Diese Arbeit beinhaltet die Bedeutung und Entwicklung des Familiengottesdienstes, eine Situationsanalyse zur Zielgruppe Familie, Aufbau und Besonderheiten in der Gestaltung einzelner Feierelemente, Verschiedene Typen von Familiengottesdiensten. Zum Schluss wurde ein Handout für dieses Thema als Referat beigefügt.
Inhaltsverzeichnis
1. Die Bedeutung und Entwicklung des Familiengottesdienstes
2. Situationsanalyse zur Zielgruppe Familie
3. Ziele und Aufgaben des Familiengottesdienstes
4. Aufbau und Besonderheiten in der Gestaltung einzelner Feierelemente
5. Verschiedene Typen von Familiengottesdiensten
6. Handout
Literaturverzeichnis
1. Die Bedeutung und Entwicklung des Familiengottesdienstes
- Familiengottesdienst hat sich etabliert zu einer der wichtigsten Formen eines alternativ gestalteten Gottesdienstes, der auf die Bedürfnisse einer bestimmten Gemeindegruppe (Familie) zugeschnitten ist.
- Erste Versuche von FG bereits in den 50er Jahren, allerdings wurde FG hier eher als Hauptgottesdienst verstanden, der durch einige Straffungen und Kürzungen (z.B bei Lesungen und Predigt) „kindgerechter“ gemacht wurde → agendarische Form der Liturgie wurde also nicht hinterfragt; gemeinsam erlebter FG in gewohnter Form sollte dafür sorgen, dass Kinder in den geordneten Verlauf der Liturgie hineinwachsen.
- Erst in den 60er und frühen 70er Jahren: Einzelne Gemeinden beginnen damit stärkere Eingriffe in den liturgischen Ablauf vorzunehmen, eine spezielle FG-Liturgie zu entwickeln oder die liturgische Gestaltung von einem bestimmten Thema her zu konzipieren. → → Einbringung moderner Medien/ Rhythmen, gelockerte Umgangsformen, auf Verständ-lichkeit bedachte, moderne Sprache usw.
- Problem: Der spezifische Charakter des GD drohte unter daraus entstehendem, unange-messenen Aktionismus und Verbalismus (Neigung der Formulierung der Sache mehr Wert beizumessen als der Sache selbst) zu verblassen.
- 80er Jahre: Gesellschaftlicher Mentalitätswandel wird auch in den Gemeinden sichtbar: Öffnung vieler Gemeinden für das Abendmahl mit Kindern → wieder stärkere Berücksichtigung der überlieferten, liturgischen Grundstrukturen → Betrachtung der „alten“ liturgischen Elemente nicht nur als Verstehensproblem, sondern primär als Chance
- Heute: Sinus-Mileu-Studie zeigt: Besonders in Gemeinden, die hauptsächlich vom Mainstream-Milieu geprägt sind (Bürgerliche Mitte), wird der Familiengottesdienst offensichtlich sehr gut angenommen (vgl. Regelmäßigkeit und Häufigkeit!)
- Grund: Diese Gottesdienstform entspricht ihrer Wunschvorstellung von Kirche als familiäre Nahwelt bzw. als erweiteter Familienkreis vor Ort, der fortschrittlich sowie kind- und familienbezogen ist.
- Da Bürgerliche Mitte 15% des gesamten Bevölkerungsanteils ausmachen (Größtes Milieu!), sollte man über Formen wie etwa den Familiengottesdienst versuchen, diese Menschen zu gewinnen – sprich: Liturgie familienbezogen und kindgerecht zu gestalten
2. Situationsanalyse zur Zielgruppe Familie
- Familien unserer Tage sind mit komplizierten inneren und äußeren Prozessen konfrontiert, die in den letzten Jahrzehnten zu einem familiären Wandel geführt hat.
