Das Mäzenatentum


Hausarbeit (Hauptseminar), 2003

24 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung

2 Geschichtliche Entwicklung des Mäzenatentums
2.1 Das antike Griechenland
2.2 Rom und Maecenas
2.3 Das Mittelalter
2.4 Die frühe Neuzeit bis zum Deutschen Kaiserreich
2.5 Die Moderne

3 Mäzen und Sponsor. Eine Abgrenzung

4 Wer wird Mäzen? Zur Motivlage

5 Mäzen versus Sponsor

6 Formen der Förderung
6.1 Die Förderung des Literaturproduzierenden
6.1.1 Förderung von literarischen Leistungen
6.1.2 Literaturpreise
6.1.3 Autorenausbildung
6.1.4 Monetäre und sachliche Unterstützung
6.2 Förderung von Literaturproduktion
6.2.1 Publikationsförderung
6.2.2 Verbesserung der Transparenz des Literaturmarktes
6.2.3 Literarische Breitenveranstaltungen
6.2.4 Literaturkritiken

7 Zusammenfassung

Literatur

„Sint Maecenates, non deerunt (...) Marones“[1]

1 Einleitung

Mäzene begegnen über die Jahrhunderte hinweg immer wieder; sie fördern Künstler und ihre Kunst und haben somit einen wichtigen Anteil am künstlerischen und damit kulturellen Leben einer Nation. Pessimisten sehen das Mäzenatentum infolge der gesamtsozialen Entwicklung bereits gänzlich aus Europa verschwunden und glauben den Mäzen ganz mit dem antiken Griechenland und dem augusteischen Rom verbunden oder doch wenigstens mit der Renaissance oder dem Barock und nicht mit dem modernen Kapitalismus.[2]

Die Motive der Mäzene sind dabei vielfältig, ihnen allen jedoch ist gemein, daß sie die Kunst um der Kunst willen fördern; selbstlose und altruistische Motivation steht dabei im Vordergrund und nicht in erster Linie „Bereicherung“ oder „Gewinn“, was im allgemeinen dem Sponsor zugeschrieben wird. Um Beweggründe und Ausprägungen des Mäzenatentums klar werden zu lassen, muß natürlich auch der Mäzen vom Sponsor unterschieden werden und die verschiedenen Möglichkeiten der Förderung von Schriftstellern aufgezeigt werden. Auch die Motive, von denen sich Mäzene leiten lassen, sollen in Kürze vorgestellt werden.

Obwohl man heute gemeinhin nur noch Sponsoren zu treffen meint und sich der Begriff des Mäzens von einem Förderer aus der Zeit des römischen Prinzipats ableitet, gibt es sie bis heute. Daher soll die Geschichte des Mäzenatentums über die Jahrhunderte hinweg verfolgt werden und dabei sollen auch einige Mäzene und ihre Günstlinge exemplarisch vorgestellt werden. Die geschichtliche Entwicklung des Mäzenatentums erhebt dabei natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit; auch schon vor der klassischen Antike mag es Mäzene gegeben haben, denen an der Förderung von Kultur lag und auch außerhalb Europas finden sich schon seit langem Beispiele für mäzenatisches Handeln.

2 Geschichtliche Entwicklung des Mäzenatentums

2.1 Das antike Griechenland

Das antike Griechenland brachte eine ganze Reihe herausragender Schriftsteller hervor; vermutlich gab es eine ganze Reihe von Autoren, die von adeliger Herkunft waren, so Alcaeus, Sappho, Ibycus und vermutlich auch Pindar[3] ; eine Vielzahl von Autoren waren jedoch auf Förderung angewiesen, da sie ihren Lebensunterhalt bestreiten mußten.

Dabei ist besonders bemerkenswert, daß literarisches Schaffen und die Förderung der Kunst nicht so sehr mit der Demokratie, sondern in erster Linie mit der Tyrannis verbunden ist. Die Tyrannen waren die großen Gönner und Förderer der Kunst, dabei sind besonders stechen besonders zwei als Förderer von Literatur heraus: Polycrates von Samos und Hieron von Syracus, der Pindar bei sich am Hof aufnahm. Polycrates, der 540 v.Chr. Tyrann von Samos wurde, versammelte an seinem Hof berühmte Schriftsteller wie Ibycus und Anacreon; Ibycus verließ die Kolonie Rhegium in Italien, um an den Hof Polycrates zu kommen, wahrscheinlich sogar auf Einladung des Herrschers. Neben den Poeten versammelte der Tyrann auch Ärzte, Architekten und Bildhauer in seinem Palast. Ibycus schrieb einen Großteil seiner Choräle auf Samos, einige davon wohl auch auf Betreiben des Polycrates oder seines gleichnamigen Sohnes hin.

