Amin Maalouf definiert mörderische Identität als diejenige, die das Individuum auf lediglich eine einzige seiner Zugehörigkeiten reduziert. Stattdessen argumentiert er für eine alternative Auffassung der Identität, welche sich über das Leben des Individuums hinweg ändert, welche alle möglichen Zugehörigkeiten eines Individuums einschließt und ausdrückt – seien sie religiösen, kulturellen, linguistischen, oder intellektuellen Ursprungs.
Weil Maalouf die Ansicht vertritt, dass fundamentalistische Taten von jenen Personen begangen werden, deren Identität bedroht ist, ist er davon überzeugt, dass die Adaptation einer – wie man es wohl nennen darf – dekonstruierten Identität beitragen würde, fundamentalistische Taten zu verhindern. Obwohl ich diese Ansicht teile, scheint mir, dass Maaloufs Plädoyer für eine dekonstruierte Identität gewisse Dilemmas außer Acht lässt, welche zunächst erörtert werden müssen, bevor eine dekonstruierte Identität zu adaptieren wäre: Vorausgesetzt, dass eine dekonstruierte Identität adaptiert ist, mit welchen Kriterien entscheidet man nun, ob Werte – gesellschaftliche, religiöse, kulturelle Werte etc. – anzunehmen bzw. zurückzuweisen sind? Wie kommt man zum Entschluss, dass eine Handlung authentisch ist? Und nach der Adaption einer dekonstruierten Identität, was wird aus der Beziehung zwischen dem Individuum und der Heimat?
Mithilfe der Philosophie von Friedrich Nietzsche, Martin Heidegger, und Friedrich Hölderlin – die ihrerseits eine dekonstruierte Identität befürworten – adressiere ich solche Dilemmas. Es wird sich herausstellen, dass interkulturelle Bildung als auch die Erschaffung von Kunst erforderlich sind für die Adaption einer dekonstruierten Identität.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das Umgehen mit Werten
- Authentizität
- Heimat
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Aufsatz untersucht das Konzept der dekonstruierten Identität, wie es von Amin Maalouf vorgeschlagen wurde, und beleuchtet die damit verbundenen Herausforderungen. Im Fokus stehen insbesondere die Fragen, wie man angesichts einer sich ständig verändernden Identität Werte beurteilt, wie man Authentizität erreicht und wie sich die Beziehung zwischen dem Individuum und seiner Heimat gestaltet.
- Dekonstruierte Identität und ihre philosophischen Implikationen
- Das Dilemma der Wertediskussion in einer dekonstruierten Identität
- Authentizität und Eigentlichkeit als Kernaspekte der dekonstruierten Identität
- Die Bedeutung von Heimat und Zugehörigkeit in einer globalisierten Welt
- Die Rolle von interkultureller Bildung und Kunst in der Konstruktion einer dekonstruierten Identität
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Der Aufsatz definiert den Begriff der "dekonstruierten Identität" im Gegensatz zur "formalen Identität" und untersucht die Kritik an der Gültigkeit der letzteren. Die Philosophie von Sartre wird herangezogen, um die Fragilität der traditionellen Identitätskonzeption aufzuzeigen.
Das Umgehen mit Werten
Der Text analysiert Nietzsches Konzept der dekonstruierten Identität im Kontext seiner "Also sprach Zarathustra". Die "drei Verwandlungen" - Kamel, Löwe und Kind - dienen als Metaphern für den Prozess der Wertentwicklung und -transformation. Es wird argumentiert, dass der Umgang mit Werten ein spielerischer und vorurteilsfreier Prozess sein muss, der die Integration fremder Werte erfordert.
Authentizität
Heideggers Philosophie vom "Dasein" wird in Bezug auf authentische Handlungen innerhalb einer dekonstruierten Identität diskutiert. Der Text beleuchtet die Verbindung zwischen Sein und Dasein, die Bedeutung der "Eigentlichkeit" und die Herausforderung, authentisch zu handeln, während man in einer Welt von anderen lebt.
Schlüsselwörter
Dekonstruierte Identität, formale Identität, Authentizität, Eigentlichkeit, Werte, Heimat, interkulturelle Bildung, Kunst, Nietzsche, Heidegger, Hölderlin, Maalouf, Sartre
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- John Dorsch (Author), 2013, Identität und Authentizität im Schatten des Fundamentalismus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/412278