Moderne Managementdiagnostik. Methodenvergleich und Empfehlungen für die Praxis


Fachbuch, 2018

72 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung

Abstract

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Begriffe
2.1 Managementdiagnostik
2.2 Potenzial, Kompetenz und Performance
2.3 Potenzial und Potenzialanalysen

3 Die Kriterien für die Analyse
3.1 Führungspraxis
3.2 Passung zur Organisationskultur
3.3 Wissenschaftliche Ansätze
3.4 Weitere wichtige Aspekte für den Vergleich
3.5 Zusammenfassung: Die Kriterien für den Vergleich

4 Analyse der Managementdiagnostik-Methoden
4.1 Assessment Center
4.2 360 Grad-Feedback
4.3 Management Audit
4.4 Managerdisputation
4.5 Integrationsrunden
4.6 Psychologische Tests

5 Vergleich der Methoden und Fazit

Literaturverzeichnis

Anhang

Anhang A: Exemplarisches Kompetenzmodell für die Analyse

Anhang B: Übliche Intelligenztests in der Managementdiagnostik 70

Anhang C: Häufig eingesetzte Persönlichkeitstests in der Managementdiagnostik 71

Zusammenfassung

Die vorliegende Arbeit befasst sich mit verschiedenen Methoden der Managementdiagnostik. Ziel der Arbeit ist es, anhand definierter Kriterien einzelne Methoden zu analysieren und abschließend einem Vergleich zu unterziehen. Im ersten Teil der Arbeit werden die für das Thema relevanten Begriffe Management, Managementdiagnostik, Kompetenz, Performance sowie Potenzial definiert. Im zweiten Abschnitt werden die Kriterien für die Analyse entwickelt. Diese Kriterien setzen sich aus Ansätzen der Führungspraxis, dem Konstrukt der Organisationskultur und der psychologischen Diagnostik zusammen. Für die Analyse wurden folgende Kriterien aus den genannten Ansätzen abgeleitet: Einsatzzweck (Performance-, Kompetenz- oder Potenzialanalyse), Zielgruppe, ein exemplarisches Kompetenzmodell (mit den drei Dimensionen persönliche Kompetenz, Aufgabenkompetenz und soziale Kompetenz), Passung zur Organisationskultur, eingesetzte Instrumente, Multimethodalität, Akzeptanz der Methode sowie Grenzen der Methode. Im dritten Abschnitt werden folgende Methoden anhand dieser Kriterien analysiert: Assessment Center, 360-Grad-Feedback, Management Audit, Manager Disputation, Integrationsrunden und psychologische Testverfahren (Intelligenz- und Persönlichkeitstests). Den Abschluss bildet ein Vergleich in Form einer tabellarischen Gegenüberstellung der einzelnen Methoden. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass nicht jede Methode für jede Fragestellung geeignet ist. Zudem liefern einzelne Methoden nur dann valide Aussagen auf die Eignung einer bestimmten Person auf eine Position, wenn die Instrumente der jeweiligen Methode Bezug auf Anforderungsprofil sowie Führungs- und Unternehmensleitbilder nehmen.

Abstract

This thesis deals with different methods of management diagnostics. The aim of this thesis is to analyze different methods by criteria defined beforehand and to compare these methods at the end witch each other. In the first part of this paper relevant keywords will be defined: management, management diagnostics, performance, competence, and potential. In part two criteria for the analysis will be defined from approaches of managerial experience, construct of organizational culture and psychological diagnostics. The following criteria for analysis were defined: purpose, target group, an exemplary model of competences, fit to the organizational culture, instruments, multiple methodologies, acceptability and limitations of a method. The following methods were analyzed in the third part of this thesis: Assessment Center, 360-Degree-Feedback, Management Audit, Manager Hearing, Integrationsrunde and psychological tests (intelligence test and personality test). Finally, in part four the different methods of management diagnostics are compared with each other in a table. In summary it can be seen that not every method is applicable to all problem situations. A single method only can make valid statements about suitability of a person when the instruments of methods derived from qualification profile and corporate philosophy.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Kompetenzmodell auf Basis von Aufgabenclustern

