Die Besucherzahlen der Lichtspieltheater erreichten in der direkten Nachkriegszeit später so nie wieder erklommene Höhen. Im Jahr 1946 besuchten 450 Millionen und im Folgejahr sogar 600 Millionen Zuschauer die verbliebenen Lichtspieltheater.
Diese Beliebtheit schien auch in den Augen der alliierten Besatzungsmächte den Film, als massenwirksames Medium zur Umerziehung der ideologisierten deutschen Nachkriegsbevölkerung, schmackhaft gemacht zu haben. Dies ist so wichtig, da allein sie in der Nachkriegszeit die entscheidende Instanz darstellten. Die jeweiligen Kulturoffiziere entschieden, welche Filme in die Kinos kamen. Doch stellte sich den für die Lizenzierung zuständigen Kulturoffizieren nun die Frage, wie der Film in den erzieherischen Prozess eingeflochten werden könne? Dass der deutsche Film diese heikle Aufgabe nicht bewältigen konnte war anfangs sehr klar. So heißt es vorerst von oberster Stelle, „ In den nächsten zwanzig Jahren sei für die Deutschen gar nicht an Film zu denken! “ Denn er stand noch, wie unberührbar, im Schatten der propagandistischen und allein dieser Nutzung. Wie konnte die Bevölkerung wieder mit diesem sehr einflussreichen Medium konfrontiert werden? Diesen Fragen begegneten die vier Besatzungszonen auf unterschiedliche Weise. Die Nachzeichnung der Lösungsformen innerhalb der amerikanischen wie auch der sowjetischen Besatzungszone, mittels ausgewählter Beispiele, bildet den Untersuchungsgegenstand dieser Publikation.
In näherer Betrachtung erwachsen aus dem Untersuchungshorizont, über den räumlich-zeitlichen Aspekt hinaus, Fragen an die Rolle des Drehbuchautors. Gerade die hier behandelten Filme, DIE MÖRDER SIND UNTER UNS (Wolfgang Staudte, 1946) und DER RUF (Fritz Kortner, 1948/49), verlangen aufgrund der Biographien ihrer Autoren, geradezu nach dieser speziellen Fragestellung. Ersterer dem Geiste eines auch in der NS-Zeit stets aktiven, doch System ablehnenden Filmschaffenden entstammend und im Fall Kortners die Frucht der Bewältigungsarbeit eines „Heimkehrers“. Die Frage nach autobiographischen Elementen innerhalb ihrer Werke stellt hier die Drehbuchautoren in ein besonderes Licht. Wie gestalteten diese Filmemacher ihre Werke? Natürlich interessiert auf formaler Ebene die künstlerischästhetische Umsetzung der Stoffe, zumal diese wiederum Rückschlüsse auf die ideelle Zielsetzung ermöglicht. So lautet die Frage präziser gestellt, welcher filmischen Mittel bedienten sie sich und mit welcher Wirkung?
[c] Dirk Kuntze
Inhalt
EINLEITUNG
I. ÜBER DEN UNTERSUCHUNGSGEGENSTAND
II. FILMISCHE MITTEL NACH DEM KRIEG
III. ZEIT UND ORT ALS EINFLUSSGRÖßE
IV. AUTOBIOGRAPHISCHE KRIEGSBEWÄLTIGUNG
V. LITERATURVERZEICHNIS
EINLEITUNG
Die Besucherzahlen der Lichtspieltheater erreichten in der direkten Nachkriegszeit, vor allem unter Berücksichtigung der kriegsbedingten Zerstörung( zwei Drittel lagen in Trümmern ) später so nie wieder erklommene Höhen. Im Jahr 1946 besuchten 450 Millionen und im Folgejahr sogar 600 Millionen Zuschauer die verbliebenen Lichtspieltheater.[1] Diese Beliebtheit schien auch in den Augen der alliierten Besatzungsmächte den Film, als massenwirksames Medium zur Umerziehung der ideologisierten deutschen Nachkriegsbevölkerung, schmackhaft gemacht zu haben. Dies ist so wichtig, da allein sie in der Nachkriegszeit die entscheidende Instanz darstellten. Die jeweiligen Kulturoffiziere entschieden, welche Filme in die Kinos kamen. Doch stellte sich den für die Lizenzierung zuständigen Kulturoffizieren nun die Frage, wie der Film in den erzieherischen Prozess eingeflochten werden könne? Welche Filme wurden diesem Anspruch gerecht? Dass der deutsche Film diese heikle Aufgabe nicht bewältigen konnte war anfangs sehr klar. So heißt es vorerst von oberster Stelle,
„ In den nächsten zwanzig Jahren sei für die Deutschen gar nicht an Film zu denken! “[2]
