Die NPD - aktiv kämpferisch gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung oder nur inhaltlich-ideologisch-aggressiv?


Hausarbeit, 2005

16 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Kann die NPD verboten werden oder reichen die Vorwürfe nicht aus?
2.1 Theoretisch-rechtliche Grundlagen
2.1.1 Artikel 21 II und seine Auslegung in der Vergangenheit (SRP, KPD)
2.1.2 Begriffsdefinitionen: Freiheitlich demokratische Grundordnung, Parteienverbot als Mittel der wehrhaften Demokratie, aktiv- kämpferisch, ideologisch aggressiv
2.1.3 Der Verfassungsschutz und die NPD
2.2 inhaltlich-ideologische Aggressivität gegen die fdGO durch die NPD
2.3 aktiv-kämpferischer Widerstand gegen die BRD

3. Fazit

4. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Seit der Gründung der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) 1964, gehören völkische Ideen, die Ideologie der Volksgemeinschaft, Antisemitismus, Rassismus, und die Verherrlichung der NS-Zeit zu den zentralen Eckpunkten des Parteiprogramms (vgl. Gössner 2001: 34). Deshalb kommt die Frage nach der Verfassungskonformität der Partei immer wieder auf. Im Jahr 2001, nachdem die demokratischen Parteien und die NPD 37 Jahre koexistiert hatten, wurde der Ruf nach einem Verbot laut (vgl. Meier 2002: 14). Für die drei antragsstellenden Organe Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat stand fest: „die NPD ist verfassungswidrig“ (NPD-Verbotsantrag der Bundesregierung 2001: 1) Nach einer Untersuchungszeit von zwei Jahren stellten die Bundesrichter das Verfahren jedoch aufgrund von Verfahrensmängeln ein. In den Unterlagen gegen die NPD wurden teilweise für den Verfassungsschutz tätige ‚V-Leute’ zitiert (vgl. Jesse 2003: 292) Mit der Niederlegung des Verfahrens ließen die Richter die Kernfrage unbeantwortet: Ist die NPD verfassungswidrig? Oder anders gefragt: Arbeitet die NPD aktiv-kämpferisch gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung oder ist sie lediglich inhaltlich-ideologisch- aggressiv?

Die Behandlung dieser Frage soll das Thema der vorliegenden Hausarbeit sein. Zu Beginn werde ich mich den theoretisch-rechtlichen Grundlagen widmen, die zum einen die Deutung und Erklärung des Artikels 21 II und seine Anwendung in der Vergangenheit umfassen, zum anderen die Schlüsselbegriffe freiheitlich demokratische Grundordnung, Parteienverbot als Mittel der wehrhaften Demokratie, aktiv-kämpferisch und inhaltlich-ideologisch-aggressiv definieren und erklären sollen. Außerdem werde ich die Problematik und Rolle des Verfassungsschutzes kurz aufgreifen. Der zweite Teil der Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, in welcher Form die NPD verbal gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung auftritt. Hierbei steht im Zentrum der Betrachtung, welches Verhältnis die Partei zu den Mindestanforderungen der freiheitlich demokratischen Grundordnung hat. Im letzten Abschnitt der Analyse befasse ich mich mit dem aktiv-kämpferischen Einsatz der NPD gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung. Ganz konkret werde ich eruieren, ob die vorliegenden Straf- und Gewalttaten für ein Verbot ausreichend sind.

2 Kann die NPD verboten werden oder reichen die Vorwürfe nicht aus?

Die Meinungen zur Evaluation der Gefährlichkeit der NPD sind sehr verschieden. Teils wird die Position vertreten, dass einer rechtsextremen Partei kein Spielraum gewährt werden dürfe, und aus diesem Grund eine restriktive Verbotspraxis von Nöten sei (vgl. Gabriel 2000). Besonders im Lager der Politiker ist diese Überzeugung weit verbreitet. So sagte Sigmar Gabriel: „...die NPD ist... verfassungswidrig, weil sie eine aggressiv- kämpferische Haltung hat, die sich...gegen das gesamte demokratische System [richtet; der Autor] (Gabriel 2000).

Andere zweifeln an der Gefährlichkeit (vgl. Meier 2002: 14) und Bedeutung der NPD (vgl. Meier 2002: 17). Diese Gruppe betont, dass die Beweise der Antragssteller überdies nicht ausreichend seien (vgl. Meier 2002: 17). Beide Grundpositionen dienen als Ausgangspunkt für die folgende Analyse.

