Psychologische Effekte auf das Verhalten von Privatanlegern an den Kapitalmärkten


Bachelorarbeit, 2017

60 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Ausgangssituation und Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Vorgehensweise

2. Die Kapitalmarkttheorie als Grundlage rationalen Verhaltens
2.1 Das Prinzip des „Homo Oeconomicus“
2.2 Das Modell der „Bounded Rationality“
2.3. Die Erwartungsnutzentheorie von Neumann und Morgenstern
2.4. Informationsverarbeitung nach Bayes
2.5. Effizienzmarkthypothese nach Eugene Fama
2.5.1 Drei Charakteristiken eines informationseffizienten Markts
2.5.2 Drei-Stufen-Konzept der Effizienzmarkthypothese
2.6. Das Capital Asset Pricing Modell

3. Emotionales Verhalten auf Kapitalmärkten
3.1. Bedeutung von Emotionen
3.2. Emotionen als Grundlage für Investitionsentscheidungen
3.3 Kognitive Dissonanz
3.4. Prospect Theory - Wahrnehmung von Gewinn & Verlust

4. Spekulationsblasen
4.1. Warum entstehen auf Kapitalmärkten Spekulationsblasen?
4.2. Spekulationsblasen analog einer Epidemie
4.3. Herdentrieb als Massenpsychologie
4.4. Historische Beispiele geplatzter Spekulationsblasen
4.4.1 Tulpenmanie in Holland (1634 – 1637)
4.4.2 Börsencrash 1929
4.4.3 Crash 1987
4.4.4 Dotcom-Blase

5. Psychologische Effekte im Börsenhandel
5.1 Saisonale Anomalien
5.2. Erkenntnisse aus der Hirnforschung

6. Empirische Untersuchung
6.1. Methodenauswahl und Vorgehensweise
6.2. Ergebnisse der Experteninterviews

7. Komparative Analyse – Rationales vs. emotionales Verhalten
7.1. Tabellarischer Vergleich
7.2. Vergleich zwischen rationalen Charakteristiken und emotionalen Empfindungen
7.3. Vergleich zwischen emotionalen und rationalen Anlegern

8. Handlungsempfehlung – Investieren mit Fokus auf Nachhaltigkeit

9. Fazit

Quellenverzeichnis

Anhangsverzeichnis

Anhang 1

Anhang 2

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Das Capital Asset Pricing Modell

Abb. 2: Wertfunktion (Prospect Theory)

Abb. 3: Preisentwicklung der Switser-Tulpenzwiebel

Abb. 4: Dow Jones Industrial Average Index (1920 -1930)

Abb. 5: Dow Jones Industrial Average Index (19. Oktober 1987)

Abb. 6: Dotcom-Blase im Nasdaq-Composite-Index

Abb. 7: MSCI Europe Small Cap Index und MSCI Europe Index

Abb. 8: Durchschnittliche Monatsentwicklung des Dow Jones und des Dax

Abb. 9: Aufbau des menschlichen Gehirns

Abb.10: Angst – Reaktion der Amygdala

Abb.11: Gier – Reaktionen des Nucleus Accumbens

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Eigenes Rechenbeispiel zur Erwartungsnutzentheorie

Tab. 2: Eigenes Rechenbeispiel zur Erwartungsnutzentheorie

Tab. 3: Eigenes Rechenbeispiel zur Erwartungsnutzentheorie

Tab. 4: Eintrittswahrscheinlichkeiten der Zustände

Tab. 5: Tabellarischer Vergleich zwischen Rationalität und Emotionalität

1. Einleitung

1.1 Ausgangssituation und Problemstellung

„Die Börse reagiert gerade mal zu 10 Prozent auf Fakten. Alles andere ist Psychologie!“ [1]

Mit dem berühmten Zitat von Andre Kostolany, der als Spekulant zum bekanntesten Börsenguru ernannt wurde, stellte er die Börsenpsychologie für Anleger in den Fokus. Aus gutem Grund; das Verhalten von Anlegern an der Börse wird stark von der unberechenbaren Psychologie beeinflusst. Wird die Börse genauer betrachtet, ist ersichtlich, dass rationales Verhalten kaum vorhanden ist. Denn die grundsätzlichen Triebkräfte, die die Börse steuern, sind eher aus emotionalem Affekt begründet. Die Angst vor Verlusten und die Gier nach mehr Geld stehen dabei an erster Stelle.

Hier liegt die Problematik darin, dass sich Privatanleger vermeintlich rational an Kapitalmärkten verhalten, obwohl sie unbewusst emotional gelenkt werden und sich somit zu zahlreichen Fehlentscheidungen entschließen. Die Börsenpsychologie, die ein Teil der Finanzpsychologie ist, wird in diesem Zusammenhang unterschätzt. Deshalb sollten sich Privatanleger über psychologische Effekte auf Kapitalmärkten bewusst sein, bevor sie ihr Geld anlegen.

1.2 Zielsetzung und Vorgehensweise

Zielsetzung der Bachelorarbeit ist es, anhand einer komparativen Analyse den Unterschied des rationalen bzw. emotionalen Verhaltens an Kapitalmärkten wissenschaftlich zu erarbeiten. Zusätzlich wird eine Expertenumfrage durchgeführt, um die Thesis zu untermauern.

Zu Beginn der Analyse wird die traditionelle Kapitalmarkttheorie betrachtet, welche anhand diverser Theorien aus der Wissenschaft die Rationalität genauer erläutert. Dazu werden mit mathematischen Beispielen die weitaus komplexeren Theorien wie von Neumann und Morgenstern oder das Gesetzt von Bayes transparenter dargestellt.