Denn er stand noch, wie unberührbar, im Schatten der propagandistischen und allein dieser Nutzung. Wie konnte die Bevölkerung wieder mit diesem sehr einflussreichen Medium konfrontiert werden? Diesen Fragen begegneten die vier Besatzungszonen auf unterschiedliche Weise. Die Nachzeichnung der Lösungsformen innerhalb der amerikanischen wie auch der sowjetischen Besatzungszone, mittels ausgewählter Beispiele, bildet den Untersuchungsgegenstand dieser Hausarbeit. In näherer Betrachtung erwachsen aus dem Untersuchungshorizont, über den räumlich-zeitlichen Aspekt hinaus, Fragen an die Rolle des Drehbuch-Autors. Gerade die hier behandelten Filme, DIE MÖRDER SIND UNTER UNS (Wolfgang Staudte, 1946) und DER RUF (Fritz Kortner, 1948/49), verlangen aufgrund der Biographien ihrer Autoren, geradezu nach dieser speziellen Fragestellung. Ersterer dem Geiste eines auch in der NS-Zeit stets aktiven, doch System ablehnenden Filmschaffenden entstammend und im Fall Kortners die Frucht der Bewältigungsarbeit eines „Heimkehrers“[3]. Die Frage nach autobiographischen Elementen innerhalb ihrer Werke stellt hier die Drehbuchautoren in ein besonderes Licht. An diesem Punkt anknüpfend, lässt sich der Fragenkatalog um ein weiteres „wie“ bereichern. Wie gestalteten diese Filmemacher ihre Werke? Natürlich interessiert auf formaler Ebene die künstlerischästhetische Umsetzung der Stoffe, zumal diese wiederum Rückschlüsse auf die ideelle Zielsetzung ermöglicht. So lautet die Frage präziser gestellt, welcher filmischen Mittel bedienten sie sich und mit welcher Wirkung?
I. ÜBER DEN UNTERSUCHUNGSGEGENSTAND
Die erste deutsche Produktion nach dem 8. Mai 1945 gilt heute als Meisterstück des deutschen Nachkriegsfilms und begründete gleichzeitig das Genre des Trümmerfilms.
Die Rede ist von Wolfgang Staudtes DIE MÖRDER SIND UNTER UNS (1946).
Die Fakten:
Genre: Trümmerfilm Regie: Wolfgang Staudte
Buch: Wolfgang Staudte Kamera: Friedel Behn-Grund
Musik: Ernst Roters Produktionsfirma: DEFA
Verleih: Unidoc Produktionsleitung: Herbert Uhlich
Dauer: 85 Minuten Länge: 2400 Meter
Hauptdarsteller: Ernst Borchard als Dr. Hans Mertens
Hildegard Knef als Susanne Wallner
Arno Paulsen als Hauptmann Brückner
Uraufführung: Neue Staatsoper Berlin (Ost) 15.Oktober 1946
Inhalt: Susanne Wallner kehrt unversehrt aus dem KZ zurück. Als sie Ihre ehemalige
Wohnung betreten will, stellt sich heraus, dass ein gewisser Dr. Mertens die Wohnung für sich beansprucht. Er ist heimgekehrter Soldat, ruppig, vom Krieg traumatisiert, daher arbeitsunfähig und trinkt. Nach anfänglichen Unstimmigkeiten überredet Wallner Mertens, dass sie sich die Wohnung teilen. Sie beginnt sofort „endlich wieder zu leben“, arbeitet, putzt die Wohnung und wartet an gedecktem Tisch auf Mertens. Doch Mertens kommt wieder einmal betrunken und zu spät nach Hause, und Wallner verlässt im Streit die Wohnung. Er folgt ihr hinaus in die nächtliche Trümmerwüste, sie versöhnen sich. Wallner erfährt zufällig, dass Hauptmann Brückner, Mertens ehemaliger Kompaniechef, noch lebt. Als sie Mertens diese Nachricht überbringt, überwältigt ihn sein Kriegstrauma von Weihnachten 1942. Zu jener Zeit konnte er die Erschießung polischer Zivilisten auf Befehl Brückners nicht verhindern. Während des Wiedersehens mit Brückner, der ein unbeschwertes Leben ohne Gewissensbisse und Reue führt, beschließt er, den vermeintlichen „Kriegskameraden“ und Urheber seines Traumas selbst zu richten und zu erschießen. Der erste Versuch scheitert in letzter Sekunde, da Mertens, dem Flehen einer Mutter um Hilfe für ihre Tochter, nachgebend, unverhofft eine Notoperation durchführt. Durch den geglückten Eingriff scheint er zuerst den Lebenswillen wieder- gefunden zu haben. Er gesteht Wallner seine Liebe. Doch an Weihnachten holt ihn die Vergangenheit erneut ein. Er versucht ein zweites Mal Brückner (hin) zu richten, doch Wallner in ihrer aufopfernden Liebe kann ihn im letzten Augenblick vor sich selbst retten. Sein Trauma ist endlich gebannt. Der Film endet mit der symbolischen Bestrafung (Inhaftierung) Brückners.