Abbildung 2: Die Instrumente der Managementdiagnostik und ihr Einsatz für die Messebenen

Abbildung 3: Die drei Ansätze der Eignungsdiagnostik

Abbildung 4: Ergänzung von Multimethodalität durch Multiperspektivität

Abbildung 5: Beispiel der Potenzialanalyse für die Abteilungsleiterebene bei der Generali Vienna Group

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Kompetenzen als Kriterien für die Analyse

Tabelle 2: Zusammenfassung der Kriterien

Tabelle 3: Häufig eingesetzte Instrumente im AC

Tabelle 4: Zusammenhänge zwischen "Big-Five" und Führungserfolg

Tabelle 5: Die einzelnen Methoden im Vergleich

Tabelle 6: Das Kompetenzmodell für die Analyse

Tabelle 7: Intelligenztests

Tabelle 8: Persönlichkeitstests.

1 Einleitung

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den derzeit üblichen Methoden der Managementdiagnostik. Das Ziel der Arbeit ist es, die einzelnen Methoden anhand zuvor definierter Kriterien zu analysieren und abschließend einem Vergleich zu unterziehen. Dieser Vergleich soll es Praktikern in der Personalarbeit erleichtern, die richtige Methode für spezifische Fragestellungen der Managementdiagnostik zu finden.

Zunächst werden die wichtigsten Begriffe zur Managementdiagnostik näher erläutert. Im Anschluss daran sollen Kriterien für den Vergleich der einzelnen Methoden anhand praktischer und wissenschaftlicher Ansätze definiert werden. Dabei wird u.a. auf die heutigen Anforderungen an Führungskräfte und die Situation heutiger Unternehmen eingegangen. Ansätze aus der psychologischen Diagnostik runden die Kriteriendefinition ab. Im Anschluss werden gängige und zeitgemäße Methoden der Managementdiagnostik anhand der Kriterien analysiert. Ein abschließender Vergleich und ein Fazit runden die Arbeit ab.

2 Begriffe

2.1 Managementdiagnostik

Die Managementdiagnostik ist ein Teilbereich der psychologischen Eignungs- und Leistungsdiagnostik, welche sich an potenzielle Führungskräfte bzw. an Personen richtet, die bereits eine Führungsposition bekleiden. Die Abgrenzung zur „normalen“ Eignungsdiagnostik von Mitarbeitern ist nicht einfach, da im Wesentlichen die gleichen Methoden zum Einsatz kommen. Als Beispiel wären hier z.B. Interviews oder das Assessment Center genannt (Schuler & Moser, 1995).

Das Ziel der Managementdiagnostik ist es, Auskunft über die vorhandenen Kompetenzen, dem Potenzial für höhere Positionen und über die momentane Performance einer Führungskraft zu geben (Lackner, 2012).

Bevor die Begriffe Potenzial, Kompetenz und Performance näher betrachtet werden, sollte auch noch auf die Begriffe der Führung und des Managements näher eingegangen werden.

In der Fach- und Populärliteratur werden die Begriffe Management (bzw. Manager) und Führung (bzw. Führer) oft synonym verwendet. Führung wird dabei meist als absichtliche und zielbezogene Beeinflussung von Personen angesehen (Sarges, 1995). Allerdings ist diese Sicht auf das Management bzw. auf die Arbeit eines Managers zu eingeschränkt. Management ist mehr als „nur“ Menschenführung. Zu den Aufgaben eines Managers gehört es auch, die Visionen, Ziele und die Richtung für seine Organisation vorzugeben und die Ressourcen der Organisation zu bündeln, um diese Visionen und Ziele umzusetzen (vgl. Sarges, 1995 und Malik, 2007). Aufgrund der Komplexität dieser Tätigkeit, sollte man Management als Beruf betrachten und nicht als etwas, was manchen Menschen von Natur aus mitgegeben wurde und anderen nicht (vgl. Seliger, 2008 und Malik, 2006). Führung ist somit vielmehr eine berufliche Rolle. Unter einer Rolle versteht man die Erwartungen, die an eine Person als Inhaberin einer Position gerichtet werden. Eine Rolle charakterisiert somit keinen Menschen, sondern eine Position (Seliger, 2008).

