Zu: Hermann von Helmholtz "Über das Sehen des Menschen"


Rezension / Literaturbericht, 2004

14 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1.) Einleitung

2.) Der Vorgang des Sehens

3.) Optische Täuschungen und die Rolle des Bewusstseins

4.) Denken und Schluß in der sinnlichen Wahrnehmung

5.) Schlusswort

Literaturliste

1.) Einleitung

Der deutsche Mediziner Hermann von Helmholtz (1821 – 1894) verfasste im Jahr 1855 eine Rede mit dem Titel „Über das Sehen des Menschen“. Grund für diese Rede war eine Ehrung Immanuel Kants, an dessen Beispiel Helmholtz die seiner Ansicht nach (trotz aller Meinungsverschiedenheiten) bestehenden Gemeinsamkeiten zwischen Naturwissenschaft und Philosophie verdeutlichen will[1]. Diese Gemeinsamkeiten zeigen sich am deutlichsten im Bereich der sinnlichen Wahrnehmung[2].

Helmholtz beschäftigt sich im folgenden hauptsächlich mit den optischen und biologischen Aspekten, die das menschliche Sehen ermöglichen. Dazu gehört der Aufbau des menschlichen Auges und die Einwirkung des Lichts, welches das Wahrnehmen von Objekten ermöglicht. Die physikalische Beschaffenheit des Lichts selber ist dabei jedoch nicht von Interesse.

Helmholtz geht aber auch über diese biologischen Vorgänge hinaus und stellt unter anderem die Frage, inwiefern das, was wir sehen bzw. wahrnehmen der Wirklichkeit entspricht oder von unseren eigenen Vorstellungen und organischen Bedingungen abhängig ist. Dabei ist auch der Bereich der optischen Täuschungen von Bedeutung, da diese trotz vernünftiger Einsicht nicht korrigiert werden können.

Letztendlich stellt Helmholtz eine Erkenntnistheorie dar, in deren Mittelpunkt die Frage steht, wie es vom bloßen optischen Betrachten der Gegenstände zu tatsächlichem Wahrnehmen und Erkennen kommen kann und welche geistigen Voraussetzungen dafür vorhanden sein müssen.

Im Laufe meines Referats werde ich die oben genannten Punkte darstellen und erläutern. Meine Ausarbeitung habe ich zu diesem Zweck in folgende Abschnitte unterteilt :

2.) Der Vorgang des Sehens
3.) Optische Täuschungen und die Rolle des Bewusstseins
4.) Denken und Schluss in der Sinneswahrnehmung

2.) Der Vorgang des Sehens

Helmholtz beginnt seinen eigentlichen Vortrag nach den einleitenden Bemerkungen mit Erläuterungen, wie das menschliche Auge funktioniert bzw. wie es dem Organ möglich ist, Bilder von Gegenständen aufzunehmen und ins Gehirn weiterzuleiten, so dass schließlich das Objekt wahrgenommen und erkannt werden kann.

Das Auge ist laut Helmholtz als eine „natürliche Camera Obscura“[3] zu bezeichnen. Die Camera Obscura ist eine frühe Form der Fotographie, bei der das Bild eines Gegenstandes auf dem Kopf stehend auf der Rückseite eines - bis auf ein kleines Loch in der Vorderseite - abgedunkelten Apparates erscheint und auf einer Silberplatte fixiert wird. Der Prozess im menschlichen Auge ähnelt dem sehr; anstelle der erwähnten Platte tritt hier die extrem lichtempfindliche Netzhaut, welche sich im hinteren Bereich des Auges befindet. Die von der Netzhaut (auch Retina genannt) empfangenen Lichtreize werden ins Gehirn weitergeleitet und von diesem in seiner Funktion „als dem körperlichen Organ des Bewusstseins“[4] verarbeitet.