2.1 Theoretisch-rechtliche Grundlagen

2.1.1 Artikel 21 II und seine Auslegung in der Vergangenheit (SRP, KPD)

Die rechtliche Grundlage für das Verbot einer Partei wurde im Grundgesetz mit Blick auf die Vergangenheit in der Weimarer Republik geschaffen (vgl. Groh 2000: 501). Sie ist manifestiert in Artikel 21, Absatz 2:

„Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitlich demokratische Grundordnung [fdGO, der Autor] zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland gefährden, sind verfassungswidrig. Über die Frage der Verfassungswidrigkeit entscheidet das Bundesverfassungsgericht.“ (Grundgesetz der BRD)

Dieser Artikel impliziert insbesondere zwei Dinge: Zum einen ergibt sich hieraus die hervorgehobene Stellung der Parteien, das so genannte ‚Parteienprivileg’, weil das Verbot nur durch das Bundesverfassungsgericht möglich ist. Zum anderen räumt es dem Staat das Recht ein, in die Parteienvielfalt einzugreifen, wenn die wichtigsten „Strukturprinzipien der Verfassung“ (Groh 2000: 502) abgelehnt werden (vgl. Henkel/Lembcke 2001: 15-16). Daraus ergeben sich für beide Seiten sowohl Rechte als auch Pflichten. Bei der Anwendung des Parteienverbotes mit den Urteilen zur Sozialistischen Reichspartei (SRP) und der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) in den Jahren 1952 und 1956 wurden wichtige Maßstäbe gesetzt. „Die SRP, eine Fortsetzung der NSDAP...wurde wegen programmatisch und personell nur allzu offensichtlicher Übereinstimmung mit dieser verboten“ (Groh 2000: 502). Während hierzu schnell ein gesellschaftlicher Konsens aufgrund der deutschen Vergangenheit gefunden wurde, führte das KPD-Verbot zu einer nachhaltigen Diskussion in der Öffentlichkeit (vgl. Groh 2000: 502). Denn in der Urteilsbegründung wurden zukunftsweisende Kriterien für ein Parteiverbot spezifiziert. Der wichtigste Satz der Urteilbegründung lautet:

„Eine Partei ist nicht schon dann verfassungswidrig, wenn sie die obersten Prinzipien einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung…nicht anerkennt; es muß vielmehr eine aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der bestehenden Ordnung hinzukommen.“ (Henkel/Lembcke 2001: 17).

Überdies müsse die zu verbietende Partei „planvoll das Funktionieren dieser Ordnung beeinträchtigen, im weiteren Verlauf diese Ordnung selbst beseitigen wollen“ (Henkel/Lembcke 2001: 17). Mit diesem Urteil legten die Richter den Grundstein für das heutige Verständnis des Artikels 21 II. Galt eine Partei in den 50er Jahren noch als verfassungswidrig, wenn sie in Ideologie und Gesinnung die fdGO ablehnte, so wurde mit der Betonung auf den aktiv-kämpferischen Einsatz gegen die Grundordnung als Vorraussetzung für ein Verbot eine neue Hürde geschaffen (vgl. Busch 2001: 24). Die im Grundgesetz noch als alternativ aufgeführten Begriffe von „Zielen“ oder dem „Verhalten“ wurden mit der KPD-Urteilbegründung de facto zu einer parallel notwendigen Vorraussetzung für ein Parteiverbot.

2.1.2 Begriffsdefinitionen: Freiheitlich demokratische Grundordnung, Parteienverbot als Mittel der wehrhaften Demokratie, aktiv-kämpferisch, inhaltlich-ideologisch-aggressiv

Die Definition der Begrifflichkeiten ist für die Beantwortung der Frage von zentraler Bedeutung. Bereits im vorangegangen Abschnitt wurde die Ablehnung der freiheitlich demokratischen Grundordnung erwähnt. Aber was versteht man darunter? Welches sind die Mindestanforderungen der fdGO? Zu nennen sind sechs Hauptpunkte im Kriterienkatalog: Die Achtung der Menschenrechte, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteiensystem und die Chancengleichheit aller Parteien auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition (vgl. Busch 2001: 20). Die Konformität der NPD mit diesen Prinzipien und eventuelle Ablehnungen werden im Gliederungspunkt 2.2.2 analysiert. Der zweite Begriff ist das Parteiverbot als Mittel der wehrhaften Demokratie. Primär dient das Parteiverbot der Gefahrenabwehr (vgl. Morlok 2002: 73). Als eine „Lehre aus Weimar“ (Henkel/Lembcke 2001: 15) wurde dieses Instrument dem Staat an die Hand gegeben. Damit stellt „das BverfG…der ‚suicidal lethargy’ der Weimarer Verfassung die ‚militant democracy’ des Grundgesetzes zur Verhinderung seiner Überwindung gegenüber (Groh 2000: 503). Die Anträge zur Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit können nach § 43 BVerfG - Gesetz nur von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat gestellt werden. „Eine dem Antragsgegner nachteilige Entscheidung [erfordert; der Autor] in jedem Fall einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Senats“ (BVerfG, 2 BvB 1/01 vom 18.3.2003, Absatz-Nr. 56) Das entspricht einem Verhältnis von sechs pro- gegenüber zwei contra Stimmen. Die Bundesrepublik ist also im Gegensatz zur Weimarer Republik in der Lage, sich gegen verfassungsfeindliche Parteien zu wehren. Im NPD-Kontext wurde das Motto ausgerufen: „Keine Freiheit den Feinden der Freiheit“ (Neumann 2002: 155) und meinten damit, dass sich eine Partei, die das Grundgesetz ablehne, nicht auf selbiges berufen könne (vgl. von Münch 2002: 53).