Im nächsten Abschnitt werden die Bedeutung sowie die Auswirkungen von Emotionen auf den Kapitalmärkten analysiert. Außerdem wird der Bezug auf die kognitive Dissonanz zurückgegriffen, die Marktteilnehmer verspüren, wenn sie mit unterschiedlicher Wahrnehmungen von Emotionen konfrontiert werden. Des Weiteren wird die Thematik auf das Verhalten von Verlusten wie Gewinne mithilfe der Prospect Theory vertieft.

Mit dem neuen erlernten Verständnis von Emotionen auf Kapitalmärkten werden historische Beispiele von geplatzten Spekulationsblasen angeführt. Zentrale Ereignisse aus der Geschichte wie die Tulpenmanie in Holland, der Börsencrash 1929, der Crash 1987 und die Dotcom-Blase aus dem Jahr 2000 werden vorgestellt.

Zusätzlich werden saisonale Effekte angesprochen, die die Börsenkurse signifikant verändern und im Umkehrschluss das Handeln an den Börsen beeinflussen. Darüber hinaus werden aus der Neurowissenschaft wissenschaftliche Erkenntnisse gezogen, welche Gehirnregionen besonders aktiviert werden, wenn riskante Anlagen getätigt oder Verluste vermieden werden.

Nach der komparativen Analyse zwischen rationalem und emotionalem Verhalten, die nach bestimmten Kriterien verglichen werden, wird eine Empfehlung ausgesprochen, die sich damit beschäftigt, worauf Anleger besonders achten sollen, um nicht der psychologischen Beeinflussung zu unterliegen, sondern wie sie bewusst und nachhaltig Investitionsentscheidungen fällen, um an der Börse erfolgreich zu sein.

2. Die Kapitalmarkttheorie als Grundlage rationalen Verhaltens

2.1 Das Prinzip des „Homo Oeconomicus“

Aus dem theoretischen Modell der Ökonomie soll der Homo Oeconomicus für ein besseres Verständnis von wirtschaftswissenschaftlichen Zusammenhängen sorgen. Darunter wird ein Mensch beschrieben, der nach ökonomischen Aspekten optimal handelt. Beispielsweise verfolgt er das ökonomische Prinzip und strebt als Konsument die sogenannte Nutzungsmaximierung an. Dagegen steuert der Produzent die Gewinnmaximierung an.[2]

Das Modell funktioniert, wenn bestimmte Annahmen berücksichtigt werden. Zum Beispiel verfügt der Homo Oeconomicus über fehlerfreie Kenntnisse jeglicher Art von Gütern und Märkten. Er besitzt lückenlose Informationen aller Handlungsalternativen und Konsequenzen und entscheidet rein rational, so dass emotionale Vorlieben und Abneigungen ignoriert werden.[3]

Wie zu erkennen, fehlt beim theoretischen Modell des Homo Oeconomicus die praktische Anwendungsmöglichkeit. Kein Mensch dieser Welt besitzt Kenntnisse über alle Güter und Märkte, Informationen sind stets begrenzt und jeder Mensch besitzt Vorlieben und Abneigungen. Deshalb wird nicht ohne Grund das Modell kritisch hinterfragt, da der Realitätsbezug fehlt .[4]

Im Prinzip soll die Betrachtung des Homo Oeconomicus ein derartiges Menschenbild aufzeigen, indem ökonomische wie gesellschaftliche Zusammenhänge besser erklärt werden können.[5]

2.2 Das Modell der „Bounded Rationality“

Menschen verhalten sich in den Fällen nicht rational. Wenn sie beispielsweise in Finanzprodukte investieren, obwohl sie vom Produkt nichts verstehen oder bei steigenden Kursen teuer einkaufen und bei sinkenden Kursen billig verkaufen. Dennoch sind sich Verhaltensökonomen sicher, dass die Fehlentscheidungen nicht auf ein Fehlen der Rationalität, sondern der begrenzten Rationalität als Ursache zuzuschreiben sind.[6]

Mit diesem Thema über begrenzter Rationalität oder aus dem englischen „Bounded Rationality“ beschäftigte sich der Sozialwissenschaftler Herbert A. Simon bereits in den 1950er Jahren. Da er den Homo Oeconomicus aus der traditionellen Kapitalmarkttheorie kritisiert, versucht er mit seinem Modell „Bounded Rationality“ ein Menschenschaubild zu erklären, welches den ökonomischen Bezug zur Realität zeigen soll.[7]

Das Individuum ist in diversen Zusammenhängen gezwungen Entscheidungen zu treffen, welche niemals vollständig rational getroffen werden können. Der Grund liegt in der inneren und äußeren Einschränkung der kognitiven Fähigkeit des Menschen. Das bedeutet, dass die begrenzte Fähigkeit des Menschen dafür sorgt, dass Informationen so verarbeitet und gespeichert werden, dass Entscheidungen in Kombination mit Stress aufgrund von Zeitdruck, aus mangelndem Wissen oder Untauglichkeit schlechter getroffen werden, als bei Idealbedingungen.[8] Aufgrund der vorhandenen Einschränkung des menschlichen Verhaltens werden sogenannte Heuristiken genutzt, um diese auszugleichen. Als Heuristik wird in der Psychologie die Funktion verstanden, in dem komplexe Zusammenhänge, die beispielsweise durch Informationsüberflutungen entstehen können, auf ein Niveau reduziert, so dass schneller Entscheidungen getroffen werden können.[9]

Auch ein Verhalten ist dann nach Simon rational beschränkt, wenn nach Alternativen nicht mehr gesucht wird, weil die primäre Lösung als zufriedenstellend empfunden wird. Konkret ist damit gemeint, dass nach keiner vermeintlich besseren Lösung gesucht wird. Da der Fokus auf schnellere Entscheidung gelegt wird und verfügbare Informationen ignoriert werden, versteht Simon dieses Phänomen als beschränktes rationales Verhalten des Menschen.[10]

