von der Entstehungsgeschichte vermitteln:

1926: Geburt von G. Altshuller

1940: Erstes Patent (Unterwasseratemgerät) mit 14 Jahren, Schüler der 9. Klasse. Schon zuvor entwickelt er Interesse fürs Erfinden als er sieht, wie ein schwerer Transformator dank einer guten Idee ohne Kran bewegt wird, und ist um eine Erfahrung reicher: „Something could be invented, and that something could be very simple and surprisingly wonderful.“ /2/

1946: Altshullers nächste Erfindung wird vom Militär als geheim zu haltend eingestuft und ihm wird ein Posten als Patentoffizier der russischen Marine angeboten.

Befragt zu seiner Zeit als Patentoffizier sagt Altshuller: „The point is not only that I had to invent, I had to help those who wanted to invent as well.” Altshuller wollte den Gedanken nicht akzeptieren, dass Erfindungen rein zufällig, aus einer Stimmung oder einem Gefühl heraus entstehen. Wenn es keine Methode zum Erfinden gäbe, so müsse sie geschaffen werden. Gemeinsam mit seinem ehemaligen Klassenkameraden Rafael Shapiro entdeckt er, dass Erfinden eigentlich das Beseitigen von technischen Widersprüchen bedeutet.

1948 schreiben Altshuller und Shapiro gemeinsam einen Brief an Stalin, in dem sie den chaotischen und ignoranten Umgang mit Innovationen und dem Erfindungsprozess in der UdSSR bemängeln. Sie bieten ihre Methode zum Erfinden an und verleihen der Hoffnung Ausdruck, dadurch die technische Welt zu revolutionieren und die Sowjetunion voranzubringen.

1949: Altshuller wird zu 25 Jahren Haft verurteilt, ist zuerst in einem Gefängnis (wo er zu seiner persönlichen Problemlösung bereits Methoden anwendet, die später Teil von TRIZ werden sollen), später in Straflagern in Sibirien. In einem Gulag, in dem die ehemalige Intelligenzija untergebracht ist (Wissenschaftler, Architekten, Juristen) gründet er seine „Ein-Student-Universität“. Die alten Männer unterrichten ihn mit großer Freude in ihren Fachgebieten. So bekommt Altshuller seine „universitäre“ Bildung. Parallel entwickelt er seine Theorien weiter.

1954: Freilassung nach Stalins Tod

1956: Erste Veröffentlichung zusammen mit Shapiro, „Psychologie der erfinderischen Kreativität“

1961: Veröffentlichung zu TRIZ: „Wie man erfinden lernt“

1968/69: Das 1. Seminar zu TRIZ findet statt, nachdem sich Altshuller seit seiner Freilassung um die Anerkennung seiner Methode bei der höchsten sowjetischen Patentorganisation bemüht hat. Altshuller veröffentlicht eine Beschreibung des „Algorithmus[3] des Erfindens“.

1974-1986: TRIZ wird wieder verboten und Altshuller hat Publikationsverbot. Um seinen Lebensunterhalt zu sichern, schreibt er unter dem Pseudonym Henry Altov Science Fiction Romane und auch Bücher über TRIZ. Im Untergrund wird TRIZ weiterentwickelt.

1986: Im Zuge der Perestroika und Glasnost wird die Anwendung von TRIZ wieder erlaubt.

1989: Gründung der Russian TRIZ Association, deren Präsident Altshuller wird.

1998: Tod von Altshuller

3.1.2. Innovationsniveaus, Idealität und Widersprüche

TRIZ basiert auf einer eigenen Philosophie. Drei Grundgedanken werden im Folgenden dargestellt: Innovationsniveaus, Idealität und Widersprüche. (nach /13/ und /74/)

Bei der Analyse zahlreicher Patente bemerkte ALTSHULLER, dass es Patente verschiedener Niveaus gibt, bzw. genauer, dass der Innovationswert der Patente stark divergiert. ALTSHULLER schlug fünf Niveauklassen von Erfindungen vor:

Klasse 1: Einfache Verbesserungen eines technischen Systems, leicht von jedem Fachmann durchzuführen. Diese Klasse behandelt kein wirkliches Problem und beinhaltet keine Innovation

Klasse 2: Eine Erfindung, die das Lösen eines Widerspruchs mit Hilfe von umfassendem Fachgebietswissen verlangt.

Klasse 3: Eine Erfindung, die das Lösen eines physikalischen Widerspruchs mit Hilfe von fachübergreifendem Wissen verlangt.

