Forschung zum Thema Antisemitismus bewegt sich auf einem sensiblen Gebiet: Die methodische Erfassung von antisemitischen Einstellungen und Verhaltensweisen ist mit zahlreichen Schwierigkeiten behaftet und die Ergebnisse werden schnell von unterschiedlichen Gruppierungen vereinnahmt.
In der BRD der 80er Jahre zeigten Umfragen zwar einen Rückgang antisemitischer Einstellungen im Vergleich zum Kriegsende. Ein "harter Kern" bestand jedoch weiterhin, der demografisch eher bei den Älteren und weniger Gebildeten einzuordnen ist.
Die DDR als offiziell antifaschistischer Staat führte keinerlei Studien über Antisemitismus ihrer Bürger durch. Direkt nach der Wende zeigte sich in Umfragen jedoch ein niedrigeres Ausmaß an Antisemitismus als im Westen.
Mit der Wiedervereinigung lässt sich einerseits Kontinuität feststellen: Langfristig scheint weiter ein Rückgang zu bestehen. Andererseits zeigt sich eine negative Einstellungsentwicklung im Osten bei jüngeren, wenig gebildeten Männern, die oft mit Ausländerfeindlichkeit und rechtsextremen Einstellungen korreliert. Vorwiegend diese Gruppe bringt xenophobe Gewalttäter hervor. Sowohl antisemitische als auch rechtsextreme Straftaten nahmen Ende der 90er Jahre weiterhin zu.
Mögliche Ursachen dieser Entwicklung werden als Folge der Wiedervereinigung bzw. der Wende diskutiert:
Zum Verlust der sozioökonomischen Sicherheit kam die ideologische Verunsicherung vieler Ostdeutscher, eine aufgeheizte Debatte um das Asylrecht und das sich erst wieder im Aufbau befindliche Justiz- und Polizeisystem.
Zudem könnte die Wiedervereinigung katalysatorisch auf gesteigerten Nationalismus gewirkt und damit den sogenannten "Sekundären Antisemitismus" verstärkt haben.
Hinzu kommt, dass in der DDR keine Debatte um eigene Schuld und Verantwortung stattfand, dass durch die starke Abschottung nach außen keine Erfahrung mit Integration gemacht wurde und dass in der sozialistischen Diktatur keine Meinungspluralität existierte, was zu bestimmten Verhaltensdispositionen führen kann.
Zur weiteren Eindämmung von Antisemitismus müssten möglichst viele der genannten Aspekte berücksichtigt werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Einordnung und Definition des Themas
- Methodische Probleme
- Die Situation vor der Wiedervereinigung
- Antisemitismus in der BRD der 80er Jahre
- Antisemitismus in der DDR
- Effekte der Wiedervereinigung
- Kontinuität
- Veränderungen
- Mögliche Ursachen der Effekte
- Zusammenfassung und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit untersucht die Auswirkungen der deutschen Wiedervereinigung auf den Antisemitismus in der Bundesrepublik Deutschland. Sie beleuchtet die Situation vor der Wiedervereinigung, analysiert Kontinuitäten und Veränderungen im Kontext der Einheit und diskutiert mögliche Ursachen für diese Effekte.
- Antisemitismus in der BRD und der DDR vor der Wiedervereinigung
- Effekte der Wiedervereinigung auf antisemitische Einstellungen und Verhaltensweisen
- Mögliche Ursachen für Veränderungen im Antisemitismus
- Methodische Herausforderungen bei der Erforschung von Antisemitismus
- Bedeutung von historischen und gesellschaftlichen Kontexten für den Antisemitismus
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung definiert den Antisemitismus und erläutert die methodischen Herausforderungen bei seiner Erforschung. Sie stellt die Frage nach den Auswirkungen der Wiedervereinigung auf den Antisemitismus in der BRD. Das zweite Kapitel beleuchtet die Situation vor der Wiedervereinigung, indem es den Antisemitismus in der BRD der 1980er Jahre und in der DDR untersucht. Das dritte Kapitel fokussiert auf die Effekte der Wiedervereinigung, analysiert Kontinuitäten und Veränderungen im Antisemitismus und betrachtet mögliche Ursachen dafür. Die Hausarbeit endet mit einer Zusammenfassung und einem Ausblick.
Schlüsselwörter
Antisemitismus, Wiedervereinigung, Bundesrepublik Deutschland, DDR, Kontinuität, Veränderung, Ursachen, methodische Probleme, Umfragen, Stereotype, soziale Ablehnung, Diskriminierung, Holocaust.
- Quote paper
- Sabine Pfisterer (Author), 2002, Effekte der Wiedervereinigung auf Antisemitismus in der BRD, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/40813