Somit sind Menschen als rational eingeschränkter Anleger mit menschlichen Schwächen anzusehen, die mit einer Maschine verglichen werden kann, welche begrenzte Kapazitäten hat. Dennoch ist nicht auszuschließen, dass schwierige Entscheidungen mit begrenzten Fähigkeiten in einem komplexen Zusammenhang gelöst werden können.[11]

2.3. Die Erwartungsnutzentheorie von Neumann und Morgenstern

Oskar Morgenstern und John von Neumann erklären anhand des Bernoulli Prinzips das rationale Verhalten von Marktteilnehmer unter der Berücksichtigung von Risiken, die auf mathematischer Grundlage basieren.[12]

Der wesentliche Inhalt des Theorems ist die Untersuchung von Anlegern, die bei der Entscheidungsfindung eine der zur Verfügung stehenden Alternativen wählen müssen, wobei die daraus folgenden Konsequenzen unklar sind.[13]

Abschließend ist zu sagen, dass mit Hilfe der Erwartungsnutzentheorie und dem Bayes-Theorem, die im nächsten Kapital erläutert wird, eine Grundlage für die Effizienzmarkthypothese geschaffen wird.[14]

Um sich ein besseres Bild zu verschaffen, wie das Bernoulli Prinzip bei Entscheidungen unter Risiken zu verstehen ist, wird anhand eines Beispiels die Thematik nähergebracht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 1: Eigenes Rechenbespiel zur Erwartungsnutzentheorie

Quelle: Eigendarstellung in Anlehnung an: www.youtube.de/ Erwartungsnutzentheorie

Die Nutzenfunktion wird für die Berechnung vorausgesetzt!

Nutzenfunktion: U (e) = [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]

A1 – A3 sind die möglichen Alternativen

Z1 – Z3 sind die Zustände

Berechnung:

Bsp.: (A2 / Z1) à U (380000) = [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] = 655

Bsp.: (A2 / Z2) à U (175000) = [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] = 474

Bsp.: (A2 / Z3) à U (125000) = [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] = 418

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 2: Eigenes Rechenbeispiel zur Erwartungsnutzentheorie

Quelle: Eigendarstellung in Anlehnung an: www.youtube.de/ Erwartungsnutzentheorie

Prämisse: ∑ Wahrscheinlichkeit ( 0,7 + 0,2 + 0,1) = 1

Berechnung:

Bsp.: (A2 / p = 0,7) à 655 * 0,7 = 458

Bsp.: (A2 / p = 0,2) à 474 * 0,2 = 94

Bsp.: (A2 / p = 0,1) à 418 * 0,1 = 41

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 3: Eigenes Rechenbeispiel zur Erwartungsnutzentheorie

Quelle: Eigendarstellung in Anlehnung an: www.youtube.de/ Erwartungsnutzentheorie

Wenn die Summen gebildet werden, wird der größte Wert ausgesucht. In unserem Beispiel liegt der größte Wert bei 593. à I opt (optimaler Wert )

Nach dem Bernoulli Prinzip handelt der Marktteilnehmer rational, wenn er in diesem konkreten Beispiel sich für die Alternative 2 entscheidet.

2.4. Informationsverarbeitung nach Bayes

Die Informationsverarbeitung ist eine weitere grundlegende Annahme des rationalen Verhaltens, welche auf mathematischen Grundlagen von Thomas Bayes basiert, die im Jahre 1763 veröffentlicht wurde.[15]

Der Grundgedanke des Bayes-Theorems besagt, dass bei Veränderungen oder Annahme von neuen Informationen die anfänglichen Wahrscheinlichkeitseinschätzungen eines Marktteilnehmers durch neue, angepasste Wahrscheinlichkeiten mitverändert werden sollen. Im engeren Sinne bedeutet dies, dass bei Veränderung der Informationslage die Wahrscheinlichkeiten an die neuen Informationen angepasst werden sollen. Sollte die erforderliche Anpassung nicht berücksichtigt werden, sind die Marktteilnehmer nicht mehr in der Lage, rational zu handeln, da eine optimale Entscheidung zu treffen, schlicht ausfällt.[16]

Hierzu ein Beispiel, das verdeutlichen soll, weshalb Marktteilnehmer ihre bisherige Beurteilung im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung einer Aktie auf Basis von Analysteneinschätzungen verändern sollten. Wird dabei der Bezug auf das Theorem von Bayes genommen, soll die prognostizierte Entwicklung der Aktie aufgrund neuer Informationen neu bewertet werden, so dass eine optimale Entscheidung getroffen werden kann.[17]

Ausgangssituation:

Folgende Zustände liegen vor (Kaufen, Halten oder Verkaufen), die als mögliche Referenzen zur Verfügung stehen.

Der nachfolgenden Tabelle wird entnommen mit welcher Wahrscheinlichkeit die möglichen Empfehlungen von Analysten wahrgenommen werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 4: Eintrittswahrscheinlichkeiten der Zustände

Quelle: Eigendarstellung in Anlehnung an: Daxhammer, R. J./ Facsar, M. (2017), S. 37 f.

Dass eine beliebige Aktie steigt, wird vor Verarbeitung einer Empfehlung mit 50 Prozent angenommen. Zusätzlich geht man davon aus, dass eine Kaufempfehlung in 80 Prozent der Fälle zu steigenden Kursen führt. Ein Halten der Aktie würde mit 15 Prozent aller Fälle zu steigenden Kursen führen. Bei einer Verkaufsempfehlung steigt der Kurs mit einer 5 prozentigen Wahrscheinlichkeit.