Das Loch, durch welches das Licht in die Camera Obscura gelangt, findet sich ebenfalls im Auge wieder, nämlich in der Pupille. Auch diese ist genaugenommen ein Loch in der Mitte des Auges, welches Lichtstrahlen in das Organ und letztendlich auf die Netzhaut gelangen lässt. Umgeben ist die Pupille von der Iris, deren Färbung durch Farbstoffablagerungen entsteht. Diese ist für die von uns selbst und anderen wahrgenommene Augenfarbe verantwortlich[5]. Hinter der Pupille liegt die Linse, ein durchsichtiger Körper, der analog zu einer in der Camera Obscura verwendeten Glaslinse funktioniert[6]. Zusammen mit der Hornhaut ist die Linse dafür verantwortlich, Abbilder eines Gegenstandes auf der Netzhaut hervorzurufen. Diese Bilder sind entsprechend verkleinert und stehen, wie auch bei der Camera Obscura, auf dem Kopf[7].

Um sicherzustellen, dass die entstehenden Bilder auf der Netzhaut das betrachtete Objekt auch scharf abbilden, ist das Auge in der Lage, sich der jeweiligen Entfernung anzupassen. Dies geschieht Helmholtz zufolge durch Muskelkontraktionen, welche die Form der Linse entsprechend verändern, so dass jeweils nahe oder weiter entfernte Gegenstände scharf und deutlich wahrgenommen werden können. Diesen Vorgang nennt man Akkommodation[8].

Die Lichtstrahlen, die durch die Pupille in das Auge gelangen, erreichen die Netzhaut aber nicht unverändert, sondern sie werden durch die Linse und durch die durchsichtige Augenflüssigkeit (wie durch jeden anderen durchsichtigen Körper oder Gegenstand), sofern sie nicht senkrecht auftreffen, abgelenkt und gebrochen[9]. Dennoch vereinen sie sich auf der Netzhaut wieder zu einem Punkt, der exakt einem bestimmten Punkt des betrachteten Objekts entspricht (wäre dies nicht der Fall, entstünde auf der Netzhaut kein genaues Abbild des Gegenstandes, sondern eine zufällige Aneinanderreihung von Punkten, die keine Ähnlichkeit mit dem eigentlichen Gegenstand erzeugen würde). Jedem Punkt des Gesichtsfeldes kommt somit genau ein Punkt auf der Netzhaut zu[10]. Aufgrund dieser extremen Differenziertheit ist es möglich, genaue Kenntnisse über Helligkeit, Farbe und Farbintensität zu erhalten und verschieden farbige und helle Gegenstände innerhalb des Gesichtsfeldes zu erkennen und von anderen abzugrenzen. Die Genauigkeit dieser Informationen variiert je nach individueller Funktionsfähigkeit des Auges.

Nach den aufgeführten Gemeinsamkeiten des (menschlichen) Auges mit der Camera Obscura wendet sich Helmholtz der Frage zu, wie es denn komme, dass das Auge den betrachteten Gegenstand tatsächlich zu sehen vermag, während der Apparat die Bilder nur fixieren könne[11].

Der Grund dafür liegt seiner Ansicht nach in der Lichtempfindung des Auges (genauer : der Netzhaut), welche durch die äußere Einwirkung des Lichts hervorgerufen und im Nervensystem weitergeleitet wird. Welcher Art ist diese Lichtempfindung ?

Während man in früheren Zeiten glaubte, das Auge sei ein in jeder Hinsicht besonders empfindliches Organ, das sogar auf etwas so feines wie das Licht reagieren könne, hat die Wissenschaft gezeigt, dass das Auge entgegen dieser Überzeugung auf kaum einen anderen Reiz als den durch das Licht erzeugten reagiert. Selbst die komplette Durchtrennung der Sehnerven hat nicht Schmerz, sondern nur einen wahrgenommenen Lichtblitz zur Folge[12]. Wir nehmen sogar in absoluter Dunkelheit beizeiten Farben und Formen wahr, die durch Druck auf das oder Reiben mit der Hand im Auge noch verstärkt werden, obwohl der unmittelbare Einfluss des Lichts in diesem Moment fehlt.

