Tourismus an der Lübecker Bucht - Die Bedeutung aktueller Entwicklungen im Tourismus für die Region


Studienarbeit, 2005

57 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Einleitung

Teil A: Theoretischer Hintergrund
1. Definition des Begriffs „Tourismus“
2. Entwicklung und Motive des Reisens
2.1. Die Entwicklung von Reisen und Tourismus
2.2. Motive des Reisens
3. Auswirkungen von Tourismus
3.1. Ökonomische Auswirkungen
3.2. Ökologische Auswirkungen
3.3. Soziale Auswirkungen
4. Der nachhaltige Tourismus
5. Entwicklungen und Trends in Freizeit und Tourismus
5.1. Die Entwicklung von Arbeitszeit und Freizeit
5.2. Trends der touristischen Entwicklung
6. Zwischenfazit

Teil B: Tourismus in der Praxis
1. Die Lübecker Bucht von Schleswig-Holstein
1.1. Touristische Entwicklung
1.2. Statistik
1.3. Image
1.4. Auswirkungen des Tourismus
2. Die Lübecker Bucht von Mecklenburg-Vorpommern
2.1. Touristische Entwicklung
2.2. Statistik
2.3. Image
2.4. Auswirkungen des Tourismus
3. Zusammenfassende Betrachtung der Lübecker Bucht
4. Empfehlungen für die Entwicklung des Tourismus an der Lübecker Bucht

Fazit

Quellenverzeichnisse

Literaturverzeichnis

Internetseiten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: RA 2004, Urlaubsmotive der Deutschen

Abb. 2: Arbeitszeit und Freizeit

Abb. 3: Reiseentwicklung 2000-2002 und 2003 geschätzt

Abb. 4: Urlaubsdauer 1994-2003

Abb. 5: Skihalle Xanadú, Madrid

Abb. 6: „Sandworld“ mit Blick auf Travemünde

Abb. 7: Lübecker Bucht mit Küstenorten

Abb. 8. Maritim-Hotel, Timmendorfer Strand

Abb. 9: Maritim-Hotel, Travemünde

Abb. 10: Ferienpark Sierksdorf

Abb. 11: Zu verkaufende Ferienwohnung, Ferienpark Sierksdorf

Abb. 12: Ferienzentrum Panoramic, Sierksdorf

Abb. 13: Restaurants, Ferienpark Sierksdorf

Abb. 14: Leerstehende Gewerbefläche, Ferienpark Sierksdorf

Abb. 15: Leerstehende Räume der Kurbetriebsgesellschaft, Ferienpark Sierksdorf

Abb. 16: Bushaltestelle im ehemaligen „Todesstreifen“ und heutigem Naturschutzgebiet

Abb. 17: Kurhaus, Boltenhagen

Abb. 18: Konzertmuschel im Kurgarten, Boltenhagen

Abb. 19: Urlauberdorf, Boltenhagen

Abb. 20: Zugang zum Strand, Brook

Abb. 21 : Naturbelassener Strand, Groß Schwansee

Abb. 22 : Ferienpark Osteeblick (im Bau), Barendorf

Abb. 23 : leeres, voll erschlossenes Ferienhausgebiet, Groß Schwansee

Einleitung

Tourismus beansprucht Raum und verändert ihn. Die An- und Abfahrt in den Urlaub, der Aufenthalt in der Region und die Produktionsorte für touristische Güter sind die einzelnen Elemente des Tourismus, durch die eine Raumrelevanz deutlich wird.

Das vermehrte Reisen, die kürzere Verweildauer und die immer größeren Entfernungen ließen und lassen das touristische Verkehrsaufkommen explodieren. Zudem führen die saisonal sehr schwankenden und räumlich sehr unterschiedlichen Gästezahlen zu kritischen Belastungen von Umwelt, ortsansässiger Bevölkerung und Infrastruktur.

Momentan befindet sich der Tourismus in einer Umbruchphase, die durch ein sich wandelndes Freizeitverhalten, wirtschaftlichen Strukturwandel, Flexibilisierung der Arbeits- und Freizeit, längere Lebensarbeitszeit, einem Wertewandel sowie der Alterung und Schrumpfung der Bevölkerung geprägt ist. Diese Entwicklungen beeinflussen die TouristInnenströme und haben Auswirkungen für touristische Regionen. Sie müssen sich auf das zukünftige KundInnenverhalten einstellen, um nicht von anderen Destinationen abgelöst zu werden. Die Perspektiven und Fähigkeiten, um auf die zukünftigen oder schon vorhandenen Probleme einzugehen, hängen davon ab, ob die Entwicklungen erkannt und beachtet werden.

