Zur Anwendbarkeit der 'Ökonomie der Superstars' auf den Buchmarkt


Diplomarbeit, 2003

75 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Besonderheiten des Buchmarktes
2.1 Der deutsche Buchmarkt in Zahlen
2.2 Preisbindung und Quasi-Standardisierung der Preise
2.3 Vertriebsstruktur
2.4 Erfahrungsgutcharakter
2.5 Wirtschaftsgut oder Kulturgut

3. Kriterien zur Definition von Stars
3.1 Bekanntheit und Wiedererkennungswert
3.2 Image
3.3 Einzigartigkeit und Außeralltäglichkeit
3.4 Erfolg und ökonomische Wirkung
3.5 Einkommen
3.6 Talent
3.7 Allgemeine Stardefinition

4. Stars im Buchmarkt
4.1 Autoren als Stars
4.2 Figuren als Stars
4.3 Reihen, Genres, Verlage als Stars

5. Funktionen von Stars
5.1 Funktionen aus Konsumentensicht
5.1.1 Orientierungsfunktion
5.1.2 Risikoreduktionsfunktion
5.1.3 Kommunikationsfunktion
5.1.4 Identifikationsfunktion
5.2 Funktionen aus Unternehmenssicht
5.2.1 Differenzierungs- und Signalfunktion
5.2.2 Risikoreduktionsfunktion
5.2.3 Wertsteigerungsfunktion
5.2.4 Markterweiterungsfunktion

6. Stareinsatz zur Vermeidung des Marktversagens
6.1 Allgemeine Strategien
6.2 Strategien für die Buchbranche
6.2.1 Nichtunternehmensbezogene Informations- quellen
6.2.2 Unternehmensbezogene Informationsquellen

7. Stars und Kommunikation
7.1 Aufbau von Konsumkapital
7.2 Netzwerkexternalitäten
7.2.1 Technische Netzwerke
7.2.2 Soziale Netzwerke
7.2.3 Wahrscheinlichkeitsmechanismen
7.2.4 Der Star als Fokalpunkt
7.3 Nutzungsmöglichkeiten des Kommunikationsaspektes für die Buchbranche
7.3.1 Maßnahmen zur Erreichung der kritischen Masse
7.3.2 Förderung der Kommunikationsmöglichkeiten

8. Stars als positionale Faktoren
8.1 Platzierungsabhängigkeit von Faktoren
8.2 Positionale Effekte in der Buchbranche

9. Stars und Medien
9.1 Wirkungsmechanismen der Medien
9.1.1 Hebelwirkung der Medien
9.1.1.1 Aufhebung zeitlicher und räumlicher Restriktionen
9.1.1.2 Economies of scale
9.1.2 Konzentrationseffekte der Medien
9.2 Mediale Nutzungsmöglichkeiten der Buchbranche

10. Einsatz des Starphänomens in der Buchbranche
10.1 Sichtweise des Marketing in der Buchbranche
10.2 Markenaufbau und –pflege
10.2.1 Markenbildung durch Autoren
10.2.2 Markenbildung durch Serialisierung
10.2.3 Markenbildung durch Verlagsnamen
10.3 Markenorientierte Konzepte
10.3.1 Ausbau des Produktangebots
10.3.1.1 Diversifikation
10.3.1.2 Produktdifferenzierung
10.3.2 Nationale und internationale Lizenzvergabe
10.3.3 Licensing
10.3.4 Labeling

11. Schlussbetrachtung

12. Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Titelproduktion der Bundesrepublik Deutschland 1951-2001

Abb. 2: Starfunktionen aus Konsumentensicht

Abb. 3: Starfunktionen aus Unternehmenssicht

Abb. 4: Beispiele für starbezogene Werbeanzeigen

Abb. 5: Titel der Zeitschrift „Stern“ im August 2002

Abb. 6: Beispiele für kontinuierliche, autorenbezogene Covergestaltungen

Abb. 7: Romane, Sachbücher, CDs und Videos unter der Autorenmarke Rosamunde Pilcher

Abb. 8: Buchcover verschiedener Autoren im Diogenes Verlag

1. Einleitung

Jährlich werden in Deutschland über 85.000 neue Bücher von mehr als 17.000 Verlagen auf den Markt gebracht. Damit erscheint bei einer welt-weiten jährlichen Buchproduktion von ca. 900.000 Titeln fast jedes zehnte Buch in Deutschland. Insgesamt sind mehr als 800.000 Titel in Deutschland lieferbar.[1]

Da verwundert es nicht, dass unter den Konsumenten wenig Orientierung und vermehrte Unsicherheit herrscht. Diese wird im Buchmarkt durch den Erfahrungsgutcharakter der Bücher noch verstärkt, der Informations-ungleichgewichte zwischen den Anbietern und den Konsumenten erzeugt.

