Anfang des Jahres 2016 verschwand ein 13 jähriges Mädchen aus Berlin für mehrere Stunden. Dann tauchte sie wieder auf und behauptete, von Geflüchteten entführt und vergewaltigt worden zu sein. Kurz darauf demonstrierten hunderte russlanddeutsche Aussiedler deutschlandweit gegen die zunehmenden Gewalttaten geflüchteter Menschen. In Berlin demonstrierten 700 Menschen vor dem Kanzleramt. Die angebliche Vergewaltigung des russlanddeutschen Mädchens Lisa durch “südländisch aussehende Männer” wurde zum Anlass der Proteste. Diese richteten sich gegen die deutsche Regierung, die Behörden und die berichterstattenden Medien. Geflüchtete Menschen sind nach Meinung der Protestierenden eine Gefahr für die Sicherheit, wie der “Fall Lisa” aus ihrer Sicht zu beweisen scheint.
Gewalt gegen Frauen und Kinder will sich niemand der in Deutschland lebenden Russlanddeutschen bieten lassen. Wochenlang wurde über das Ereignis berichtet. Nach einiger Zeit äußerte sich auch der russische Außenminister Sergej Lawrow öffentlich zum “Fall Lisa aus Berlin”. Er kritisierte die deutschen Behörden und warf ihnen Vertuschung in der Aufklärung der angeblichen Straftat durch die geflüchteten Männer vor. Obwohl die Ermittlungen der Polizei, sowie der Staatsanwaltschaft bewiesen, dass es sich bei dem Verschwinden von Lisa nicht um eine Entführung oder Vergewaltigung handelte, blieben die Protestierenden bei ihrer Meinung. Was hat dazu geführt, dass Menschen, die einst selbst in einer ähnlichen Situation der heutigen Migranten waren, nun gegen Geflüchtete demonstrieren? Welche Motivation haben diese Menschen? Welche Rolle spielte Russland und die Berichterstattung russischer Medien in diesem Fall?
Bevor auf diese Fragen eingegangen werden kann, muss aber eine grundlegende Erklärung auf die Fragestellung : “Wer sind die russlanddeutschen Aussiedler?” gefunden werden. Was bedeutet ‘russlanddeutsch’ und wie nehmen sich die Vertreter dieser Gruppe selbst innerhalb der deutschen Gesellschaft wahr? Es werden zunächst Begrifflichkeiten geklärt um zu verstehen, warum Migranten, die eher selten an deutscher Politik partizipieren, gegen Migranten demonstrieren. Es folgt die Auseinandersetzung mit der Selbstwahrnehmung der Menschen dieser community auf der Grundlage der dazugehörigen wissenschaftlichen Untersuchungen. Schließlich wird der Einfluss der russischen Medien auf diese Gruppe genauer betrachtet und eine Antwort auf die vorhergehenden Fragen vorgestellt.
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort "Der Fall Lisa aus Berlin"
- Begriffsdefinition “russlanddeutsch”
- Die Proteste russlanddeutscher Aussiedler gegen Geflüchtete
- Motivation und politisches Verhalten der russlanddeutschen Aussiedler
- Das Selbstverständnis der russlanddeutschen Aussiedler
- Identifikationsangebote für die russlanddeutsche Diaspora
- Berichterstattung in den russischen Medien über den “Fall Lisa”
- Instrumentalisierung der russlanddeutschen Diaspora
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit analysiert die Proteste russlanddeutscher Aussiedler gegen Geflüchtete im Jahr 2016, die durch den "Fall Lisa aus Berlin" ausgelöst wurden. Die Arbeit untersucht die Motivationen und das politische Verhalten der Protestierenden, sowie die Rolle der russischen Medien in diesem Zusammenhang.
- Das Selbstverständnis der russlanddeutschen Aussiedler und ihre Wahrnehmung in der deutschen Gesellschaft
- Die Rolle russischer Medien in der Berichterstattung über den "Fall Lisa" und deren Einfluss auf die russlanddeutsche Diaspora
- Die Identifikationsangebote für die russlanddeutsche Diaspora und ihre Relevanz im Kontext der Proteste
- Die Bedeutung des "Falls Lisa" als Katalysator für die Proteste und die Frage nach der Motivation der Demonstranten
- Die Spannungen zwischen dem Selbstbild der russlanddeutschen Aussiedler als "deutsche" und ihrer Wahrnehmung als "fremd" in der deutschen Gesellschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Analyse des Begriffs "russlanddeutsch" und stellt die Besonderheiten der Gruppe der Russlanddeutschen im Kontext der deutschen Gesellschaft dar. Anschließend wird das politische Verhalten der russlanddeutschen Aussiedler im Kontext der Proteste gegen Geflüchtete untersucht. Dabei werden die Motivationen und die Selbstwahrnehmung der Protestierenden analysiert.
Der dritte Abschnitt befasst sich mit den Identifikationsangeboten für die russlanddeutsche Diaspora und untersucht die Rolle russischer Medien in der Berichterstattung über den "Fall Lisa". Die Arbeit beleuchtet die Instrumentalisierung der russischen Diaspora und deren Auswirkungen auf die Proteste.
Schlüsselwörter
Russlanddeutsche Aussiedler, "Fall Lisa aus Berlin", Geflüchtete, Proteste, politische Motivation, russische Medien, Diaspora, Identifikationsangebote, Selbstverständnis, Fremdwahrnehmung, Integration, deutsche Gesellschaft.
- Quote paper
- Lina Pachmann (Author), 2017, Russlanddeutsche Aussiedler gegen Ausländergewalt, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/415429