Tourismus kann besonders für BewohnerInnen in ländlichen Regionen eine wichtige Rolle spielen, da er Arbeitsplätze schafft und zahlende Gäste anlockt. Damit bietet er eine Alternative zur Landwirtschaft, was gerade in Zeiten des wirtschaftlichen Strukturwandels nützlich sein kann. Aus regionalplanerische Sicht kann Tourismus also eine Möglichkeit sein, die Region zu stärken und einer Abwanderung entgegen zu wirken.

Deshalb wird Tourismus in den formellen Planungsinstrumenten der Länder berücksichtigt und auch informelle Planungen gehen in unterschiedlichem Maße darauf ein.

Der Tourismus an der Lübecker Bucht ist extrem unterschiedlich, denn auf der einen Seite steht der Tourismus in Schleswig-Holstein, der hauptsächlich in den 1970er Jahren entstand und noch bis vor einigen Jahren mit immer weiter steigenden Gästezahlen verwöhnt wurde. Und auf der anderen Seite steht der noch sehr junge Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern, der sich in seiner jetzigen Form erst nach der Wende 1989 langsam entwickelte und deshalb sehr gut auf aktuelle Anforderungen eingehen konnte.

An der Lübecker Bucht trifft der unterschiedliche Tourismus beider Bundesländer aufeinander und steht in Konkurrenz zueinander.

Es soll hier aus den verschiedenen theoretischen Perspektiven der Regionalplanung und der wirtschaftlichen Tourismusforschung der Frage nachgegangen werden, wie sich der Tourismus in den Regionen der beiden Bundesländer derzeit entwickelt und was er für Auswirkungen hat. Wie kann zudem mit neuen Anforderungen und Veränderungen im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung umgegangen werden? Und wie können regionalplanerische Instrumente diesen Prozess unterstützen?

Im ersten Teil der Arbeit wird dafür der Tourismus aus planerischer Perspektive theoretisch durchleuchtet. Beginnend mit einer Definition werden daraufhin die Motive und Auswirkungen des Reisens analysiert und danach folgt ein Abriss über die Entwicklungen von Arbeits- und Freizeit sowie eine Betrachtung von Trends im Tourismus.

Im zweiten Teil der Arbeit wird der Tourismus an der Lübecker Bucht untersucht. Einleitend mit einer nach Bundesländern getrennten Analyse folgt eine zusammenfassende Betrachtung unter Berücksichtigung neuer Tourismusentwicklungen.

Anschließend werden Empfehlungen gegeben, wie auf die Veränderungen reagiert werden kann.

Teil A: Theoretischer Hintergrund

Im folgenden Kapitel wird zunächst der Begriff Tourismus näher definiert, die Entwicklung des Tourismus dargestellt und der Anlass des Reisens näher erläutert.

Daran anschließend werden sowohl die positiven als auch die negativen Auswirkungen von Tourismus aufgezeigt und der Ansatz des nachhaltigen Tourismus vorgestellt, durch den die negativen Auswirkungen des Tourismus reduziert bzw. vermieden werden können.

Danach folgen Entwicklungen und Trends in Freizeit und Tourismus. Hierbei werden zunächst die Entwicklungen von Arbeitszeit und Freizeit aufgezeigt und nachstehend die Trends im Tourismus dargestellt.

1. Definition des Begriffs „Tourismus“

Der Begriff „Tourismus“ wird im deutschsprachigen Raum meistens synonym mit den Begriffen Fremdenverkehr, Touristik sowie Gäste- und Reiseverkehr benutzt, wobei sich „Tourismus“ aufgrund seiner leichteren internationalen Verständlichkeit immer mehr durchsetzt. Der Begriff ist in der Literatur allerdings nicht eindeutig definiert.