Mithilfe der Formel können die ursprünglichen Eintrittswahrscheinlichkeiten mit Beeinflussung der neuen Informationen angepasst werden.[18]

p (z ⃓ y) = [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]

p ( Empfehlung ⃓ Gewinner) = [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]

Berechnung:

p (Kaufen / Gewinner ) = [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] = 0,91

p (Halten / Gewinner ) = [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] = 0,08

p (Verkaufen / Gewinner ) = [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] = 0,01

Anhand der Berechnung ist deutlich zu sehen, dass sich die Wahrscheinlichkeitseinschätzung durch die Empfehlung von Analysten beeinflussen lässt. Die ursprüngliche Wahrscheinlichkeit (50 Prozent), dass die Aktie steigt, ist aufgrund der Kaufempfehlung auf 91 Prozent gestiegen. Sollte die Halteempfehlung angestrebt werden, so sinkt die Wahrscheinlichkeit auf 8 Prozent, dass die Aktie weiterhin steigt. Entscheidet man sich für das Verkaufen der Aktie, so besteht eine geringe Wahrscheinlichkeit von 1 Prozent für einen Anstieg des Kurses.

Wird die Berechnung nach Bayes wiederholt und ein latenter Anstieg der Kaufempfehlung erkannt, nimmt die Wahrscheinlichkeitseinschätzung einen immer höheren Wert an. Bei sechs nacheinander veröffentlichten Kaufempfehlungen ist mit einer knapp 100 prozentigen Wahrscheinlichkeit gewährleistet, dass der Kurs steigt. Im Gegensatz zu den Halte- und Verkaufsempfehlungen würde es einen gegenläufigen Verlauf aufzeigen. Hier würden die Wahrscheinlichten bis fast auf 0 Prozent sinken.[19]

In der Praxis erhält man ein differenziertes Bild darüber wie Marktteilnehmer auf Kapitalmärkten agieren. Beispielsweise besteht die Gefahr von Analysten, dass sie ihre Einschätzungen nicht zeitnah an die neuen Informationen anpassen. Dadurch können andere Marktteilnehmer diesen Zeithorizont für sich nutzen und Überrenditen erwirtschaften. Dieses konkrete Phänomen bezeichnet Jürgen Bernhard als Gewinnankündigungsdrift und ist ein weiteres Beispiel dafür, warum Marktteilnehmer nicht im Stande sind, nach dem Prinzip des Homo Oeconomicus zu agieren. Es liegt daran, dass ein Mensch unmöglich alle Informationen, die in die Wertpapierkursentwicklung einfließen, zeitgenau bewerten kann. Als Gründe sind die kognitiven als auch die emotionalen Beschränkungen anzuführen.[20]

2.5. Effizienzmarkthypothese nach Eugene Fama

Mit dem letzten Unterpunkt der Effizienzmarkthypothese nach Fama wird eine wichtige Komponente der neoklassischen Kapitalmarkttheorie angesprochen, welche aus zwei fundamentalen Bestandteilen besteht. Auf der einen Seite beschäftigt sich die Theorie mit der rationalen Informationsverarbeitung und auf der anderen Seite wird das Entscheidungsverhalten der Marktteilnehmer vertieft dargestellt.

Um die Thematik besser zu verstehen, wurden vorab die grundlegenden Bausteine genauer erläutert, die aus der Erwartungsnutzentheorie und der Informationsverarbeitung nach Bayes basieren. (vgl. Kap. 2.3 / 2.4)

Der Grundgedanke der Effizienzmarkthypothese ist das Erzielen von Überrenditen, indem aus vergangenen Preisentwicklungen eine Prognose erstellt wird, so dass eine Outperformance erzielt werden kann. Jedoch neutralisiert sich die Überrendite im selben Augenblick, weil die meisten Marktteilnehmer dieses Wissen ausnutzen würden. Infolgedessen würde sich der Kurs auf das „richtige“ Niveau einstellen.[21]

Neue Informationen werden folglich nicht im zukünftigen, sondern in den heutigen Kurs eingepreist. Dieses Phänomen der Entwicklung des Kurses unterliegt einem sogenannten Random Walk, welcher bedeutet, dass die neuen Informationen direkten Einfluss auf die Kursentwicklung haben. Nach dieser Theorie von Bachelier besteht im Grunde genommen keine Chance auf Überrenditen, weil nur auf die Entwicklung vergangener Kurse geachtet wird.[22]

Im Jahre 1970 ließ sich Eugene Fama von dieser Überlegung inspirieren und entwickelte die Effizienzmarkthypothese. Er geht davon aus, dass ein Markt effizient ist, wenn alle Informationen komplett im Kurs eingepreist sind. Anhand dieser Feststellung sind Investoren nicht in der Lage einen Informationsvorsprung für sich zu gewinnen, um einen höheren Gewinn zu generieren.[23]

2.5.1 Drei Charakteristiken eines informationseffizienten Markts

1) Alle Marktteilnehmer sind rational: Die Wertpapiere werden mithilfe von abdiskontierten Dividenden bzw. Cashflows bewertet. Dabei ziehen sie Rückschlüsse auf das Wertpapier, indem sämtliche Informationen genutzt werden, um einen Fundamentalwert ermitteln zu können. Liegt dieser Wert oberhalb des gegenwärtigen Preises, so wird ein Anstieg der Nachfrage nach dem Wertpapier erkannt. Genauso besteht die Möglichkeit eines Ausfalls der Nachfrage, für den Fall, dass der Wert unterhalb des jetzigen Preises liegen sollte. Da davon ausgegangen wird, dass der Kurs fallen wird, werden die Wertpapiere verkauft oder auf Leerverkäufe spekuliert.[24]
2) Einige Markteilnehmer sind irrational: In diesem Fall würde der Kurs des Wertpapiers unverändert bleiben. Grund dafür ist der Ausgleich eines Optimisten und eines Pessimisten. Der Optimist glaubt, die Aktie sei zu niedrig bewertet, wohingegen der Pessimist genau anderer Meinung ist. Schließlich würden beide Vorgehensweisen zusammen zu einer Neutralität führen.[25]
3) Arbitrage: Sobald es Preisunterschiede auf dem Kapitalmarkt in Bezug auf Wertpapiere, Zinsen, Rohstoffpreise oder Devisen gibt, ist das Ziel der Arbitrageure durch Preisunterschiede den Gewinn mitzunehmen. Dabei wird mithilfe des Arbitragegeschäfts ein Ausgleich des fundamentalen Wertes hergestellt.[26]