Deutlichere Einflüsse von „Auftraggebern“ finden sich im Hellenismus; so schreiben Theocrit und Callimachus Verse, in denen sie Hieron II und Ptolemäus Philadelphus feiern. Bemerkenswert ist, daß sich diese Gedichte qualitativ nicht von denen unterscheiden, die auf eigene Initiative der Poeten entstanden.[4]

2.2 Rom und Maecenas

Obwohl in Rom auch schon vor der Zeit des Augustus Freunde der Dichtung die Poeten förderten, wie z.B. der jüngere Scipio, soll zunächst etwas näher auf Maecenas eingegangen werden, da sich der Terminus Mäzen sich von dem römischen Ritter Gaius Cilnius Maecenas (ca. 70 v.Chr. – 8v.Chr.) ableitet.

Maecenas entstammte einem vornehmen etruskischen Geschlecht aus Arretium (Arezzo); die Familie des Vaters war bereits seit Generationen in Rom ansässig und gehörte dem Ritterstand an. Früh war er schon befreundet mit Octavian, so kämpfte er 42 bei Philippi auf Seiten der Triumvirn und erhielt für seine Verdienste das Vermögen des hingerichteten Republikaners Marcus Favonius. Im folgenden wurde er wiederholt mit diplomatischen Missionen betraut, so vermittelte er unter anderem zwischen Marcus Antonius und Octavian (40 v.Chr.) und war maßgeblich am Zustandekommen des Vertrages von Tarent (37 v.Chr.) beteiligt. Nach der Errichtung des Prinzipats und der Verleihung des Ehrentitels Augustus an Octavian blieb Maecenas dessen intimster Ratgeber, jedoch ohne jemals ein offizielles Amt zu bekleiden. Neben seinem immensem persönlichen Einfluß hatte er unbeschränkten Einblick in die Korrespondenz Augustus und durfte sogar seinen Siegelring benutzen; ab 46 v.Chr. vertrat er den Prinzipat sogar während dessen Abwesenheit in Rom.

Maecenas versuchte sich selbst auch als Schriftsteller und verfaßte auch eigene Gedichte und Dialoge, darunter ein Symposion, in dem Vergil, Horaz und Mesalla auftreten, er konnte literarisch aber nicht überzeugen. So nannte Augustus Maecenas Werk „parfümiertes Stilgekräusel“[5] ; seine Werke sind nur bruchstückhaft überliefert[6] und trotzdem konnte er als Schriftsteller die Schöpfungen seiner Schützlinge nicht nur fördern, sondern auch mit Sachverstand beurteilen.

Ungleich erfolgreicher war Maecenas bei der Förderung anderer: zu seinen Schützlingen gehörten einige der bedeutendsten Schriftsteller seiner Zeit wie zum Beispiel Vergil, Horaz oder Properz.[7]

Maecenas Nachruhm beruht wohl vor allem auf der Verflechtung seines zielgerichteten Literaturmanagements mit der gesellschaftlichen Rolle als Staatsmann; Einfluß und kultureller Standard waren für ihn untrennbar verbunden. Die geistig – künstlerische Kommunikation der Literaten war für ihn ein Machtmittel und so zog er bereits bekannte und bewährte Dichter heran, um sie in die Bahnen der augusteischen Politik zu drängen und somit eine „offizielle Presse“ zu erzeugen. Dies gelang ihm jedoch nur in Maßen, denn die Dichter lassen sich nicht immer beeinflussen. „Ihre Gedichte sind – gleich der freundlich ausführlichen Darlegung des Properz: >>Heldengesänge zu dichten, suchst du mich stets zu bereden<< - voll von ausweichenden und entschuldigenden Absagen.“[8]

Die Verflechtung von privatem und öffentlichem Leben steigerte den Einfluß und die Macht des Maecenas; sein privates Wohl war untrennbar mit seiner gesellschaftlichen Aufgabe verbunden. So kann Properz schließlich nichts Rühmlicheres finden als: „Er war einer der Freunde des Maecenas.“[9] Fast jeder von Maecenas Schriftstellern lobt die guten Taten Maecenas[10] ; Horaz verehrt Maecenas und schreibt salbungsvolle Verse zu seinen Ehren:

„Nicht schwachen Schwungs und nicht in gemeinem Flug

Schweb´ ich empor, ein Sänger in Zwiegestalt,

Durchs lichte Blau, weil´ länger nicht auf

Erden und lasse die Städte liegen,

Entrückt dem Neid; ich ärmlicher Sohn,

Den du in deine Kreise berufen hast,

Mäcen, mein Freund, nicht werd´ sterben,

Nimmer wird stygische Flut mich fesseln“[11]

Horaz, dessen Eltern Freigelassene waren, hätte ohne die Unterstützung Maecenas wohl kaum die Mittel gehabt, um als Literat tätig zu sein und dazu noch Grundbesitz erwerben können, wie das von ihm innig geliebte Sabinum, das sabinische Landgut, das Maecenas ihm zum Geschenk machte. Zuletzt bat dieser Augustus noch kurz vor seinem Tod: Des Horaz nimm dich an, als ob ich es selber wäre.[12]

Obgleich nicht abschließend geklärt ist, ob Maecenas Gegenleistungen für seine Förderung erhalten hat und wenn ja, in welcher Form, zeugen doch die Schriften seiner Protegés immer noch von Maecenas Wirken. Durch sein Literaturengagement konnte er die gegensätzlichen Bereiche der Politik, Kultur und des sozialen Lebens verknüpfen. Die Literaturförderung als Kommunikationstechnik und Machtmittel wandten im folgenden auch andere an; so versammelten auch Justinian, Marc Aurel und Hadrian Dichter und Gelehrte um sich.[13]

2.3 Das Mittelalter

„Literatur war im Mittelalter, wo sie außerhalb von Kirchen und Klöstern begegnet, fast überall ein Attribut von Herrschaft. Sie diente der Legitimierung und der Verherrlichung derer, die in der Lage waren, die hohen Produktionskosten zu bestreiten. Auch die Rolle des Gönners war eine Form herrscherlicher Repräsentation. Dichter an seinem Hof zu unterhalten, erhöhte ebenso den eigenen Ruhm wie jede fromme Stiftung und jede kostbar ausgeschmückte Handschrift.“[14]

So knüpfte schon Karl der Große an die Tradition der römischen Kaiser an und versammelte Schriftgelehrte um sich und rief eine Akademie ins Leben. Auch im folgenden blieben die Fürstenhöfe literarische Zentren, denn das besondere literarische Kennzeichen des Mittelalters war die Auftragsdichtung. Größere Werke können nur dann neu entstehen, wenn auch Abnehmer existieren; dies steht im Gegensatz zur über die Jahrhunderte mündlich tradierten Dichtung, die zum Zeitpunkt ihrer Niederschrift bereits bekannt sind. Die Literatur war weniger Inspirationsdichtung denn ein Produkt dessen, was das höfische Publikum zu hören wünschte und zu fördern bereit war. Entweder die Schreibenden waren reiche Dilettanten[15] oder aber Berufsdichter, die durch Mäzene gefördert werden mußten.

In der Stauferzeit war die gesellschaftliche Funktion der Dichtung fest verankert und trug zur vreude bei den höfischen Festen bei. Reiche Höfe nahmen die Berufsdichter eine Zeitlang in ihr Hofgesinde auf und ermöglichten ihnen, dort zu schreiben. Die Fürsten schlugen Stoffe vor, besorgten Vorlagen, beschafften Pergament und ließen Handschriften anfertigen. Vermutlich versuchten die adeligen Auftraggeber auch hin und wieder, Einfluß auf das Werk zu nehmen. So hat beispielsweise Heinrich der Löwe darauf bestanden, daß der deutsche Lucidarius in Prosa abgefaßt wird und nicht – wie es der Verfasser ursprünglich vorgesehen hatte – in Versen; so berichtet es wenigstens die gereimte Vorrede.[16]

Die Anwesenheit eines oder gar mehrerer „Hofdichter“ wurde schnell zu einer Prestigesache; so zwang der thüringische Fürst Heinrich den Dichter Heinrich von Veldeke, seinen Aeneasroman (1175 – 1184) an seinem Hof fertigzustellen, indem er das begonnene Werk einfach an sich und die Herausgabe verweigerte.[17] Die fahrenden Dichter konnten den Ruhm einzelner Höfe verbreiten und so mitunter sogar mehren. Die Fürsten waren auf diesen wichtigen kulturpolitischen Aspekt angewiesen, da sie ihren ehrenvollen Ruf dringend brauchten, um sich politisch zu halten.