Nach der übereinstimmender Auffassung der Welttourismusorganisation (WTO), der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sowie des Statistischen Amtes der Europäischen Gemeinschaft (SAEG) gelten zwei Grundvoraussetzungen, die den Begriff „Tourismus“ aus dem Blickwinkel der TouristInnenInnen hinreichend beschreiben (Opaschowski 1996: 19 f.):

„1. Der Besuch eines Ortes außerhalb des gewöhnlichen Aufenthaltsortes ist nur vorübergehend.
2. Am Zielort ausgeübte Tätigkeiten werden nicht von dort entlohnt.“

Tourismus kann also auf der einen Seite mit einem Ortswechsel abgegrenzt werden, wobei die Entfernung nur eine untergeordnete Rolle spielt. So gehört sowohl die Auslandsreise als der auch der Nahtourismus dazu (Freyer 1998: 3).

Auf der anderen Seite kann Tourismus auch nach Reisemotiven gegliedert werden. Dies können z.B. Erholung, Erlebnis, Sport, Vergnügen, Kultur, Bildung, geschäftliche oder berufliche Betätigung sowie familiäre Anlässe sein (Opaschowski 1996: 24).

Zusätzlich zu der Definition über den Ortswechsel und die Motive kann Tourismus auch anhand der Aufenthaltsdauer bestimmt werden. Sie darf nur vorübergehend sein und der Reisende muss nach ein paar Tagen; Wochen oder Monaten nach Hause zurückkehren. Meistens wird eine Unterteilung in Tagesausflug (ohne Übernachtung), Kurzreise mit einer Aufenthaltsdauer von 2-4 Tagen sowie normale Reisen mit mindestens 5 Tage vorgenommen, wobei Aufenthalte von über einem Jahr nicht zum Tourismus gehören (Freyer 1998: 2 f. und Opaschowski 1996: 22).

Die einzelnen Definitionen über den Ort, das Motiv und die Zeit schließen sich aber nicht gegenseitig aus, sondern sind miteinander kombinierbar.

Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass Tourismus ein vorübergehender Orts-wechsel von Personen ist, die für einen bestimmten Anlass eine gewisse Zeit nicht an ihrem Wohnort verbringen. Dabei sind die drei wichtigsten Elemente der Ort, der Anlass sowie die Zeit.

2. Entwicklung und Motive des Reisens

2.1. Die Entwicklung von Reisen und Tourismus

Reisen und Tourismus ist in der heutigen Form ein relativ junges Phänomen, das aber ältere Wurzeln hat. Man kann vor allem vier Zeiträume des Reisens unterscheiden die jeweils durch Unterschiede in der Wahl des Transportmittels, der Motivation zu Reisen sowie der teilnehmenden Schicht geprägt waren.

Die erste Epoche wird als Vorphase bezeichnet und umfasst den Zeitraum bis 1850. In dieser Zeit trat man eine Reise aufgrund von Entdeckungen, Kriegszügen, Geschäften oder Pilgerreisen an. Es waren hauptsächlich Adelige, Gebildete und Geschäftsleute zu Fuß, mit der Kutsche oder dem Schiff unterwegs.

Die Anfangsphase des Tourismus umfasst den Zeitraum von 1850 bis 1914. Zu dieser Zeit suchte die neue Mittelklasse Erholung. Die Transportmittelauswahl wurde durch die Erfindung der Eisenbahn erweitert.

Die darauf folgende Epoche von 1914 bis 1945 wird als Entwicklungsphase bezeichnet, in der Wohlhabende zur Erholung reisten oder zur Kur gingen. Mit den immer schnelleren Transportmitteln Bahn, Auto, Bus und Flugzeug lassen sich größere Entfernungen zurücklegen, womit sich die Reisezeiten extrem verringerten.

Der Zeitraum seit 1945 wird als Hochphase des Tourismus benannt. Alle Schichten der Industrieländer reisen zur Erholung und Regeneration. Durch Vergünstigungen der Transportmittel Auto und Flugzeug lassen sich immer weitere und mehr Fernreisen realisieren (Freyer 1998: 4 ff.).

Ökonomisch gesehen stellt die Tourismusbranche heute weltweit einen sehr beutenden Wirtschaftszweig dar. Ca. 11% des globalen Bruttosozialprodukts werden im Tourismus erwirtschaftet (WTO: 2001 zitiert in: Eisenstein 2003: 805).

Im globalen Vergleich nimmt Europa mit großem Abstand Platz eins in der Anzahl der Ankünfte ein.

Im europäischen Vergleich des Anteils des Tourismus am Bruttoinlandsprodukt nimmt Deutschland Platz drei hinter Italien und Spanien ein (Deutsche Zentrale für Tourismus e.V. 2004: 5 und WTO 2004: 9).