In der Konsumgüterindustrie hat sich vor allem die Bildung von Marken als Orientierungshilfe und als Mittel zur Unsicherheitsreduktion etabliert. Marken übernehmen auf Anbieter- und auf Nachfragerseite verschiedene Funktionen, die die oben genannten Probleme lösen. In der Unterhaltungsindustrie werden diese Aufgaben von Stars übernommen.

Stars sind die personifizierten Marken der Medienwelt, die den Konsumenten mit ihrem klaren Image wie ein Wegweiser führen. Der Starbegriff wird vor allem mit Akteuren aus den Bereichen Sport, Musik und der Filmindustrie in Verbindung gebracht, die täglicher Bestandteil der Berichterstattung der Medien sind. Wesentlich seltener ist dort von Akteuren des Buchmarktes die Rede, was den Schluss nahe legen könnte, dass es in diesem Bereich der Unterhaltungsindustrie keine Stars im eigentlichen Sinne gibt.

Um dies beantworten zu können, muss überprüft werden, warum sich in vielen Bereichen der Wirtschaft nur eine kleine Anzahl der am Markt vertretenen Akteure durchsetzen und einen Großteil der Aufmerksamkeit der Konsumenten und der Erträge auf sich vereinbaren können und welche Kriterien diese Akteure ausmachen. Im Folgenden sollen die konträren Ergebnisse dieser Fragestellung, die innerhalb der Superstarökonomie diskutiert werden, dargestellt und ihre Bedeutung und Anwendbarkeit auf den Buchmarkt untersucht werden.

Darüber hinaus werden konkrete Beispiele gegeben, wie das Starphänomen mit seinen Wirkungen und Funktionen für die Buchbranche genutzt werden kann.[2]

Kapitel 2 zeigt einen Überblick über den deutschen Buchmarkt und seine wirtschaftlichen Besonderheiten gegenüber anderen Branchen. In Kapitel 3 wird der Starbegriff mit seinen Merkmalen dargestellt, um anschließend eine für den Buchmarkt geltende Stardefinition aufzustellen. Diese wird in Kapitel 4 für die unterschiedlichen Stars des Buchmarktes überprüft. Kapitel 5 stellt die Funktionen gegenüber, die Stars auf Anbieter- und Nachfragerseite übernehmen und zeigt die engen Parallelen zur Markentheorie. Kapitel 6 stellt als darüber hinausgehende Funktion die Rolle der Stars zur Vermeidung des Marktversagens dar. In Kapitel 7 wird die Erste der unterschiedlichen Sichtweisen innerhalb der Superstar-ökonomie mit der Theorie der ‚Stars als Kommunikationsstandards’ dargestellt. Dass das Entstehen von Stars auch durch die Positionalität von Gütern und der Hebelfunktion der Medien erklärt werden kann, zeigen Kapitel 8 und 9. Kapitel 10 greift abschließend die enge Verbindung zwischen Stars und den Markenartikeln der Konsumgüterindustrie auf und zeigt weitere für den Buchmarkt spezifische Chancen des Stareinsatzes. Kapitel 11 fasst schließlich die wesentlichen Thesen der Arbeit zusammen.

2. Besonderheiten des Buchmarktes

Das Medium Buch und der Buchmarkt zeichnen sich nach ökonomischen Gesichtspunkten durch einige Besonderheiten aus. So gibt es beispielsweise keinen anderen Markt, der durch eine ähnlich große Anzahl von Produkten und Inhalten gekennzeichnet ist oder für den die ökonomische Grundlage des freien Preiswettbewerbs außer Kraft gesetzt wird. Da auch mit Hinblick auf das Starphänomen viele Aspekte auf diesen Besonderheiten beruhen, werden sie zum weiteren Verständnis kurz dargestellt.

