Der Tatbestand, daß die Medien in den Vermittlungsprozessen moderner Gesellschaften inzwischen eine Schlüsselrolle einnehmen, rechtfertigt es, von einer >Mediengesellschaft< zu sprechen“ (Sarcinelli 1998a: 11).
So einfach fällt die Erläuterung für den Gebrauch der neuen wissenschaftlichen Vokabel ‚Mediengesellschaft‘ bei Sarcinelli aus. Doch steckt nicht noch mehr dahinter und begründet die Attraktivität dieses Terminus? Und wie ist es mit dem Anteil der Medien? Ist deren Rolle in modernen Gesellschaften auf die Vermittlung beschränkt? Und dann bleibt die Frage: Vermittlung wovon?
Es können hier nicht alle Fragen beantwortet werden. Manche führen auch nur ein Stück weit zum eigentlichen Schwerpunkt hin. Denn das Thema dieser Arbeit besteht darin, die Aktivitäten der Massenmedien in der modernen Mediengesellschaft auf Gefahren und Chancen für den demokratischen Pluralismus zu untersuchen. 1 Die Forschung in Kommunikations- und Politikwissenschaft diskutiert seit mehreren Jahrzehnten das Verhältnis von politischem System und Medien. Marcinkowski fasst den Wandel in der Theoriebildung zusammen 2 : Schatz‘ Theorieansatz zu einer Instrumentalisierung der Medien durch die Politik Ende der 70er wurde zuerst von der Idee der Interdependenz und schließlich der Selbstreferenz beider Systeme abgelöst; neuere Theorien erkennen die Medien als eigenständiges Funktionssystem an. Als anderes Extrem, bei Marcinkowski nicht genannt, doch unbedingt einzuordnen, ist Meyers Theorie von der Kolonisierung der Politik durch das Mediensystem. (Meyer 2001) Die Beziehung beider Systeme zueinander bleibt daher unbestimmt und l ässt Raum für Spekulationen um wechselseitige Einflussnahme.
In dieser Forschungsliteratur wie auch in den Abhandlungen die sich auf sie beziehen oder an ihr Kritik üben, gerät der demokratische Pluralismus gar nicht, oder nur sehr selten ins Blickfeld. Lediglich im Beitrag von Detjen zum Pluralismus werden neben dessen Merkmalen auch die Notwendigkeit medialer Vermittlung von Politik und deren mögliche Gefahren erwähnt. (Detjen 1998) 1 Es handelt sich dabei um hauptsächlich theoretische Betrachtungen, die nicht an ein bestimmtes Land, dessen politisches System oder dort bemerkten Entwicklungen gebunden sind. Die Mediengesellschaft und die damit einher gehenden Veränderungen im Mediensystem werden als allgemeines Phänomen vieler Länder angesehen. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Mediengesellschaft
- Was sind Medien?
- Politischer Auftrag der Medien
- Merkmale der Mediengesellschaft
- Neue Anforderungen an die Medien
- Pluralismus
- Pluralistische Gesellschaft und pluralistische Demokratie
- Hauptmerkmale des Pluralismus
- Gefährdung des Pluralismus durch die Mediengesellschaft?
- Chancen und Risiken der Mediengesellschaft
- Globalisierung und Kommerzialisierung des Mediensystems
- Steigerung des Medienangebotes
- Öffentlichkeitswirkung der Medien
- Einfluss der Medien im demokratischen Legitimationsprozess
- Ambivalente Auswirkungen auf den Pluralismus
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Auswirkungen der Mediengesellschaft auf den demokratischen Pluralismus. Sie analysiert die Veränderungen im Mediensystem und die mediale Repräsentation politischer Themen und Prozesse unter dem Aspekt, ob und inwiefern sie die Wahrnehmung oder Ausprägung des Pluralismus beeinflussen. Die Untersuchung erörtert, ob die Medien Chancen oder Risiken für den demokratischen Pluralismus darstellen.
- Die Entwicklung der Mediengesellschaft und ihre Hauptmerkmale
- Die Rolle der Medien im demokratischen System und der politische Auftrag der Medien
- Die Bedeutung des Pluralismus für eine demokratische Gesellschaft
- Die möglichen Auswirkungen der Mediengesellschaft auf den Pluralismus
- Chancen und Risiken der Mediengesellschaft für den demokratischen Pluralismus
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die These auf, dass die Medien in modernen Gesellschaften eine Schlüsselrolle spielen und die Mediengesellschaft eine neue Form gesellschaftlicher Organisation darstellt. Sie beleuchtet die Forschung zum Verhältnis von politischem System und Medien und stellt fest, dass der demokratische Pluralismus in der Diskussion oft zu kurz kommt. Die Arbeit nimmt sich vor, die Auswirkungen der Mediengesellschaft auf den Pluralismus zu untersuchen.
Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit dem Begriff „Mediengesellschaft“ und definiert den Begriff „Medien“. Es beleuchtet den politischen Auftrag der Medien in einer Demokratie und erläutert die Hauptmerkmale der Mediengesellschaft.
Das dritte Kapitel definiert den Begriff „Pluralismus“ und beschreibt die Hauptelemente eines demokratischen Pluralismus. Es wird auch die Frage diskutiert, ob die Mediengesellschaft eine Gefahr für den Pluralismus darstellen könnte.
Das vierte Kapitel widmet sich der zentralen Frage nach den Chancen und Risiken der Mediengesellschaft für den demokratischen Pluralismus. Es untersucht die zuvor erarbeiteten Merkmale der Mediengesellschaft im Hinblick auf ihre Verträglichkeit mit dem Pluralismus.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter und Themen dieser Arbeit sind Mediengesellschaft, Pluralismus, demokratische Legitimation, öffentliche Meinung, Medienwirkung, Kommerzialisierung, Globalisierung und Informationsgesellschaft.
- Arbeit zitieren
- Sarah Weier (Autor:in), 2005, Chancen und Risiken der Mediengesellschaft für den demokratischen Pluralismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/40078