Auf weitere Entwicklungen und Trends im Tourismus wird in Kapitel 5 genauer eingegangen.

2.2. Motive des Reisens

Unter Reisemotiven versteht man die individuellen Beweggründe, die dem Reisen zugrunde liegen. Psychologisch gesehen handelt es sich dabei um sehr vielfältige und individuell verschiedene Bedürfnisse, Wünsche oder Erwartungen, die dazu veranlassen, eine Reise zu unternehmen (Hahn 1993: 199).

In der vom Studienkreis für Tourismus beauftragte DIVO Studie stellte Hartmann (1962) vier Motivgruppen fest, die in der Tabelle 1 dargestellt sind.

Tab. 1: Gruppen von Reisemotiven

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Steinbach 2003: 82, nach: K.D. Hartmann, 1962

Als Hauptmotiv wird außerdem in der Literatur immer wieder der von Enzensberger (1962) geprägte Begriff von der „Flucht aus dem Alltag“ genannt (Steinbach 2003: 84; Freyer 1998: 60).

Freyer (1998) spricht auch vom „Weg-von-Reisen“ oder Push-Faktoren, womit er die Fluchtbewegung, die Suche nach der Gegenwelt des Alltags betont.

Auf der anderen Seite gibt es die „Hin-zu-Reisen“ oder die Pull-Faktoren.

„Hier treten die „Frustrationsaspekte“ der vorherigen Gruppen in den Hintergrund“ (Freyer 1998: 57). Reisen werden aber auch aus Interesse und Freude an anderen Ländern und Menschen unternommen.

Seit 1970 wird regelmäßig die Reiseanalyse (RA) zuerst vom Studienkreis für Tourismus in Starnberg und später von der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) in Kiel durchgeführt, in der unter anderem auch die Reisemotive untersucht werden.

Nach der Reisenanalyse für 2004 dominieren heute passive „Aktivitäten“ wie Entspannen, Zeit haben, Ausruhen oder Faulenzen. Körperlich oder geistig anstrengen wollen sich im Urlaub dagegen nur wenige.

Abb. 1: RA 2004, Urlaubsmotive der Deutschen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenQuelle: Eigene Darstellung nach FUR 2004: 1

Die meisten TouristInnen gehören also heute nach der Einteilung in Tabelle 1 zu der Gruppe, die im Urlaub ihrem Erholungs- und Ruhebedürfnis nachgehen wollen.

3. Auswirkungen von Tourismus

Tourismus hat sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf die Region, wobei diese in ökonomische, ökologische und soziale Auswirkungen unterteilt werden können. Entscheidend ist dabei die Intensität, denn gerade eine große Konzentration von TouristInnen in einem bestimmten Raum kann Auswirkungen auf das ökonomische, ökologische und soziale Gefüge ergeben. Ausschlaggebend ist dabei die Aufnahmefähigkeit: je größer beispielsweise die ökologische Wertigkeit eines Raums einzustufen ist, desto schneller ist seine Belastungsgrenze erreicht.

Mögliche positive sowie negative ökonomische, ökologische und soziale Auswirkungen des Tourismus werden im Folgenden erläutert.

3.1. Ökonomische Auswirkungen

Der Tourismus ist heute nach der Automobilwirtschaft eine der größten Wirtschaftbranchen, hat die mit Abstand höchsten Beschäftigungszahlen (Fürst 2004: 122) und genießt deshalb einen sehr hohen wirtschaftlichen Stellenwert. In Deutschland sind etwa 2 Mio. Arbeitsplätze in der Tourismusbranche vorhanden, das entspricht ca. 6% aller Erwerbstätigen (Institut für Länderkunde 2000: 116).

Ein positiver wirtschaftlicher Effekt für die touristische Region kann das gesamtwirtschaftliche Wachstum sein, da Produktion und Beschäftigung beeinflusst werden, was wiederum zu mehr Wohlstand in der ansässigen Bevölkerung führt(Opaschowski 1996: 30). Das erwirtschaftete Einkommen wird zum überwiegenden Teil in der Region ausgegeben und ergibt dadurch weitere positive Auswirkungen. Man spricht in dem Fall auch von Sekundäreffekten.