2.1 Der deutsche Buchmarkt in Zahlen

Die Anzahl der Neuerscheinungen hat im Jahr 2002 in Deutschland mit 85.000 verschiedenen Titeln ihren vorläufigen Höchststand erreicht.[3] Dabei werden 80 % des Umsatzes im Markt mit 20 % der Titel erzielt. Die Verweildauer der Bücher in den Regalen der Buchhandlungen wird durch die hohe Neuerscheinungsanzahl immer kürzer: So werden 90 % der Taschenbuchnovitäten nach 2 Monaten bereits aus den Regalen der Buchhandlungen entfernt und an die Verlage remittiert.[4]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Titelproduktion der Bundesrepublik Deutschland 1951-2001, verändert nach: Buch und Buchhandel in Zahlen (2002), S. 6

Trotz der zunehmenden Anzahl publizierter Titel konnten die Umsätze im Buchmarkt im Jahr 2001 erstmals seit 1976 nicht gesteigert werden und stagnierten bei einem Umsatz von 9,4 Mrd. €.[5] Dieser Effekt wird begleitet von einer zunehmenden Konzentration auf Seiten der Verlage und auf Seiten des Buchhandels. In beiden Wirtschaftszweigen stehen sich vermehrt große Konzerne gegenüber, die die wirtschaftlichen Schwächen kleinerer Wettbewerber nutzen, um Firmenzukäufe zu tätigen und eigene Marktanteile auszubauen.

2.2 Preisbindung und Quasi-Standardisierung der Preise

Deutschland ist nicht nur das Land mit der größten jährlichen Anzahl von Neuerscheinungen, sondern auch das Land mit der flächendeckendsten Buchhandelslandschaft.[6] Diese Vielfalt wird entscheidend durch die Buchpreisbindung gestützt. Diese schreibt seit 1887 feste Preise für alle Verlagserzeugnisse vor. Seit September 2002 ist diese - vormals durch den Abschluss vertikaler Verträge geführte - Regelung gesetzlich vorgeschrieben. Die Bundesregierung begründet die Notwendigkeit des Gesetzes mit dem besonderen „Schutz des Kulturgutes Buch“ und will zudem „den Erhalt eines breiten Buchangebots“ und „die Existenz einer großen Zahl von Verkaufsstellen“[7] fördern, um jedem Konsumenten das Angebot zugänglich zu machen. Kritiker verweisen jedoch auf das elementare Marktprinzip der freien Preisbildung, das durch das Gesetz außer Kraft gesetzt wird.

Neben der Preisbindung ist der Buchmarkt durch eine Quasi-Standardisierung der Preise gekennzeichnet. So kostet ein stabil gebundenes Buch (Hardcover) eines bekannten Bestsellerautors[8] genauso viel wie das eines unbekannten neuen Autors. Unterschiede finden sich lediglich zwischen den Produktformen Taschenbuch und Hardcover oder zu Buchgemeinschaftsausgaben[9] und sind somit durch zeitliche oder ausstattungsabhängige Differenzierung zu begründen. Eine Preis-differenzierung anhand von inhaltlichen Qualitätsunterschieden findet nicht statt.

2.3 Vertriebsstruktur

Der Buchmarkt zeichnet sich durch eine besondere Vertriebsstruktur aus. Der Verfasser eines Buches produziert und vertreibt sein Werk üblicherweise nicht selbst, sondern nimmt die Leistungen eines Verlages in Anspruch. Dieser übernimmt für ihn sämtliche der Manuskripterstellung nachgelagerte Aufgaben wie die Textkorrektur, das Marketing, die Pressearbeit und die Distribution. Der Autor tritt für diese Leistungen die Rechte an seinem Text an den Verlag ab und verzichtet dafür - im Normalfall - auf einen Großteil der Erlöse. Das Autorenhonorar umfasst üblicherweise 10 % des Verkaufspreises. Durch den verstärkten Wettbewerb großer Verlagskonzerne, der zunehmenden Internationalisierung des Buchmarktes und der Entstehung von Literaturagenturen hat sich die Einkommens-situation der Autoren in den letzten Jahren jedoch in einigen Fällen deutlich verändert.

Die Distribution der produzierten Bücher wird in den überwiegenden Fällen von Großhändlern, so genannten Barsortimenten, übernommen. Diese gewährleisten, dass quasi jedes lieferbare Buch innerhalb eines Tages an jede einzelne Buchhandlungen in Deutschland geliefert werden kann. Dieses Distributionssystem zählt zu den leistungsfähigsten Allokations-systemen weltweit.[10] Da selbst eine großflächige Buchhandlung maximal einige tausend der 800.000 lieferbaren Titel präsentieren kann, übernimmt der Buchhändler die Sortimentsfunktion und trifft eine auf seine Zielgruppe abgestimmte Vorauswahl. Die Verlage müssen aus diesem Grund zwei Nachfragebarrieren überwinden und zwei Arten von Marketing betreiben. Da ist zum einen das Handelsmarketing, das die Buchhändler von der Qualität und der Verkäuflichkeit der Titel überzeugen soll und das Endkundenmarketing, das direkt zum Kunden wirkt.

