Erwin Schulhoff wurde wegen seiner jüdischen Abstammung von den Nazis verfolgt, seine Musik entartet, und er wurde im Internierungslager Wülzburg unter menschenunwürdigen Verhältnissen inhaftiert, die seinen frühen Tod zur folge hatten. Doch in der folgenden Arbeit wird nicht allzu sehr auf biographische Daten eingegangen. Sinn dieser Arbeit ist eine Beschäftigung mit seinen Werken, ganz konkret mit seiner Kammermusik.
Schwerpunkte der Arbeit bilden das "Concertino für Flöte, Viola und Kontrabaß 14", "Duo für Violine und Violoncello 19", "Sextett für zwei Violinen, zwei Bratschen, zwei Violoncelli 23", "Hot-Sonate 29", "Fünf Stücke für Streichquartett 30". Weiters wird jedoch auch auf die neuen musikalischen Richtungen dieser Zeit in Donaueschingen und die intellektuellen Strömungen des Dadaismus eingegangen.
Inhaltsübersicht
2. Vorwort
3. Grober politisch-historischer Abriss über die Geschichte Frankreichs von ca. 5oo n. Chr. bis zur Zeit Marc Antoine Charpentiers
4. Die politischen und kulturellen Errungenschaften des 16 und frühen 17.Jahrhunderts
5.1. Überblick über die musikalischen Errungenschaften des frühen Frankreichs (8.Jh.-16. Jh.)
5.2. Die Kirchenmusik des 17. und frühen 18. Jahrhunderts
6. Das Oratorium in Frankreich
7. Die Oratorienkomponisten der ersten Generation
7.1. Marc-Antoine Charpentier
7.1.1. Das lateinische Oratorium: Carissimi-Charpentier
7.1.2. Fallstudie: Judicum Salomonis
7.1.3. Werkübersicht
8. Sebastian de Brossard
9. Jaques-Francois Lochon
10. Louis-Nicolas Clérambault
2. Vorwort
Auf den folgenden.. Seiten möchte ich, auf eine leichte, allgemein verständliche Art und Weise, aber doch noch auf einer (Musik)wissenschaftlichen Ebene einen kurzen Überblick über das Oratorienschaffen im 17. Jh. in Frankreich, mit besonderer Berücksichtigung auf Marc Antoine Charpentier, geben.
Bedanken möchte ich mich bei allen, die mir mit ihren Artikeln und Büchern, die nötigen Unterlagen geliefert haben, bzw. mir bei der Aneignung des Feedbacks und bei den Recherchen geholfen haben. Dieser Dank betrifft alle im Literaturverzeichnis angeführten Personen, bzw. Autoren.
An erster Stelle möchte ich mich jedoch bei a.o. Univ.-Prof. Dr. Rainer Gstrein bedanken; er hat in seinem Seminar den Grundstein für diese Arbeit gelegt hat.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
La Cathedrale de Notre Dame in Paris. Hier war über Jahrhunderte hinweg das intellektuelle und kulturelle Zentrum Frankreichs.
Quelle: http://www.paris.org/
3. Grober politisch- historischer Abriss über die Geschichte Frankreichs
von ca. 5oo n.Chr. bis zur Zeit Marc Antoine Charpentiers
Im folgenden Artikel möchte ich einen kurzen Überblick über die „Frühzeit“ von Frankreich geben. Ich beginne hier im Jahre 5oo nach Christus, behandle dann die Zeit der Merowinger, Karolinger und Kapetinger. Der Überblick endet bei Heinrich IV., da ich auf die nachfolgende Zeit, also die Zeit um Marc-Antoine Charpentier, im Artikel Nummer 4 gesondert eingehe. Die musikalischen Errungenschaften bleiben bei den ersten beiden Artikeln im Hintergrund, da es mir sehr wichtig ist, auch einen Überblick über die jeweilige politische als auch kulturelle Situation zu geben.
