Räumliche Organisationsstrukturen, Probleme und Perspektiven der japanischen Automobilindustrie


Hausarbeit (Hauptseminar), 2005

51 Seiten, Note: 1,0 (sehr gut)


Leseprobe


Inhaltsangabe

1. Einleitung

2. Die fünf Phasen zur geschichtlichen Entwicklung der japanischen Automobilindustrie
2.1. Phase I (1950 - 1965)
2.2. Phase II (1965 - 1973)
2.3. Phase III (1973 – 1985)
2.4. Phase IV (1985 -1990)
2.5. Phase V (1990 bis heute)

3. Die Stellung der japanischen Automobilindustrie in der Weltwirtschaft
3.1. Die Weltautomobilproduktion und Exportmuster in der Übersicht
3.2. Die Bedeutung der Automobilindustrie für die japanische Volkswirtschaft
3.3. Die Rolle der japanischen Fahrzeugbauunternehmen in der Weltwirtschaft

4. Das japanische Produktionssystem der „Lean Production“

5. Die räumliche Verteilung der japanischen Automobilindustrie im Inland
5.1. Die räumliche Verteilung der Automobilhersteller
5.2. Die räumliche Verteilung der Tochter-/Enkelunternehmen und der Zulieferer

6. Neue Strategien durch Anpassungsdruck
6.1. Strategie I: Die vertikale Ausbreitung der Wertschöpfungspyramide
6.2. Strategie II: Beteiligungen und Kooperationen an/mit ausländischen Unternehmen
6.3. Strategie III: Das Outsourcing einzelner Produktionsbereiche

7. Abschlussbetrachtung

8. Literaturverzeichnis

9. Internetrecherche

Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen:

Abbildungen:

1. Produktionszahlen in Japan

2. Produktion der japanischen Automobilindustrie

3. Weltautomobilproduktion

4. Die zehn bedeutendsten Herstellerländer

5. Marktanteile in Japan

6. Japanische Exporte nach Herstellern

7. Unternehmenssitze und Produktionsstätten nach Herstellern

8. Toyota Tochterunternehmen

9. Strukturwandel der japanischen Autoindustrie

10. Aktienanteile ausländischer Firmen an japanischen Unternehmen

11. Standorte der Marke Toyota

Tabellen:

1. Die japanischen Hersteller im Ranking nach Produktionsgröße

2. Die japanischen Hersteller im Ranking nach Exportgröße

3. Die japanischen Hersteller im Ranking nach Auslandsproduktion

1. Einleitung

Die folgende Hausarbeit befasst sich mit dem Thema „Räumliche Organisationsstrukturen, Probleme und Perspektiven der japanischen Automobilindustrie“. Diese Hausarbeit soll die Entwicklung der japanischen Automobilindustrie von ihren Anfängen bis heute aufzeigen und dabei relevante historische Ereignisse und Voraussetzungen, die zur heutigen Entwicklung geführt haben, darstellen. Des Weiteren wird auf die Rolle der Unternehmen in der Weltwirtschaft bzw. auf die Bedeutung des Industriezweiges „Automobil“ für Japan selbst eingegangen. Zudem werden in dieser Ausarbeitung Strategien und Systeme vorgestellt, die wesentlich zur Entwicklung beitrugen und mit den Problemen und Perspektiven der Fahrzeughersteller im heutigen System der globalen Weltwirtschaft im Kontext gestellt, um in einer abschließenden Betrachtung als mögliche Strategien zur Problembewältigung diskutiert zu werden.

2. Die fünf Phasen zur geschichtlichen Entwicklung der japanischen Automobilindustrie

Dieses Kapitel behandelt die Stationen zur Entwicklung des Automobilbaus in Japan, von seiner Entstehung im Nachkriegsjapan des Zweiten Weltkrieges bis heute hin, und liefert einige Erklärungsversuche, die zu den heutigen Entwicklungen geführt haben.