Klasse 4: Ein technisches Problem wird gelöst, indem eine alte durch eine neue bahnbrechende Technologie ersetzt wird. Dies verlangt das Wissen verschiedener Wissenschaftsfelder.

Klasse 5: Eine Naturwissenschaftliche Entdeckung, welche die Technologieentwicklung voranbringt und auf ein neues Niveau hebt.

Der Großteil aller Erfindungen (77%) ist nach ALTSHULLER den Klassen 1 und 2 zuzuordnen, siehe Abbildung 6.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Niveauklassen von Erfindungen nach ALTSHULLER
(nach /78 /)

TRIZ soll insbesondere das Innovationsniveau von Erfindungen der Klassen 3 und 4 anheben und soll Erfinder beim Lösungsprozess unterstützen.

Ein weiterer Grundgedanke von TRIZ ist das Gesetz der Idealität. Es besagt, dass im Lebenslauf eines technischen Systems dieses immer idealer wird: zuverlässiger, leichter, stabiler, kostengünstiger, energiesparender, etc. Idealität ist also gleichzusetzen mit optimaler Ressourcenausnutzung. Eine Erfindung kann nach dem Grad ihrer Idealität bewertet werden. Wird Idealität erreicht, so spricht ALTSHULLER von der „idealen Maschine“ (in neueren Veröffentlichungen auch vom Idealen Endresultat IER):

„The technical object is ideal if it does not exist, but its function is performed. The ideal object is perfect: it costs nothing, is unbreakable, it causes no side effects, it wants no maintenance, etc. “

(ALTSHULLER zitiert nach /72/)

Um die Idealität eines technischen Systems greifbarer zu machen und quantitativ zu bestimmen, kann nachfolgende Gleichung eine Hilfe bieten:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Als Werkzeug auf dem Weg hin zu mehr Idealität hat ALTSHULLER das „Ideale Endresultat“ genutzt. Dieses soll Zielorientierung gegeben und helfen Denkbarrieren zu überwinden. (siehe auch Abbildung 2)

Um zu einem Ergebnis hoher Idealität zu kommen, hat ALTSHULLER verschiedene Wege beschrieben:

- Höhere Anzahl von Funktionen
- Vereinigen von Funktionen auf ein Element
- Funktionen auf die Umgebung übertragen
- Nutzen von inneren und äußeren Ressourcen

Hindernis auf dem Weg zur idealen Lösung sind Widersprüche. Wie bereits oben beschrieben zeichnet ein auf Anhieb nicht lösbarer Zielkonflikt ein anspruchsvolles Problem aus. Zielkonflikt meint, dass mindestens zwei Parameter optimiert werden sollen, die Verbesserung beider jedoch nicht möglich ist oder, dass die Verbesserung des einen eine nicht hinnehmbare Verschlechterung des anderen mit sich bringt. Dabei unterscheidet ALTSHULLER /3/ drei Arten bzw. Ebenen von Widersprüchen:

- Administrative
- Technische
- Physikalische

(nach ZOBEL /47/ technisch-ökonomische, technisch-technologische und technisch-naturgesetzmäßige Widersprüche)

Bei einem administrativen Widerspruch (AC) ist bekannt, dass zur Lösung etwas getan werden muss. Der Weg und die Lösungsrichtung sind jedoch unbekannt. Im Gegensatz zu den anderen Widersprüchen muss der AC nicht entdeckt werden, er ist offensichtlich.

Der technische Widerspruch (TC) betrifft die Unvereinbarkeit der Optimierung von zwei Parametern.

Soll z.B. die Geschwindigkeit eines Flugzeuges erhöht werden, so kann ein neuer, leistungsstärkerer Motor eingebaut werden. Ist der neue Motor dann jedoch schwerer, so reicht die Fläche der Flügel nicht mehr aus, um das Flugzeug beim Start zu tragen. Eine Vergrößerung der Flügelflächen würde wiederum den Widerstand erhöhen und die Geschwindigkeit des Flugzeuges bremsen.

Jedem TC liegt ein physikalischer Widerspruch (PC) zu Grunde, gekennzeichnet durch zwei widersprüchliche Eigenschaften, die vom selben Körper verlangt werden. Dieser Widerspruch scheint unlösbar zu sein.