Die Berufsdichter waren einem wechselvollen Schicksal unterworfen, immer auf der Suche nach Gönnern, die ihr Schreiben finanzierten und Abnehmer waren für ihre Dichtung und abhängig von den Launen und der milte fürstlicher Förderer.[18] So auch Walther von der Vogelweide, der im Laufe seiner Schriftstellerkarriere viele Stationen und Förderer erlebt hat. Zunächst war der wünneclîche hof ze Wiene Walthers erste dichterische Heimat, bis 1197 Walthers Gönner, Herzog Friedrich IV von Österreich, auf einem Kreuzzug starb. Nachdem Friedrichs Nachfolger, Leopold V, dem Dichter seine Gunst entzogen hatte, begann für Walther ein dreißigjähriges Wanderleben. Er hielt sich bei König Philipp von Schwaben, Kaiser Otto IV, Landgraf Hermann von Thüringen, Markgraf Dietrich von Meißen und Bischof Wolfger von Passau auf. Erst Kaiser Friedrich II, der erkannte, daß das dichterische Werk Walthers auch ihm zur Ehre gereichte, übereignete dem Dichter im Jahr 1220 in der Nähe von Würzburg ein Reichslehen: „Ich hân mîn lehen, al die werlt, ich hân mîn lehen“.[19]

Die Künstler des Mittelalters konnten so wirtschaftliche Freiheit erringen, aber kaum künstlerische. Sie waren abhängig von ihren Mäzenen, die sie jedoch nicht ausschließlich aus altruistischen Motiven heraus förderten. Nicht allein das Streben und Verlangen nach Kultur trieb die Auftraggeber des Mittelalters, sondern auch der Wille nach Vermehrung ihrer Macht, ihres Ansehens und Einflusses. Im Spätmittelalter kam neben den Fürsten ein weiterer Auftraggeber hinzu: das Stadtbürgertum. Dieses hatte sich im Laufe des Hohen Mittelalters herausgebildet und verlieh seinem neuen Selbstbewußtsein Ausdruck durch das Schaffen – oder Schaffenlassen – von kulturellen Errungenschaften. Damit vollzog sich der Schritt hin vom eher kleinen Publikum der Fürstenhöfe zum großen Massenpublikum der Neuzeit.

[...]


[1] Martial 8,56,5: Wenn es Mäzene gibt, dann wird es auch an Vergilen nicht fehlen.

[2] Vgl. dazu auch Wiese, S. 3f

[3] Vgl. Gold, Literary Patronage, S. 18

[4] Vgl. Gold, Literary Patronage, S. 18ff.

[5] Sueton, De vita Caesarum 2,86,2

[6] Vgl. Schmalzriedt

[7] Quintus Horatius Flaccus (65 – 8 v.Chr.), Publius Vergilius Maro (70 – 19 v.Chr.), Sextus Propertius (?50 - ?15 v.Chr.)

[8] Eppelsheimer, S. 120

[9] ebd. S. 121

[10] Vgl. z.B. zu Properz „Lobeshymnen“ Gold, Propertius.

[11] Horaz, Carmina 2,20: „Non usitata nec tenui ferar/pinna biformis per liquidem aethera/vatus neque in terris morabor/ longius invidiaeque maior// urbis relinquem. Non ego, pauperum/sanguis parentum, non ego, quem vocas,/ dilecte Maecenas obibo/ nec Stygia cohibebor unda.“ Übersetzung bei Färber, S. 103f.

[12] Horati Flacci, ut mei, memor esto. Eppelsheimer, S. 121

[13] Vgl. auch Pohl, S. 16 - 18

[14] Bumke, S. 65

[15] So z.B. Adelige wie Kaiser Heinrich VI oder Ministeriale wie Hartmann von Aue

[16] Zur Rolle der Auftraggeber bei der Stoffwahl und ihrer Einflußnahme vgl. Bumke, S.65ff

[17] Heinrich von Veldeke, Eneit, 352,19- 354,1

[18] Vgl. Bumke, S. 68ff. Eine Vielzahl von epischen und lyrischen Texten verschiedenster Autoren wie Wolfram von Eschenbach, Gottfried von Straßburg, Walther von der Vogelweide oder Konrad von Würzburg zeugen von der großen Rolle der Gönner in der mittelalterlichen Literaturproduktion.

[19] Vgl. Hoffmann, S. 50ff

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Das Mäzenatentum
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Veranstaltung
Deutschsprachige Literaturnobelpreisträger
Note
1,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
24
Katalognummer
V40585
ISBN (eBook)
9783638390736
Dateigröße
521 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Mäzenatentum, Deutschsprachige, Literaturnobelpreisträger
Arbeit zitieren
Kathrin Lamm (Autor:in), 2003, Das Mäzenatentum, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/40585

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