Die Erklärungsansätze zur geschichtlichen Entwicklung der japanischen Automobilindustrie sind sehr eng mit denen der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung Japans verknüpft: Die Automobilindustrie besitzt die fast gleiche Chronologie und Entwicklungshistorie, wie alle anderen schwerindustriellen Wirtschaftszweige Japans. Daher sind in diesem Kapitel die Entwicklungsphasen der japanischen Automobilindustrie in den gleichen wirtschaftshistorischen Zeitfolgen aufgegliedert, wie man die allgemeine Entwicklungshistorie der japanischen Ökonomie in der Literatur zur Industriewirtschaft des Landes nach 1946 einteilt. Nennenswert sind hierbei 5 wichtige Phasen, die die Entwicklung der japanischen Automobilindustrie aufzeigen und im Folgenden durch historische Erklärungsansätze erläutert werden: (Flüchter/Yamamoto 2002)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

„Produktionszahlen Japan“ (Abbildung 1) aus: Flüchter, Winfried und Yamamoto, Kenji (2002): Automobilindustrie in Japan. in Geographische Rundschau: Themenheft Japan (Ausgabe Juni 2002) - Braunschweig: Westermann Schulbuchverlag

2.1. Phase I (1950 - 1965)

Die erste Phase erstreckt sich über den Zeitraum von 1950 bis 1965. Diese Phase beginnt in 1950, da zu diesem Zeitpunkt die japanische Automobilindustrie erstmalig nach dem Zweiten Weltkrieg wieder Autos baut. Das Ende der Phase erfolgt mit dem Jahr 1965, da ab diesem Zeitpunkt die „Gründerphase“ bzw. Aufbauphase der japanischen Industrieunternehmen beendet ist und in eine Phase des Wachstums der vorhandenen Unternehmen mündet. (Flüchter/Yamamoto 2002)

Die Entwicklung der japanischen Automobilindustrie in dieser Phase:

Bis 1955 liegt die Produktionszahl der japanischen Fahrzeuge bei weit unter 100.000 Stück/Jahr. 1950 werden jährlich 32.000 Fahrzeuge hergestellt, 1955 sind es bereits 69.000 Einheiten/Jahr. Ab 1955 beginnt in Japan die Massenproduktion; die Produktionszahl steigt in dieser Phase bis 1960 auf eine Anzahl von 482.000 Einheiten pro Jahr an. Ab 1960 verdoppelt sich die Gesamtproduktion innerhalb eines Jahres auf 814.000 Fahrzeuge und steigt auf bis zu 1,87 Millionen Erzeugnisse in 1965 an.

In 1965 sind 63% der in Japan produzierten Automobile Nutzfahrzeuge (LKW und Busse); die Produktion von PKW (37% Anteil) ist mit 696.000 Stück im Vergleich zu den Nutzfahrzeugen sehr gering.

Die Anzahl der PKW, die 1965 ins Ausland exportiert werden, ist mit einem Wert von 100.000. Stück (ca. 1/7 aller PKW) noch wenig bedeutend.

Es lässt sich also für die erste Phase festhalten, dass die japanische Fahrzeugindustrie in ihrer Gründerphase durch starkes Produktionswachstum und die hauptsächliche Herstellung von Nutzfahrzeugen geprägt ist.

(alle Daten: JAMA 2004)

Erklärungsansatz für diese Phase:

Nach dem Zweiten Weltkrieg liegt bei der Neugründung Japans 1946 die Industrie des Landes brach am Boden. Die Industrieproduktion war auf ein Drittel der Vorkriegszeit geschrumpft; Japan war von der Rohstoffzufuhr der zuvor eigens besetzten Staaten abgeschnitten. Durch die starken Zerstörungen des Landes, sowie fehlende Investitionen und Innovationen in die Industrie (Ausnahme: Rüstungsindustrie) während der langen Kriegszeit, hat die japanische Wirtschaft nach dem Kriegsende einen schweren Start. Erschwerend zu den infrastrukturellen Kriegsschäden kam noch hinzu, dass die amerikanische Besatzungsmacht alle großen Firmenkonglomerate (da sie in die Aufrüstung Japans involviert waren) zerschlug. (Bosse 1997)