2.2 Potenzial, Kompetenz und Performance

Wie bereits im Abschnitt davor hervorgegangen ist, bilden die Begriffe Potenzial, Kompetenz und Performance eine wichtige Grundlage für die Managementdiagnostik. In diesem Abschnitt sollen diese Begriffe daher näher erläutert werden.

2.3 Potenzial und Potenzialanalysen

Unter Potenzial versteht man die „Fähigkeit, eine Funktion auf einer höheren Ebene erfolgreich wahrnehmen zu können und dabei einen erkennbaren zusätzlichen Nutzen für das Unternehmen zu stiften“ (Schuh, 2005; S. 10).

Die Schwierigkeit bei der Erhebung von Manager-Potenzial besteht darin, das momentane Verhalten, sowie Einstellungen und Werthaltungen möglichst umfassend und objektiv zu erfassen und dabei Rückschlüsse auf zukünftig erforderliches Verhalten zu ziehen. Im Fokus steht dabei das Erkennen von Fähigkeiten und Fähigkeitsreserven, die in einem Mitarbeiter bzw. in einer Führungskraft stecken (Mücke, 2005). Das Ziel einer Potenzialanalyse ist es, die persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten sowie die individuelle Leistung von Führungskräften mittel- und längerfristig einzuschätzen und Führungskräfte mit gutem Potenzial strukturiert zu fördern (Batsching, 2005). Die Grundlage für das diagnostische Vorgehen bildet dabei das Anforderungsprofil, welches aufführt, welche Kriterien in welcher Ausprägung ein Potenzialträger zu erfüllen hat (Mücke, 2005). Dabei gilt es zukünftig relevante Erfolgskriterien zu erfassen, welche sich auf bereits im Vorfeld durchgeführte Untersuchungen und Befragungen von Führungskräften höherer Ebenen stützen (Mücke, 2005).

2.3.1 Kompetenzen und Kompetenzmodelle

Kompetenzen können als ein Set von Fähigkeiten, Fertigkeiten und anderen Merkmalen verstanden werden, die dazu beitragen, dass eine Person in der Lage ist, komplexe Situationen im Beruf effektiv zu bewältigen (Krumm & Mertin, 2013). Neben Wissen, Können, Fähigkeiten und Fertigkeiten wird zum Konstrukt der Kompetenz auch die Anwendungsfähigkeit dazugezählt. Kompetenzen zeigen sich im beruflichen Alltag in Form von beobachtbaren und situationsgebundenen Verhaltensweisen (Kauffeld & Grote, 2011).

Kompetenzen werden meist in Kompetenzmodellen zusammengefasst. Unter einem Kompetenzmodell versteht man eine Sammlung von Kompetenzen, die als relevant erachtet werden, um in einer Organisation erfolgreich agieren zu können. Für die Managementdiagnostik ist ein Kompetenzmodell von zentraler Bedeutung, da die dort enthaltenen Kompetenzbegriffe auf die Instrumente der Managementdiagnostik fokussieren (Krumm & Mertin, 2013). Man sollte allerdings beachten, dass sich zwei grundsätzliche Konzeptionen von Kompetenzmodellen gegenüberstehen (Wottawa, 2005; S. 209):

1. Kompetenzen werden als Eigenschaften gesehen, die einer Person zuzuordnen sind.
2. Kompetenzen entsprechen „Clustern“ von beruflich relevanten Situationen und es geht darum, dass die Person in den zugeordneten Situationen das „richtige“ Verhalten zeigen kann.

Beim „Kompetenz = Eigenschaft“ Modell wird ein System von Begriffen aufgebaut, das die relevanten Eigenschaften widerspiegeln soll. Die Begriffe sind dabei hierarchisch gegliedert: z.B. könnte „Soziale Kompetenz“ den Oberbegriff darstellen und „Teamfähigkeit“ die Ebene darunter (Wottawa, 2005). In der Regel liegt einem solchen Konzept keine wissenschaftlich fundierte Konzeption menschlicher Eigenschaften zugrunde, sondern nur ein in sich logisch stimmig erscheinender Bezugsrahmen (Wottawa, 2005). Auf Basis dieses „Kompetenz = Eigenschaft“ Modells ist es sehr gut möglich Aussagen wie „ist erfüllt“, „teilweise erfüllt“ oder „nicht erfüllt“ zu machen und ist daher für Methoden wie dem Assessment Center oder für Audits geeignet. Schwierig wird es dagegen, wenn man anhand der Kompetenzen versucht, Personen in eine Reihenfolge nach „größer“ oder „geringer“ ausgeprägter Kompetenz zu bringen (Wottawa, 2005).

