Performative Verben in performativen Äußerungen


Seminararbeit, 2001

15 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Performative und konstative Äußerungen

3. Explizit performative und primär performative Äußerungen

4. Performative Verben

5. Der dritte Handlungstyp

6. Die Sprechakttheorie
6.1. Die Teilakte
6.2. Illokutionsindikatoren

7. Indirekte Sprechakte

8. Kommentar

9. Quellen

1. Einleitung

In dieser Hausarbeit werde ich mich auf die Entwicklung der Sprechakt-theorie von J. L. Austin beziehen, die er in seinen Vorlesungen von 1955 erarbeitete.

Diese Vorlesungen wurden in dem Band „Zur Theorie der Sprechakte“ 1962, nach seinem Tod, gesammelt herausgegeben.

Besonderes Interesse möchte ich in meiner Hausarbeit den performatven Verben widmen. Es war schwierig, ausreichendes Material zu finden, das sich ausschließlich mit den performativen Verben befaßt, da diese doch sehr in die Gesamtdarstellung der Sprechakttheorie eingebunden sind.

J. R. Searle, ein Schüler Austins, entwickelte Austins Theorie weiter und schaffte deutlichere Differenzierungen. Auf die Auseinander-

setzung Searles mit der Sprechakttheorie werde ich hier aber nicht näher eingehen, da es den Rahmen einer Proseminarsarbeit sprengen würde. Ich werde Searle nur dort einbeziehen, wo er ergänzende oder erklärende Funktion zu Austins Sprechakttheorie aufzeigt.

Ebenso werde ich bestimmte Bereiche der Sprechakttheorie lediglich anreißen, wie z.B. die Konversationsmaximen von Grice und die Suche nach Implikaturen, die nicht direkt mit meinem Arbeitsthema „Performa-tive Verben in performativen Äußerungen“ zu tun haben.

Ich möchte in meiner Hausarbeit die Entwicklung der Sprechakttheorie darstellen und die verschiedenen Arbeitsstufen der Terminologiefindung Austins erläutern, wobei ich den performativen Verben einen besonderen Stellenwert in der Ausarbeitung zukommen lassen will.

2. Performative und konstative Äußerungen

In der Vorstufe zu seiner Sprechakttheorie teilt Austin zwischen zwei Arten von Äußerungen. Die einen nennt er konstativ, die anderen performativ. Die konstativen Äußerungen haben einen deskriptiven Charakter und können als wahr oder falsch identifiziert werden. Man kann die konstativen Sätze demnach der Wahrheitsfunktionalität zuordnen, mit der sich bereits die Semantik beschäftigt.

Ein Beispiel für eine konstative Äußerung wäre: „Es regnet.“

Der Sprecher stellt eine Behauptung über irgendetwas im Weltgeschehen auf, die der Rezipient als wahr oder falsch identifizieren kann.

Es gibt aber auch andere Arten von Äußerungen, die vom Wahrheitswert unabhängig sind und zum Vollzug einer Handlung gebraucht werden.[1]

Die zweite Art von Äußerungen betrachtet Aussagen wie:

1) Hiermit taufe ich dich auf den Namen Maria.
2) Ich danke Ihnen für Ihr Verständnis.
3) Hiermit kündige ich!

In den o.g. Beispielen vollzieht der Sprecher dadurch, daß er sie äußert, gleichzeitig die Handlung , die er in seiner Aussage benennt. In 1) tauft er, in 2) dankt er und in 3) kündigt er. Diese Beispiele sind „Fälle [...], in denen etwas sagen etwas tun heißt; in denen wir etwas tun, dadurch, daß wir etwas sagen“.[2]

Diese handlungsvollziehenden Äußerungen nennt Austin performative Äußerungen. „Der Name stammt natürlich von „to perform“, „vollziehen“: man „vollzieht“ Handlungen. Er soll andeuten, daß jemand, der eine solche Äußerung tut, damit eine Handlung tut.“[3]

Performative Äußerungen greifen durch ihren Handlungscharakter in den Lauf der Dinge ein und verändern die Welt, z.B.: „Hiermit erkläre ich dem Land X den Krieg!“ Vor der Äußerung war eine Friedenssituation, die sich durch das Äußern in eine Kriegssituation gewandelt hat. Der Sprecher griff mit seiner Äußerung in den Geschehensablauf ein und löste eine Konsequenz aus.