Ein weiterer Kernbegriff dieser Arbeit ist die Klassifizierung als ‚aktiv-kämpferische’ Partei. Dieser Ausdruck wurde 1956 von den Bundesverfassungsrichtern im Zusammenhang mit dem Verbot der KPD erstmalig verwendet und gilt seitdem als maßgebendes Kriterium für ein Parteiverbot. ‚Aktiv-kämpferisch’ meint, dass sich eine verfassungsfeindliche Einstellung auch in nachweisbaren Handlungen manifestiert (vgl. Henkel/Lembcke 2001: 17). Der politische Kurs einer aktiv-kämpferisch gegen die fdGO arbeitenden Partei muss grundsätzlich und dauernd tendenziell auf die Bekämpfung der Grundordnung gerichtet sein, und sich deshalb als planvolle Unterminierung des Systems erweisen (vgl. Groh 2000: 504). Eine weitere Definition liefert der Autor Horst Meier. Er verwendet die Begrifflichkeit ‚verhaltensbezogen’ für den aktiv-kämpferischen Einsatz gegen die fdGO. Ein verhaltensbezogenes Delikt erfordere, dass die Grundordnung durch handfeste, gewaltsame Aktionen bekämpft werde (vgl. Meier 2002: 15).

Im Gegensatz dazu steht bei Meier der Begriff ‚zielbezogen’. Meiers Begriffsbestimmung des zielbezogenen Vergehens als ein Propagandadelikt, definiert den in dieser Arbeit als inhaltlich-ideologisch-aggressiv bezeichneten Sachverhalt.

2.1.3 Der Verfassungsschutz und die NPD

Genau wie andere extremistische Organisationen und Vereine wird auch die NPD vom Verfassungsschutz überwacht. Um Erkenntnisse über das Innenleben der Partei zu erhalten, hat der Verfassungsschutz so genannte ‚V-Leute’ in die Partei eingeschleust. „Häufig können allein mit Hilfe von V-Leuten interne, nicht öffentlich verfügbare Informationen über den Aufbau extremistischer Organisationen, die Führungspersonen, die tatsächlichen - nicht nur die öffentlich deklarierten - Ziele, die Strategie und Taktik, die Planung und Durchführung konkreter Maßnahmen und Kampagnen sowie über die Mitgliederzahl und die Verbindungen zu anderen Organisationen erlangt werden“ (BVerfG, 2 BvB 1/01 vom 18.3.2003, Absatz-Nr. 149)

Die Tatsache, dass während des Verfahrens immer noch V-Leute im Bundesvorstand der NPD saßen, war für drei von sieben Richtern ein nicht behebbares Verfahrenshindernis und führte letztlich zum Scheitern des Verbotsantrages (vgl. BVerfG, 2 BvB 1/01 vom 18.3.2003, Absatz-Nr. 52).

Es wurde den Antragsstellern zum Verhängnis, dass teilweise knapp 15% der Vorstände für den Verfassungsschutz arbeiteten (vgl. BVerfG, 2 BvB 1/01 vom 18.3.2003, Absatz- Nr. 100). Dabei hatten diese Informanten mitgeholfen, belastendes Material über die Partei zu finden. So steht im Verfassungsschutzbericht (VSB) 2000: „die NPD kämpft gegen das ‚System’, womit sie die ...freiheitliche Ordnung meint, die die Partei als...illegitim brandmarkt“ (VSB 2000: 54). Auch anti-amerikanische Parolen finden sich in den Berichten des Verfassungsschutzes, der unter anderem auch das Parteiorgan ‚Deutsche Stimme’ überwacht: „mit dem Sturz der amerikanischen Weltherrschaft wird auch die ‚Demokratie’...endlich verschwinden“ (VSB 2003: 56). Auch wenn in keinem Fall V-Leute beauftragt worden seien, die Prozessstrategie der Antragsgegnerin auszuforschen (vgl. BVerfG, 2 BvB 1/01 vom 18.3.2003, Absatz-Nr. 40), lasse sich „die Beobachtung einer Partei durch V-Leute aus den Vorständen unmittelbar vor einem Verbotsverfahren- oder während des Verfahrens-…mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht vereinbaren“ (Jesse 2003: 294).

[...]

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Die NPD - aktiv kämpferisch gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung oder nur inhaltlich-ideologisch-aggressiv?
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Institut für Politwissenschaft)
Veranstaltung
Einführung in das politische System der BRD
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
16
Katalognummer
V39871
ISBN (eBook)
9783638385367
Dateigröße
422 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit prüft, ob die NPD lediglich ideologisch gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung ist oder ob sich die Ablehnung auch in kämpferischem Handeln manifestiert. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass ideologische Verstöße zweifelsfrei festzustellen sind, eine für ein Verbot der Partei benötigte ausreichend große Menge an strafrechtlich relevanten Delikten jedoch nicht vorliegt. Die Möglichkeit eines Verbots der NPD hängt also von der Auslegung des Artikel 21 durch das BVerfG ab!
Schlagworte
Grundordnung, Einführung, System
Arbeit zitieren
Florian Pretz (Autor:in), 2005, Die NPD - aktiv kämpferisch gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung oder nur inhaltlich-ideologisch-aggressiv?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/39871

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