Das zweite Modell („Kompetenz = Richtiges Verhalten in Aufgabenclustern“) beruht auf der Bildung von Aufgabenclustern für annähernd homogene Positionsgruppen (Wottawa, 2005). Innerhalb jeder dieser Gruppen werden wichtige Situationen zusammengefasst, die ähnliche Kompetenzen erfordern. So könnte ein Oberbegriff etwa „Verhalten bei Mitarbeitern“ lauten. Dieser ließe sich weiter differenzieren: zum Beispiel in „Motivation von Mitarbeitern“ oder „Verhalten Bei Konflikten mit Mitarbeitern“ (Wottawa, 2005). Bei diesem Modell werden somit nicht die Eigenschaften von Personen beschrieben, sondern es gibt an, welches Verhalten in welcher Situation erwünscht und damit „kompetent“ ist. Ein solches Situationscluster ist positionsspezifisch, d.h. ein Cluster für einen Teamleiter würde sich in erheblichem Ausmaß von einem Cluster für einen Vorstand unterscheiden (Wottawa, 2005).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Kompetenzmodell auf Basis von Aufgabenclustern

(aus: Wottawa, 2005; S. 213)

Für die Praxis empfiehlt es sich, Kernkompetenzen (bei beiden Modellen jeweils die erste Ebene) zu bilden (z.B. Unternehmerische-, Führungs- und Persönliche Kompetenz), diese für die entsprechende Zielposition zu spezifizieren und mit konkreten Verhaltensbeispielen zu unterlegen (Mücke, 2005). Die Kernkompetenzen müssen dazu dem jeweiligen Unternehmen selbstverständlich angepasst werden.

2.3.2 Performance

Unter Performance versteht man das Leistungsverhalten einer Person. Die notwendige Voraussetzung für Performance stellt die Kompetenzausstattung dar (Lackner, 2012). In welchem Ausmaß eine Person ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten einsetzt, ist eine Frage der Motivation dieser Person. Man unterscheidet zwei Arten von Motivation: extrinsische und intrinsische Motivation. Im Arbeitskontext versteht man unter extrinsischer Motivierung zum Beispiel Tätigkeiten, die nicht wegen der Freude an dieser Tätigkeit verrichtet werden, sondern zum Beispiel wegen des Lohnes. Das heißt, die Motivierung kommt von außen (Schönpflug & Schönpflug, 1997). Dem gegenüber steht die intrinsische Motivation, die aus dem Inneren der Person kommt: eine Person handelt, weil sie von der Sache selbst fasziniert ist und nicht durch eine unmittelbare Belohnung dadurch veranlasst wird (Neuberger, 2002). In der Realität ist die Trennung zwischen extrinsischer und intrinsischer Motivation nicht einfach, da sie meist miteinander wirken. Allerdings ist es wichtig zu wissen, ob eine Führungskraft eher intrinsisch oder eher extrinsisch motiviert ist, da extrinsische Motivation durch ständige Veränderung der äußeren Anreize aufrechterhalten werden muss (vgl. Aronson et al., 2008).

Damit eine Person in ihrer Arbeit erfolgreich ist, müssen neben den vorhandenen Kompetenzen und der Motivation auch die organisationalen Rahmenbedingungen passen (Lackner, 2012). Mitarbeiter benötigen eine passende Umgebung um erfolgreich zu sein (zum Beispiel benötigen Führungskräfte Mitarbeiter mit einem bestimmten Qualifikationsgrad).

3 Die Kriterien für die Analyse

Wie lassen sich die Methoden der Managementdiagnostik vergleichbar machen? Dazu müssen Kriterien erstellt werden, die einen Vergleich ermöglichen.