Wenn Beispielsweise die Stammaktien von Daimler AG an der Frankfurter Börse zu einem Kurs von 65,00 Euro zum Verkauf stehen und im selben Augenblick an der Stuttgarter Börse die Aktie zu einem Wert von 66,00 Euro gehandelt wird, entsteht eine Kursdifferenz von 1 Euro. Wird dann ein Kauf- und Verkauf- Order von angenommen 1000 Aktien ausgeführt, bestünde ein Gewinn von 1000 Euro. Davon müssten Gebühren und Kaufspesen abgezogen werden, wobei meistens der Gewinn zu niedrig ausfällt, um die Kosten zu decken. Auch ist zu beobachten, dass das Arbitragegeschäft in der Praxis von großen Finanzinstituten durchgeführt wird, da für Kleinanleger die Transaktionskosten zu hoch sind. Zusätzlich wird ein Restrisiko mit sich getragen, wenn Transaktionen international praktiziert werden und der Abschluss nicht zeitgleich durchgeführt werden kann. Daraus ist zu folgern, dass im schlimmsten Fall ein wohlmöglicher Gewinn ausbleibt.[27]

In Zeiten der Globalisierung ist der weltweite Handel auf elektronischer Ebene stark ausgebaut, indem Informationen in Nanosekunden erhalten werden. Deshalb sind Arbitrageure nicht konventionelle Markteilnehmer, sondern Hochleistungsrechner, die auf relevanten Märkten blitzschnelle Preisunterschiede ermitteln können, da eine schnelle Reaktionszeit erfordert wird.[28]

2.5.2 Drei-Stufen-Konzept der Effizienzmarkthypothese

Im nächsten Abschnitt werden die schwachen, mittelstrengen und strengen Charakterformen der Effizienzmarkthypothese veranschaulicht.

1.) Schwache Effizienz: Diese Form der Effizienz zeichnet einen Markt aus, in dem Kurse aus der Vergangenheit vollständig im gegenwärtigen Kurs des Wertpapiers eingepreist sind. Dies entspricht der Form der Random Walk Theorie von Bachelier und bedeutet, dass aus vergangenen Kursentwicklungen von charttechnischen Analysen ein Informationsvorsprung nicht möglich ist und damit keine Überrenditen erzielt werden können.[29]

- In einer schwachen Form der Markteffizienz erkennt ein Marktteilnehmer anhand einer Chartanalyse, dass im März die Kurse steigen. Deshalb kauft er im Februar Wertpapiere ein, um von den steigenden Kursen im März zu profitieren. Da er nicht als einziger Marktteilnehmer agiert und andere Anleger auch diesen Trend erkannt haben, kaufen sie ebenfalls im Februar. Somit steigen die Kurse schon im Februar und der erhoffte Profit im März bleibt aufgrund der niedrigen Nachfrage aus.

2.) Mittelstrenge Effizienz: Hierbei liegt die Kernaussage darin, dass neben den vergangenen Kursentwicklungen auch alle öffentlich verfügbaren Informationen im Kurs eingepreist sind. Wenn also jeder den Zugriff zu öffentlichen Informationen, wie beispielsweise Jahresberichten, Zeitungsberichte etc., besitzt, ist der Markt mittelstreng effizient und führt zu keinen Überrenditen. Der Grund liegt darin, dass nach Veröffentlichung der vorhandenen Informationen diese im selben Augenblick in den Kursen reflektiert werden.[30]

Beispiel: Wird von einem Analysten eine hohe Verschuldung der Volkswagen AG ermittelt, könnte er anhand der Feststellung eine Überrendite erzielen. Da jedoch in einem effizienten Markt diverse andere Analysten dieselbe Information besitzen, würde der Kurs sofort fallen, weil die Verschuldung der Volkswagen AG sich direkt im Kurs einpreisen würde.

3.) Starke Effizienz: In einer starken Form der Markteffizienz werden alle Informationen in den Kurs eingepreist. Dazu zählen alle Preishistorien sowie alle öffentlich zugänglichen Informationen als auch nicht öffentlichen Insiderinformationen. Entspricht der Markt einer strengen Form der Effizienz, so besteht keine Chance auf eine Outperformance bei Insiderwissen.[31]

Beispiel: Der Vorstand der Commerzbank veräußert große Aktienpakete, da eine zunehmende Verschuldung angenommen wird, so kann auf einem effizienten Markt keine Überrenditen erzielt werden, weil Investoren trotz Insiderwissen ebenfalls verkaufen. Infolgedessen würde der Kurs der Aktie in kürzester Zeit an Wert verlieren.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Effizienzmarkthypothese erst von einem effizienten Markt gesprochen werden kann, wenn der Kurs eines Wertpapiers alle vorhandenen Informationen beinhaltet. Dabei ist zu beachten, dass drei Informationsarten differenziert werden, die zu einer schwachen, mittelstrengen oder starken Markteffizienz führen.

2.6. Das Capital Asset Pricing Modell

Das CAPM ist ein Kapitalmarktgleichgewichtsmodell, das von William F. Sharpe, John Lintner und Jan Mossin in den 60er Jahren entwickelt wurde. Es beruht auf der Grundlage der Portfoliotheorie von Markowitz.[32]

Folgende Annahmen sind notwendig, um die CAPM herzuleiten:[33]

- Alle Marktteilnehmer sind risikoavers
- Es entstehen keine Transaktionskosten
- Rationales Verhalten der Anleger
- Alle Anleger halten das selbe Portfolio
- Alle Anleger verfügen über gleiche Informationen
- Eine risikolose Anlage existiert

Die Idee des Capital-Asset-Pricing-Modells ist die Bewertung von Wertpapieren im Marktgleichgewicht. Hierfür wird das systematische Risiko benötigt.