Ein weiteres Beispiel: Ein Pfarrer sagt: „Hiermit taufe ich dich auf den Namen Maria.“ Durch die Äußerung dieses Satzes wurde die Taufe vollzogen. Anders wäre es, wenn er gesagt hätte: „Das Mädchen soll Maria heißen.“ oder „Du heißt jetzt Maria.“ Der Sprecher hat sich hier nicht an das Muster der performativen Äußerung gehalten.

Die performativen Äußerungen sind in ihrem Vollzug an eine gewisse Satzordnung gebunden, die durch das performative Verb bestimmt wird.

Im 4. Kapitel werde ich die performativen Verben gesondert besprechen.

Bei gewissen Sprechhandlungen ist der Sprecher stark an bestimmte Be-dingungen gebunden, unter denen sie stattfinden können und die die Handlung als vollzogen betrachten lassen.[4]

Die Handlung in „Hiermit erkläre ich euch zu Mann und Frau.“ würde nicht vollzogen, wenn ein Kind diese Äußerung im Sandkasten gegenüber zwei anderen Kindern machen würde.

Die Bedingung, daß o.g. Handlung durch die Äußerung vollzogen wird, ist in diesem Fall an einen beauftragten Sprecher (Pfarrer oder Standesbe-amter) und an den rituellen Ort gebunden (Kirche, Standesamt)[5], ferner müssen die anwesenden Personen an einer Trauung teilnehmen.

Sind die erforderlichen Bedingungen erfüllt und wurde die performative Äußerung in der korrekten Art und Weise geäußert, dann gilt die Hand-lung der performativen Äußerung als vollzogen.

Wo der Rezipient einer konstativen Aussage feststellen kann, ob diese wahr oder falsch ist, kann der Rezipient einer performativen Aussage dies nicht tun. Ich kann auf die Äußerung „Hiermit erkläre ich euch zu Mann und Frau.“ nicht antworten: „Das stimmt nicht!“ oder „Das ist nicht wahr!“. Das kann ich bei der Äußerung „Es regnet.“ sehr wohl tun.

Ich kann vielleicht an der Ehrlichkeit eines Sprechers zweifeln, der sagt: „Ich danke für Ihr Verständnis.“, aber an der Handlung des Dankens an sich kann ich nicht zweifeln, weil diese durch die Äußerung selbst bereits vollzogen wurde.

Performative Äußerungen unterliegen also nicht dem Wahrheitswert. Es geht in erster Linie darum, welche Handlungen ich aktiv durch eine Äußerung ausübe.

Eine Beurteilung der performativen Äußerung liegt im Glücken oder Ver-unglücken einer Äußerung.

Ein Verunglücken des Vollzuges der performativen Äußerungen aufgrund von Unerfülltheit bestimmter Bedingungen nennt Austin auch Kommuni-kative Unglücksfälle.[6]

Meint ein Sprecher die Aussage: „Ich verspreche dir zu kommen.“ nicht ernst, so ist die Aufrichtigkeitsbedingung des Versprechens nicht erfüllt.[7] Die Äußerung ist nichtig, genauso, wie Verträge, die unter falschen Umständen geschlossen werden nichtig sind. Aber in der Regel ist die Handlung verbindlich, wenn der Sprecher sie durch das Äußern vollzogen hat.[8]

[...]


[1] vgl. Schlieben-Lange, B.: Linguistische Pragmatik.,

[2] Austin, J.L.: Zur Theorie der Sprechakte.,

[3] Austin, J.L.: Zur Theorie der Sprechakte., S. 29 f.

[4] vgl. Austin, J..L: Zur Theorie der Sprechakte., S. 31, 36 f. und vgl. Levinson, S. C.: Pragmatik.,

[5] vgl. Linke, A.: Studienbuch Linguistik., S. 190 und vgl. Schlieben-Lange, B.: Linguistische Pragmatik.,

[6] vgl. Linke, A.: Studienbuch Linguistik.,

[7] vgl. Austin, J.L.: Performative und konstatierende Äusserung.,

[8] vgl. Bünting, K.: EF Linguistik,

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Performative Verben in performativen Äußerungen
Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf  (Philosophische Fakultät)
Veranstaltung
Thematisches Proseminar: Das Verb im Deutschen
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2001
Seiten
15
Katalognummer
V4149
ISBN (eBook)
9783638125741
Dateigröße
429 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Performative, Verben, Thematisches, Proseminar, Verb, Deutschen
Arbeit zitieren
Tanja Kemmerling (Autor:in), 2001, Performative Verben in performativen Äußerungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/4149

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