Die Kriterien sollen in dieser Arbeit zunächst aus Ansätzen aus der Führungspraxis abgeleitet werden. Dabei stehen die heutige Führungssituation und die daraus resultierenden benötigten Kompetenzen die Führungskräfte benötigen im Fokus. Anschließend sollen Erkenntnisse aus der Organisationskultur näher beleuchtet werden. Hierbei wird zunächst das Kulturmodell nach Edgar Schein vorgestellt. Im Anschluss soll die Wichtigkeit der Passung einer Person (Führungskraft) zur Organisation (P-O-Fit) herausgearbeitet werden. Den Abschluss der Kriterien-Erstellung bilden wissenschaftliche Ansätze aus der Psychologischen Diagnostik.

3.1 Führungspraxis

3.1.1 Vergangenheit und heutige Sicht auf Führung

Das Verständnis über Führung ist einem ständigen Wandel unterzogen. Verknüpfen ältere Führungsmodelle den Führungserfolg eng mit dem Verhalten und den Eigenschaften der Führungskraft (vgl. u.a. Blessin & Wick, 2014 oder Stippler et al., 2011a), so ermöglichen neuere Ansätze eine breitere Perspektive auf die Führung, indem sie den Interaktionsprozess zwischen Führungskräften und Mitarbeitern, die Bedeutung der Mitarbeiter oder den organisationalen Kontext stärker fokussieren (Lang & Rybnikova, 2014).

Es gibt eine nahezu unüberschaubare Anzahl verschiedener Erklärungsansätze. Die einzig richtige Theorie oder Beschreibung von erfolgreicher Führung kann es aber nicht geben. Die alten Vorstellungen von Führung entstanden in dem Hintergrund, als Veränderungen noch Ausnahmeerscheinungen waren und die Reichweite von Führung und Organisationen noch überschaubar waren (Seliger, 2008). In einer komplexen Zeit schneller Kommunikation und globalisierten Märkten reicht die klassische Sicht auf eine Führungsperson, die allein die Richtung vorgibt, nicht mehr aus. In den vergangenen Jahren haben sich die Bedingungen für Führung auf vielerlei Weise geändert (Seliger, 2008; S. 24):

- Räumliche Grenzen verlieren an Bedeutung (Organisationen operieren global und damit interkulturell).
- Stabilität ist die Ausnahme (Führung muss mit Ungewissheiten leben).
- Produkte und ihre Herstellung sind abstrakt geworden (Wissen ist zum Produkt geworden und Unternehmen sind auf die Expertise ihrer Mitarbeiter angewiesen).
- Die Eigentumsverhältnisse sind nicht einfach zu durchschauen (z.B. bei großen Aktiengesellschaften).
- Organisationen erreichen oft unüberschaubare Größenordnungen.

Führungskräfte können also nur dann erfolgreich sein, wenn sie es schaffen, sich auf diese veränderten Situationen einzulassen und diese meistern. Welche Kompetenzen dazu notwendig sind, soll im nächsten Abschnitt erläutert werden.

3.1.2 Anforderungen an Führungskräfte

Die meisten Autoren sind sich einig, dass Führung hauptsächlich über Kommunikation stattfindet (Blessin & Wick, 2014). Dabei findet Kommunikation nicht nur mündlich von Person zu Person statt, sondern über verschiedene Kanäle. Führungskräfte müssen delegieren, informieren, loben und tadeln. All dies geschieht über Kommunkation. Die Herausforderung für Führungskräfte besteht darin, die verschiedenen Kommunikationskanäle zu beherrschen und für sich zu nutzen, um mit den verschiedenen Individuen einer Organisation interagieren zu können (z.B. mit untergebenen Mitarbeitern, Vorgesetzten, Kunden etc.). Dabei müssen sie den jeweiligen Kontext betrachten und ihre Kommunikation nach ihrem Gegenüber (Empfänger einer Nachricht) richten (Blessin & Wick, 2014). Besondere Anforderungen an die Kommunikationsfähigkeiten ergeben sich auch im Hinblick auf die Vielfältigkeit (Diversity) der in der Organisation arbeitenden Menschen. Die Unterschiede reichen dabei über diverse kulturelle Hintergründe, über verschiedene Altersstrukturen (Demographischer Wandel) sowie über Unterschiede in der (beruflichen Aus-) Bildung und beruflichen Erfahrung (vgl. Blessin & Wick, 2014).