Vergleich zwischen systematischem und unsystematischem Risiko:

- Systematisches Risiko ist das allgemeine Marktrisiko, das beispielsweise durch Weltkriege oder Finanzkrisen hervorgerufen wird. Dieses Risiko wird als Betafaktor bezeichnet und kann nicht durch ein optimales Wertpapierportfolio durch Diversifikation eliminiert werden. Deshalb wird dieses Restrisiko für die Bewertung von Wertpapieren miteinkalkuliert.[34]
- Unsystematisches Risiko ist das spezifische Einzelrisiko eines Wertpapiers, das beispielsweise durch Skandale, Gewinneinbrüche oder politischer Entwicklungen ausgelöst wird. Es kann mithilfe der Bildung eines optimalen Wertpapierportfolios eliminiert werden. Dieser Diversifikationseffekt beruht auf der Grundlage eines effizienten Portfolios nach der Portfoliotheorie von Markowitz. Da es möglich ist, das unsystematische Risiko komplett zu eliminieren, wird es in der CAPM-Betrachtung für die Berechnung der erwarteten Rendite nicht berücksichtigt.[35]

Für das CAPM wird ein mögliches Portfolio zusammengestellt, das risikobehafte Wertpapiere beinhaltet. Für die Bewertung der Wertpapiere ist die individuelle Risikoneigung des Investors entscheidend, das aus der Menge der effizienten Portfolios ausgewählt wird. In Kombination dazu wird eine risikofreie Anlage hinzugefügt, die beispielsweise eine festverzinsliche Staatsanleihe sein kann. Aus dem möglichen Portfolio und der risikofreien Anlage ergibt sich ein eindeutiges Marktportfolio. Die Menge dieser Kombinationen wird als Kapitalmarktlinie bezeichnet, die die Effizienzkurve tangiert. Der dabei entstehende Tangentialpunkt ist das optimale Marktportfolio.[36]

In Abb. 1 wird das Capital-Asset-Pricing-Modell in der gesamten Form präsentiert. Die Ordinate steht hierbei für die Rendite einer Anlage, wohingegen das Risiko auf der Abszisse abgelesen werden kann.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Das Capital Asset Pricing Modell

Quelle: www.wirtschaftslexikon.gabler.de

Die erwartende Rendite eines einzelnen Wertpapieres kann im Marktgleichgewicht aus der Rendite des Marktportfolios und dem Zinssatz der risikolosen Anlage anhand der Gleichung bestimmt werden.[37]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

E (ri ) = rf + βi * ( E( r M) – rf)

Der Wert des Betafaktors sagt aus, wie die Aktie im Verhältnis zum Markt steht.[38]

- β < 1 Der Aktienkurs bewegt sich weniger stark als der Markt
- β = 1 Der Aktienkurs bewegt sich genauso stark wie der Markt
- β > 1 Der Aktienkurs bewegt sich stärker als der Markt

3. Emotionales Verhalten auf Kapitalmärkten

3.1. Bedeutung von Emotionen

Das Wort Emotion kommt aus dem lateinischen „emotio“, was so viel bedeutet wie Bewegung und wird im engeren Sinne als Gemütszustand verstanden.[39]

Allgemein sind Emotionen komplexe bzw. facettenreiche Verhaltensmuster, welche sich im Laufe der Evolution entwickelt haben.[40] Des Weiteren sind Emotionen innere Empfindungen, die als angenehm bzw. unangenehm wahrgenommen werden. Zum Beispiel Freude oder Angst sind intensive Reaktionen, die sich in Form von körperlicher Veränderung (impulsiver Herzschlag) oder als Gefühlsausdruck (Mimik und Gestik) empfunden werden.[41]

Dennoch gibt es bis heute keine eindeutige Definition, was Emotionen sind. Für einige sind es Reizreaktionsmuster, die von außen herbeigeführt werden. Für andere sind Emotionen neurophysiologische Reaktionen, die ausschließlich im Gehirn stattfinden, weshalb das Individuum keinerlei Einfluss darauf einnehmen kann.[42]

3.2. Emotionen als Grundlage für Investitionsentscheidungen

Sigmund Freud, einer der Großdenker aus dem 20. Jahrhundert, setzte sich intensiv mit Emotionen der menschlichen Psyche auseinander. Der Schwerpunkt seiner Forschungsarbeit befasst sich mit dem Zusammenspiel von Gefühlen und Gedanken. Seiner Meinung nach führen positive Gefühle zu positivem Denken, was in eine erfreuliche Verkörperung in Form von Mimik und Gestik ausgestrahlt wird. Im Gegensatz dazu führen negative Gefühle zu negativem Denken. Dabei wird die entstehende, schmerzhafte Gefühlsausprägung in Mimik und Gestik meistens unterdrückt.[43]

Aus Sicht der Emotional Finance spielen für das Investitionsverhalten gegensätzliche Gefühle eine wichtige Rolle. Es kann eine Gefahr für Marktteilnehmer bestehen, wenn sie in ihrem Portfolio Lieblingsaktien halten und trotz negativer Entwicklung weiterhin daran festhalten. Aufgrund der Verlustaversion wird der Schmerz verdrängt, weil die Verluste höher als die Gewinne gewichtet werden und die Aktie gar nicht oder viel zu spät veräußert wird. Da im Unterbewusstsein die negativen Emotionen verdrängt werden, ist dieses Phänomen für Investoren sehr gefährlich, denn sie treffen unbewusst falsche Entscheidungen und die Investitionsentscheidung wird im Umkehrschluss stark vom Unterbewusstsein beeinflusst.[44]