Regionen mit einer eher schwachen wirtschaftlichen Ausgangssituation können vom Tourismus profitieren, da hier durch die resultierenden Einkommens- und Beschäftigungseffekte Defizite abgebaut werden. Somit kann einer Abwanderung der Bevölkerung evtl. entgegengewirkt werden (Bollheimer 1999: 24).

Aus wirtschaftlicher Sicht führt Tourismus also zu einer erhöhten Lebensqualität.

Aber aus Tourismus resultieren auch negative wirtschaftliche Effekte. Die Freizeitinfrastrukturen sowie technische Infrastrukturen sind für das Spitzenaufkommen von TouristInnen dimensioniert[1]. Da diese Infrastrukturen aber wesentlich größer sind als eigentlich für die Gemeinde notwendig, entstehen durch deren Bau und Unterhalt weitere Kosten für die Kommune.

Als Gefahr ist auch, die monostrukturelle Ausrichtung auf den Tourismus einzustufen, weil dadurch die regionale Wirtschaft in eine starke Abhängigkeit von Konjunktur und Tourismustrends gerät.

Die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen ist zwar allgemein als positiv einzustufen, jedoch werden viele Arbeitskräfte nur für die jeweilige Saison angestellt. Ob dadurch die ortsansässige Bevölkerung von einer evtl. Abwanderung abgehalten werden kann ist fraglich (Bollheimer 1999:25).

Zudem kann durch eine erhöhte Nachfrage und einer stärkeren Kaufkraft das allgemeine Preisniveau ansteigen und dadurch besonders die Bevölkerung, die nicht an der Tourismuswirtschaft teilnimmt, benachteiligen. Die steigenden Immobilenpreise in touristischen Regionen verdeutlichen dieses Problem besonders (Hennig 1999:152).

3.2. Ökologische Auswirkungen

Die Veränderungen und Belastungen für den Naturraum sind ein wesentliches Problem von Tourismus. Sie resultieren aus der touristischen Infrastruktur[2], dem Verkehrsaufkommen sowie den Freizeitaktivitäten (Job 2003: 852). Es ergeben sich also Folgeerscheinungen wie beispielsweise Luftverschmutzung, Flächeninanspruchnahme und Belastung der Umweltmedien Boden, Wasser sowie Tier- und Pflanzenwelt.

Für eine Bewertung der ökologischen Belastung durch den Tourismus ist allerdings anzumerken, dass die Intensität der Aktivitäten zu berücksichtigen ist. So sind

„landschafts- und ruheorientierte Formen der Freizeitgestaltung grundsätzlich mit geringeren Belastungserscheinungen verbunden (…) als Aktivitäten, die bestimmte Einrichtungen voraussetzen“ (Bollheimer 1999:20).

Gravierende negative Auswirkungen für den Boden ruft besonders die Versiegelung mit neuen Gebäuden, Straßen, Parkplätzen usw. hervor. Weitere Belastungen für den Boden werden durch Verdichtungen und Erosionsschäden von intensiven Freizeitaktivitäten wie z.B. Skifahren ausgelöst.

Belastungen für das Wasser gehen zum einen von den Aktivitäten direkt am oder auf dem Wasser aus und zum anderen von den baulichen Eingriffen. Die schon erwähnte Bodenversiegelung kann außerdem zur Senkung des Grundwasserspiegels und Wasserrückhaltevermögens führen, da nicht mehr genügend Regenwasser in den Boden gelangt.

Die Tier- und Pflanzenwelt wird durch die touristischen Infrastrukturanlagen sowie die verkehrliche Erschließung gestört, da wichtige Lebensräume zerstört oder zerschnitten werden, was zu einer Bedrohung für verschiedene Arten werden kann.

Zudem wird das ursprüngliche Landschaftsbild durch die infrastrukturellen Anlagen und die damit einhergehende Zersiedelung der Landschaft verfremdet (Bollheimer 1999: 19 ff.).

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Tourismus zu erheblichen Belastungen des gesamten ökologischen Gefüges führt, wobei die Intensität dabei eine bedeutende Rolle spielt.

Da eine intakte Natur einen hohen Stellenwert für Freizeitaktivitäten hat und als Reisemotiv weiterhin an Bedeutung gewinnt, ist der Tourismus von ihr abhängig. Er nutzt und bedroht also Natur und Landschaft zugleich. Die Belastungen für die Umwelt können so stark werden,

„dass sich Urlauber wieder von diesem Ort abwenden – der Tourismus zerstört seine eigene Basis“ (Barisic-Rast 2001: 237).