Sei der technische Widerspruch z.B. wie folgt formuliert: Erhitzen von Bauteil A verbessert A, zerstört dabei aber B, so lautet der physikalische Widerspruch: A muss gleichzeitig heiß und kalt sein. (nach /13/)

Oder sei der technische Widerspruch wie folgt formuliert: Ein Flugzeug soll Räder zum Starten und Landen haben, aber ein Flugzeug soll keine Räder haben, weil dies den Luftwiderstand während des Fluges erhöht, so lautet der physikalische Widerspruch: Das Flugzeug muss Räder und darf keine Räder haben.

Zur Lösung des physikalischen Widerspruchs formulierte ALTSHULLER Separationsprinzipien (nach /13/ und /34/):

- Separation im Raum (örtliche Trennung von Komponenten)
- Separation in der Zeit (ein Vorgang wird in mehrere Teilvorgänge unterteilt und Funktionen nur temporär zur Verfügung gestellt)
- Separation innerhalb eines Objekts und seinen Teilen (durch Funktionsübertragung auf Subsysteme)
- Separation durch Bedingungswechsel (von Struktur oder Zustand)

Für das obige Flugzeugbeispiel kann folgende Lösung durch Separation in der Zeit gefunden werden: Während des Start- und Landevorgangs sind die Räder ausgefahren, während des Fluges sind sie eingefahren.

Zur Lösung des technischen Widerspruchs schuf ALTSHULLER eine Widerspruchsmatrix, diese wird in dem übernächsten Kapitel „Wichtige Werkzeuge und Ansätze“ näher erklärt.

Auch wenn bei ALTSHULLER nur technische Systeme analysiert werden, so gibt es auch in anderen Fachbereichen Widersprüche.

Exkurs: Zielbeziehungen

Auch in der Betriebswirtschaftslehre sind Zielkonflikte bekannt. In der Methodik werden vier Gruppen von Beziehungen unterschieden ( Abbildung 7 ):

- Indifferente Ziele (Ziele die in keinem Zusammenhang stehen, z.B. Verbesserung des Kantinenessens, Umsatzsteigerung des Auslandsgeschäfts)
- Komplementäre Ziele (Ziele die miteinander vereinbar sind bzw. gemeinsam realisiert werden müssen, z.B. Kostensenkung und Gewinnerhöhung)
- Konfliktär-konkurrierende Ziele (Bei besseren Zielerreichung des einen, wird die Zielerreichung des anderen verschlechtert, z.B. Kosteneinsparung im Marketing, Erhöhung des Bekanntheitsgrades durch Werbung)
- Zielantimonie (Miteinander unvereinbare Ziele, z.B. Innovationsführerschaft, Auflösung der Entwicklungsabteilung)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Gruppen von Zielen
(Ordinate: zunehmende Erfüllung von Ziel 1,
Abszisse: zunehmende Erfüllung von Ziel 2)

Bei den letztgenannten Zielgruppen scheinen sich die Ziele auf den ersten Blick zu widersprechen. Wie auch in der Technik besteht die Herausforderung darin, den Widerspruch (durch die Anwendung der richtigen Strategie) aufzulösen.

(nach /51/)

3.1.3. Das TRIZ-Gebäude

Die vier Säulen: Systematik, Analogie, Wissen und Vision

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

TRIZ ist eine lose Sammlung von Werkzeugen und Ansätzen. Diese können beliebig ausgewählt und in beliebiger Reihenfolge angewendet werden. Häufig werden die Werkzeuge zur besseren Übersicht vier Gruppen zugeordnet, den vier Säulen Systematik, Analogie, Wissen und Vision. (In manchen Publikationen wird auf die Säule Vision verzichtet, so z.B. /13/).

Nachfolgend wird eine Klassifikation in Anlehnung an /78/ vorgenommen und zugehörige Werkzeuge aufzählt:

- Systematik:
Problemformulierung, Idealität, Ressourcen, Innovations-Checkliste, antizipierende Fehlererkennung, Zwergenmodell, MZK-Operator
- Analogie:
Separationsprinzipien, Widersprüche, 40 Lösungsprinzipien, Standardlösungen
- Wissen:
Effekte, Datenbanken, Internet- und Patentrecherche
- Vision:
Gesetze der technischen Evolution, S-Kurve

Während die systematischen Werkzeuge hauptsächlich zum Problemverständnis und zur Problemformulierung beitragen, dienen Analogie und Wissen der Lösungsfindung. Die Analogiewerkzeuge gehen auf ALTSHULLERs Recherche von mehr als 200.000 Patenten zurück, die Wissenswerkzeuge wollen den Wissenspool des Problemlösers erweitern, insbesondere um fachfremdes Wissen. Die visionären Werkzeuge dienen einer Überprüfung der Lösung, ob diese mit gewöhnlichen Produkt-Lebenszyklen vereinbar ist.

