Die Ästhetik des Surrealismus von André Breton in Un perro andaluz von Luis Buñuel und Salvador Dalí


Hausarbeit, 2005

21 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Forschungslage

2. Der Surrealismus
2.1. Die zentralen Prinzipien des Surrealismus nach André Breton
2.2. Luis Buñuel und die Surrealisten
2.3. Surrealismus in Literatur und Film

3. Die Umsetzung der Surrealistischen Prinzipien in Un Perro Andaluz

4. Schlussfolgerung: Kann man Literatur auf einen Film übertragen?

5. Bibliographie
5.1. Fachliteratur
5.2. Internetquellen

1. Einleitung

Der Surrealismus war eine der wichtigsten Strömungen der Avantgarde. Mit seinem kreativen Geist und neuen mentalen Gebilden wurde die Kunst aus der Zeit vor dem ersten Weltkrieg revolutioniert. Obwohl der Surrealismus aus dem Dadaismus entstanden sein soll, hat der erstere sehr wohl vom Dadaismus losgelöste Eigenschaften. Während der Dadaismus einen Weg der Zerstörung geht, bei dem das Chaos Ziel ist, ist der Surrealismus schöpferischer Natur. Diese neue Art der Kunst und des Lebens ist weltweit das Vorbild für viele literarische Werke, aber auch Werke anderer Bereiche wie der bildenden Kunst, der Musik und des Films. Der „Kassenschlager“ des surrealistischen Films Un perro andaluz (1929) von Luis Buñuel und Salvador Dalí ist ein Beispiel, das hier betrachtet werden soll. In dieser Arbeit soll untersucht werden, ob die Ästhetik des Un perro andaluz der des Surrealismus entspricht. Dazu werden zunächst die Prinzipien des Surrealismus nach seinem Gründer André Breton aufgeführt. Im Folgenden wird die Einschätzung des Surrealismus seitens Buñuels kurz betrachtet, der der führende Kopf bei der Realisierung seines Films war, ebenso wie der Surrealismus im Hinblick auf Literatur und Film. Im Hauptteil soll nach einer kurzen filmischen Einführung Un Perro andaluz auf surrealistische Aspekte hin näher untersucht werden. Ziel dieser Arbeit ist es, herauszufinden, ob Literatur auf Film übertragbar ist.

1.1. Forschungslage

Über die Literatur, Kunst und Musik des Surrealismus ist viel geforscht und geschrieben worden. Dieses Interesse am Surrealismus war zu der Zeit in ganz Europa und auch Lateinamerika verbreitet[1]. Dieses Interesse bezog sich auch auf seine Verbindung mit Freuds Psychoanalyse und dem automatischen Schreiben[2], dem Einfluss der surrealistischen Bewegung in der damaligen Gesellschaft[3]. Bei Buñuels und Dalìs Werken beschränkt sich die Literatur auf ältere Werke; über Buñuel sind dies zumeist niedergeschriebene Interviews[4], Dalí wird oft in Verbindung mit der Surrealistengruppe betrachtet, aber mehr noch im Hinblick auf seine Malerei[5]. An den Erscheinungsjahren sieht man, dass die Themen rund um den Surrealismus auch heute noch aktuell sind. Eine spezifische Quelle zum Thema dieser Arbeit hat es nicht gegeben.

2. Der Surrealismus

Die Entwicklung des Surrealismus begann in den frühen zwanziger Jahren. Schon Guillaume Apollinaire hatte das Konzept definiert und den Begriff geprägt, doch André Breton nahm den Begriff neu auf, um ihm neuen Inhalt und Bedeutung zu geben[6]. Schon 1912 lernte Breton Tristan Tzara, den Begründer des Dadaismus, kennen. Die Surrealisten orientierten sich insofern an dieser Bewegung, als dass sie die konventionellen Regeln missachteten, um zu provozieren und sich von der logisch und rational denkenden Tradition der bisherigen Kunst abzusetzen. Der Surrealismus hat grundsätzlich und im Gegensatz zum Dadaismus einen positiven Charakter. Darüber hinaus sieht er sich vom Expressionismus, Symbolismus, dem Futurismus, dem Kubismus[7] und besonders den Theorien Sigmund Freuds beeinflusst; Freuds Traumanalyse spielt eine entscheidende Rolle in der Entwicklung dieser Bewegung. Die eigenständige Welt des Traums, der psychische Automatismus, das Unbewusste oder das Unterbewusstsein sind für die neue Kunst zentral. Im Vordergrund steht eine Freisetzung der Worte und somit die Erfindung neuer Metaphern. Der Surrealismus propagiert den allgemeinen Fortschritt und die Veränderung im „esprit moderne, héritier“[8]. Auch die ästhetischen Merkmale der Romantik, die die Menschen seit dem Ersten Weltkrieg sozial, psychologisch und moralisch beeinflussten, sollten durch das Projekt der Avantgarde umgeworfen werden. Der Surrealismus beschäftigt sich mit allen künstlerischen Ausdrucksformen, da er den Stoff, die Sprache und die Bedeutung der Kunst in Frage stellt.[9] Bretons Studien über die Psychoanalyse und den Dadaismus waren nur die Vorbereitung für eine Reihe von Ereignissen: Als Folge der Akkumulation der oben genannten Ideen und auch des Zusammentreffens verschiedenster Künstler wurde die Zeitschrift Littérature von André Breton, Louis Aragon und Philippe Soupault gegründet. Diese Idee entstand als eine Art Lösung für die Krise, in der sich der Dadaismus befand[10]. 1919 veröffentlichen Breton und Soupault das, was man als erstes surrealistisches Werk bezeichnen kann: Champs magnétiques.