- Funktionswandel: Verlust früherer Funktionen von Familie z.B durch die Übernahme erzieherischer Teilverantwortung (z.B. durch Kinderkrippen, Kindergärten, Verbände), was Zeichen einer zunehmenden gesellschaftlichen Differenzierung unterschiedlichster Funktionen von Familie ist → Innere Veränderungen:
- Überlieferte Normen und Verhaltensmuster verlieren ihre selbstverständliche und prägende Kraft
- Patriachalische Autoritätsstruktur zerbricht immer stärker → Neue Formen von Autorität
- Durch das Wegfallen vieler gesellschaftlicher Funktionen von Familie konzentrieren sich die Ansprüche heute vor allem auf den emotionalen Bereich → Chance, da gerade in der Familie partnerschaftlicher Umgang miteinander gelernt und ein Klima geschaffen werden kann, in dem man sich emotional begegnet und bereichert – aber auch Gefahr der Überansprüche, die nicht erfüllt werden können → Krisenpotential! (Familien werden zu „Patienten“, weil z.B. Kommunikation erheblich gestört ist!)
- d.h. Nicht Familie als Lebensform steht in Frage, vielmehr verliert das traditionelle Familien-modell mit dauerhaften Regeln und klarer Hierarchie an Bedeutung und wird vom Modell der „Verhandlungsfamilie“ abgelöst. Hier wird nicht von elterlicher Seite ein Regelwerk vorgelegt, sondern zwischen Eltern und Kindern abgestimmt, ausbalanciert und verhandelt
Kinder mehr Mit- und Selbstbestimmungsrecht: Deutlich mehr Handlungsspielräume und
Entscheidungsmacht
- Zudem: Zunahme der nicht-traditionell strukturierten Familien: Unübersichtlichkeit bzgl. der Institution Familie durch Scheidung, Wiederverheiratung, Verzicht auf Eheschließung usw.
→ Blick auf die reale Lage vieler Familien ist für die Gestaltung der FG und anderer Gemeinde-angebote für Familien sehr wichtig, denn sie sollten Veranstaltungen für Familien im Heute sein, d.h.
- in den Themen der Verkündigung, den liturgischen Texten/Liedern sollten nicht unwirkliche Ideale gefeiert, sondern die tatsächlichen Verhältnisse angesprochen und wirklichkeits-nahe, umsetzbare Lösungswege aufgezeigt werden.
- Die Verantwortlichen müssen prüfen, ob sie mit bestimmten familiären Leitbildern, die anklingen, unbewusst z.B. alleinstehende Mütter, Geschiedene oder Eltern, die sich in Sachen des Glaubens nicht einig sind, diskriminieren
- hinsichtlich der Motivation muss sich gefragt werden, ob durch die Gestaltung nicht nur die Eltern, sondern ebenso auch die Kinder für den Familiengottesdienst motiviert werden können. (Wenn Wille zur Teilnahme zu einseitig von den Eltern ausgeht, wird sich Kind angesichts seiner wachsenden Selbstbestimmung über Freizeitaktivitäten bald dem gemeinsamen Gottesdienstgang entziehen!)
3. Ziele und Aufgaben des Familiengottesdienstes
- Ableitung der Ziele und Aufgaben durch genaueren Blick auf den Begriff FG und seine Bedeutung → zwei unterschiedliche Positionen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
- Trotz Unterschiede stehen sich die beiden Positionen nicht gänzlich konträr gegenüber:
- Zielgruppenorientierter Ansatz darf nicht als Ausgrenzung der übrigen Gemeinde verstanden werden (Jeder darf zu FG kommen, wenngleich hier der GD auf besondere Weise auf die Situation der Familien bezogen wird)
- Die Einzelfamilie wird also quasi trotz Zielgruppenorientierung in die Gemeinschaft mit den anderen gestellt → Der FG ist damit nicht nur Versammlung einer isolierten Gruppe, sondern wird als Gruppe von Kleinfamilien in den Horizont der Großfamilie Gottes gestellt
→ FG also als voll gültiger GD anzusehen, denn auch hier passiert alles, was in jeden GD passiert: Gebet, Lob, Klage, Kommunikation → Es ist deswegen theologisch fragwürdig einem GD einen „Ziele und Aufgaben-Katalog“ voranzustellen.