Das wäre dann die schlimmste aller Folgen: eine vom Tourismus zurückgelassene und zerstörte Umwelt.

3.3. Soziale Auswirkungen

Auch das soziale Gefüge eines Raumes kann durch Tourismus beeinträchtigt werden. Die Auswirkungen stehen dabei aber z. T. im engen Zusammenhang mit wirtschaftlichen Effekten.

Als positiv ist eine allgemeine Verbesserung der Lebensqualität zu benennen, denn gerade in peripheren Räumen kann Tourismus eine Alternative für wenig vorhandene Wirtschaftskraft sein und somit Arbeitsplätze schaffen, die letztendlich die ansässige Bevölkerung von einer Abwanderung evtl. zurückhalten können.

Ein weiterer positiver Effekt betrifft die TouristInnen selbst, die in den Erholungsaktivitäten einen Ausgleich zum Alltag finden.

Den positiven Effekten stehen aber nicht zu vernachlässigende negative Auswirkungen gegenüber[3]. Als problematisch wir die Anzahl der TouristInnen in der Region angesehen, die zwar zeitlich auf Hauptsaison oder Wochenende begrenzt z. T. aber extrem höher ist als die Zahl der EinwohnerInnen[4].

Mit der Errichtung von Zweitwohnsitzen und der Beschäftigung ortfremder Arbeitskräfte in der Saison kommen neue Sozialgruppen in die Region, die, wenn sie zahlenmäßig dominieren, die regionale Kultur und sozialen Kommunikationsstrukturen stark beeinträchtigen können. Durch die Dominanz der TouristInnen gegenüber den Einheimischen kann sich die ortansässige Bevölkerung „überfremded“ fühlen, aufgrund dessen sich beispielsweise traditionelle Normen und Werte verändern können (Bollheimer 1999: 26).

Auch die Rollenverteilung zwischen für den Tourismus arbeitenden EinwohnerInnen und den TouristInnen führt oft zu sozialen Konflikten, da sich bei den BewohnerInnen unter Umständen ein Gefühl der Fremdbestimmtheit und der Unterlegenheit gegenüber den zahlenden TouristInnen einstellt (Becker 1996: 40). Viele TouristInnen verhalten sich gegenüber der Bevölkerung rücksichtslos, beherrschend dominant und erwarten ständige Verfügbarkeit der Einheimischen, um ihre Bedürfnisse zu befriedigen. Besonders problematisch kann es dann werden, wenn die Kaufkraft der finanziellen Mittel der TouristInnen sehr viel höher ist, als die der Bevölkerung.

Durch bauliche Veränderungen von Orts- und Landschaftsstrukturen kann es zu einem Identitätsverlust der EinwohnerInnen mit ihrer Heimat kommen. Des Weiteren stellt das erhöhte Verkehrsaufkommen eine erhebliche Belastung für die Bevölkerung dar.

Belastungen für das soziale Gefüge können ebenfalls aus den hohen Kosten resultieren, die eine Gemeinde für die Freizeitinfrastrukturen ausgibt. So entstehen hohe Folgekosten nicht nur für die touristischen Infrastrukturen, sondern auch für beispielsweise das Straßennetz. Problematisch ist dabei die Ausrichtung auf das erwartete Spitzenaufkommen, weil die dadurch gebundenen Mittel des Gemeindebudgets in anderen Bereichen fehlen und unter Umständen zu einer Vernachlässigung von Einrichtungen der sozialen Infrastruktur führen, was eine Benachteiligung der ortsansässigen ist (Bollheimer 1999: 27).

4. Der nachhaltige Tourismus

Aus den negativen Erfahrungen des Massentourismus ist ein Prozess des Umdenkens angestoßen worden, der zu einem kritischen Verständnis von Tourismus und auch von TouristInnen geführt hat.

Dieser Prozess findet sich vor allem in nachhaltigen Tourismuskonzepten wieder. Was anfänglich als „sanfter“ Tourismus und später als „umwelt- und sozialverträglicher“ Tourismus bezeichnet wurde, heißt heute „nachhaltiger“ Tourismus, der einer n achhaltigen Entwicklung mit wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Zielen[5] gerecht werden soll. Die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung definierte 1987 im so genannten Brundtlandbericht: Eine nachhaltige Entwicklung hat

„den Bedürfnissen der heutigen Generation zu entsprechen, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen“ (Hauff 2004: 3).