Vergleichsgegenstand bildet der 1948/49 gedrehte „Heimkehrerfilm“ DER RUF. Josef von Bakys Regie veredelte den, der Feder des heimgekehrten Exilanten Fritz Kortner entstammenden Stoffs.
Die Fakten:
Genre: „Heimkehrerfilm“ Regie: Josef von Baky
Buch: Fritz Kortner Kamera: Werner Krien
Musik: Georg Haentzschel Produktionsfirma: Objectiv-Film GmbH (München)
Verleih: Schorcht mbH Produktionsleitung: Richard König
Dauer:105 Minuten Länge: 2850 m
Hauptdarsteller: Fritz Kortner als Professor Mauthner
Rosemarie Murphy als Mary
Johanna Hofer als Lina
Paul Hoffmann als Fechner
Uraufführung: Berlin: Marmorhaus 19. April 1949
Inhalt: Mauthner, ein Professor jüdischer Herkunft, kehrt nach langen Jahren des Exils
dem Hilfe-„Ruf“ seiner ehemaligen Universität folgend, wieder in seine Heimat
Deutschland zurück. In Berlin angekommen, sucht er seine Frau (Lina) auf um sich nach ihr und ihrem gemeinsamen Sohn (Walter) zu erkundigen, den er nur als kleinen Jungen kennt. Lina sagt ihm, er sei seit dem Krieg verschwunden. Nach Streitigkeiten
über die konfessionelle Erziehung des Jungen, reist Mauthner nach Heidelberg zu seiner Antrittsvorlesung ab. Ihn begleiten die mitgereisten Freunde aus Amerika, seine Assistentin Mary und die Hausdame Emma. Während der Zugfahrt äußert sich zum ersten Mal der noch zu Teilen lebenskräftige Antisemitismus der deutschen Bevölkerung. Auch an der Universität spalten sich die Lager in „Demokraten“ und „Nazis“. Im Verlauf von Mauthners Begrüßungsfeier kommt es zwischen Fechner, dem Anführer des antisemitischen Lagers, und einem antifaschistischen Studenten zu handgreiflichen Auseinandersetzung, in dessen Folge Mauthners schwaches Herz sehr leidet. Er wird sehr krank. Als Lina am nächsten Morgen den Namen ihres Sohnes dem Zeitungsartikel über die Ausschreitungen entnimmt, reist sie aus Berlin an, um mit ihrem Sohn zu sprechen. Er ist zentrales Mitglied der antisemitischen Gruppe um Fechner. Ebenso möchte sie ihrem leidenden Mann zur Seite stehen. Am Totenbett Mauthners treffen sich auf diese Weise Sohn und Vater wieder, doch sein dramatischer Zustand lässt ihn nur noch für Sekunden den Fiberträumen entrinnen. Er stirbt. In den Trauerzug für Mauthner reiht sich zuletzt sogar noch ein Mitglied der antisemitischen Gruppe ein.
II. FILMISCHE MITTEL NACH DEM KRIEG
Sowohl Staudte als auch Baky bedienen sich bereits bekannter stilistischer Mittel. Der deutsche Nachkriegsfilm orientiert sich zunächst, im Trümmer, sowie im Heimkehrerfilm, an den ästhetischen Gestaltungsprinzipien des Weimarer und des Expressionistischen Films.
So verweist Staudtes Film deutlich auf den Expressionismus der 20-30er Jahre. Schatten über Schatten legt sich auf das Bild. Zwischen den Trümmern, die wie Mahnmale gegen den Himmel ragen, schleicht und jagt, von Seelenqualen getrieben, der Protagonist von Bild zu Bild.
„ Die Kamera krallt sich fest an Trümmern, schafft erschreckend schöne Ruinenlandschaften.
Sie krallt sich fest an zertrümmerten Schicksalen, schafft großartig düstere Seelenlandschaften. Die Elemente des Films sind nicht Licht und Schatten, sonder Schatten deren lastende Schwärze durch die paar zaghaft matten Glanzlichter noch vertieft werden.“
Werner Fiedler in „Neue Zeit“, Oktober 1946
[...]
[1] Zahlen aus David Bathrick, Kino in Ruinen, in: Irmbert Schenk (Hg.), Erlebnisort Kino, Marburg 2000.
[2] Peter van Eyck, amerikanischer Film-Offizier, frei zitiert aus Gespräch mit Wolfgang Staudte Margit Voss, Berliner Rundfunk (DDR), 1966.
[3] Der Begriff entlehnt die Terminologie Theo Girshausens, der die zurückkehrenden Film-Exilanten so betitelt.
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