Das entscheidende Jahr für den Durchbruch des Surrealismus war das Jahr 1924, in dem die Zeitschriften Surréalisme und Révolution surréaliste zum ersten Mal erschienen. Im selben Jahr veröffentlichte André Breton das erste Manifest des Surrealismus. Ab 1925 verbreitete und politisierte sich die Bewegung. Es wurden Anklagebriefe an den Papst, den Dalai Lama, gegen den Krieg sowie für die Freisprechung von Straftätern und „Verrückten“ verfasst. Trotz ihrer Linkspositionierung ernteten die Surrealisten das Misstrauen der Anhänger des stalinistischen Kommunismus. Die Bereitschaft einiger Surrealisten, dem Kommunismus zu dienen, ging mit der strikten Bürokratie der Dogmen der französischen kommunistischen Partei PCF einher. Dies hielt Breton in seiner Arbeit aber nicht auf, so dass 1930 das zweite Manifest des Surrealismus veröffentlicht wurde. Dort wurde die Frage nach der Position des Surrealismus in der Politik gestellt und die Beziehung zwischen Kommunismus und Surrealismus untersucht, und die Spaltung der Surrealistengruppe schien unumgänglich: Während die einen sich dem Kommunismus verschrieben (wie zum Beispiel Aragon und Éluard), blieb Breton weiterhin der dem surrealistischen Gedanken treu.[11] Der Vorwurf Bretons bestand auch darin, dass die puren Surrealisten die marxistische Revolution nicht unterstützten[12]. Dies hatte zur Folge, dass Breton, Éluard und Crével 1933 der PCF ausgeschlossen wurden. Breton wandte sich den Trotzkisten zu. Mit dem Zweiten Weltkrieg und der Exilierung vieler Schriftsteller gelangte die Bewegung nach Amerika. Breton, der in die USA ins Exil ging, gründete dort die Zeitschrift V.V.V. und begann, den surrealistischen Gedanken in anderen Ländern zu verbreiten. Als er 1945 nach Europa zurückkehrte, wollte er den Surrealismus von Neuem etablieren, doch dort hatte sich in der Zwischenzeit schon die Welle des Existenzialismus ausgedehnt. Dennoch wurde Breton in Künstlerkreisen anerkannt und geschätzt.[13]

2.1. Die zentralen Prinzipien des Surrealismus nach André Breton

Zu der Gruppe der Surrealisten zählten Dichter und Maler wie Breton, Soupault, Éluard, Aragon, Ernst, Picabia, Arp, Picasso, Miró, Paz, Masson, Ernst und natürlich Dalí und Buñuel. Diese und andere Künstler verschrieben sich den Grundsätzen, die 1924 im ersten Manifest des Surrealismus (Manifeste du Surréalisme) veröffentlicht wurden.[14] Dort wird der Surrealismus als psychischer Automatismus definiert, mit dem man schriftlich, mündlich oder auf jede andere produzierende Art den Vorgang des irrationalen Denkens ausdrückt. Dieses Diktat der Gedanken darf nicht durch irgendeine Kontrolle der Vernunft, der Ästhetik und Moral gestört werden.[15] Unter diesen Voraussetzungen ist beim Automatischen Schreiben vorzugehen, welches wiederum, neben dem „compte rendu de rêves“ (die Exploration der Träume), die wichtigste Technik bei den Experimenten der Surrealisten zur Erforschung des Unterbewusstseins. Darüber hinaus ist der Grundgedanke des Surrealismus der Glaube an eine Wirklichkeit von bestimmten Assoziationsformen, die in gewisser Weise über das Verständnis des Menschen hinausgeht. Der Traum und das unbeschwerte Spiel sind weitere Elemente mit großer Bedeutung. Diese Praktiken lassen den psychischen Automatismus verschwinden und ersetzen sie beim Lösen alltäglicher Probleme:

„ENCYCL. Philos. Le surréalisme repose sur la croyance à la réalité supérieure de certaines formes d’associations négligées jusqu’à lui, à la toute-puissance du rêve, au jeu désintéressé de la pensée. On tend à ruiner définitivement tous les autres mécanismes psychiques et à se substituer à eux dans la résolution des principaux problèmes de la vie (…). «[16]

Im Allgemeinen muss das Bewusstsein beim surrealistischen Arbeiten außen vor gelassen werden, sei es durch Schlaf, Hypnose, Schlafséancen oder gar bewusstseinserweiternde Rauschmittel. Dadurch sollte das Unbewusste ohne äußere Einflüsse zum Ausdruck kommen. Durch die Verfremdung und die Kombination von Dingen, die nicht zueinander gehören, soll der Effekt der Wirklichkeitsübersteigerung erreicht werden.[17]

[...]


[1] Vgl. Felten, Uta. Roloff, Volker. Spielformen der Intermedialität im spanischen und lateinamerikanischen Surrealismus. Bielefeld: Transcript, 2004

[2] Hilke, Manfred. L' écriture automatique - das Verhältnis von Surrealismus und Parapsychologie in der Lyrik von André Breton. Frankfurt am Main: Europäische Hochschulschriften: Reihe 13, Französische Sprache und Literatur; 264 2002

[3] Fischer-Harriehausen, Hermann , Triumph und Stolz des Surrealismus. Berlin-Kreuzberg: Verl. amBEATion/Randlage, 2002)

[4] Buñuel, Luis. Mein letzter Seufzer. Königstein: Athenäum Verlag GmbH, 1983

[5] Descharnes, Dalí, 2003

[6] http://thales.cica.es/rd/Recursos/rd99/ed99-0055-01/surrealismo.html (25.05.05)

[7] Fernández Villarroel, David. Síntesis de la Literatura española. Barcelona: Castellnou Editorial, 1995. S. 36.

[8] Lagarde, André. Michard, Laurent. XXe siècle. Paris: Éditions Bordas à Paris, 1968. S.341

[9] Ibid

[10] Zur Krise des Dadaismus: http://www.phil.uni-mannheim.de/R1/Avantgarden/Dadaismus.htm (27. 05.05)

[11] Lagarde, André. Michard, Laurent. XXe siècle. Paris: Éditions Bordas à Paris, 1968. S. 344

[12] http://thales.cica.es/rd/Recursos/rd99/ed99-0055-01/surrealismo.html (27. 05.05)

[13] Ibid (25.05.05)

[14] http://lexikon.freenet.de/Surrealist (29.04.05)

[15] «SURRÉALISME, n. m. Automatisme psychique pur par lequel on se propose d’exprimer, soit verbalement, soit par écrit, soit de toute autre manière, le fonctionnement réel de la pensée. Dictée de la pensée, en l’absence de tout contrôle exercé par la raison, en dehors de toute préoccupation esthétique ou morale. «Apud: Breton, André . Manifestes du Surréalisme. Montreuil: Éditions J.-J. Pauvert, 1962. S. 40

[16] Breton, André. Manifestes du Surréalisme. Montreuil: Éditions J.-J. Pauvert, 1962. S. 40

[17] http://lexikon.freenet.de/Surrealist (29.04.05)

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Details

Titel
Die Ästhetik des Surrealismus von André Breton in Un perro andaluz von Luis Buñuel und Salvador Dalí
Hochschule
Universität Münster  (Hispanistik)
Veranstaltung
Die spanische Avantgarde der 20er und 30er Jahre
Note
2
Autor
Jahr
2005
Seiten
21
Katalognummer
V41513
ISBN (eBook)
9783638397568
Dateigröße
820 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Surrealismus, André, Breton, Luis, Buñuel, Salvador, Dalí, Avantgarde, Jahre
Arbeit zitieren
Berenice Walther (Autor:in), 2005, Die Ästhetik des Surrealismus von André Breton in Un perro andaluz von Luis Buñuel und Salvador Dalí, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41513

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