Die japanische Regierung unternahm kurz nach der Entlassung in die Unabhängigkeit durch die USA, wichtige Reformen. Unter anderem sah eine Reform die Erstellung eines/r wirtschaftlichen Leitbildes/Doktrin vor. Das japanische Leitbild verpflichtete den Staat eine starke Wirtschaft aufzubauen, die eine herausragende Rolle in der Weltwirtschaft einnehmen sollte. Maßnahmen waren u.a. die gezielte Förderung spezieller Schwerindustrien wie der Automobilindustrie (Ausnahme: Rüstungsindustrie) durch hohe Subventionen, günstige Kredite und Steuervorteile. Die japanische Regierung stärkte die eigene Industrie u.a. darin, dass sie auf die Einfuhr aller ausländischen Güter, die in Japan selbst hergestellt wurden, so hohe Schutzzölle legte, dass diese wegen des daraus folgend hohen Kaufpreises nur für einen sehr teuren Endpreis in Japan zu erwerben waren. (Bosse 1997)

Somit bestand in Japan im Bereich der Automobilindustrie ein staatlich gewünschter, - für ausländische Unternehmen auf Grund der hohen Verkaufskosten geschlossener - Binnenmarkt, der die inländischen Hersteller vor den internationalen Wettbewerbern und deren Produkten schützte.

(Bosse 1997)

Die japanische Fahrzeugindustrie produzierte somit in der ersten Phase ausschließlich für den eigenen Binnenmarkt. Durch den Wiederaufbau der Infrastruktur des vom Krieg zerstörten Landes wurden hauptsächlich Nutzfahrzeuge (NFZ) nachgefragt. Zudem war das japanische Straßennetz in dieser Zeit nicht ausreichend genug ausgebaut, so dass nicht nur die hohen Anschaffungskosten eines privaten PKW - für den damals noch wenig verdienenden Normalbürger - keine große Nachfrage nach privaten PKW in Japan erzeugten. Allerdings: Der abgeschottete Binnenmarkt und die starke Binnennachfrage nach NFZ sorgten in dieser Phase für hohe Verkäufe und Gewinne japanischer Automobilkonzerne. Diese sammelten dadurch viel Kapital, dass sie in die Forschung und Entwicklung neuer Fahrzeuge investierten. (Flüchter/Yamamoto 2002)

2.2. Phase II (1965 - 1973)

Die zweite wichtige Phase in der japanischen Industriehistorie ist die Expansionsphase von 1965 bis 1973, da die bestehenden Unternehmen ab Mitte der 1960er Jahre ein stetes zweistelliges Jahreswachstum vorweisen können. Das Ende dieser Wachstumsphase kommt schlagartig mit der globalen Energie-/Ölkrise im Jahre 1973, die einen entscheidenden Wendepunkt in der Industriegeschichte Japans darstellt. (Flüchter/Yamamoto 2002)

Die Entwicklung der japanischen Automobilindustrie in dieser Phase:

Die japanische Automobilindustrie steigert die Anzahl der produzierten Fahrzeuge innerhalb dieser Phase um über 380% von 1,87 Millionen in 1965 auf 7,08 Millionen Einheiten in 1973. In nur acht Jahren versechsfacht sich die Produktion der PKW auf 4,47 Millionen Fahrzeuge pro Jahr, während die Produktion von Nutzfahrzeugen sich nur verdoppelt und bei 2,61 Millionen Einheiten/Jahr liegt.

Noch 1968 liegt die Anzahl der produzierten PKW mit der Anzahl der Nutzfahrzeuge (beide jeweils 2 Millionen Einheiten) gleichauf; ab 1969 steigt die Produktionszahl der PKW rasant an und überholt die der Nutzfahrzeuge. Der Anteil der PKW-Produktion an der Gesamtproduktion überwiegt somit gegen Ende der Phase um das 1,7-fache (66% Anteil).

Ab 1969 exportiert die japanische Fahrzeugindustrie erstmals mehr als 500.000 PKW ins Ausland und steigert den Export bis in 1973 auf 1,45 Millionen Stück pro Jahr. Somit exportieren die japanischen Hersteller im Jahr 1973 bereits 32% aller in Japan hergestellten PKW auf ausländische Märkte.

Die zweite Phase ist also durch einen enormen Anstieg der PKW-Produktion gekennzeichnet, die zunehmend ins Ausland verkauft werden. Die Bedeutung der Nutzfahrzeugproduktion nimmt langsam ab.