In einer globalisierten Arbeitswelt kommen Führungskräfte auch mit Geschäftspartnern anderer Kulturkreise in Kontakt. In zahlreichen Studien, wurde schon versucht, die kulturellen Unterschiede von Führung zu erfassen und zu verstehen (zu den bekanntesten gehört sicherlich die GLOBE-Studie). Es ist bekannt, dass die meisten Menschen dazu neigen zu glauben, dass ihre Kultur normal und anderen übergeordnet ist (Stippler et al., 2011b). Dies kann im Arbeitsleben zu Vorurteilen und Missverständnissen führen und die Geschäftsbeziehungen schlimmstenfalls nachhaltig stören und schädigen. Führungskräfte die dazu in der Lage sind Sachverhalte aus dem Blickwinkel der jeweils anderen Kultur zu betrachten, können Missverständnissen entgegenwirken und kulturelle Unterschiede als Stärke nutzen (Stippler et al., 2011b). Interkulturelle Kompetenz hat sich damit zu den Kernkompetenzen heutiger Führungskräfte entwickelt (Harss & Liebich, 2015).

Eine wichtige Aufgabe von Führungskräften stellt auch die Motivation von Mitarbeitern dar. Doch wie können Führungskräfte diese erreichen? Neuere Studien zeigen, dass Menschen nicht nur auf ihre Arbeitskraft reduziert werden möchten, sondern von ihren Führungskräften auch Respekt fordern (Decker et al., 2014). Respekt bedeutet in diesem Zusammenhang, dass jeder Mensch unabhängig von Status oder Hierarchie als gleichwertig angesehen wird. Erlebter Respekt steigert die Sicherheit, den Selbstwert und das Wohlbefinden der Mitarbeiter und somit auch die Arbeitszufriedenheit. Dies geht mit einer gesteigerten Effizienz und Produktivität einher (vgl. Decker et al., 2014). Mangelnder Respekt dagegen senkt die Arbeitsmotivation. Demotivierend wirken vor allem eine geringe Leistungserwartung seitens des Vorgesetzten, Missachtung fachlicher Kompetenzen der Mitarbeiter oder bei übertriebener Kontrolle durch den Vorgesetzten (Sprenger, 2014).

Führungskräfte müssen stets mit anderen Menschen zusammenarbeiten. Sei es, weil sie in ein Management-Team eingebunden sind oder weil sie eine eigene Abteilung führen. Sie sind daher stets auf Kooperation und gegenseitige Unterstützung angewiesen (Wübbelmann, 2001). Die gemeinsame Erarbeitung von Fortschritten, Lösungen und Ergebnissen kann nur mit einer gewissen Fähigkeit zur Teamarbeit geleistet werden. Durch die Zusammenarbeit mit anderen Menschen entstehen auch Konflikte. Dabei können Führungskräfte sowohl in einem Konflikt selbst beteiligt sein, als auch mit Konflikten zwischen anderen Personen konfrontiert werden (Wübbelmann, 2001). Manager benötigen somit auch ein gewisses Maß an Konfliktlösefähigkeiten um in Konfliktsituationen vermitteln und schlichten zu können.

Die bisher vorgestellten Kompetenzen, könnte man in einem Kompetenzmodell unter der Bezeichnung soziale Kompetenz zusammenfassen.