Die genauer datierbare Geschichte des uns heute bekannten Frankreich beginnt ungefähr im Jahr 500 nach Christus mit dem Untergang des Weströmischen Reiches (476). Unter König Chlodwig I., der von 481 bis 511 das Land regiert, entsteht das Frankenreich; es kann sich aber nur über kurze Zeit halten, denn unter den Nachfolgern, den Merowingern zerfällt das Reich in sehr unterschiedliche Gebiete. Es wird aufgeteilt in Aquitanien, Burgund, Neustrien und Austrien. Erst rund 300 Jahre später wurde Frankreich wieder vereint. Es waren Pippin der Kurze und sein Sohn Karl der Grosse die die Dynastie der Karolinger an die Spitze des neuen Kaiserreiches setzen. Frankreich wird nun auf göttlichem Recht basierend regiert. Doch allzu lange soll das neue Kaiserreich nicht überleben, denn nach dem Tod von Karl dem Grossen zerfällt das Reich wieder in mehrere Teile, bzw. Provinzen: Mittel- Ost- und Westreich. Aus dem West- und Mittelreich entsteht Frankreich, aus dem Ostreich etabliert sich unter Ludwig dem Deutschen (843-877) Deutschland.
In den folgenden Jahren erhält Frankreich wiederum ein neues Herrschaftsgeschlecht, welches sich dann über mehr als acht Jahrhunderte an der Spitze des Reiches erhalten soll; Unter der Regentschaft der Kapetinger wird etwa Paris als Hauptstadt des Königreiches proklamiert, das Lehenssystem entsteht, erste Vorformen des späteren Zentralismus und Absolutismus entstehen. Das Geschlecht der Kapetinger bringt Namen hervor wie etwa Philipp August II ( 1180-1223), Ludwig IX. (1226-1270) und Philipp der Schöne (1285-1314).
Frankreich wird im 14. Jahrhundert das grösste und mächtigste Königreich
Europas. Parallel zu dieser politischen Glanzzeit beginnt auch die Blütezeit der Kultur. Man kann diese in vier wesentlichen Punkten zusammenfassen:
- Wiederaufleben der Städte und des damit verbundenen kulturellen Lebens
- Etablierung einer eigenen Literatur, natürlich in französischer Sprache
- Höhepunkt der gotischen Baukunst, Bau der Kathedralen von Chartres, Paris und Reims
- Gründung der ersten Universitäten in Paris, Toulouse, Orléans und Montpellier
Als weiterer wichtiger Punkt in der frühen Geschichte Frankreichs kann das frühe 14. Jahrhundert angegeben werden. Papst Clemens VIII. übersiedelt von Rom nach Avignon, mit ihm seine ganzer Hofstadt, inclusive Musiker, Sänger und Instrumentalisten. Ihm folgen weitere sechs Päpste, die bis 1376 Avignon als ihre Residenzstadt wählen.
Im weiteren Verlauf des 14. und 15.Jahrhunderts wird Frankreich vom Hundertjährigen Krieg heimgesucht. Jener schwächt das Land sehr und zerrüttet es, jedoch unter Karl VII. (1422-1461) wird das Königreich wieder aufgebaut und drastisch vergrössert. In dieser Zeit etabliert sich auch die typisch französisch – nationale Zusammengehörigkeit.
Das folgende 16. Jahrhundert ist ebenfalls von kriegerischen Auseinandersetzungen geprägt. Es kommt zu den italienischen Kriegen (1494-1516) unter Karl VIII. (1483-1498), Ludwig X II. (1498-1515) und Franz I. (1515-1547). Durch diese Kriege entfaltet sich in Frankreich die französische Renaissance und der Humanismus. Getrübt werden diese Bewegungen durch die Religionskriege und den Hugenottenkriegen (1562-1598) die durch das Toleranzedikt von Nantes unter Heinrich IV. (1598-1610) überflüssig wurden.
