Die Geschichte der deutsch-sowjetischen Beziehungen zwischen 1917 und 1941 ist eine Geschichte extremer Wechselfälle. Sie beginnt mit zwei Revolutionen: Zuerst beendete die russische Revolution von 1917 die Herrschaft des russischen Zaren. Nur ein Jahr später, im November 1918, wurde auch der deutsche Kaiser zur Abdankung gezwungen. Doch die Staaten, die aus diesen beiden Revolutionen hervorgegangen waren, unterschieden sich grundsätzlich. Denn obschon man in Deutschland den Kaiser gestürzt hatte, waren die bisher herrschenden Klassen dort an der Macht geblieben. Ganz anders in Russland: Nicht nur, dass die Oktoberrevolution die alten Eliten entmachtet und vertrieben (teilweise sogar ermordet) hatte; darüber hinaus verfolgten die nunmehr herrschenden Bolschewiki das Ziel, eine kommunistische Wirtschaftsweise einzuführen und die Revolution auch in andere Länder zu tragen. Gerade dieser messianistische Ansatz war der Grund, weshalb die in Deutschland regierenden Politiker den russischen "Umstürzlern" zunächst mit großem Misstrauen gegenüberstanden. Dass es dennoch zu einer langsamen Annäherung kam, war in erster Linie der 1919 entstanden Ordnung von Versailles zu verdanken. Denn durch Versailles wurden sowohl Deutschland als auch Russland im internationalen System isoliert – Deutschland wegen des verlorenen Angriffskrieges, Russland wegen der antikapitalistischen und nach Weltrevolution strebenden Grundhaltung seiner Regierung.
Mit dem 1922 geschlossenen Vertrag von Rapallo gaben die beiden Staaten dieser Annäherung eine äußere Form. Rapallo markierte den Beginn einer engen Zusammenarbeit auf vielen Gebieten, nicht zuletzt denen der Wirtschaft und des Militärs. Diese Zusammenarbeit schien beendet, als 1933 mit der NSDAP erklärte Feinde des Bolschewismus die Macht in Deutschland übernahmen. Doch trotz großer Propagandaschlachten wurden zumindest die ökonomischen Beziehungen auch während der dreißiger Jahre aufrechterhalten.
Den großen Umschwung brachte dann das Jahr 1939 mit dem Abschluss des deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakts. Durch diesen Pakt gab die
Sowjetunion Hitler freie Hand für den deutschen Angriff auf Polen; des Weiteren teilten Deutschland und die Sowjetunion in einem "Geheimen Zusatzprotokoll" Ost- und Südosteuropa unter sich auf. Auch die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen erlebten im Gefolge des Hitler-Stalin-Pakts eine nie gekannte Blüte. [...]
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- 1. POLENFELDZUG UND VERTIEFUNG DER BILATERALEN BEZIEHUNGEN.
- 2. DAS KRIEGSJAHR 1940 – JAHR DER EXPANSION..
- 2.1. Hitler erringt die Vorherrschaft in Europa....
- 2.2. Die Expansionspolitik Stalins – Ausdruck einer Defensiv-Strategie?....
- 3. RISSE IM DEUTSCH-SOWJETISCHEN VERHÄLTNIS
- 4. MOLOTOVS BERLIN-BESUCH.
- 4.1. Zur Person Vjaceslav Molotovs (1890-1986)....
- 4.2. Vorbereitende Direktiven.......
- 4.3. Die Berliner Gespräche (12.-14. November 1940)
- 4.3.1. Auftakt der erste Tag.
- 4.3.2. Die Gespräche scheitern.
- 4.4. Der sowjetische Vorschlag vom 25. November 1940..
- 5. DIE BEDEUTUNG DER BERLINER VERHANDLUNGEN
- 5.1. Hitlers Entschluss zum Angriff auf die Sowjetunion.........
- 5.2. Die Konsequenzen für die Berliner Gespräche.
