Theorien der Befragung: der Einfluss von Situationsdefinitions- und Interaktionsprozessen


Hausarbeit, 2005

19 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Problemstellung

2. Theorien der Befragung
2.1 Theories and methods in social research – Derek L. Phillips
2.2 Interaktion zwischen Interviewer und Befragter
2.3 Soziale Erwünschtheit
2.4 Goffman`s Thesen zur Interaktion zwischen Interviewer und Befragten

3. Habits, Frames und Rational Choice – Hartmut Esser
3.1 Definition von Habits, Frames und Rational Choice
3.2 Anwendungen auf das Befragtenverhalten
3.3 Response Set
3.4 Kritiken

4. Die Beziehung zwischen Interviewstil, Verhalten des Interviewers und Befragten- verhalten
4.1 Das Versuchsmodell
4.2 Feldexperiment
4.2.1 Hintergründe
4.2.2 Codierverfahren
4.2.3 Effekte des Interviewstils auf das Antwortverhalten und Ergebnisse der Studie

5. Schlussbetrachtung

6. Anhang

1. Einleitung

1.1 Problemstellung

Die empirische Sozialforschung gewinnt ihre Erkenntnisse auf Grundlage der Erhebung und Auswertung von Daten. Die betriebene Forschung kann nur so gut und genau sein, wie es die Daten sind. Verschiedenste Methoden stehen den Forschern zur Verfügung, um neue Kennt­nisse zu gewinnen. Neben dem Fragebogen ist das Interview eines der meist einge­setzten Er­hebungs­methoden zur Gewinnung von relevanten Daten. Es wir als „planmäßiges Vorgehen mit wissen­schaft­licher Zielsetzung“ (Hartmann 1991: 14) definiert, „bei dem die Versuchs­person durch eine Reihe gezielter Fragen oder mitgeteilter Stimuli zu verbalen Informationen veranlasst werden soll“ (Hartmann 1991: 14). Es handelt sich um eine künstliche soziale Sit­uation. Hierbei findet ein Frage-Antwort-Prozess statt, in dem die Rollen der Teilnehmer klar definiert und abgegrenzt sind. Daher sind die Fragen hinsichtlich ihrer Formulierung und Reihenfolge ebenso standardisiert wie das Verhalten des Interviewers.

Die Tatsache, dass die empirische Sozialforschung Menschen als Unter­suchung­sob­jekte hat und das die Forscher ebenfalls Menschen sind, werfen verschiedene Probleme auf. „Es treten Abweichungen auf zwischen der empirischen Wirklichkeit und dem Ergebnis der Befragung. Der Fragesteller erhält nie beobachtbare Tatsachen über die Wirklichkeit, sondern (…) immer nur Aussagen darüber“ (Kromrey 1999). Exakte Daten lassen sich nur über die physischen Daten wie Alter, Geschlecht, Gewicht und Größe bestimmen. Gefühle, Einstell­ungen und Meinungen stellen keine festen Größen dar. Sie ändern sich in gewissen Situation­en und können von diesen stark beeinflusst werden.

Eine bedeutsame Rolle bei dem Versuch des Konstanthaltens von Stimulus-Situation­en kommt dem Interviewer und seinem Verhalten während des Interviews zu. Das Ideale Interviewerverhalten wird in der völligen Neutralität gegenüber Thema und Befragten ge­sehen. Jedoch ergeben sich im sozialen Prozess der Befragung doch immer Reaktionen auf die Person des Interviewers. Maccoby sieht das ideale Interviewerverhalten in der völligen Neutralität gegenüber Thema und Befragtem (Vgl. Maccoby 1965: 63). Der Interviewer könnte, eventuell unbewusst, eine Wirkung auf die Reaktionen des Befragten, in Form von Ant­worten, erzielen. Diese sind entweder Reaktionen auf die Frage bzw. deren Inhalt Re­aktionen auf den Interviewer selbst.