2.4 Erfahrungsgutcharakter

Bücher sind neben Filmen, Musik und Sport ein wichtiger Teil der Unterhaltungsindustrie. Diese zeichnet sich durch den Informations- und Erfahrungsgutcharakter der angebotenen Produkte aus. Erfahrungsgüter sind dadurch charakterisiert, dass sich der Konsument vor dem Kauf-prozess anders als bei Suchgütern nicht von der Qualität des Gutes überzeugen kann.[11] Bei Büchern liegen auch Sucheigenschaften vor, die ebenfalls für die Kaufentscheidung relevant sein können, wie das Genre, der Verkaufspreis und der Seitenumfang. Die Erfahrungsqualitäten überwiegen jedoch, da der Konsument durch die äußerlich erkennbaren Suchqualitäten nicht sicher sein kann, dass sich seine Erwartungen an das Buch erfüllen werden. Es herrscht ein Problem „substantieller Qualitäts-unsicherheit“[12]. Hinzu kommt eine Informationsasymmetrie, d.h. eine Ungleichverteilung von Wissen über Produkteigenschaften zwischen Anbieter und Nachfrager.[13]

2.5 Wirtschaftsgut oder Kulturgut

Häufiger Diskussionsgegenstand innerhalb der Buchbranche ist die Frage, ob Bücher als wirtschaftliche Güter mit den gleichen Kriterien wie jedes andere Konsumgut zu bewerten sind, oder ob sie als gefährdete Kultur-güter vor übermäßigem Wettbewerb und Kommerzialisierung zu schützen sind. Die Tatsache, dass diese grundsätzliche Frage von den Beteiligten der Buchbranche nicht einhellig beantwortet werden kann, erklärt, warum für andere Branchen längst gängige Marketingmechanismen in der Buchbranche noch kaum eingesetzt werden.

Im Rahmen der Arbeit wird analysiert, ob diese Mechanismen auch für den Buchmarkt Geltung haben und inwieweit das für andere Branchen bereits untersuchte Superstarphänomen übertragen werden kann. Die im Laufe des Kapitels dargestellten Besonderheiten des Buchmarktes werden dabei immer wieder eine wichtige Rolle spielen.

3. Kriterien zur Definition eines Stars

Immer schneller werden in der heutigen Zeit Personen des öffentlichen Lebens als Star bezeichnet. An der Unterschiedlichkeit ihrer Fähigkeiten und ihrer erbrachten Leistungen wird deutlich, dass kaum feste Kriterien für die Bezeichnung eines Stars bekannt sind. So sind einige der so betitelten Personen seit Jahrzehnten erfolgreich, andere erst und nur für kurze Zeit, einige fallen durch einzigartige Höchstleistungen auf, andere unterscheiden sich in ihren Fähigkeiten kaum von anderen Personen.

Stars sind vor allem aus den Bereichen des Sports, des Films oder der Musikbranche bekannt. Von den Akteuren der Buchbranche wird in den Medien seltener berichtet, jedoch gibt es auch dort eine Vielzahl von Autoren und Figuren, die in ihrer Bekanntheit berühmten Sportlern oder Schauspielern nicht nachstehen. Um beantworten zu können, ob Günter Grass, Ephraim Kishon und Harry Potter ebenso als Stars bezeichnet werden können wie Madonna, Boris Becker oder Julia Roberts, müssen prüfbare Kriterien aufgestellt werden.

Zahlreiche Ökonomen haben das Starphänomen untersucht und sind bei der Aufstellung von Kriterien zu gänzlich konträren Ergebnissen gekommen. Die verschiedenen Aspekte werden im Folgenden dargestellt, um im Anschluss daran eine allgemeine Stardefinition aufstellen zu können.

3.1. Bekanntheitsgrad und Wiedererkennungswert

Eines der deutlichsten Kriterien eines Stars ist ihr außergewöhnlich hoher Bekanntheitsgrad. Eine prominente Person ist noch kein Star. Zwar sind Prominente ebenfalls bekannt und erhalten Aufmerksamkeit, jedoch sind diese Eigenschaften bei Stars wesentlich deutlicher ausgeprägt. Der Star steht mit seinem Namen wie kein anderer für ein bestimmtes Genre, wird vom Konsumenten sofort identifiziert und stellt für ihn eine Art „Wegweiser“[14] dar. Der Wert eines Stars hängt in großem Maße von seinem Wiedererkennungswert und seiner Signalfunktion für den Konsumenten ab.

