„Jede Gesellschaft verfügt über ihre eigene, für sie charakteristische Form des Kriegs. Was wir heute als Krieg zu bezeichnen pflegen, was Politiker und Militärs als solchen definieren, ist tatsächlich ein spezifisches historisches Phänomen, das sich in Europa zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert herausbildete, obgleich es auch seitdem verschiedene Entwicklungsphasen erlebt hat. Der Krieg war äußerst eng mit der Herausbildung des modernen Staates verbunden. […] Das dieser Staatstypus neuen Formen der politischen Ordnung zu weichen beginnt, wie sie aus den Globalisierungsprozessen hervorgehen, entwickelt sich auch der Krieg, wie wir in gegenwärtig verstehen, zum Anachronismus. “
Mary Kaldor fasst anschaulich den Prozess und die daraus entstehenden Konsequenzen zusammen, deren Ausdifferenzierung hier erarbeitet wird. Im Fokus befindet sich die zuneh-mende Enthegung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, die zu einer zunehmenden (Re-) Kommerzialisierung und (Re-) Privatisierung der Gewalt führte. Weder über die genaue Definition des Gegenstandes, noch über die Konsequenzen herrscht dabei Einigkeit; dies zeigt sich besonders an dem Faktum, dass selbst um die genaue Bezeichnung des Gewaltzustandes ge-rungen wird:
„Der Begriff des nicht-staatlichen Krieges ist insofern unglücklich, als in der bloßen Negation des staatlichen Krieg immer noch dem staatlichen Krieg der Primat zuerkannt wird. Die Vielfalt nicht-staatlicher Kriege ist jedoch so groß, dass für sie keine allgemein anerkannte gemeinsame Bestimmung gibt. Begriffe wie »primitive Kriegsführung« (John Keegan), »low-intensity-conflicts« (Martin van Crefeld), »Stam-meskriege«, »wilde Kriege« (Wolfgang Sofsky) oder auch »Gewaltmärkte« (Georg Elwert) betonen jeweils einen Aspekt, ohne dass der Vielfalt dieser Kriege ausreichend Rechnung getragen würde.“
Dazu gesellen sich weitere Umschreibungen, z.B. der »asymmetrische Krieg« bei Herfried Münkler, der »neue Krieg« von Mary Kaldor und die »privatisierte Gewalt« bei Erhard Eppler.
Im Gegensatz zur politischen und militärischen Elite sind sich die Autoren darüber einig, dass der gehegte Krieg ein Rudiment vergangener Epochen ist.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 2 Neue Kriegsformen
- 2.1 Fazit
- 3 Die Demontage des Nationalstaats
- 3.1 Die Privatisierung der Gewalt von unten
- 3.2 Die Privatisierung der Gewalt von oben
- 3.3 Krieg und Ökonomie
- 4 Lösungsansätze
- 4.1 Weltinnenpolitik?
- 4.2 Rückfall in Anachronismen?
- 5 Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht den Wandel des Krieges im 20. und 21. Jahrhundert mit besonderem Fokus auf die Privatisierung und Kommerzialisierung von Gewalt. Ziel ist es, die Folgen dieser Entwicklungen für den Nationalstaat und die Weltpolitik zu analysieren.
- Die Entwicklung neuer Kriegsformen und ihre Abgrenzung vom „gehegten Krieg“
- Die zunehmende Enthegung und Privatisierung von Gewalt im Kontext der Globalisierung
- Die Auswirkungen der Privatisierung von Gewalt auf den Nationalstaat und seine Rolle in der Weltpolitik
- Mögliche Lösungsansätze für die Herausforderungen des neuen Kriegs
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema ein und stellt den Wandel des Krieges im 20. und 21. Jahrhundert dar. Das zweite Kapitel beleuchtet die Entwicklung neuer Kriegsformen, die sich vom „gehegten Krieg“ des Nationalstaats unterscheiden. Das dritte Kapitel analysiert die Demontage des Nationalstaats im Kontext der Privatisierung von Gewalt, wobei die unterschiedlichen Formen der Privatisierung sowie der Zusammenhang von Krieg und Ökonomie betrachtet werden. Das vierte Kapitel diskutiert verschiedene Lösungsansätze für die Herausforderungen des neuen Kriegs, wobei die Möglichkeit einer Weltinnenpolitik und die Gefahr eines Rückfalls in anachronistische Strukturen im Vordergrund stehen.
Schlüsselwörter
Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit zentralen Begriffen und Konzepten wie dem „gehegten Krieg“, „privater Gewalt“, „Kommerzialisierung von Krieg“, „Globalisierung“, „Nationalstaat“, „Weltpolitik“ und „Asymmetrischer Krieg“. Sie untersucht die Auswirkungen dieser Entwicklungen auf die internationale Sicherheitsarchitektur und die Zukunft des Staates.
- Arbeit zitieren
- Philip Baum (Autor:in), 2004, Das Chamäleon 'Krieg' - Privatisierung und Kommerzialisierung von Gewalt im 20. und 21. Jahrhundert und die Konsequenzen für Nationalstaat und Weltpolitik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41525