Mit diesen Daten möchte ich diesen ersten groben Überblick über die frühe Geschichte Frankreichs beenden. Die Zeit vor und um Marc Antoine Charpentier behandle ich detaillierter und ausführlicher im nächsten Kapitel.
Den weiteren Verlauf der Geschichte Frankreichs kann man kurz mit folgenden Daten angeben:
- 1789: Französische Revolution, Erklärung der Menschenrechte, Ausrufung der Republik
- 1804: Napoleon Bonaparte, er wollte die Nachfolge Karl des Grossen Antreten, scheiterte jedoch an der Errichtung eines Grossreiches, Wiederherstellung der Monarchie...
- 1815- 1830: Restauration, Wiederausrufung der zweiten Republik unter Louis-Napoleon-Bonaparte...
- 1870: Ausrufung der dritten Republik, die bis zum zweiten Weltkrieg anhielt...
- Kampf gegen den Nationalsozialismus unter General Charles de Gaulle, 1946 entstand die vierte Republik, eine neue Verfassung wird festgelegt und die fünfte Republik proklamiert die bis heute besteht[1]...
4. Die politischen und kulturellen Errungenschaften des 16. und frühen 17. Jahrhunderts
Zu Beginn des 16. Jahrhunderts erreicht Frankreich erneut einen Höhepunkt in politischer, kultureller als auch musikalischer Hinsicht. Als erster König, unter dessen Herrschaft dies eintritt ist König Franz I. (1515-1547). Der französische Hof wird nun politischer als auch kultureller Mittelpunkt des ganzen Landes und ist somit Vorbild für weitere Fürsten- und Könighäuser in Europa. Die Herrschaft König Franz I. kann als Beginn des Absolutismus sowie des Zentralismus gesehen werden. Es werden nun sämtliche ländliche Herrschersitze aufgelöst, da das ganze Land von Paris aus verwaltet und regiert wird. Obwohl sich diese Massnahme eher negativ anhört hat der Absolutismus, vor allem für die Musik, auch positive Seiten. Die gesamte intellektuelle Bürgerschicht ist am Hofe versammelt, es wird debattiert, politisiert und selbstverständlich wird auch gesungen, musiziert und komponiert. So ist etwa König Franz I. ein sehr guter Komponist und musikalisch gebildet. Das gesamte Musikleben verlagert sich nun vom frankoflämischen Bereich (Frankoflämische Schule, von Gilles Binchois und Guillaume Dufay bis Philipp de Monte und Orlando di Lasso) nach Frankreich mit Zentrum Paris.
Unter dem Nachfolger König Karl IX. hatte die Kultur, speziell die Musik ebenfalls einen äusserst hohen Stellenwert. So wird etwa im Jahre 1570 die Academiè de Poésie et de Musique gegründet. Hier sind alle Musiker mit Rang und Namen anzutreffen.
König Heinrich IV. ist ein weiterer wichtiger Eckpunkt in der Geschichte Frankreichs. Unter ihm kommt es zum Ende der Religionskriege; das Toleranzedikt von Nantes (1598) bringt allen Religionen Glaubensfreiheit. Weiters baut er das durch die Hugenotten- und Bürgerkriege zerstörte Frankreich wieder auf. Auch unter seiner Herrschaft hat die Musik gewichtige Wichtigkeit.
König Ludwig XIII. (1610-1643) und Ludwig XIV. (1643-1715) vollenden den Absolutismus sowie den Zentralismus. Die gesamte politische als auch intellektuelle Elite des Landes muss sich am Hofe zu Versailles aufhalten. Der König hat nun die absolute Kontrolle und die absolute Macht über das ganze Land sowie über die geistigen Entwicklungen. Doch auch hier lebt die Kunst und die Musik weiter auf, wahrscheinlich durch diese Kompression an Intellektualität[2].