Beschäftigt man sich mit sowohl mit wissenschaftlicher als auch populärwissenschaftlicher Literatur zum Thema Manager-Kompetenzen, ist ein Kompetenzbereich immer dabei. Er lässt sich unter dem Oberbegriff Aufgabenkompetenz zusammenfassen. Dazu wird primär meist die unternehmerische und strategische Kompetenz genannt (vgl. Grunwald, 1995; Wübbelmann, 2001 und Mücke, 2005), zu der Fähigkeiten wie analytisches und konzeptionelles Handeln, Ziel- und Ergebnisorientierung sowie Veränderungsmanagement gezählt werden (vgl. Wübbelmann, 2001; Zusammenfassend: Mücke, 2005). Das bedeutet, dass Manager in der Lage sein müssen, in größeren Zusammenhängen zu denken und zu handeln. Dies ist notwendig, um beispielsweise Veränderungen im Verhalten der Marktteilnehmer zu bemerken (Wübbelmann, 2001). Zu den Aufgaben des Managers gehört es auch, sein Handeln an den Zielen der Organisation auszurichten (und somit eine aktive Beschäftigung mit diesen Zielen) und das Hinterfragen von Aktivitäten auf ihre Zieldienlichkeit hin. Dabei müssen Führungskräfte auch zu komplexem Problemlösen und zur Treffung von konkreten Entscheidungen fähig sein (Wübbelmann, 2001). Im Führungsalltag müssen häufig Entscheidungen zwischen mindestens zwei gegebenen, gleichwertigen oder gegensätzlichen Alternativen getroffen werden (Neuberger, 2002). Diese Alternativen sind meist komplex und mehrdimensional sowie mehrdeutig zu verstehen.

Einzelne Arbeitsschritte und Projekte müssen von Führungskräften kontrolliert werden, wobei Kontrolle hierbei als „ziel- und planungsorientierte Fortschritts- und Erfolgsbewertung“ bezeichnet werden kann (Wübbelmann, 2001; S. 149). Hierzu muss die Führungskraft in der Lage sein, die Arbeitsprozesse zu evaluieren; eine ausreichende Kenntnis über die entsprechenden Methoden ist daher notwendig (Methodenkompetenz).

Leistung ist immer an Wissensstrukturen gebunden (Wübbelmann, 2001). Daher ist auch fachliche Kompetenz notwendig, um die Leistungen der Mitarbeiter (die in den Verantwortungsbereich der Führungskraft fallen) beurteilen zu können. Es ist daher wichtig, dass Manager ihr Fachwissen regelmäßig aktualisieren. Welche fachliche oder methodische Kompetenz eine Führungskraft mitbringen muss, entscheidet meist die Stufe in der Unternehmenshierarchie (Position), auf der sich die Person gerade befindet (Mücke, 2005).

Neben den sozialen und aufgabenorientierten Kompetenzen muss eine Führungskraft auch Fähigkeiten mitbringen, die sich unter dem Oberbegriff Selbstkompetenz zusammenfassen lassen.

Eine wichtige Kompetenz ist die Fähigkeit zur Selbstreflexion. Wie bereits weiter oben beschrieben, wird Führung heutzutage als berufliche Rolle angesehen. Rollen grenzen die Handlungsmöglichkeiten von Menschen ein, gleichzeitig geben sie aber auch Sicherheit indem sie vorschreiben, wie sich eine Person in einer bestimmten Situation verhalten soll (Seliger, 2008). Führungskräfte befinden sich also stets in einer Rolle, an die zahlreiche Verhaltenserwartungen geknüpft sind. Je klarer der Führungskraft diese Erwartungen sind, desto eher kann sie entscheiden, wie sie die Rolle ausführen möchte (Seliger, 2008). Es ist also wichtig, dass sich die Führungskraft darüber bewusst wird, welche Rolle sie in der Organisation ausfüllt und welche Erwartungen an diese Rolle geknüpft sind. Damit verbunden sind auch die eigenen Werte und ob diese zu den Werten der Organisation passen (vgl. Abschnitt 3.2.2). Ein weiterer wichtiger Aspekt der Selbstreflexion stellt die Kenntnis der eigenen Stärken und Schwächen dar. Diese Erkenntnis ist unter anderem an das Zutrauen in die berufliche Leistungsfähigkeit gekoppelt und bildet auch die Grundlage für Selbstvertrauen (Lackner, 2012).