3.1.4. Wichtige Werkzeuge und Ansätze

In den nachfolgenden Unterkapiteln werden Werkzeuge und Ansätze aus der Sammlung der TRIZ-Methode beschrieben, welche charakteristisch für TRIZ und interessant für eine Methodenkopplung mit der Bionik sind.

(nach /3/, /2/, /47/)

3.1.4.1. Problemformulierung und Stoff-Feld-Analyse

„Wenn du eine weise Antwort verlangst, musst du vernünftig fragen“ wusste schon Johann Wolfgang v. Goethe. Oder: „Die genaue Formulierung eines Problems ist wesentlich schwieriger als dessen Lösung, welche dann nur noch eine Frage des abstrakten Denkens und experimenteller Kenntnisse ist“, wie Albert Einstein es fasste. Dies hat auch ALTSHULLER erkannt und der Problemformulierung einen hohen Stellenwert eingeräumt. Problemformulierung beinhaltet bei ihm sowohl Konkretisierung als auch Abstraktion.

Eine Konkretisierung erfolgt durch eine Wirkstrukturanalyse, allgemein bekannt als Ursache-Wirkungs-Diagramm. Dabei wird das Gesamtproblem in Teilprobleme zerlegt, „nützliche Funktionen“ und „schädliche Funktionen“ werden explizit extrahiert, Verknüpfungen analysiert. Aus dieser Darstellung lassen sich Zusammenhänge und Widersprüche erkennen.

Die Stoff-Feld-Analyse (kurz: S-Feld-Analyse) dient der Abstraktion eines Problems. Die Einordnung der S-Feld-Analyse innerhalb der Vorgehensweise kann nachfolgender Abbildung 8 entnommen werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: Abstrahieren im TRIZ Problemlösungsprozess (nach (13/)

Grundgedanke der S-Feld-Analyse ist dabei, dass jedes technische System durch die Komponenten Stoff (Objekt, Element), Feld (Energie) und Interaktion (Effekt, Aktion, Verbindung) beschrieben werden kann (nach /3/). Ein Feld F übt eine Wirkung auf einen Stoff S2 aus, welcher eine Veränderung von Stoff S1 bewirkt.

(siehe Abbildung 9)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9: Grundmodell/Minimalsystem des S-Felds (nach /1/)

ZOBEL /47/ bezeichnet dieses Grundmodell als „technisches Dreieck“ und liefert ein einfaches Beispiel:

Das Feld F sind Sonnenstrahlen die durch Stoff S2, ein Brennglas, gebündelt werden und dadurch einen Stoff S1, ein Stück Papier, erhitzen und zum brennen bringen.

Mit dem S-Feld können jedoch auch wesentlich komplexere technische Systeme analysiert werden. Sobald das Modell vollständig ist können mit Hilfe von Elementarregeln und Standardlösungen (wie im nächsten Abschnitt beschrieben) Lösungsansätze formuliert werden.

3.1.4.2. Standardlösungen und Effektensammlung

ALTSHULLER fand 76 Standardlösungen (oder kurz Standards), welche am Modell der S-Feld-Analyse ansetzen. Den Zweck der Standards fasste ALTSHULLER (1988) wie folgt zusammen:

„The sense of the standards is to overcome a contradiction, to match incompatible, to realize impossible.”

Die Standards klassifizierte er in fünf Gruppen, sodass ausgehend vom S-Feld-Modell einfacher auf die Lösungsvorschläge zugegriffen werden kann:

Standards für…

… die Komposition und Dekomposition des S-Felds

… die Entwicklung des S-Felds

… den Übergang auf ein Supersystem oder eine Unterebene

… die Feststellung und Messung

… die Anwendung von Standards.

„Standards are rules of synthesis and transformation of technical systems directly resulting from laws for development of these systems.”

Als Beispiele für diese Regeln können genannt werden: “Füge eine neue Substanz ein”, “Nutze magnetische Flüssigkeiten” oder “Nutze Resonanz”.

Eine Aufzählung von Standards findet sich in Anlage 1.