Für einen nachhaltigen Tourismus ist entscheidend, dass er seine eigene Basis nicht zerstört, keine Schäden anrichtet sowie Ressourcen nicht verbraucht und sie damit für künftige Generationen erhält. Eine touristische Entwicklung kann nur nachhaltig sein, wenn sie keine ökologischen, ökonomischen oder sozialen langfristigen Auswirkungen hinterlässt.

Tourismus führt aber in der Praxis immer zu langfristigen Auswirkungen, wobei die jeweilige Region individuelle Grenzen in ihrer Belastbarkeit hat. Um das Konzept des nachhaltigen Tourismus praktisch umsetzen zu können, müssen tolerierbare Belastungsgrenzen festgelegt werden. Mit Hilfe von ökologischen, ökonomischen und sozialen Kapazitätsgrenzen kann Tourismus eine nachhaltige Strategie verfolgen (König 2002: 75 ff.).

Unter der Annahme eines massenhaften umweltverträglichen Tourismus stellt Wöhler die Frage: „Beginnt dann, wenn alles ökologisch saniert ist, nicht alles wieder von vorne?“ (Wöhler 2001: 46).

Es ist zwar wünschenswert, dass jeglicher Tourismus umweltverträglich wäre. Es ist aber kaum vorstellbar, dass er es jemals vollständig ist.

5. Entwicklungen und Trends in Freizeit und Tourismus

5.1. Die Entwicklung von Arbeitszeit und Freizeit

Arbeitszeit und Freizeit stehen in einem sehr engen Zusammenhang (vgl. Abb. 2), so dass mit dem Rückgang der wöchentlichen Arbeitszeit die frei einzuteilende Zeit zunimmt.

Zu Beginn der Industrialisierung herrschte die 70-Stunden-Woche, in der nur der Sonntag ein Minimum an Freizeit gewährte, aber ab den 1950er Jahren war bereits die 48-Stunden-Woche stark verbreitet. Die heutige 37,5- bis 40-Stunden-Woche bietet im Gegensatz dazu wesentlich mehr Freizeit. Allerdings kommt der Rückgang der Arbeitszeit nicht voll der Freizeit zugute, weil erheblich mehr Zeit für Bildung, handwerkliche Tätigkeiten und Kontakte aufgewendet wird. Auch die Urlaubstage pro Jahr haben sich von 12 Tagen im Jahr 1950 auf 29,5 Tage im Jahr 1997 erhöht (Institut für Länderkunde 2000:12).

[...]


[1] Z.B. sind Schwimmhallen in touristischen Regionen nur in der meist sehr kurzen Saison ausgelastet.

[2] Dazu zählen Anlagen zur Unterbringung wie Hotels, Ferienhäuser, usw., die Verkehrsinfrastruktur mit Straßen und Parkplätzen sowie Anlagen für die Freizeitaktivitäten wie z.B. Golfplätze, Skipisten, Schwimmhallen oder Freizeitparks.

[3] Hierbei werden nur die Auswirkungen betrachtet, die für den europäischen Tourismusmarkt zutreffen. Eine weiterführende Ausarbeitung wäre für diese Arbeit nicht relevant.

[4] Beispielsweise steigt die EinwohnerInnenzahl der Ostseeinsel Fehmarn in den Sommermonaten von 12.500 auf etwa 200.000 an (Fried 2003: 24)

[5] Werden auch als die drei Säulen der Nachhaltigkeit bezeichnet.

Ende der Leseprobe aus 57 Seiten

Details

Titel
Tourismus an der Lübecker Bucht - Die Bedeutung aktueller Entwicklungen im Tourismus für die Region
Hochschule
Technische Universität Berlin  (Institut für Stadt- und Regionalplanung)
Note
1,5
Autor
Jahr
2005
Seiten
57
Katalognummer
V40379
ISBN (eBook)
9783638389044
Dateigröße
1007 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Tourismus, Lübecker, Bucht, Bedeutung, Entwicklungen, Tourismus, Region
Arbeit zitieren
Carolin Schulz (Autor:in), 2005, Tourismus an der Lübecker Bucht - Die Bedeutung aktueller Entwicklungen im Tourismus für die Region, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/40379

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