Die Gültigkeit und Zuverlässigkeit der Antworten in einem Interview ist somit ab­häng­ig von Effekten, die durch Fragen selbst erzeugt werden können, vom Einfluss des Inter­viewers und schließlich von Merkmalen des Befragten. Denn überall wo Menschen mit Men­schen interagieren, entstehen komplexe Struk­turen – soziale Beziehungen, die menschliches Verhalten, wie in Interviewsituationen, nicht vorher bestimmen lassen. Diese zu erfassen, für eigne Zwecke zu steuern und auszuwerten ist ein zentrales Problem der Sozialforschung.

Grundsätzliches Ziel der Arbeit ist es, die folgenden Leitfragen aus verschiedenen wissenschaftlichen Untersuchungen zu beantworten. Wie beeinflusst der Interviewer die Ant­worten der Befragten? Welche Faktoren begünstigen das Phänomen der sozialen Erwünscht­heit? Ist die Theorie der rationalen Wahl auf die Befragung anwendbar? Wie agieren Inter­viewer und Befragter in einer Interviewsituation?

2.Theorie der Befragung

2.1 Theories and Methods in social research – Derek L. Phillips

Derek L. Philips Spezialgebiet liegt in den Untersuchungsmethoden, dem abweichendem Ver­halten und der Sozialpsychologie. Er beschreibt das Aufeinandertreffen von Menschen in einer Inter­viewsituation. Wie Interviewer und Befragter verschiedene Informationsquellen über ein­ander suchen und darauf reagieren. Seinen Fokus legt Phillips auf die Beziehung zwisch­en Interviewer und Befragten. Die große Abhängigkeit vom Interview als einzige fehl­bare Methode der Datenerhebung wird von Webb postuliert und von Phillips be­stä­ti­gt (Vgl. Phillips 1971: 79). Jedoch sieht Phillips einen Mangel an dieser Betrachtung von Interviews und Fragebögen. Er erkennt, dass die Prozesse, die bei der Datenerfassung angewendet wer­den, dieselben Prozesse sind, die in vielen anderen alltäglichen menschlichen Wechsel­wirkungen zum tragen kommen (Ebenda). Diese „Mechanismen“ will der Autor hervorheben.

2.2 Interaktion zwischen Befragten und Interviewer

Bevor es überhaupt zu einer Interviewsituation kommen kann, gibt es verschiedene Kriterien, nach denen Befragte selektiert werden. Zum einen durch eine Zufallsstichprobe, nach der der Befragte informiert wird, dass er zwecks einer Befragung ausgewählt wurde. Zum zweiten findet eine Selektion statt, wenn die Person bestimmten Spezifizierungen entspricht und innerhalb eines bezeichneten Wohnsitzes oder eines Gebietes lebt (Vgl. Phillips 1971: 81). In beiden Fällen ist es eher unwahrscheinlich, dass der Befragte vorher informiert wird (Eben­da). Der erste Annäherungsversuch erfolgt, wenn der Forscher vor der Tür des Befragten steht.

Steht der Befragte fest, erfolgt die erste Kontaktaufnahme. In dieser Phase erhält die ausgewählte Person Informationen über den Zweck des Interviews, den Ablauf, die Voraus­setzungen von ehrlichen Antworten, sowie das vertrauliche behandeln von Informationen un­ter anonymer Aufzeichnung der Antworten (Ebenda). Der Befragte sieht sich nun mit einer nicht alltäglichen Situation konfrontiert und hinterfragt die Erwartungen, die der Interviewer an ihn stellen könnte. Um diese Erwartungen zu erfahren, versucht er Eigen­schaften des Inter­viewers zu erforschen. Darunter zählen unter anderem Alter, Geschlecht, Rasse und äußere Erscheinung (Ebenda).

