Zur Zeit des Barocks (ca. 1600-1720) herrschte in Skandinavien eine hierarchisch strukturierte Ständegesellschaft. Und so wie die Gesellschaft sortiert war, hatte man das Bedürfnis auch alles andere zu sortieren. Dies hing mit der lutherischen Reformation zusammen, die das Bild einer von Gott wohlgeordneten Welt vermittelte . Der Schwede Georg Stiernhielm, ein wichtiger Vertreter dieser Zeit, sagte: „Wo keine Form ist, dort ist kein wahres Sein.“ Alle Dichtung hatte rhetorisch-repräsentativen Charakter und war damit Ausdruck der göttlichen Weltordnung . Häufige Themen waren „Eitelkeit der Welt“, Tod und Tugend. Häufige Lyrikformen waren das Kirch- und Gesellschaftslied, Gelegenheitsdichtung und politische Gedichte . Die Literatur dieser Zeit ist höfisch-aristokratisch orientiert. Sie wird von einer exklusiven Gruppe des aufsteigenden Beamtenadels getragen . Diese besah sich die eigene nationale Literatur und befand sie als mangelhaft. Alles bäuerlich-bürgerliche wurde als plump und kunstlos empfunden. „Der Poesie wird hier (Barock) die Aufgabe zugewiesen, alles Alltägliche zu übersteigen, sich in einsame Höhen der sprachlichen Kunst hinaufzuschwingen und so den Gipfelpunkt menschlichen Geistes zu markieren“ .Man suchte nach höheren, edleren Formen für die Literatur in der eigenen Landessprache, die sich angemessen in die göttliche Weltordnung einfügen ließ und stieß auf die antike Rhetorik. Diese zeigte sich ihnen als wohl strukturiert und so übernahm man deren Formen und Einordnungen und übertrug sie auf die sich gerade neu entdeckende nationalsprachliche Literatur, die sich dadurch auch international mehr Geltung verschaffen wollte.
Mit einem Teil dieser Übertragung aus der Antike im Gedicht „Öfwer Werldens Fåfängligheter“ des schwedischen Barockdichters Johan Runius (1679-1713) wird sich diese Arbeit nun beschäftigen: Mit der Verwendung der antiken Tropen und Figuren. Da dieses Gedicht etliche davon enthält, halte ich es für exemplarisch für deren Verwendung in der skandinavischen Barockdichtung. Es werden gewiss nicht alle verwendeten in dieser Arbeit aufgezählt, doch wird ein Überblick über das breite Spektrum der Figuren und deren Funktionen in der antiken Rhetorik und übertragen auf das Gedicht gegeben.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Tropen und Figuren in der antiken Lyrik
- Tropen- und Figurenbeschreibung allgemein und bei Runius „Öfwer Werldens Fåfängligheter“
- Tropen „Wendungen“
- Grenzverschiebungstropen
- Synekdoche „Andeutung“, „etwas mit erfassen“
- Metonymie „Begriffstausch“
- Periphrase „Umschreibung“
- Sprungtropen
- Metapher „Übertragung, Bild“
- Grenzverschiebungstropen
- Figuren
- Klangfiguren
- Homoeoteleuton „Endungsgleichklang“
- Binnenreim
- Alliteration „Stabreim“
- Assonanz
- Beiordnungsfiguren
- Polysyndeton „zusammengebunden“
- Asyndeton „unverbunden“
- Anapher
- Chiasmus „Kreuzstellung“
- Paralleslismus „Parallelstellung, gleichlaufend“
- Hyperbaton „Sperrung, hinübersteigen“
- Hendiadyoin “eins durch zwei”
- Sinnfiguren
- Oxymoron „scharfsinniger Unsinn“
- Ellipse „Auslassung“
- Paradoxon „Scheinwiderspruch“
- Satzfiguren
- Interrogatio „Rhetorische Frage“
- Subiectio/Percontatio „Frage-Antwort-Spiel“
- Personificatio „Personifizierung“
- Klangfiguren
- Schlusswort
- „Öfwer Werldens Fåfängligheter“ von Johan Runius
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Verwendung antiker Tropen und Figuren im Gedicht „Öfwer Werldens Fåfängligheter“ des schwedischen Barockdichters Johan Runius (1679-1713). Der Fokus liegt dabei auf der Veranschaulichung der Funktion dieser rhetorischen Mittel im Kontext der skandinavischen Barockdichtung.
- Die Bedeutung von Tropen und Figuren in der antiken Rhetorik
- Die Übernahme rhetorischer Mittel aus der Antike in der skandinavischen Barockliteratur
- Die Funktion von Tropen und Figuren im Gedicht „Öfwer Werldens Fåfängligheter“
- Der Einfluss der antiken Rhetorik auf die Entwicklung der skandinavischen Literatur
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel gibt einen Überblick über die literarische Situation im skandinavischen Barock, die geprägt war von einer hierarchischen Ständegesellschaft und dem Einfluss der lutherischen Reformation. Es wird auf die Bedeutung der Rhetorik in dieser Zeit und die Verwendung von Tropen und Figuren in der antiken Lyrik eingegangen. Das zweite Kapitel befasst sich mit der Bedeutung der Rhetorik in der Antike, insbesondere mit der Lehre des Schmuckes (ornatus) und der Unterscheidung zwischen Tropen und Figuren.
Das dritte Kapitel widmet sich der Beschreibung der Tropen und Figuren, wobei es auf ihre Funktion in der antiken Rhetorik eingeht. Es wird auch auf die Verwendung von Tropen und Figuren im Gedicht „Öfwer Werldens Fåfängligheter“ von Johan Runius eingegangen, wobei es einige Beispiele aus dem Gedicht analysiert.
Schlüsselwörter
Skandinavischer Barock, Rhetorik, Tropen, Figuren, Johan Runius, „Öfwer Werldens Fåfängligheter“, antike Literatur, Poetik, Ornatus.
- Tropen „Wendungen“
- Arbeit zitieren
- Anja Steppacher (Autor:in), 2004, Die Verwendung von Tropen und Figuren der antiken Rhetorik anhand des Gedichtes 'Öfwer Werldens Fåfängligheter' von Johan Runius, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41432