Effektensammlungen dienen der Ermittlung von Lösungsmöglichkeiten für Teilfunktionen. Dazu wird zuerst die Funktion als Black Box dargestellt, mit ihren Stoff-, Energie- und Informationsflüssen, dann in Teilfunktionen untergliedert. (siehe Abbildung 10)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 10: Black Box (in Anlehnung an /13/)
Energie, z.B. Kraft, Strom, Licht
Stoff, z.B. Gas, Flüssigkeit, Feststoff
Information, z.B. Signal, Daten

Die Teilfunktionen werden bis auf die Elementarfunktionen herunter gebrochen. An Hand von Tabellen und Katalogen können für Stoff-, Energie- und Informationsoperationen entsprechende Effekte zur Lösung gefunden werden. Hintergedanke dieser systematischen Vorgehensweise ist die vorurteilsfreie Lösungssuche und das Vermeiden der psychologischen Trägheit (vgl. Abbildung 1 und Abbildung 2). Nach ZOBEL /47/ gibt es zahlreiche Kataloge, insbesondere von physikalischen und physikalisch-chemischen Effekten. Wurden diese Sammlungen in den 70er und 80er Jahren in Büchern gedruckt, so setzten sich im Lauf der 90er Jahre Programme mit Softwarekatalogen wie „TechOptimizer“ durch.

Eine Aufzählung von Effekten findet sich in Anlage 2.

3.1.4.3. Innovations-Checkliste

Die Innovations-Checkliste soll in systematischer Weise das Problem strukturieren und die Ausgangssituation beschreiben. Dabei werden Ressourcen, Probleme, Einschränkungen und Lösungsmöglichkeiten dokumentiert.

Die Checkliste behandelt nach /13/ und /78/ die nachfolgenden Aspekte:

- Informationen über das zu verbessernde System und dessen Umfeld

(Beschreibung nützlicher und schädlicher Funktionen des Systems, der Systemstruktur im Ist- und Soll-Zustand, Beschreibung der Arbeitsweise des Systems)

- Auflistung der verfügbaren Ressourcen und Beurteilung von deren Potential

(Gliederung in stoffliche, feldförmige, funktionale, zeitliche, räumliche und informative Ressourcen. Die Fragestellung kann z.B. lauten „Welche Ressourcen kann ich nutzen?“ oder konkreter: „Kann ich die Abwärme Nutzen bringend einsetzen?“)

- Informationen zur Problemsituation

(Hier findet die Kernproblembeschreibung statt: Wie wirkt der nachteilige Mechanismus? Welche Verbesserung soll erreicht werden? Wie wurde bisher mit dem Problem umgegangen?)

- Veränderung des Systems

(Betrachtung, welche Änderungen des Systems durchgeführt werden sollen und ob diese zulässig sind.)

- Auswahlkriterien für Lösungskonzepte

(Technische und ökonomische Auswahl- und Bewertungskriterien werden formuliert, ein Zeitplan für die Umsetzung wird erstellt und die Neuartigkeit wird dokumentiert.)

- Historie der Lösungsversuche

(Bereits gemachte Versuche zur Problemlösung werden dokumentiert und Problemlösungen von ähnlichen Problemen werden gesucht (Analogien).)

Nach /78/ gibt es TRIZ-Praktiker, welche der Meinung sind, „die Innovations-Checkliste stelle genügend Führung und Praxis bereit, um Probleme jeglicher Art lösen zu können“.

Dies erscheint mir etwas zu hoch gegriffen. Aber auch mir kommt die Checkliste wie eine Art Miniatur-TRIZ vor, welche durchaus für die Lösung von Problemen der Innovationsniveaus 1, 2 und 3 genügen kann (siehe Kapitel 3.1.2): Sie beinhaltet die Kernelemente systematischer Problemformulierung, der Funktions- und Ressourcenbetrachtung und Analogiesuche auf dem Niveau des technischen Systems.

3.1.4.4. Antizipierende Fehlererkennung

In Stichpunkten soll hier die übliche Vorgehensweise zur Antizipierenden Fehlererkennung, einem neueren Element von TRIZ, dargestellt werden. Grundgedanke dabei ist die Suche nach Fehlerursachen (systemintern, Umgebung, Natur) und deren Vermeidung.

1. Das Problem eines technischen Systems mit seinen Bedingungen und Gründen wird beschrieben.
2. Das ursprüngliche Problem wird invertiert und die primär schädliche Funktion wird als primär nützliche Funktion betrachtet, d.h. das Problem wird als Anforderung formuliert.
3. Der Problem verursachende Effekt wird verstärkt und übertrieben.
4. Mit Hilfe von Alltagsanalogien wird versucht, das invertierte Problem möglichst einfach zu lösen, wenn möglich auch das verstärkte Problem.
5. Alle im System und in der Umgebung zur Verfügung stehenden Ressourcen werden identifiziert und deren Nutzungsmöglichkeit bewertet.
6. Physikalische, chemische, geometrische, etc. Effekte werden benutzt, um den negativen Effekt zu verstärken.
7. Der gefundene Effekt wird versucht zu realisieren, Lösungen werden formuliert.
8. Auf der Grundlage der gefundenen Lösung werden Hypothesen formuliert und getestet.
9. Das Problem wird rückinvertiert und Ansätze zur Fehlervermeidung werden entwickelt.