Erving Goffman bezeichnet dies als „prophetische Mittel“ (Phillips 1971:81). Diese dienen als Ersatz, sobald der Befragte keine Informationen erhält (Ebenda). Goffman`s prophetische Mittel sind jedoch um Zeichen, Andeutungen, ausdrucksvolle Gesten, Haltung und Akzent erweitert. Der Interviewer vollzieht ebenfalls diese Phase, aber unter anderen Frage­stellungen. Er sucht nach Indikatoren, die die wahren Gefühle, in Zusammenhang mit dem Inhalt des Interviews, aufdecken. Das Hauptziel des Forschers ist es immer, die best möglichen Daten vom Befragten zu erhalten. Damit dies gelingt, sind wichtige Aufgaben an ihn gestellt. Widersprüche zuerkennen im non verbalen Verhalten und diese im weiteren Kontext der verbalen Kommunikation zu interpretieren sowie die Situation in der das Inter­view stattfindet. Die soziale Zustimmung des Interviewers zu erhalten oder mindestens seine Missbilligung zu vermeiden, ist das Ziel, welches der Befragte verfolgt.

2.3 Soziale Erwünschtheit

Befragungen unterliegen mehr als andere sozialwissenschaftliche Erhebungsinstrumente ver­zer­renden oder störenden Einflüssen von außen, seien es situative Momente, durch den Inter­viewer, den Befragten selbst oder deren Interaktion. Ein wesentlicher Faktor im Hinblick auf Ver­zerrungen des Antwortverhaltens ist das Phänomen der sozialen Erwünschtheit (social desirability). Damit wird die Neigung von Befragten umschrieben, in Untersuchungs­situation­en so zu antworten, dass die Antworten in ihrer Bezugswelt als sozial erwünscht gelten, um die An­erkennung ihrer Person zu steigern.

Die Frage nach dem Einfluss sozialer Erwünschtheit spielt eine wichtige Rolle, so auch bei Phillips. Als Einflussfaktoren nennt Phillips zum einen die „allgemeingülltigen Normen“ (Phillips 1971: 88) des sozialen Umfelds und zum zweiten die „Normen des Inter­vie­wers“(Ebenda). Befragte reagieren eher auf den ersten Faktor, während der zweite zurück­tritt. Wenn der Befragte sich am Interviewer orientiert, so wird die Antwort der Meinung des In­ter­viewers angepasst, wenn eine falsche Antwort eine Belohnung nach sich zieht oder eine richtige Antwort eine Strafe erwarten lässt (Vgl. Phillips 1971: 89). Gründe für das fälschen einer Antwort liegen in der Wahrung des Selbstbildes, nach einem starken Wunsch nach Bil­ligung und Zustimmung von Seiten des Interviewers (Ebenda). Im positiven Fall, bei richtiger Beantwortung, fürchtet man einen Verlust der Integrität und des Selbstrespekts sowie die Angst, bei einer Lüge ertappt zu werden (Ebenda).

[...]

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Theorien der Befragung: der Einfluss von Situationsdefinitions- und Interaktionsprozessen
Hochschule
Technische Universität Chemnitz  (TU Chemnitz)
Veranstaltung
Theorien der empirischen Befragung
Note
2,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
19
Katalognummer
V41351
ISBN (eBook)
9783638396318
Dateigröße
542 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Diese Hausarbeit gibt Aufschluss über die verschiedenen Theorien der Befragung/Interview sowie die Einflüsse auf den Befragten, Interviewer und Umgebung! So zum Beispiel das Phänomen der sozialen Erwünschtheit,der Einfluss des Interviewers auf die Befragten und die dadurch verzerrten Antworten.
Schlagworte
Theorien, Befragung, Einfluss, Situationsdefinitions-, Interaktionsprozessen, Theorien, Befragung
Arbeit zitieren
Wiebke Engler (Autor:in), 2005, Theorien der Befragung: der Einfluss von Situationsdefinitions- und Interaktionsprozessen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41351

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