3.2 Image

Ein weiteres Merkmal, das Stars von anderen Akteuren ihrer Gattung abgrenzt, ist ihr einzigartiges und unverwechselbares Image. Als Image wird „die Gesamtheit aller Vorstellungen, die ein Mensch bzw. eine Gruppe mit einem Meinungsgegenstand verbindet“[15] bezeichnet. Drei Aspekte sind dabei ausschlaggebend: Das Image des Stars sorgt dafür, dass er klar erkannt wird (Identifizierung), dass er sich von anderen abhebt (Differenzierung) und dass seine Leistung als begehrenswerteste aller Alternativen empfunden wird (Profilierung). Das Image sendet eine eindeutige Botschaft, positioniert den Star und macht ihn unverwechselbar. Objektive und rationale Qualitäts- und Leistungsvorteile werden emotional unterstützt.[16]

Das aufgebaute Image und die Persönlichkeit des Stars sollten dabei relativ stabil und über einen längeren Zeitraum konstant bleiben, um sich in den Köpfen der Konsumenten festzusetzen. Kontinuität und Widerspruchsfreiheit gilt daher ebenfalls in einigen Stardefinitionen als notwendige Voraussetzung. Je klarer und unverwechselbarer das Bild eines Akteurs in den Konsumenten ist, desto eher kann die Starposition von ihm übernommen werden.

3.3 Einzigartigkeit und Außeralltäglichkeit

Stars zeichnen sich im Gegensatz zu Personen des Alltagslebens durch Außeralltäglichkeit aus. Sie haben eine einzigartige und individuelle Persönlichkeit, die nicht ohne weiteres kopiert werden kann. Ihr Starstatus ergibt sich aus einer begrenzten Anzahl von Topplatzierungen und der damit verbundenen natürlichen Rarität von Stars.

3.4 Erfolg und ökonomische Wirkung

Grundvoraussetzung zum Erlangen des Starstatus ist Erfolg. Dies gilt unabhängig davon, ob der Erfolg auf objektiv messbaren Ergebnissen wie im Sport beruht, oder ob er sich durch subjektive Bewertungen der Konsumenten ergibt: „Es gibt keinen Star ohne Erfolg.“[17] Für Unternehmen bedeutet der Einsatz von Stars daher eine Erfolgsgarantie.

Der damit verbundene „Economic impact“[18] ist es, der Stars aus Anbietersicht gegenüber Prominenten unterscheidet. Während Prominente durchaus helfend zum Erfolg eines Produktes beitragen können, sind Stars ein Garant und entscheidender Auslöser für den Erfolg. „Ein Star muss das Publikum anziehen und den Erfolg garantieren. Der Star ist ein Versprechen für Produzenten und Publikum.“[19]

3.5 Einkommen

Ein überdurchschnittlich hohes Einkommen stellt für viele Ökonomen ein zentrales Kennzeichen eines Stars dar. So beschreibt Rosen (1981) den Staraspekt als ein Phänomen „wherein relatively small numbers of people earn enormous amounts of money and dominate the fields in which they engage“[20]. In vielen Märkten vor allem in der Unterhaltungsbranche findet man den Effekt, dass einige wenige Akteure den Großteil der Einkommen auf sich konzentrieren können. Die Unterschiede beziehen sich dabei nicht nur auf „normale“ Erwerbstätige, sondern vor allem auch auf die Einkommen anderer Akteure der gleichen Gattung.[21]

Die traditionellen ökonomischen Theorien stoßen bei der Erklärung dieser Differenzen an ihre Grenzen. Sie erklären Einkommensdifferenzen durch Unterschiede in der Bildung und Intelligenz, im Talent, im persönlichen

Einsatz und Antrieb, in Erfahrungen und der Risikobereitschaft. Mit diesen Ansätzen lassen sich die überdurchschnittlich hohen Einkommen der Superstars jedoch nicht erklären. Welche Effekte anstelle dessen herangezogen werden können, wird im Laufe der Arbeit gezeigt werden.

3.6 Talent

Für Rosen kann ein Star nur dann zu diesem werden, wenn er sich durch bessere Qualität oder höhere Leistungen im Gegensatz zu seinen Mitbewerbern auszeichnet. Unterschiedliche Qualitätsniveaus sind für den Konsumenten nur unvollkommen substituierbar, so dass den Spitzen-könnern der Branche der Großteil der Nachfrage zukommt.[22] Dieser Aspekt wird von anderen Ökonomen kritisch betrachtet, da eine objektive Qualitätsmessung lediglich im Sport erfolgen kann. Superstars sind jedoch auch in anderen Branchen zu finden, deren Produkte nur subjektiv bewertet werden können.

