Nach der eingeleiteten Glasnost und Perestroika von Michael Gorbatschow entwickelte sich noch zu Zeiten der Sowjetunion ein transitiver Prozess der nach Anliegen des KPdSU Chefs zwar nicht zu einem Zusammenbruch der Union führen sollte, jedoch den Weg zur Demokratisierung der einzelnen Teilstaaten ebnete. Mit der Transformationswelle des gesamten Ostblocks nach dem Zerfall der UdSSR Ende des Jahres 1991 bestand das Potenzial zur Ausbildung aussichtsreicher, dem westlichen Modell entsprechender Demokratien. Blickt man dabei auf den völkerrechtlichen Nachfolgestaat der Sowjetunion – Russland – erscheint jedoch ein neuer Typ der Systemtransformation, der in seiner Form nicht den klassischen politikwissenschaftlichen Denkmustern bis dato entsprach.
Mit Boris Jelzin betrat eine Figur die politische Bühne, die unvergleichbar den Ablauf der Transformation beeinflusste. Der von Gorbatschow nach Moskau geholte charismatische Gebietsparteisekretär sollte den Erfolg der Perestroika mittragen, etablierte sich jedoch bald als Kontrahent seines Befürworters und als demokratischer Reformer des alten Systems. Er genoss als Spitze der Bewegung „Demokratisches Russland“ eine politische Autorität, die ihn zum ersten frei gewählten Präsident 1991 machte und ihn dazu befähigte sich den regressiven Putschisten im August desselben Jahres in den Weg zu stellen. Allerdings konnte er die mit ihn verbundenen westlichen Hoffnungen einer vollständigen Demokratisierung nicht erfüllen.
In dieser Arbeit sollen eben jene Defizite des politischen Systems in Bezug auf den Präsidenten elaboriert werden. Es wird sich herausstellen, welche Umstände letztendlich die Schaffung einer funktionalen Demokratie verhinderten und wie sich diese Mängel im politischen System wieder finden. Im Anschluss daran widmet sich diese Untersuchung Jelzins Nachfolger, Wladimir Putin.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das Erbe der Ära Jelzin
- Verfassungsgebung unter Dominanz des Präsidenten
- Doppelherrschaft von Präsident und Vetoakteuren
- Verfassung vom 12.12.1993
- Rolle des Präsidenten im politischen System
- Verfassungsrechtliche Kompetenzen
- Der Präsident als „Vierte Macht“
- Russland ab 1993 – postsowjetische Autokratie?
- Verfassungsgebung unter Dominanz des Präsidenten
- Wladimir Putins erste Amtszeit 2000-2004
- Installation des Jelzin Nachfolgers und Wechsel in der Parteienstrategie
- Die „Übergabe“ des Präsidentenamtes
- Der Umgang mit Parteien
- Die Konzentration der Staatsmacht
- Die Rezentralisierung der Macht und Autonomie der Regionen
- Der Umgang mit den Oligarchen
- Installation des Jelzin Nachfolgers und Wechsel in der Parteienstrategie
- Putins zweite Amtszeit und Gründe seines Erfolges
- Fortführung der politischen Rezentralisierung
- Die Präsidentenwahl 2004
- Fortwährende personelle Entmachtung der Regionen
- Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit
- Zentralisierung ohne Gegenwehr?
- Fortführung der politischen Rezentralisierung
- Schlussbetrachtung und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Entwicklung des russischen politischen Systems von der Ära Jelzin bis zur ersten Amtszeit von Wladimir Putin. Ziel ist es aufzuzeigen, wie die Defizite des politischen Systems unter Jelzin den Grundstein für die Machtausweitung Putins legten. Die Arbeit beleuchtet die Gründe für Putins Erfolg und analysiert, inwiefern sich sein Regierungsstil von dem seines Vorgängers unterschied.
- Die Bedeutung des Präsidentialismus in Russland
- Die Herausforderungen der Systemtransformation nach dem Zerfall der Sowjetunion
- Die Konzentration von Macht und die Entwicklung einer postsowjetischen Autokratie
- Die Rolle von Parteien und Oligarchen im russischen politischen System
- Die Auswirkungen der Präsidentschaft von Wladimir Putin
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 2 untersucht die Präsidentschaft von Boris Jelzin und analysiert die Entstehung der Verfassung von 1993. Das Kapitel zeigt auf, wie die Doppelherrschaft von Präsident und Parlament die Machtbalance im neuen Staat beeinflusste und wie der Präsident seinen Einfluss auf die Staatsordnung ausbaute. Es wird dargelegt, wie die Verfassung von 1993 bereits eine starke präsidentielle Tendenz aufwies.
Kapitel 3 befasst sich mit Wladimir Putins erster Amtszeit und analysiert seine ersten Schritte zur Konzentration der Staatsmacht. Das Kapitel analysiert die Rolle von Parteien, die Re-Zentralisierung der Macht und die Auswirkungen auf die Regionen. Außerdem werden die Konflikte mit den Oligarchen beleuchtet.
Kapitel 4 behandelt Putins zweite Amtszeit und analysiert die Fortsetzung seiner Politik der Rezentralisierung. Das Kapitel geht auf die Präsidentenwahl 2004, die Entmachtung der Regionen und die Einschränkung der Presse- und Meinungsfreiheit ein. Es werden die Gründe für den fehlenden Widerstand gegen Putins Politik erörtert.
Schlüsselwörter
Präsidentialismus, Systemtransformation, postsowjetische Autokratie, Machtkonzentration, Boris Jelzin, Wladimir Putin, Oligarchen, Regionen, Parteien, Verfassung, Pressefreiheit, Meinungsfreiheit.
- Arbeit zitieren
- Stefan Rausch (Autor:in), 2012, Die Rückkehr des starken Staates unter Wladimir Putin, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/412102