Ob als „Krisenroman der Weimarer Republik“, als „eindringlichste Warnung gegen den Faschismus“, oder als Erklärung der „Feindschaft gegen den organisierten Klassenkampf des Proletariats“: Alfred Döblins Romanwerk Berlin Alexanderplatz wurde sowohl von zeitgenössischen Rezipienten als auch von literaturtheoretischen Forschungsarbeiten schon immer als politischer Text gewürdigt. Neben den Leitmotiven ‚Gewalt’, ‚Sexualität’, ‚Verbrechen’ und ‚Großstadt’ wird dem Politischen im Roman ein großer Stellenwert zugewiesen. Dies liegt zum einen darin begründet, dass der Autor ein möglichst authentisches Bild Berlins der 1920er Jahre zeichnen will – eine Zeit, in der die Großstadtwirklichkeit durch die Konfrontation unterschiedlicher politischer Mentalitäten entscheidend mitgeprägt wurde. Zum anderen gewinnt auch die Zeichnung des Protagonisten Franz Biberkopf eine politische Dimension, sobald man seinen dargestellten Lebensweg als permanenten Kampf zwischen Individuum und Kollektiv versteht.
Diese beiden inhaltlichen Schwerpunkte – die real-historisch bedingte Darstellung politischer Konfrontationslinien zum einen, deren Manifestation in der Figur Biberkopfs zum anderen – möchte ich in dieser Hausarbeit nachvollziehen. Beide Motive erfahren in der im Roman prominenten Technik der Montage ihre eindrucksvollste Realisierung. Auf Grundlage der Intertextualitäts-Theorie Sabina Beckers, deren konzeptuelles Augenmerk sich auf die Einbettung prä- und intertextueller Bruchstücke in den vorliegenden Text richtet, möchte ich einmontierte Passagen politischer Natur im Text aufspüren, ihre narrativen Grundmuster berücksichtigen und ihren Stellenwert für die fortschreitende Entwicklung Biberkopfs charakterisieren.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Hauptteil
- Exemplarische Analyse: Die Variabilität von,Zeit',,Modus' und,Stimme' als narratologisches Strukturmerkmal des Textes
- Die ästhetische Bewältigung der technisierten Moderne mit Hilfe der Montagetechnik
- Nationalsozialistische und anarchistische Propaganda: Biberkopfs Konfrontation mit einer politisierten Umwelt
- „Herankommen lassen“ – Individuum und Kollektiv zum Ende des Romans
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht die politische Dimension von Alfred Döblins Romanwerk „Berlin Alexanderplatz“ und analysiert die Rolle der Montagetechnik in der Darstellung von Konfrontationslinien zwischen Individuum und Kollektiv im Berlin der 1920er Jahre.
- Die politische Relevanz von „Berlin Alexanderplatz“ in der Weimarer Republik
- Die Darstellung des Protagonisten Franz Biberkopf als Konfliktfigur zwischen Individuum und Kollektiv
- Die Montagetechnik als Mittel zur Gestaltung von politischer Realitätsrekonstruktion
- Die prätextuelle Einbettung politischer Propaganda in den Text
- Die Entwicklung von Biberkopfs politischer Haltung und seiner gesellschaftlichen Wahrnehmung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die politische Relevanz von „Berlin Alexanderplatz“ dar und erläutert die zentrale Rolle der Montagetechnik in der Darstellung von politischen Konfrontationslinien und der Figur Biberkopfs.
Der erste Teil der Hausarbeit befasst sich mit einer exemplarischen Analyse der Variabilität von „Zeit“, „Modus“ und „Stimme“ im Text. Anhand einer Textpassage aus dem zweiten Buch wird gezeigt, wie die Montagetechnik die chronologische Reihenfolge der Ereignisse unterbricht und unterschiedliche Perspektiven in den Vordergrund stellt.
Der zweite Teil beleuchtet die ästhetische Bewältigung der technisierten Moderne mit Hilfe der Montagetechnik. Er zeigt, wie Döblin die politischen und sozialen Veränderungen der 1920er Jahre durch die Montagetechnik in den Text integriert und eine lebendige und dynamische Darstellung Berlins schafft.
Der dritte Teil analysiert die Einbettung nationalsozialistischer und anarchistischer Propaganda in das diegetische Universum des Romans. Er zeigt, wie die Figur Biberkopf mit verschiedenen politischen Ideologien konfrontiert wird und wie sich dies auf seine politische Entwicklung auswirkt.
Der vierte Teil untersucht die Entwicklung von Biberkopf vom egozentrischen Opportunisten zum sozialen Wesen. Er analysiert die Rolle der Montagetechnik in der Gestaltung der Figur Biberkopf und seiner Veränderung im Laufe des Romans.
Schlüsselwörter
„Berlin Alexanderplatz“, Alfred Döblin, Montagetechnik, politische Realitätsrekonstruktion, Franz Biberkopf, Individuum, Kollektiv, Weimarer Republik, Nationalsozialismus, Anarchismus, Intertextualität, Narratologie, Prätexte, „Zeit“, „Modus“, „Stimme“, politisches Bewusstsein, gesellschaftliche Wahrnehmung.
- Quote paper
- Michael Bee (Author), 2005, Die Montage als Mittel politischer Realitätsrekonstruktion. Biberkopfs Weg vom egozentrischen Opportunisten zum sozialen Wesen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/40526