Früher glaubte man, dies sei auf eine „geheimnisvolle Verwandtschaft des Nervenfluidums der Netzhaut mit dem Licht“[13] zurückzuführen, welche es dem Auge ermöglichte, selbst Licht in seinem Inneren zu erzeugen. Diese Theorie hat sich selbstverständlich nicht behaupten können. Auch das durch sie begründete angebliche Leuchten von Tieraugen in der Nacht hat sich später als bloße Reflektion des äußeren Lichts und nicht etwa als eine Eigenproduktion von innerem Licht herausgestellt[14].

Vielmehr lässt sich das Auftreten von Lichtempfindung ohne unmittelbaren Lichtreiz laut Helmholtz folgendermaßen begründen :

Jeglicher Reiz, der auf das Auge ausgeübt wird, sei es „Stoß, Druck, mechanische Misshandlung, elektrische Ströme“[15], erzeugt im Auge selbst immer nur Lichtempfindung. Das bedeutet, sobald die Sehnerven durch einen beliebigen Reiz erregt werden, reagieren sie immer und ausschließlich mit Lichtempfindung, als würden sie von einem äußeren Lichtstrahl gereizt. Werden dagegen andere Nerven (beispielsweise Hörnerven) in beliebiger Weise erregt, entsteht dementsprechend keine Lichtempfindung, sondern stattdessen Schallempfindung[16].

Demnach verfügen die Nerven der Sinnesorgane jeweils nur über ein bestimmtes Empfindungspotential, das keine anderen als die ihnen zukommenden spezifischen Empfindungen zulässt.

[...]


[1] Auf das gespannte Verhältnis zwischen Philosophie und Naturwissenschaft sowie auf die kritischen Bemerkungen insbesondere zum Hegel´schen Idealismus, welcher sich laut Helmholtz anmaßte, die Philosophie über die Naturwissenschaft erheben zu wollen, werde ich aus quantitativen Gründen nicht genauer eingehen; vgl. Helmholtz, Hermann von, „Über das Sehen des Menschen“, S. 13 - 15

[2] ebd. , S. 15, Zeilen 8 - 10

[3] ebd., S. 15, Zeilen 16/17

[4] ebd., S. 15, Zeilen 45+46

[5] ebd. , S. 16 oben

[6] In der noch einfacheren Form der Camera Obscura wird auf eine Glaslinse verzichtet.

[7] Diesbezüglich entwickelte Helmholtz den sogenannten Augenspiegel, ein Gerät in der Optik, welches dem Mediziner ermöglichte, die kopfstehenden Bilder auf der Retina eines Patienten zu sehen; ebd., S. 16 unten

[8] Wie das scharfe Fixieren von Gegenständen im Zusammenspiel mit der Tätigkeit des Gehirns tatsächlich vor sich geht, kann jedoch nicht eindeutig geklärt werden; vgl. ebd., S. 17, Zeile 8

[9] ebd., S. 17, Zeilen 16+17

[10] ebd. , S. 17, Zeilen 42 - 44

[11] An späterer Stelle wird sich zeigen, dass Helmholtz hier irreführend formuliert, da er nicht meint, dass das Auge den Gegenstand sieht, sondern, dass der Mensch mittels des Auges als Sinnesorgan sieht. Das Auge an sich verfügt nicht über tatsächliche Sehfähigkeit im Sinne von Erkennen eines Gegenstandes verfügt, wenn seine Reize und empfangenen Abbilder nicht an das Gehirn weitergeleitet und verarbeitet werden können.

[12] ebd., S. 19, Zeilen 29 - 31

[13] ebd. , S. 18, Zeilen 51+52

[14] ebd. , S. 19, Zeile 32 ff.

[15] ebd. , S. 19, Zeilen 49+50

[16] ebd. , S. 20, Zeile 4 ff.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Zu: Hermann von Helmholtz "Über das Sehen des Menschen"
Hochschule
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover  (Philosophisches Seminar)
Note
2,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
14
Katalognummer
V40556
ISBN (eBook)
9783638390484
ISBN (Buch)
9783638802192
Dateigröße
483 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Dichter Text - einzeiliger Zeilenabstand
Schlagworte
Hermann, Helmholtz, Sehen, Menschen
Arbeit zitieren
Magister Silke Labudda (Autor:in), 2004, Zu: Hermann von Helmholtz "Über das Sehen des Menschen", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/40556

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