3.1.4.5. Widerspruchsmatrix und Innovationsprinzipien

Wie bereits in Abschnitt 3.1.2 erwähnt, zeichnet sich ein wirkliches Problem durch einen Zielkonflikt bzw. Widerspruch aus. Zur Beschreibung des Konflikts hat ALTSHULLER 39 technische Parameter eingeführt. Dazu gehören z.B. Gewicht, Energieverbrauch und Produktivität. Eine komplette Aufzählung findet man in Anlage 3. Aus zahlreichen von ihm analysierten Patenten hat ALTSHULLER 40 allgemeine Innovationsprinzipien extrahiert. Dazu gehören z.B. „Zerlegen“, „Abtrennen“, „Umkehren“ und „Verwenden von Magneten“.

Um nun das Auffinden von Lösungsansätzen zu speziellen Widersprüchen zu vereinfachen, hat ALTSHULLER Parameter und Prinzipien in einer Matrix zusammengefasst, siehe Abbildung 11. In der Widerspruchsmatrix, auch ALTSHULLER-Matrix genannt, stehen links die zu verbessernden Merkmale und oben die Parameter, die sich dabei verschlechtern. Im zugehörigen Matrixfeld finden sich die aus Patenten extrahierten Innovationsprinzipien. Die Reihenfolge der Prinzipien entspricht der Häufigkeit, mit der das Prinzip in Patenten realisiert wurde. Es gibt jedoch auch Felder, die leer sind: Zu diesen Widersprüchen wurde noch kein Innovationsprinzip gefunden. Eine vollständige Widerspruchsmatrix ist in Anlage 4 abgebildet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 11: Auszug aus der Widerspruchsmatrix (aus /55/)

Die Innovationsprinzipien sind des besseren Verständnisses wegen mit Beispielen hinterlegt. ZOBEL /47/ betont die Bedeutung von Beispielen als Hilfe für die Übertragung auf das konkrete Problem. An ALTSHULLERs ursprünglichen Beispielen bemängelt er, dass diese zu alt, die neueren jedoch zu knapp ausgeführt wären und erstellt einen eigenen Beispielkatalog.

Um einen Einblick zu vermitteln soll nachfolgend ein Beispiel ALTSHULLERs nach /3/ wiedergegeben werden:

Innovationsprinzip 1 „Segmentierung“:

a) Zerlege ein Objekt in unabhängige Teile
b) Führe das Objekt zerlegbar aus
c) Erhöhe den Grad an Unterteilung

Beispiel: Ein Container-Frachtschiff besteht aus mehreren identischen Sektionen. Je nach Bedarf kann die Länge und Transportkapazität des Frachters variiert werden.

Zu betonen ist, dass die Prinzipien sehr universellen Charakter haben und nur durch die Beispiele konkretisiert werden. Somit ist für die Übertragung des meist aus anderen Fachgebieten stammenden Innovationsprinzips auf das vorliegende konkrete Problem noch eine hohe schöpferisch-erfinderische Leistung notwendig.

Eine Aufzählung der Innovationsprinzipien findet man in Anlage 5.

3.1.4.6. Gesetze der technischen Evolution

Bei der Problemlösung ist darauf zu achten, dass die Lösungsidee zeitgemäß und zukunftsfähig ist. Es ist allgemein bekannt, dass sich technische Systeme während ihres Lebenszyklus weiterentwickeln. Diese funktionale Weiterentwicklung kann durch verschiedene Parameter wie Effektivität, Leistung, Geschwindigkeit oder Gewicht gekennzeichnet werden. Wird die Entwicklung eines Hauptparameters (HP), welcher charakteristisch für das technische Niveau ist, über die Zeit dargestellt, so ergeben sich die bekannten S-Kurven. So kann z.B. der Hauptparameter „Lichtausbeute von Lampen“ dargestellt werden, siehe Abbildung 12.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 12: Lebenszyklus S-Kurve

Wird eine Technologie durch eine neue Technologie abgelöst, z.B. Glühbirnen durch Leuchtstofflampen, so ergibt sich eine Doppel-S-Kurve, siehe Abbildung 13.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 13: Doppel-S-Kurve, Technologieübergang