3.7 Allgemeine Stardefinition

Anhand der dargestellten Kriterien kann nun eine Definition aufgestellt werden, die im Laufe der Arbeit stets zugrunde gelegt wird, wenn der Star-Begriff verwendet wird:

Stars zeichnen sich durch einen außergewöhnlich hohen Bekanntheitsgrad und Wiedererkennungswert aus, der häufig auf einem klaren Image beruht. Sie gelten als Wegweiser für ein bestimmtes Genre oder einen bestimmten Stil und führen ihr Produkt mit Hilfe dieser Signalwirkung zum Erfolg.

Die konträr diskutierten Kriterien hohes Einkommen und Unterschiede in der Qualität und im Talent werden nicht mit in die Definition aufgenommen, da diese – wie im weiteren Verlauf der Arbeit deutlich wird – gerade auch mit Blick auf den Buchmarkt ambivalent zu betrachten sind.

4. Stars im Buchmarkt

Anhand der im vorherigen Kapitel aufgestellten Stardefinition kann nun überprüft werden, ob die Akteure des Buchmarkts ebenfalls mit dem Begriff Star bezeichnet werden können.

Im Buchmarkt stehen sich so unterschiedliche Personen und Figuren wie Astrid Lindgren, John Grisham, Hermann Hesse, Rosamunde Pilcher, Kommissar Wallander, Harry Potter, Miss Marple oder Umberto Eco gegenüber. Um zu prüfen, ob die beispielhaft aufgelisteten Autoren und Figuren gleichermaßen als „Star“ bezeichnet werden können, wird die im vorherigen Kapitel aufgestellte Definition herangezogen.

Der Bekanntheitsgrad der aufgezählten Personen und Figuren kann als ebenso hoch wie der von Sport- oder Filmstars betrachtet werden. Jeder von ihnen steht mit seinem Namen für eine bestimmte literarische Gattung oder ein bestimmtes Genre und ist (oder war) in seinem Gebiet außerordentlich erfolgreich. So wird der Name Astrid Lindgren sofort mit Kinderbüchern und John Grisham mit Wirtschaftskrimis in Verbindung gebracht. Ihr Name und der davon ausgehende Signalcharakter ergeben eine hohe Erfolgswahrscheinlichkeit für jedes ihrer Bücher, wodurch sie einen hohen ökonomischen Wert für den rechtehaltenden Verlag darstellen.

Auch wenn es also fremdartig erscheint, die Akteure der Buchbranche mit dem Begriff des Stars zu versehen und sie so mit Akteuren anderer Unterhaltungsbranchen gleichzusetzen, ist er nach ökonomischen Aspekten zutreffend.

Um eine Übersicht in die zusammenhanglose Auflistung der Buchmarkt-akteure zu bringen, werden sie im Folgenden in drei Kategorien eingeteilt.

4.1 Autoren als Stars

Stars im Buchmarkt können die Autoren sein, die über das Erfinden und Publizieren ihrer Geschichten oftmals große Popularität erlangen und durch

die Vermarktung ihrer Inhalte ebenso wie bekannte Stars aus dem Showbusiness und dem Sport große Bekanntheit erlangen. Ihr Name steht als Erkennungszeichen für ein bestimmtes Genre und einen bestimmten Stil, der den Konsumenten als Erkennungszeichen und Qualitätssignal dient. Als Beispiele können der schwedische Autor von Kriminalromanen Henning Mankell, der Kinderbuchautor Erich Kästner oder Stephen King genannt werden.

4.2 Figuren als Stars

Neben den Autoren können auch die von ihnen geschaffenen Figuren zum Star werden, die in einigen Fällen sogar bekannter werden als der dahinter steckende Autor. Hier lassen sich vor allem Figuren aus dem Kinderbuchbereich nennen wie die Raupe Nimmersatt, der Struwwelpeter oder Pettersson und Findus. Aber auch in der Belletristik finden sich zahlreiche Beispiele wie etwa Miss Marple, Kommissar Wallander u.a. An den letztgenannten Beispielen wird deutlich, dass ein Buch auch gleichzeitig von zwei Stars getragen werden kann. So wirbt der Hanser Verlag wahlweise damit „das neue Buch von Henning Mankell“ herauszubringen oder „Wallanders neuen Fall“ zu präsentieren. Im Kinderbuchbereich stehen sich Astrid Lindgren und ihre geschaffene Figur Pippi Langstrumpf ebenfalls in ihrer Popularität in nichts nach.