(alle Daten: JAMA 2004)

Erklärungsansatz für diese Phase:

In den fünfziger und sechziger Jahren wuchs das Bruttoinlandsprodukt Japans jährlich um etwa zehn Prozent. Dieser Wirtschaftsaufschwung sorgte dafür, dass sich die Probleme der Grundversorgung bis zur Mitte der 1950er Jahre erledigten. Der Nachholbedarf der Bevölkerung im Konsumgüterbereich wurde dank stetig steigender Löhne größer; teure Anschaffungen wie ein eigenes Automobil konnten sich ab Mitte der Sechziger Jahre sogar die meisten Durchschnittsfamilien leisten. (Bosse 1997) Somit setzte ab ca. 1965 ein PKW-Boom in Japan ein, der den sprunghaften Anstieg der PKW-Produktion in dieser Phase erklärt.

Auch in dieser Phase war der japanische Binnenmarkt für Ausländer stark abgeschottet und extrem überreguliert. Die staatlichen Vergünstigungen sorgten zudem weiterhin dafür, dass die heimische Industrie starke (künstliche) Kostenvorteile gegenüber ausländischen Fahrzeugbauern besaß und somit vergleichsweise kostengünstig produzieren konnte. Die Japaner erkannten in den Vorteilen ihre Exportchancen, zudem mussten die japanischen Unternehmen zwangsläufig den Export suchen, da der Binnenmarkt - durch die konkurrenzlose Situation auf dem Inlandsmarkt und dem Produktionsüberschuss in dieser Phase - bereits mehrfach gesättigt war. (Bosse 1997)

2.3. Phase III (1973 – 1985)

Mit dem Wendepunkt „Ölkrise“ 1973 bricht ein neues Zeitalter in der japanischen Industriegeschichte an. Entscheidende Innovationen japanischer Fahrzeugbauer trotzen der globalen Wirtschaftskrise und sorgen damit für große globale Exporterfolge. Diese Phase wird mit dem „Plaza-Abkommen“ beendet; daher das Einteilungsende in 1985. (Flüchter/Yamamoto 2002)

Die Entwicklung der japanischen Automobilindustrie in dieser Phase:

Von 1973 an bis 1985 erhöht sich die komplette Fahrzeugproduktion der japanischen Automobilhersteller um das 1,7-fache von 7,08 Millionen Einheiten/Jahr auf 12,27 Millionen Fahrzeuge pro Jahr. Sowohl die PKW-Produktionszahlen (Steigerung in dieser Phase um das 1,7-fache) als auch die LKW-Produktionszahlen (Steigerung um das 1,77-fache) ziehen in etwa beide gleich stark an. Die Gesamtproduktion liegt 1985 (wie in etwa zum Ende der 2.Phase) im Verhältnis 63% PKW (7,65 Millionen Stück/Jahr) zu 37% NFZ (4,62 Millionen LKW/Busse pro Jahr).

In dieser Phase steigt die Exportzahl der PKW von 1,45 Millionen/Jahr auf 4,43 Millionen PKW pro Jahr in 1985 an. Die Exporte von PKW haben somit um das 3-fache im Vergleich zum Ende der vorherigen Phase zugenommen; der Anteil der exportierten PKW an der Gesamt-Pkw-Produktion steigt auf 58% an.

1983 werden die ersten PKW im Ausland hergestellt, bis 1985 werden schon ca. 300.000 PKW/Jahr außerhalb Japans gebaut; dies entspricht 3,8% aller PKW japanischer Marken.

In der dritten Phase setzt sich also das starke Produktionswachstum in beiden Fahrzeugsparten weiter fort, wobei die PKW zum Exportschlager werden. Die Produktion japanischer Fahrzeuge im Ausland ist noch recht unbedeutend.

(alle Daten: JAMA 2004)

Erklärungsansatz für diese Phase:

Der Ölschock von 1973 stürzte das extrem rohstoffarme - und daher auf Importe angewiesene - Japan in eine Krise. Die stark gestiegenen Rohstoffpreise verteuerten die Importe und in der Folge die daraus produzierten Artikel auf dem Weltmarkt; daraus folgte eine Verringerung der Gewinnmargen japanischer Unternehmen. Somit war von nun an die Zeit des großen Wirtschaftswachstums vorbei. Es setzte dadurch in Japan ein Umdenken ein - der ökonomische Energieverbrauch war oberstes Ziel der Innovationen. (Bosse 1997)