Die Kurve einer Technologiefamilie (z.B. Transport) kann durch die S-Kurven der Untertechnologien (z.B. Kutsche, Bahn, Auto, Flugzeug) dargestellt werden (siehe Abbildung 14)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 14: Entwicklung der Transportgeschwindigkeit (aus /34/)

Jede Entwicklung hat eine charakteristische Form mit verschiedenen Abschnitten (ALTSHULLER spricht in /3/ von „Kindheit“, „Erwachsen werden“, „Reife“ und „Alter“). Kann bei der Problemlösung die Weiterentwicklung des Systems antizipiert werden, so kann beurteilt werden, welche Lösung „dran ist“, welche Lösung Erfolg verspricht.

Die Entwicklung entsprechend der Lebenszykluskurve ist nur eines von verschiedenen Evolutionsprinzipien. ALTSHULLER nennt jedoch noch weitere Gesetzmäßigkeiten, welche Erfinder kennen sollten. (nach /3/, /34/ und /47/)

Diese Gesetzmäßigkeiten teilt ALTSHULLER drei Gruppen zu:

- Statische Gesetzmäßigkeiten (1,2)
- Kinematische Gesetzmäßigkeiten (3,4,5)
- Dynamische Gesetzmäßigkeiten (6,7)

Die Gesetze zur Evolution von technischen Systemen sollen im nachfolgenden vorgestellt werden.

1.) Gesetz der Vollständigkeit und Vervollständigung der Teile eines Systems

Ein System ist nur dann funktionsfähig, wenn alle seine Komponenten vorhanden und minimal funktionsfähig sind.

2.) Gesetz der energetischen Leitfähigkeit eines Systems

Ein technisches System transportiert und wandelt Energie, was mit verschiedenen Methoden geschehen kann. Der Energiefluss ist „lebensnotwendig“. Um das System kontrollieren zu können ist das Leiten von Information notwendig.

3.) Gesetz der ungleichmäßigen Entwicklung der Teile eines Systems

Die Entwicklung der Systemteile geschieht auf verschiedene Weisen und je komplexer ein System ist, desto mehr unterscheidet sich die Entwicklung der Teile. Aus dieser Verschiedenheit heraus resultieren technische und physikalische Widersprüche. (Bsp.: Die Geschwindigkeit von Supertankern nahm beträchtlich zu, nicht jedoch deren Bremsfähigkeit.)

4.) Gesetz des Übergangs in ein Obersystem

Sind die Entwicklungsmöglichkeiten eines Systems erschöpft, so wird es als Subsystem in ein Obersystem aufgenommen. (Bsp.: „Fahrrad“ als Teilsystem eines Mopeds)

5.) Gesetz des Übergangs von der Makro- auf die Mikroebene

Die Entwicklung eines technischen Systems erfolgt zuerst auf der Makroebene und geht dann auf die Mikroebene über. (Bsp.: früher: Entwicklung von verschiedensten Flugzeugkonzepten, heute: Optimierung von Turbinen, Flügelformen, etc.)

6.) Gesetz von der Abstimmung der Rhythmik aller Teile eines Systems

Schwingungen, periodische Funktionen, Interaktionen, etc. der Teile eines Systems müssen aufeinander abgestimmt sein. (Bsp. Vermeiden des „Aufschaukelns“ von Schwingungen)

7.) Gesetz der Erhöhung des Anteils von Stoff-Feld-Systemen

Stoff-Feld-Systeme sind besser zu steuern und erlauben einen höheren Grad an Organisation. (siehe auch 3.1.4.1)

Gesetz der allmählichen Annäherung an den Idealzustand

Ein technisches System nähert sich immer weiter dem Idealzustand an (zum Begriff der Idealität siehe auch 3.1.2). In diesem Endpunkt wäre das System nicht mehr vorhanden und die Funktion würde von selbst erfüllt. Dieser Zustand wird natürlich nie erreicht.

Anwendung findet dieses Gesetz insbesondere bei der Beurteilung von neuen Lösungen: Wurde die Idealität des Systems erhöht?

Dieses letzte Gesetz kann als das Hauptgesetz von TRIZ und als allgemeines Erfindungsziel betrachtet werden.

In neueren Publikationen zu TRIZ werden die von ALTSHULLER beschriebenen Evolutionsgesetze um weitere ergänzt.