4.3 Verlage und Reihen als Stars

Auch der Verlag selbst oder eine von ihm veröffentlichte Reihe kann zum Star werden. So ist etwa die Was ist Was-Reihe aus dem Tessloff Verlag seit Jahren ein berühmtes Markenzeichen, die Namen Duden und Brockhaus gelten als bekannte Qualitätssignale und der Diogenes Verlag hat mit seinem unverkennbaren Coverdesign einen hohen Wiedererkennungswert geschaffen. Sie alle stehen für große und kontinuierliche Erfolge.

Wenn im Folgenden der Begriff Star verwendet wird, kann er sich demnach auf die drei genannten Aspekte beziehen.

5. Funktionen von Stars

Bei der Auflistung der Starkriterien in Kapitel 3 wurde bereits in einigen Abschnitten deutlich, dass Stars wichtige Funktionen auf Seiten der Unternehmen und der Konsumenten übernehmen. Diese werden im folgenden Kapitel gegenübergestellt.

5.1 Funktionen aus Konsumentensicht

Konsumenten sehen sich bei ihren Kaufprozessen zahlreichen Problemen gegenüber, bei denen Stars wichtige Hilfestellungen übernehmen können.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Starfunktionen aus Konsumentensicht

5.1.1 Orientierungsfunktion

In der heutigen Zeit steht ein Konsument beim Kaufprozess einer Fülle von Informationen gegenüber, die es ihm schwer machen den Überblick zu bewahren. Die angebotenen Leistungen werden austauschbarer und der Konsument hat immer weniger Zeit und Bereitschaft sich über die Eigenschaften und Unterschiede der Produkte zu informieren. Kein Leser kann – selbst wenn er sich den Großteil seiner Freizeit mit Literatur beschäftigt – alle neu erscheinenden Bücher im Detail wahrnehmen.

Stars stellen für den Konsumenten ein Mittel zur Vereinfachung der Informationsverarbeitung dar. Sie helfen ihm, sich in immer neuen und unübersichtlichen Produktfeldern zurechtzufinden, indem sie ihm – durch ihren Namen – auf einprägsame Weise Informationen übermitteln. Der Starname bietet dem Konsumenten wie eine Marke einen hohen Wiedererkennungswert und stellt einen wichtigen Orientierungspunkt dar. Er steht als Platzhalter für eine Vielzahl unterschiedlicher Informationen. Ein Leser muss sich somit auf der Suche nach einem Horror-Roman oder einem Liebesroman nicht mit der Menge aller Titel beschäftigen, sondern kann auf den Namen Stephen King bzw. Nicholas Sparks vertrauen. Durch den Star kann der Konsument – ohne sich näher mit den Inhalten des Buches zu beschäftigen – sein präferiertes Genre identifizieren.

5.1.2 Risikoreduktionsfunktion

Jede Wahl eines neuen Produktes stellt für den Konsumenten ein Risiko dar, da er nicht sicher sein kann, ob das gewählte Produkt seine Bedürfnisse angemessen erfüllt. Greift er jedoch auf ein Produkt eines Stars zurück, dessen Eigenschaften ihm bereits bei früheren Käufen zufrieden gestellt haben, kann durch den Wiederkauf sein Entscheidungsprozess wesentlich beschleunigt und vereinfacht werden. Die mit dem Namen verbundene Vorhersagbarkeit der Produktinhalte und das beinhaltende Qualitätsversprechen reduzieren den Such- und Informationsaufwand – und damit die Transaktionskosten – des Konsumenten. Stars treten wie Marken als verdichte Information, als „Information chunk“[23], ein und tragen so zur Komplexitätsreduktion auf Seiten der Konsumenten bei.

5.1.3 Kommunikationsfunktion

Franck (2000) beschreibt die Funktion von Stars damit, dass sie „unsere Freizeitaktivitäten erleichtern und uns Gemeinschaftserlebnisse verschaffen“[24]. Durch ihre große Bekanntheit eignen sich Stars hervorragend als Kommunikationsbasis. Für einen Konsumenten ist es aus sozialen und aus Kostengesichtspunkten daher empfehlenswert beim Kauf auf ein Starprodukt zurückzugreifen.[25] Zudem fungiert der Star als eine Art „soziales Symbol“, durch das der Konsument eigene Wertvorstellungen vermitteln kann. Sein soziales Risiko vermindert sich.[26] Stars helfen dem Verbraucher somit bei der Selbstdarstellung.

5.1.4 Identifikationsfunktion

Nicht nur beim Kaufprozess, sondern vor allem auch im emotionalen Bereich suchen Menschen nach Orientierung. In dieser Unsicherheit können Stars ihnen als Identifikationsfigur, als „emotionales Leitbild“[27] und als Vorlage im Handeln dienen. Sie stiften einen ideellen Nutzen, indem sie dem Konsumenten Identifikationsmöglichkeiten bieten. Sie sind Rollen-vorbilder, die dem Zuschauer als Projektionsfläche der eigenen Wünsche und Sehnsüchte dienen.“[28] Dieser Aspekt gilt bei Stars im Buchmarkt verstärkt, da sie die Identifikationsmöglichkeiten innerhalb ihrer Bücher direkt mitliefern.