Weitere wichtige Selbstkompetenzen sind Flexibilität und Lernfähigkeit (vgl. Wübbelmann, 2001). Unsere moderne Wirtschaftswelt ist ständigen und oftmals sehr schnellen Veränderungen ausgesetzt. Neue Technologien verändern die Kommunikation oder das Konsumverhalten der Kunden. Neue und innovative Produkte oder Dienstleistungen ersetzen etablierte Produkte und Dienstleistungen. Führungskräfte müssen in der Lage sein, auf diese Veränderungen zu reagieren und ihr Handeln den neuen Situationen anpassen (Wübbelmann, 2001). Flexibilität bedeutet in diesem Kontext die Fähigkeit, angemessene Strategien in neuen Situationen verfügbar zu haben, um sich auf veränderte Rahmenbedingungen einstellen zu können. Flexibilität ist u.a. gekennzeichnet durch eine schnelle Wahrnehmung veränderter Rahmenbedingungen und durch die Fähigkeit der schnellen Modifikation ursprünglicher Pläne zur Zielerreichung (Wübbelmann, 2001). Lernen bezeichnet die mittel- bzw. langfristige Anpassung an sich veränderte Rahmenbedingungen. Auf der Verhaltensebene ist das Lernen von Managern gekennzeichnet durch die Nutzung unterschiedlicher Möglichkeiten der Information und Kommunikation, der aktiven Aufnahme neuer Ideen oder auch des selbstständigen Einholens von kritischem Feedback (Wübbelmann, 2001).

Zudem sollte auch hinterfragt werden, welche Motivation eine Führungskraft für Ihre Position mitbringt. Lässt sich die Motivation dadurch erklären, dass die Person ihre Tätigkeit aus eigenem Interesse und Freude ausübt (intrinsische Motivation) oder spielen äußere Einflüsse wie Belohnungssysteme die ausschlaggebende Rolle (extrinsische Motivation)? Zwar bedeutet extrinsische Motivation keinen Nachteil für die Leistungsfähigkeit (vgl. Aronson et al., 2008), allerdings müssen Belohnungen von außen regelmäßig verändert und angepasst werden um die Motivation aufrecht zu erhalten. Eine hohe intrinsische Motivation ist zudem förderlich für die persönliche Entwicklung, Aufgabenbearbeitung sowie für soziale Beziehungen (Lackner, 2012).

3.1.3 Kriterien aus der Führungspraxis

Manager müssen für eine erfolgreiche Arbeit zahlreiche Kompetenzen besitzen. Diese Kompetenzen lassen sich gut für einen Vergleich verschiedener Managementdiagnostik-Methoden verwenden. Denn wie oben erwähnt, sind Kompetenzen einer der Grundpfeiler der Managementdiagnostik (vgl. Abschnitt 2.1 Managementdiagnostik).

Für den Vergleich soll folgendes Kompetenzmodell aufgestellt werden: Als Oberbegriffe lassen sich diese drei Schlüsselkompetenzen herleiten: Persönliche Kompetenz, Aufgabenkompetenz sowie Soziale Kompetenz. Tabelle 1 stellt die Schlüsselkompetenzen mit ihren Unterbegriffen dar:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Kompetenzen als Kriterien für die Analyse

(Eigene Darstellung; enthält Elemente aus Wübbelmann, 2001 und Mücke, 2005 mit eigenen Ergänzungen).

Das Kompetenzmodell sollte allerdings nur als exemplarisch betrachtet werden. Jedes Unternehmen und jede Position erfordern individuelle Kompetenzen, die in dieser Arbeit unmöglich berücksichtigt werden können. Über Art und Umfang dieser Aufzählung lässt sich daher streiten. Eine ausführliche Darstellung dieses Kompetenzmodells befindet sich in Anhang A.

Im nächsten Abschnitt sollen für die weitere Kriterien-Zusammenstellung Ansätze aus der Organisationskultur näher beleuchtet werden.

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Ende der Leseprobe aus 72 Seiten

Details

Titel
Moderne Managementdiagnostik. Methodenvergleich und Empfehlungen für die Praxis
Autor
Jahr
2018
Seiten
72
Katalognummer
V413345
ISBN (eBook)
9783960952640
ISBN (Buch)
9783960952657
Dateigröße
3899 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Managementdiagnostik, Wirtschaftspsychologie, Psychologische Diagnostik, Arbeits- und Organisationspsychologie, Management, Personal, Kompetenz, Performance
Arbeit zitieren
Sven Romann (Autor:in), 2018, Moderne Managementdiagnostik. Methodenvergleich und Empfehlungen für die Praxis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/413345

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