3.3 Kognitive Dissonanz

Leon Festinger, ein amerikanischer Sozialpsychologe arbeitete an der Theorie der kognitiven Dissonanz in den späten 50er Jahren. Seine Theorie besagt, dass von einer kognitiven Dissonanz gesprochen wird, wenn ein Marktteilnehmer zwischen zwei entgegengesetzten emotionalen Wahrnehmungen oder Gedanken im Konflikt steht.[45]

In seinem inneren Konflikt versucht der Marktteilnehmer dieses Ungleichgewicht zu beheben, indem er negative Informationen zu einer Anlageentscheidung ignoriert und positive in den Fokus stellt.[46]

Dazu ein Beispiel:

Ein Aktionär hat die Wahl, sich zischen Aktie X und Aktie Y zu entscheiden. Nach langem Überlegen entscheidet er sich für Aktie X. Als die Aktie X gekauft wird, verliert sie in kürzester Zeit an Wert, wohingegen die Aktie Y stark ansteigt. Als dies vom Aktionär erkannt wird, entsteht in ihm ein innerer Konflikt (kognitive Dissonanz). Er überlegt sich, wie er die Situation retten kann, sodass am Ende ein positives Ergebnis erreicht wird. In dieser Situation ist der Aktionär dazu geneigt, positive Gründe zu finden, warum er die Aktie halten sollte. Alle negativen Informationen, die für den Verkauf sprechen, um keine weiteren Verluste einzufahren, werden ignoriert.[47]

Der Prozess der kognitiven Dissonanz verursacht dem Aktionär eine unangenehme Unruhe, die mit dem Ziel verfolgt wird, diesen Gemütszustand zu reduzieren. Erst wenn der innere Druck so stark sein, dass keine weiteren Verluste mehr verkraftet werden, wird von der Überzeugung und damit dem Halten der Aktie losgelassen.[48]

Die aufgezählten Bezugsgrößen veranschaulichen, wie die Stärke der kognitive Dissonanz in Anlageentscheidungen beeinflusst werden.[49]

- Entscheidungsfreiheit: Der Marktteilnehmer kann auf dem Kapitalmarkt frei wählen in welche Investitionsanlageform investiert wird. Das hat zur Folge, dass das Commitment in der ausgewählten Anlage sehr hoch ist.
- Verantwortung: Wenn eine Entwicklung der Anlage überschaubar ist oder Verluste nicht absehbar sind, die durch überraschende Entwicklungen entstanden sind, wird Verantwortung übernommen.
- Irreversible Kosten: Verluste, die durch Verkauf der Anlage entstehen
- Normabweichung: die eigene Anlageform unterscheidet sich von anderen Marktteilnehmern. Somit steigt das eigene Commitment überproportional.

Abschließend werden Folgen aufgezählt, die durch das Bedürfnis der Dissonanzfreiheit entstehen. Marktteilnehmer empfinden widersprüchliche Informationen oder Verhaltensweisen als unangenehmes Wohlbefinden, wenn zum Beispiel Verluste ständig „schöngeredet“ werden, obwohl mit der Anlage Geld verdient werden soll. Deshalb wird dem inneren Konflikt (kognitive Dissonanz) ausgewichen, indem die selektive Wahrnehmung angewandt wird. Mit Hilfe dieser Methode werden die Informationsinhalte reduziert wahrgenommen und nur die Aspekte aufgenommen, die als richtig angesehen werden. Alle anderen Informationen werden ausgeblendet.[50]

Auch die selektive Entscheidung ist eine Folge der Dissonanzfreiheit. Diese Heuristik aus der Psychologie hat die Zielsetzung, aus einer früheren Entscheidung den Standpunkt weiter beibehalten zu müssen. Die dabei getroffene Entscheidung wird trotzdem als Erfolg gesehen, obwohl hohe Kosten akzeptiert werden.[51]

3.4. Prospect Theory - Wahrnehmung von Gewinn & Verlust

Aus der Finanzwissenschaft ist die Prospect Theory - einer der relevantesten Theorien -von Daniel Kahneman und Amos Tversky 1979 entwickelt worden. Die Theorie beschreibt, wie ein Individuum in einer unsicheren, risikoreichen Umgebung mit Gewinnen und Verlusten umgeht.[52]

Die Prospect Theory wird anhand der S - förmigen Wertfunktion erklärt, welche drei charakteristische Merkmale aufweist.

1. Krümmungsverhalten der Wertfunktion: Die S – förmige Funktion besitzt eine Rechtskrümmung im Gewinnbereich, der einer Linkskrümmung im Verlustbereich gegenübersteht. Dieses Krümmungsverhalten verdeutlicht die Veränderung der Risikoeinstellung eines Anlegers in Bezug auf Gewinn und Verlust. Im Verlustbereich wird deutlich, dass ein Marktteilnehmer risikofreudiger ist, da er durch eine vermeintliche „Erholung“ annimmt, die bereits eingetroffenen Verluste durch erhoffte Gewinne zu kompensieren. Im Gegensatz dazu nimmt der Anleger im Gewinnbereich eine risikoscheue Position ein, da er besorgt ist, den vorhandenen Gewinn wieder zu verlieren.[53]

Dieses Phänomen wird als Dispositionseffekt beschrieben. Auch macht dieser deutlich, dass Fehlentscheidungen durch den Anleger nicht zugegeben werden, obwohl viele Anzeichen für ein unrentables Investment sprechen.[54]