5.1. Überblick über die musikalischen Errungenschaften des frühen
Frankreichs (8.Jh.-16.Jh.)
In den folgenden zwei Artikeln gebe ich einen Überblick über die musikalische Situation in Frankreich. Der Artikel beginnt in der Zeit der Merowinger und führt dann, übersichtsmässig, die dominantesten Errungenschaften jeder musikgeschichtlichen Epoche, an. Mit der Zeit der frankoflämischen-Schule endet dieser Artikel, nicht nur weil sich zu dieser Zeit der musikalische Schwerpunkt nach Italien verlagert, sondern auch, weil ich auf die Errungenschaften zur Zeit Charpentier, wiederum gesondert eingehe.
Aus der Zeit der Merowinger ist eigentlich nur sehr wenig bis kaum etwas überliefert. Der Grund dafür ist naheliegend, man kennt die Notation noch nicht. Das damalige Repertoire fällt hauptsächlich in den geistlichen, bzw. liturgischen Bereich und wird mittels Neumen-Notation notiert. Doch auch damals gibt es schon erste Reformen: der liturgische Gesang (Hymnen, Choräle, Tropen, Responsoriale und Antiphonale) und die Messe soll nach römischem bzw. antikem Vorbild ( Boethius: „de instutitione musica“) Vereinheitlicht werden. Diese Reform beginnt im 8. Jahrhundert und wird von Karl dem Grossen vollendet. Dieser ist ein wichtiger Förderer der Musik, führt unter anderem die septes artes liberales, also die sieben freien Künste, zu denen auch die Musik gehört, wieder als Universitätsfach ein. Durch diese Vereinheitlichung gehen wichtige Zeugnisse des frühen musikalischen Lebens verloren, so der gallikanische und aquitanische Choral.
Gegen Ende des 9. Jahrhunderts sind die Anfänge der Polyphonie in Frankreich zu finden. Sie entwickelt sich aus der vorangegangenen Tradition der Paraphonie; erste Polyphone Werke sind die Organa Þ Duplum Þ Triplum Þ Quadruplum. Festgehalten werden sie in der „musica enchiriadis“.
Das 11. Jahrhundert wird von weltlicher Musik geprägt, es beginnt die Zeit der Troubadours in Südfrankreich und der Trouverès in Nordfrankreich. Das Repertoire dieser französischen Minnesänger fällt also hauptsächlich in den weltlichen Bereich obwohl es Spekulationen über Verbindungen zu diversen geistlichen Melodien aus der Saint- Martial Zeit gibt. Die Tradition der Troubadours wird mündlich über Jahrhunderte hinweg überliefert und im 13. Jahrhundert im „ Manuscript du roi“ mittels Modalnotation festgehalten.
Die Zentren der Musik sind im 10. Jahrhundert Limoges und St. Gallen. Hier werden die Gattungen des 8. und 9. Jahrhunderts gepflegt und ausgeweitet, bzw. vervollständigt. Ein weiteres wichtiges Zentrum ist natürlich auch Saint Martial mit den dort gesammelten Sequenzen; die Frage ob das Kloster zu Saint Martial eine Schule ist, sei hier dahingestellt.
Im 12. Jahrhundert tritt Paris mit der Kathedrale zu Notre Dame zusehends in den Mittelpunkt. Hier etabliert sich die Notre Dame Schule mit ihren Vertretern Magister Leoninus und Magister Perotinus und die neuen Gattungen wie etwa Organum, Conductus und Mottete die im Magnus liber organi in mensurierter Notation, als auch in Modalnotation notiert werden.
[...]
[1] Vgl. Gribenski, Jean „ Historischer Abriss“ in „ Frankreich “. Musik in Geschichte und Gegenwart, Bd. III, Sp. 687-716 hg. v. Ludwig Finscher, Bärenreiter Verlag Kassel 1995
[2] Bahl, Herbert „ Scriptum zur Hauptvorlesung Musikgeschichte II“.
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