→ Aber es ist sinnvoll, sich die Chancen zu verdeutlichen, die gerade ein FG nutzen oder verspielen kann:
→ Ziele und Aufgaben
- Im FG kann das familiäre Leben im Licht des Evangeliums dargestellt und bedacht werden
- Evangelium soll klärend, ermutigend oder versöhnend in eine konkrete Situation treffen: Deshalb soll auch im FG familiäre Situationen (Konflikte, Dialoge, Auswegslosigkeiten und Neuansätze) in Form von Anspielen oder Erzählstücken zur Predigt vor Augen und Ohren geführt werden
- Eigene familiäre Probleme können, wenn man es im Zuschauerraum betrachtet, ganz anders wahrgenommen werden und so kann der FG und seine Inhalte oftmals als wichtiger Impuls von außen zum notwendigen, klärenden Gespräch hinsichtlich des eigenen familiären Problems fungieren.
- Oft beschäftigen die Themen des FG insbesondere Kinder noch über den GD hinaus, wodurch das Thema in den Familien Fortgeführt oder neu aufgenommen wird.
- Im FG kann eine generationsübergreifende Sprache des Glaubens gesucht und gefunden werden
- Immer seltener wird zuhause über Fragen des Glaubens gesprochen und wo sie stattfinden, drohen sie oft zu versickern, weil man sich nicht versteht → Sprachfähigkiet in Glaiubensdingen als fundamentale Voraussetzung um gemeinsam glauben leben und lernen zu können
- Von der Vorbereitung bis zur Feier kann beim FG nach einer solchen Sprache gesucht werden (z.B. durch das Aufgreifen von Formulierungen/Liedzeilen/Gebete, die die Kinder bereits aus anderen Zusammenhängen kennen und die sich auch für die Erwachsenen als tragfähig, tiefgründig und zutreffend erweisen
- Der FG kann die verschiedenen Generationen als Glaubende einander erkennbar machen
- Viele Kinder erleben im FG ihre Eltern in einer zu Hause eher unüblich gewordenen Haltung: Sie singen mit, falten die Hände, gehen zur Kommunion – andere Kinder nehmen vllt. auch wahr, dass ein Elternteil das gottesdienstliche Angebot mehr annimmt als das andere. → Die Kinder lernen also woran sie auch in Glaubensangelegenheiten mit ihren Eltern sind.
- Da sich Gaubensentscheidungen weniger durch intellektuelle Belehrung, sondern mehr durch emotionale Beziehung und Vorbildwirkung positiv oder negativ beeinflussen lässt, ist die im FG sichtbar werdende Haltung der Eltern für die Kinder entscheidend (gilt andersherum natürlich auch!)
- → Eltern und Kinder lernen sich besser kennen im Kontext Glauben und wer sich besser kennt, kann besser und intensiver miteinander kommunizieren
- FG kann einen Zugang zum GD überhaupt erst eröffnen
- Manche Eltern haben vllt erstmalig über ihre Kinder im Vorschulkreis der Gemeinde Kontakt zur Kirche gefunden.
- Andere verstehen sich vllt schon immer als Christen, aber hatten bisher eben noch keinen inneren Zugang zum GD.++
- So bildet für manche Erwachsene der FG, zu de besonders eingeladen und in dem das eigene Kind mitwirkt, einen ersten Zugang zum GD darstellt
- Verständliche Sprache, warme Atmosphäre, gemeinschaftsstiftende Elemente können genau solchen Menschen helfen sich bald nicht mehr fremd fühlen zu müssen.
- Und möglicherweise kann so für einige auch der Weg eröffnet werden, auch zu anderen GD und Gemeindeveranstaltungen Zugang finden zu können.
- FG kann Isolation überwinden und Begegnungen ermöglichen
- FG vereint „vollständige“ Familien, „Rumpf-Familien“ und andere Gemeindemitglieder (auch manche Alleinstehende)
- Man feiert gemeinsam vor dem einen Herrn, unter dem einen Evangelium, kommuniziert gemeinsam → Stärkung der Kommunikation und der Gemeinschaft untereinander → macht Mut sich auf die Begegnung mit Gott und die Begegnung untereinander einzulassen (z.B durch Hände halten während des GD oder kommunikativer Austausch durch Begegnungsformen nach dem FG, z.B gemeinsame Mahlzeit
- Der FG kann so den Tendenzen zur Isolation der Kleinfamilien entgegenwirken und helfende Beziehungen untereinander stiften
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- Quote paper
- Julia Siegert (Author), 2018, Familiengottesdienst. Liturgietheologie und Feierpraxis, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/412044
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