2. Unterschiede im Verlustbereich/ Gewinnbereich: Die Wertfunktion im Verlustbereich nimmt einen steileren Verlauf als im Gewinnbereich an. Damit wird die Verlustaversion in der Psychologie wie in der Ökonomie als der Zustand bezeichnet, indem Verluste höher als Gewinne gewichtet werden. Kahnemans und Tverskys Untersuchungen ergaben, dass Marktteilnehmer ihre Verluste doppelt so stark einstuften als Gewinne, obwohl sie sich in gleicher Höhe befanden. Beispielsweise würde sich ein Verlust von 1 Euro sofort negativ auf die menschliche Psyche auswirken, obwohl ein nachträglicher Gewinn von 1 Euro den Verlust kompensiert, aber keine positive Wirkung erzielt wird. Ist die emotionale Bindung der Anlage noch hoch, verstärkt sich die Verlustaversion und die Steigung im Verlustbereich nimmt zu.[55]

3. Definition des Referenzpunktes: In der Wertfunktion bestimmt der sogenannte Referenzpunkt darüber, an welcher Stelle die relativen Gewinne und Verluste definiert werden. Weil jeder Marktteilnehmer seinen Referenzpunkt selber bestimmt, wird er auch als individueller Punkt angesehen. Allgemein zeichnet sich der Referenzpunkt als Einstiegskurs eines Wertpapiers, risikoloser Zinssatz oder Inflationsrate aus. Geografisch gesehen liegt er im Koordinatenursprung zwischen dem Verlust- und Gewinnbereich.[56]

[...]


[1] Kostolany, A. (2006), S. 92

[2] Vgl. Daxhammer, R. J./ Facsar, M. (2017), S. 26f.

[3] Vgl. Ellenrieder, R. (2001), S. 146f.

[4] Vgl. Ellenrieder, R. (2001), S. 147

[5] Vgl. Pompian, M. (2006), S. 15

[6] Vgl. Holler, M.J./ Illing, G. (2003), S. 16

[7] Vgl. Pelzmann, L. (2010), S. 9 f.

[8] Vgl. Ellenrieder, R. (2001), S. 148

[9] Vgl. Wiswede, G. (2007), S. 30

[10] Vgl. Pelzmann, L. (2010), S. 10f.

[11] Vgl. Ellenrieder, R. (2001), S. 149

[12] Vgl. Daxhammer, R. J./ Facsar, M. (2017), S. 32

[13] Vgl. Ellenrieder, R. (2001), S. 121f.

[14] Vgl. Daxhammer, R. J./ Facsar, M. (2017), S. 32

[15] Vgl. Klöhn, L. (2006), S.88

[16] Vgl. Kottke, N. (2005), S.11ff

[17] Vgl. Daxhammer, R. J./ Facsar, M. (2017), S. 37

[18] Vgl. Daxhammer, R. J./ Facsar, M. (2017), S. 37 f.

[19] Vgl. Forbes, W. (2009), S. 65ff.

[20] Vgl. Daxhammer, R. J./ Facsar, M. (2017), S. 38

[21] Vgl. Karlen, G. (2004), S.15 ff.

[22] Vgl. Karlen, G. (2004), S.15 ff.

[23] Vgl. Garz, H./ Günther, S./ Moriabadi, C. (2002), S.82

[24] Vgl. Rau, M. (2010), S.334 f.

[25] Vgl. Rau, M. (2010), S.334 f

[26] Vgl. Shleifer, A. (2000), S. 2ff.

[27] Vgl. Daxhammer, R. J./ Facsar, M. (2017), S. 40

[28] Vgl. www.boerse.de

[29] Vgl. Schredelsker, K. (2002), S. 372

[30] Vgl. www.wirtschaftslexikon.gabler.de

[31] Vgl. Schredelsker, K. (2002), S. 372

[32] Vgl. www.diekleinanleger.com

[33] Vgl. Ellenrieder, R.( 2001) S. 177 f.

[34] Vgl. Hull, J./ C. (2011) S. 9 f.

[35] Vgl. Faber, P. ( 2007) S. 10 f.

[36] Vgl. Ellenrieder, R.( 2001) S. 178 f.

[37] Vgl. Mondello, E. (2017) S. 51 ff.

[38] Vgl. Schacht, U./ Fackler, M. (2009) S.119 f.

[39] Vgl. www.spektrum.de/lexikon

[40] Vgl. http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/EMOTION/

[41] Vgl. Moser,K. (2015), S.84

[42] Vgl. www.planet-wissen.de

[43] Vgl. Daxhammer, R. J./ Facsar, M. (2017), S. 359 f.

[44] Vgl. Daxhammer, R. J./ Facsar, M. (2017), S. 360

[45] Vgl. Cooper, J. (2007), S. 6

[46] Vgl. Festinger, L. (1957), S. 144 f.

[47] Vgl. www.godmode-trader.de

[48] Vgl. www.godmode-trader.de

[49] Vgl. Goldberg, J./ Von Nitzsche, R. (2000), S. 121 ff.

[50] Vgl. Westphal, I./ Horstkotte, Ch. (2001) S. 219 f.

[51] Vgl. Westphal, I./ Horstkotte, Ch. (2001) S. 219 f.

[52] Vgl. Daxhammer, R. J./ Facsar, M. (2017), S. 179

[53] Vgl. Hens, T./Bachmann, K. (2008) S. 36 ff.

[54] Vgl. Laube, S. (2016) S. 104 f.

[55] Vgl. Hens, T./Bachmann, K. (2008) S. 36 ff.

[56] Vgl. Hens, T./Bachmann, K. (2008) S. 36 ff.

Ende der Leseprobe aus 60 Seiten

Details

Titel
Psychologische Effekte auf das Verhalten von Privatanlegern an den Kapitalmärkten
Hochschule
Fachhochschule für die Wirtschaft Hannover
Note
1,7
Autor
Jahr
2017
Seiten
60
Katalognummer
V414659
ISBN (eBook)
9783668655164
ISBN (Buch)
9783668655171
Dateigröße
1638 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
psychologische, effekte, verhalten, privatanlegern, kapitalmärkten
Arbeit zitieren
Dennis Zielke (Autor:in), 2017, Psychologische Effekte auf das Verhalten von Privatanlegern an den Kapitalmärkten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/414659

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