[...]


[1] Vgl. Buch und Buchhandel in Zahlen (2002), Frankfurt, S. 6.

[2] Dabei wird der Schwerpunkt der Analyse auf die Unterhaltungsliteratur, also den Belletristik- und Kinderbuchmarkt gelegt.

[3] Vgl. Buch und Buchhandel in Zahlen, S. 6.

[4] Vgl. Gollhardt, H. (2003), Strukturwandel oder Rezession - was macht mehr zu schaffen?, in: Buchmarkt 1, S. 46-55, S. 52.

[5] Vgl. Buch und Buchhandel in Zahlen, S. 11.

[6] Vgl. Gollhardt, H., a.a.O., S. 48.

[7] Gesetz zur Regelung der Preisbindung bei Verlagserzeugnissen (BuchPrG) vom 2. September 2002, § 1.

[8] Von einem Bestseller wird branchenüblich ab einer Auflage von ca. 100.000 verkauften Exemplaren gesprochen (Ludwig, J. (1998), Zur Ökonomie der Medien: Zwischen Markt-versagen und Querfinanzierung, 1. Auflage, Wiesbaden, S. 71).

[9] Buchgemeinschaften dürfen die von ihnen angebotenen Bücher zu Preisen unterhalb des gesetzlich gebundenen Preises verkaufen, da sie sich zur Einhaltung festgesetzter Regeln (Verkauf nur an Mitglieder, Änderung der Ausstattung, verzögerter Erscheinungstermin) verpflichtet haben.

[10] Vgl. Ludwig, J., a.a.O., S. 308.

[11] Vgl. Nelson, Information and Consumer Behavior, in: Journal of political economy 78, S. 311-329, S. 312f.

[12] Franck, E./Opitz, C. (2002), Julia Roberts, Tom Hanks & Co: Wie Stars zur effizienten Zuordnung von Filmen auf Filmkonsumenten beitragen, Bd. 6, Zürich, S. 2.

[13] Vgl. dazu auch Kapitel 6.

[14] Franck, E./Opitz, C., a.a.O., S.1.

[15] Herbst, D. (2003), Der Mensch als Marke, 1. Auflage, Berlin, S. 240.

[16] Vgl. ebd., S. 10.

[17] Jahnke, W. (2001), Das Ende des Hollywood-Starsystems?, in: Gaitanides, M./Kruse J. (Hrsg.), Stars in Film und Sport, Hamburg, S. 112.

[18] Hennig-Thurau, T./Walsh, G./Wruck, O. (2001), An Investigation into the Factors determining the Success of Service Innovations: The Case of Motion Pictures, in: Academy of Marketing Science Review, S.17.

[19] Jahnke, W., a.a.O., S. 112.

[20] Rosen, S. (1981), The Economics of Superstars, in: American Economic Review 71, S. 845-858, S. 845.

[21] Vgl. Kruse, J., Stars als Produkte der Medien, in: Gaitanides, M./Kruse J. (Hrsg.), Stars in Film und Sport, Hamburg, S. 59.

[22] Vgl. Rosen, S., a.a.O., S. 846

[23] Kroeber-Riel, W./Weinberg, P. (1999), Konsumentenverhalten, 6. Auflage, München,

S. 265.

[24] Franck, E. (2000), Warum gibt es Stars? Drei Erklärungsansätze und ihre Anwendung auf verschiedene Segmente des Unterhaltungsmarktes, Freiberg, S. 11.

[25] Vgl. dazu auch Kapitel 7.

[26] Vgl. Herbst, D., a.a.O., S. 34.

[27] von Halem, G., a.a.O., S. 26.

[28] Ebd., S. 25.

Ende der Leseprobe aus 75 Seiten

Details

Titel
Zur Anwendbarkeit der 'Ökonomie der Superstars' auf den Buchmarkt
Hochschule
FernUniversität Hagen
Note
1,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
75
Katalognummer
V41556
ISBN (eBook)
9783638397971
ISBN (Buch)
9783638902250
Dateigröße
1377 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Anwendbarkeit, Superstars, Buchmarkt
Arbeit zitieren
Sabine Pauli (Autor:in), 2003, Zur Anwendbarkeit der 'Ökonomie der Superstars' auf den Buchmarkt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41556

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