- SCHLUSSBEMERKUNG
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert den Besuch des sowjetischen Außenministers Vjaceslav Molotov in Berlin im November 1940 und untersucht seine Bedeutung im Kontext der deutsch-sowjetischen Beziehungen während des Zweiten Weltkriegs. Sie setzt sich zum Ziel, die Entwicklung der Beziehungen zwischen Deutschland und der Sowjetunion nach dem Abschluss des Hitler-Stalin-Pakts nachzuvollziehen und die Gründe für die rasche Abkühlung des Verhältnisses zu erforschen. Die Arbeit beleuchtet die Verhandlungspositionen beider Partner während der Berliner Gespräche, analysiert das Scheitern dieser Gespräche und deren Auswirkungen auf die weitere Entwicklung der deutsch-sowjetischen Beziehungen bis zum deutschen Angriff auf die Sowjetunion im Juni 1941.
- Die deutsch-sowjetischen Beziehungen im Kontext des Zweiten Weltkriegs
- Die Entwicklung der Beziehungen zwischen Deutschland und der Sowjetunion nach dem Hitler-Stalin-Pakt
- Die Gründe für die Abkühlung des deutsch-sowjetischen Verhältnisses
- Die Verhandlungspositionen beider Partner während der Berliner Gespräche
- Die Auswirkungen des Scheiterns der Berliner Gespräche auf die weitere Entwicklung der deutsch-sowjetischen Beziehungen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den historischen Kontext der deutsch-sowjetischen Beziehungen zwischen 1917 und 1941 dar und betont die wechselvolle Geschichte dieser Beziehung, die von extremen Gegensätzen geprägt war. Sie erläutert die besondere Rolle des Hitler-Stalin-Pakts und das rasante Aufblühen der bilateralen Beziehungen im Jahr 1939. Anschließend werden die Gründe für die rasche Abkühlung des Verhältnisses zwischen Berlin und Moskau erörtert, wobei die Interessenkonflikte im Baltikum und in Südosteuropa sowie der Abschluss des Dreimächtepakts hervorgehoben werden. Der erste Teil der Arbeit widmet sich der Phase des Polenfeldzugs und der Vertiefung der bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und der Sowjetunion. Der zweite Teil analysiert das Kriegsjahr 1940 als Jahr der Expansion und diskutiert Hitlers Aufstieg zur Vorherrschaft in Europa sowie Stalins Expansionspolitik. Kapitel drei beleuchtet die Risse im deutsch-sowjetischen Verhältnis, die im Laufe des Jahres 1940 immer deutlicher wurden. Kapitel vier widmet sich schließlich dem Besuch von Vjaceslav Molotov in Berlin im November 1940, der zum letzten diplomatischen Großereignis im Rahmen einer Partnerschaft wurde. Die Arbeit geht dabei auf die Vorgeschichte des Besuchs, die vorbereitenden Direktiven und die Verhandlungen in Berlin ein. Die Bedeutung der Berliner Verhandlungen für Hitlers Entschluss zum Angriff auf die Sowjetunion sowie die Konsequenzen des Scheiterns der Gespräche werden im fünften Kapitel behandelt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den deutsch-sowjetischen Beziehungen zwischen 1917 und 1941, dem Hitler-Stalin-Pakt, dem Polenfeldzug, den Expansionsstrategien Hitlers und Stalins, den Interessenkonflikten im Baltikum und in Südosteuropa, dem Dreimächtepakt, dem Besuch von Vjaceslav Molotov in Berlin im November 1940, den Berliner Verhandlungen und dem Scheitern dieser Gespräche. Die Arbeit untersucht die Ursachen für die Abkühlung des deutsch-sowjetischen Verhältnisses und die Bedeutung der Berliner Gespräche für den Verlauf des Zweiten Weltkriegs.
- Arbeit zitieren
- Arne Friedemann (Autor:in), 1998, Molotovs Berlin-Besuch im November 1940, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/40043