Die Japaner machten aus der Not eine Tugend und passten sich den neuen Herausforderungen schnell an: So war es dem technologischen Fortschritt der japanischen Automobilindustrie zu verdanken, dass sie weltweit die ersten energiesparenden Autos bauten. (Flüchter/Yamamoto 2002) Zudem waren die japanischen Autos zumeist kleiner und kostengünstiger als ihre Konkurrenten, so dass die Kombination aus günstigem Preis, niedrigem Spritverbrauch und die Alternative zu den amerikanisch-europäischen Großraumfahrzeugen, für große Absatzerfolge der Klein-PKW in Europa und vor allem in Nordamerika sorgten. Die japanischen Marken profitierten in dieser Zeit auf Grund ihrer Kleinwagen vor allem vom aufkommenden Trend zum Zweitwagen, da sie als einzige diese Nische mit wettbewerbsfähigen Produkten beherrschten. Japanische PKW gelten zudem seit dieser Phase als Welt-Export-Schlager mit dem Ruf zur technologischen Spitzenklasse zu gehören.

2.4. Phase IV (1985 -1990)

Die entscheidende Zäsur „Plaza-Abkommen“ sorgt für eine einschneidende Reform der exportabhängigen Fahrzeugindustrie. (Flüchter/Yamamoto 2002) Bis zum Jahr 1990 erreichen japanische Unternehmen fabulöse Produktionszahlen, weshalb die Phaseneinteilung auch mit diesem Jahr endet.

Die Entwicklung der japanischen Automobilindustrie in dieser Phase:

In den 5 Jahren von 1985 bis 1990 steigt die Gesamtproduktion der japanischen Fahrzeuge nur noch um das 1,1-fache an; erreicht aber mit 13,49 Millionen produzierten Einheiten den absoluten Höchststand aller Zeiten. Der Rekordwert von 9,95 Millionen PKW in 1990 (Steigerung um den Faktor 1,26 im Vergleich zur letzten Phase) entspricht einem Anteil von 74% an allen produzierten Fahrzeugen. Die Nutzfahrzeugproduktion erreicht 1988 mit 4,5 Millionen NFZ/Jahr ihren Höhepunkt, verringert sich aber bis 1990 erdrutschartig um 18% auf nur noch 3,54 Millionen Einheiten pro Jahr.

Der Export japanischer PKW stagniert in diese Phase: Er behält ein durchgängig konstantes Niveau von 4,48 Millionen Fahrzeuge pro Jahr, doch durch den Anstieg der gesamten PKW-Produktionszahlen fällt der Anteil der exportierten Autos in 1990 auf 45%.

Bis zum Jahr 1990 werden aber 1,8 Millionen PKW im Ausland gefertigt. Das Wachstum der Auslandsproduktion ist in dieser Phase stark ansteigend.

In der vierten Phase kann man somit zwar einen anteilsmäßigen Verlust der Exporte an der Gesamtproduktion in Japan ausmachen, von einem generellen Bedeutungsverlust der japanischen PKW als Exportware kann aber bei konstanten absoluten Exportzahlen und einem starken Fahrzeugbau im Ausland - dort werden PKW ausschließlich für ausländische Märkte hergestellt - nicht ausgegangen werden. Da der Anteil der Nutzfahrzeuge an der Gesamtproduktion in diesem Zeitraum - also innerhalb von nur 5 Jahren - um 11% gesunken ist, bedeutet dies einen klaren Bedeutungsverlust der Nutzfahrzeugsparte zugunsten der PKW-Sparte.

(Daten: JAMA 2004; VDA 2004)

Erklärungsansatz für diese Phase:

1985 stimmten die G5-Staaten bei einem Treffen im New Yorker Plaza Hotel einer Kurskorrektur zu: Der niedrige Yen (niedrig, da die japanische Wirtschaft ihr Kapital in US $ investierte) setzte die Wettbewerbsfähigkeit der amerikanischen Wirtschaft stark unter Druck, so dass eine Aufwertung des Yen beschlossen wurde, die den US $ in seinem Kurs entsprechend stark fallen ließ. Binnen neun Monaten stieg der Kurs des Yen gegenüber dem US $ um 65%, so dass sich die japanischen Exporte dramatisch verteuerten. (Bosse 1997)

Die japanischen Autohersteller setzen dem Preisdruck als Strategie erste Produktionsverlagerungen ins Ausland (fast ausschließlich in die USA) entgegen, um die gestiegenen Kosten so auszugleichen - dies erklärt die plötzliche Aufnahme der PKW-Produktion in großen Mengen außerhalb Japans.