3.1.5. ARIZ

Die Arbeit an ARIZ, dem Algorithmus[4] zum erfinderischen Problemlösen, begann ALTSHULLER bereits 1946. Doch die ersten Ideen von damals haben mit den umfangreichen Abläufen von heute nur das Grundgerüst gemein. Der erste Algorithmus wurde 1956 formuliert. Davon ausgehend wurden neuere Algorithmen weiterformuliert, so z.B. der ARIZ-77, siehe Anlage 6. Dieser besteht aus sieben Stadien:

1. Bestimmung der Aufgabe
2. Aufbau des Modells der Aufgabe
3. Analyse des Modells der Aufgabe
4. Überwindung des physikalischen Widerspruchs
5. Einschätzung der erarbeiteten Lösung
6. Umsetzung der gewonnenen Lösung
7. Analyse des Lösungsverlaufs

ARIZ will gewährleisten, dass die Problemlösung systematisch abläuft und die Werkzeuge in den Prozess integriert werden. Deshalb sind den jeweiligen Stadien die bereits beschrieben Werkzeuge zugeordnet.

Bis hin zur aktuellen Version ARIZ-95 hat sich die Anzahl an Schritten von ehemals vier deutlich vermehrt: ca. hundert Schritte werden vorgeschlagen.

Da die Lösung mit Hilfe von ARIZ aufwändig und kompliziert ist, hat ALTSHULLER bereits 1988 einen Trend erkannt:

„The main part of problems should be solved by standards while ARIZ should be mainly used for analysis of non-standard problems and to obtain the information helpful to form new standards.”

So ist es heutzutage üblich, ARIZ nur dann anzuwenden, wenn die einzeln ausgewählten Werkzeuge nicht zu einer Lösung führen. /78/ verweist auf Literaturangaben, wonach noch maximal 5% aller TRIZ-gelösten Probleme mit ARIZ gelöst werden.

3.1.6. Bewertung der TRIZ-Methode

Um TRIZ als Methode zu bewerten, sollen zunächst beispielhaft Firmen aufgezählt werden, die TRIZ benutzen. Nachfolgend wird die Methode an Hand der Kriterien „Reife der Methode“, „Leistung der Methode“ und „Anforderungen an Anwender /Anwenderfreundlichkeit“ betrachtet. Den Schluss bildet ein kurzes Fazit.

Beispiele

In Deutschland wird TRIZ z.B. verwendet von Shell, IBM, BMW, Trumpf, Siemens und Boehringer Ingelheim (/55/). In den USA wird TRIZ z.B. verwendet von Chrysler, Ford, GM, Xerox, Exxon, Procter & Gamble, HP und Motorolla (/56/).

Dabei wird deutlich, dass alle großen Firmen Projekte mit TRIZ bearbeiten (oder mit daraus entstandenen Methoden wie WOIS oder PI). Während TRIZ in der Sowjetunion seit den 80er Jahren, in den USA seit der Öffnung des Ostblocks gelehrt und genutzt wird, setzt sich die Methode inzwischen auch verstärkt in Europa durch.

Bewertung

- Reife der Methode

Umfang von Datenbanken

In Büchern und Software-Programmen stehen zahlreiche Effekte und Beispiele zur Verfügung. Waren diese anfänglich hauptsächlich aus dem Bereich des Maschinebaus, so finden sie sich inzwischen z.B. auch für den Bereich der Chemie (/46/).

Beschreibung von Werkzeugen

Es finden sich detaillierte Beschreibungen der zahlreichen Werkzeuge. Ergänzende Werkzeuge finden sich in Methoden, die aus TRIZ weiterentwickelt wurden (wie z.B. PI, WOIS).

[...]


[1] Schlussfolgernd, erörternd, im Ggs. zu intuitiv

[2] Die englische Übersetzung lautet „Theory of Inventive Problem Solving“ (TIPS)

[3] Algorithmus: (math.) Verfahren zur schematischen Lösung einer Aufgabe

[4] Algorithmus: (math.) Verfahren zur schematischen Lösung einer Aufgabe

Ende der Leseprobe aus 137 Seiten

Details

Titel
Die Potentialanalyse einer Methodenkopplung von TRIZ und Bionik
Hochschule
Universität Stuttgart
Note
1,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
137
Katalognummer
V39753
ISBN (eBook)
9783638384445
ISBN (Buch)
9783638706049
Dateigröße
4323 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Potentialanalyse, Methodenkopplung, TRIZ, Bionik, technische Problemlösung
Arbeit zitieren
Martin Fritz (Autor:in), 2005, Die Potentialanalyse einer Methodenkopplung von TRIZ und Bionik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/39753

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