„Der Essay ist gekennzeichnet durch bewusste Subjektivität der Auffassung, die dem Essay auch im Fall überholter wissenschaftlicher Voraussetzungen im einzelnen als geistigem Zeugnis seines Schöpfers bleibenden Wert gibt [...] Der Essay gilt daher als offene Form von fragmentarischer Wahrheit, als ein Schwebezustand zwischen Wissen und Zweifel [...]“ . Laut dieser Definition scheint der Essay geradezu prädestiniert für die Vermittlung politischer oder gar ideologischer Inhalte. Denn diese sind ebenfalls durch ein hohes Maß an Subjektivität und partiellen Wahrheiten gekennzeichnet. So müsste eigentlich auch der bedeutendste Essayist des 20. Jahrhunderts, Theodor W. Adorno (1903 – 1969), den Essay als ein politisches Medium verwenden. Doch stattdessen gibt sich Adorno in der Formbestimmung scheinbar unpolitisch, ohne jegliche „Bezugnahme auf die politische Sphäre“ . Aufgabe dieser Arbeit soll es daher sein drei ausgewählte Essays von Adorno auf ihren politischen Gehalt zu untersuchen. Sind diese Texte wirklich politisch unpolitisch? Falls ja, welche politischen Aussagen implizieren sie und was macht ihr unpolitisches Element aus?
Zur Klärung dieser Fragen soll in Kapitel zwei zunächst Adornos politisches Denken mit dessen Auffassung von einem guten Essay in Verbindung gebracht werden. Im Mittelpunkt steht dabei die Darlegung des besonderen Stellenwertes jener kleinen literarischen Form für Adorno. Die Kapitel drei, vier und fünf beschäftigen sich mit drei Essays aus den „Noten zur Literatur“. Hier liegt das Hauptaugenmerk auf möglichen politischen Aussagen und auf Adornos Verhältnis zu den jeweils kritisierten Autoren. Im Schlusskapitel werden die Ergebnisse dieser Arbeit noch einmal zusammengefasst und einer Bewertung unterzogen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Essay als Form des politischen Denkens bei Adorno
- Das politische Denken Theodor W. Adornos
- "Der Essay als Form"
- Theodor W. Adornos (un)politischer Essay
- "Erpresste Versöhnung"
- Theodor W. Adornos Verhältnis zu Georg Lukács
- Unter Druck der kommunistischen Doktrin
- "Versuch das Endspiel zu verstehen"
- Becketts Antikunst
- Der Untergang der (bürgerlichen) Gesellschaft
- "Engagement"
- Engagierte und autonome Literatur
- Die Propaganda des Herrn B.
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den politischen Gehalt von drei Essays Theodor W. Adornos aus den "Noten zur Literatur". Im Fokus steht die Frage, ob und wie Adornos Essays trotz vermeintlicher Unpolitizität politische Aussagen implizieren. Die Arbeit beleuchtet Adornos politisches Denken und sein Verständnis vom Essay als Form, um diese Frage zu beantworten.
- Adornos politisches Denken im Kontext seiner Philosophie und seiner Kritik am Marxismus.
- Der Essay als Form des politischen Denkens und Adornos Verständnis von dessen spezifischem Wert.
- Analyse der politischen Aussagen in drei ausgewählten Essays Adornos.
- Untersuchung von Adornos Verhältnis zu den kritisierten Autoren und dessen Bedeutung für seine politischen Aussagen.
- Einordnung der Ergebnisse in den Kontext der Forschung zu Adornos politischem Denken.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Arbeit ein und stellt die Forschungsfrage nach dem politischen Gehalt von Adornos Essays. Kapitel zwei beleuchtet Adornos politisches Denken und seine Auffassung vom Essay als Form. Die Kapitel drei, vier und fünf analysieren drei Essays aus den "Noten zur Literatur" und untersuchen die darin enthaltenen politischen Aussagen. Dabei wird auch Adornos Verhältnis zu den jeweils kritisierten Autoren betrachtet. Die Schlussbetrachtung fasst die Ergebnisse zusammen und bewertet deren Bedeutung.
Schlüsselwörter
Theodor W. Adorno, Essay, politisches Denken, "Noten zur Literatur", Georg Lukács, Samuel Beckett, Bertolt Brecht, Marxismus, Kritik, Literaturkritik, engagierte Literatur, Totalität, Gesellschaft.
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- Michael Münch (Author), 2004, Theodor W. Adornos (un)politischer Essay, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/40288