Die Auslandsproduktion verhinderte zwar nicht die starke Verteuerung japanischer Waren ins Ausland, doch fing sie durch Wechselkursverrechnungen der im Ausland geschöpften Werte, die erzielten Exportverluste und Preissteigerungen der Inlandsproduktion auf. Dadurch konnten die japanischen Hersteller weiterhin kostengünstige Fahrzeuge im Ausland anbieten. Ins Ausland wurden 1990 daher sogar mehr PKW verkauft, wie noch vor 1985.

2.5. Phase V (1990 bis heute)

Ab 1990 beginnt, bedingt durch die globalen Veränderungen, den sich abzeichnenden neuen Märkten in den früheren sozialistischen Staaten und dem Platzen der „Bubble“, eine neue Phase der japanischen Industriegeschichte. Da diese immer noch anhält und bis heute hin z.T. ungelöste Probleme aufzeigt, erfolgt hier die letzte historische Phaseneinteilung.

Die Entwicklung der japanischen Automobilindustrie in dieser Phase:

Seit 1990 verringert sich die japanische Fahrzeugproduktion um 22% von 13,49 Millionen Fahrzeuge auf nur noch 10,29 Millionen Fahrzeuge pro Jahr in 2003. Die Nutzfahrzeugproduktion halbiert sich bis 2003 auf nur noch dramatisch niedrige 1,81 Millionen Einheiten/Annum.

Die PKW-Produktion verliert ebenfalls an Einheiten, doch bei einer Abnahme von 9,95 Millionen auf 8,48 Millionen Fahrzeuge pro Jahr, beträgt die Verringerung um 15% nicht so dramatische Züge, wie die der Nutzfahrzeugsparte.

Der Export von PKW sinkt bis 1995 zwischenzeitlich von 4,5 Millionen auf nur noch 3 Millionen Fahrzeuge pro Jahr, kann sich aber danach bis 2003 noch auf einen Wert von 4,7 Millionen exportierten Fahrzeugen steigern.

Mit einer Produktionsleistung von knapp 7,04 Millionen PKW pro Jahr außerhalb Japans (entspricht einem Anteil von 45%) im Jahr 2003 werden nun fast die Hälfte aller PKW japanischer Marken im Ausland produziert.

Bis heute haben die japanischen Produzenten innerhalb von nur 15 Jahren ihre Produktionen im Inland im Bereich PKW mäßig - und im Nutzfahrzeugbereich dramatisch stark - reduziert. Dagegen hat die Bedeutung der Auslandsproduktion stark zugenommen: Fast die Hälfte aller japanischen PKW werden heute außerhalb Japans gefertigt. Somit verliert die japanische Automobilindustrie ihre Kapazitäten im doppelten Maße: Zum einen durch die gesunkene Nachfrage nach japanischen PKW im Inland, zum anderen durch die Auslagerung der Produktion ins Ausland.

(Daten: JAMA 2004; VDA 2004; OICA 2004)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

„Produktion der japanischen Automobilindustrie“ (Abbildung 2) aus: Verband der Deutschen Automobilindustrie (2004): Auto Jahresbericht 2004. - Frankfurt am Main: Verband der Deutschen Automobilindustrie

[...]

Ende der Leseprobe aus 51 Seiten

Details

Titel
Räumliche Organisationsstrukturen, Probleme und Perspektiven der japanischen Automobilindustrie
Hochschule
Universität Duisburg-Essen  (Institut für Geographie der Uni Duisburg-Essen)
Veranstaltung
Wirtschaftsgeographie Japans
Note
1,0 (sehr gut)
Autor
Jahr
2005
Seiten
51
Katalognummer
V41358
ISBN (eBook)
9783638396363
Dateigröße
1359 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Räumliche, Organisationsstrukturen, Probleme, Perspektiven, Automobilindustrie, Wirtschaftsgeographie, Japans
Arbeit zitieren
Kai-Oliver Müller (Autor:in), 2005, Räumliche Organisationsstrukturen, Probleme und Perspektiven der japanischen Automobilindustrie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41358

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