Heinz Jost und der Holocaust in Weißrussland 1942. Korrektur eines Täterbildes


Wissenschaftlicher Aufsatz, 2018

45 Seiten, Note: 0,00


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Der Einsatzgruppenprozess 1947-1948. Beweislage, Tatfeststellungen, und zur Frage des Genozids

3. NS-Karriere bis 1941, Vernichtung und „Bandenkampf“, Entbindung aus dienstlichen Gründen.

4. Ein Richter als Zeitzeuge. Jerusalem 1961 und Frankfurt 1965.

5. Schlussfolgerungen

Abstrakt

Der US-Richter Michael A. Musmanno verurteilte 1948 in Nürnberg den Kommandeur der Einsatzgruppe A, Heinz Jost (1904-1964) als „Auftraggeber und Mitschuldigen des Ausrottungsprogramms in seinem Bereich“ zu lebenslanger Haft. Als Zeuge in späteren Prozessen relativierte Musmanno sein Urteil bis hin zu der unfassbaren Einlassung, Jost habe durch Befehlsverweigerung zehntausende Menschen vor dem Tode bewahrt. Jost, von Zeitgenossen als energielos beschriebener SD-Auslandschef im Reichssicherheitshauptamt, war 1941 entmachtet worden. Heydrich befahl ihm im März 1942 die Einsatzgruppe A zu übernehmen, die seit Beginn des Russlandfeldzuges schon über 200.000 Juden ermordet hatte. Eine besondere Rolle in der Genese des Genozids wurde Jost aus diesem Kommando nie zugewiesen – trotz seiner Verurteilung im Einsatzgruppenprozess. Sein halbes Jahr in Riga wird mit dem vergleichsweise ruhigen Sommer 1942 im Baltikum verbunden, nicht aber mit dem Höhepunkt des Holocaust zur gleichen Zeit im benachbarten Weißrussland. Mit kalter Berechnung ist es Jost gelungen, die Nachwelt über sein wahres Verantwortungsgebiet zu täuschen. Hilfe erfuhr er ausgerechnet durch die Staatsanwaltschaften im Eichmann- und Auschwitz-Prozess, die für ihre Beweisführungen SS-Befehlsverweigerer suchten. Zeuge Musmanno, nun Publizist in eigener Sache, präsentierte Jost. Diese Studie korrigiert und präzisiert das Bild eines SS-Täters, dessen Einsätze sich bereits 1933 ausdrücklich gegen Juden gerichtet hatten. Sie macht Josts konkreten Tatbeitrag im Osten erstmals deutlich.

1. Einleitung

Michael Musmannos[1] Zeugenaussagen im Eichmann-Prozess 1961 und im Auschwitz-Prozess 1965 waren das Gegenteil dessen, was man vom Richter des Einsatzgruppen-Prozess (NMT Case 9)[2] eigentlich erwarten konnte. Im Kern bestätigte er den Inhalt einer Eidesstattlichen Versicherung, die in Nürnberg von Werner Best[3] abgegeben worden war. Der ehemalige Stellvertreter Heydrichs[4] hatte ein Gespräch bezeugt, das er mit Heinz Jost nach dessen Rückkehr aus Riga geführt habe. Jost hätte als Kommandeur der Einsatzgruppe A Judenerschießungen heftig „kritisiert“, und es „abgelehnt“, sowohl diesbezügliche Befehle Heydrichs als auch des Reichskommissars Lohse[5] durchzuführen, und „mit Himmler wolle er nicht mehr zusammenarbeiten.“ [6] Durch seine Aussagen verstärkte Musmanno eine allgemein unklare Einordnung des Täters Jost. Herbert Jäger führte ihn in seiner 1967 erschienenen Betrachtung von Einzelfällen als „belegtes“ und erfolgreiches Beispiel zu Befehlsnotstand und Befehlsverweigerung an.[7] Eher unbedeutend sieht ihn 1981 Helmut Krausnick. Zur Entbindung als Einsatzgruppenleiter im September 1942 merkte er an: „Übereinstimmend hinsichtlich bloßer ‚Wahrnehmung der Dienstgeschäfte‘“, Jost sei sogar „offensichtlich nie definitiv ernannt worden.“ Für Hans-Heinrich Wilhelm war er allerdings ein „gelehriger Schüler Heydrichs.“ Jost ist, was die Darstellung seiner Tätigkeit im Osten betrifft, selten mehr als eine Fußnote, und manchmal nicht einmal das. Ralf Ogorreck suchte 1996 den Ursprung des „Führerbefehls“. Er behandelte in seiner Einsatzgruppen-Studie aber nur die Täter, die ab Beginn des Russlandfeldzuges dabei waren; Jost und acht weitere Angeklagte des NMT fehlen hier.[8]

Unbeachtet blieb er nicht, eine biografische Skizze findet sich bei Michael Wildt. Sie enthält keinen Bericht seiner Tätigkeit im Osten, dennoch schätzt Wildt ihn allein aus seiner Gefolgschaft Bests heraus ein, und erkennt „seine dadurch zumindest nicht gänzlich unglaubwürdigen Beteuerungen“ ohne Überprüfung an. Andere Beiträge stammen von André Brissaud (1975), David Kahn (1978), Thorsten Querg (1997), Katrin Paehler (2003) und Florian Altenhöner (2008). Im Mittelpunkt dieser Arbeiten steht der SD-Auslandsnachrichtendienst, dessen Chef Jost bis 1941 war, nicht aber seine Tätigkeit bei der Einsatzgruppe A.[9] Davon berichtete zuerst sein Richter, Michael Musmanno (1962), worauf noch eingegangen wird. Eine Einschätzung von Jost vor Gericht bietet Hilary Earl mit ihrer wegweisenden Studie zum Einsatzgruppen-Prozess (2009) an. Sie gibt aber zu, dass „Josts Motivation schwer erkennbar“ sei, dennoch sieht auch sie sogar „einige Beweise, die nahe legen dass er seinem Kommando auszuweichen versuchte“. [10] Auch durch Schilderungen ehemaliger Mitarbeiter hat sich früh ein Bild von Jost gefestigt, das ihn als beamtenhaften Juristen, weichen, zurückhaltenden, antriebslosen, in Zeugenaussagen gar „inkompetenten“ SS-Führer, in jedem Fall aber als „Personifizierung des kleinen Mannes“ zeigt.[11]

Es soll hier überprüft werden, welche Feststellungen das NMT tatsächlich machen konnte und welche Verteidigungsstrategie Jost verfolgte. Anschließend wird seine NS-Karriere bis 1941 nach Exekutivfunktionen durchsucht. Dann werden seine Spuren 1942 vor allem in Weißrussland rekonstruiert und um Sachverhalte ergänzt, die im Prozess unbekannt waren, nicht zur Sprache kamen, oder ihm nicht zugeordnet wurden. Zum Schluss stellt sich die Frage nach den Beweggründen des Richters, einen erkannten Holocaust Haupttäter nachträglich als Befehlsverweigerer darstellen zu wollen, der sich gegen Himmlers Mordprogramm gestellt habe.

2. Der Einsatzgruppenprozess 1947-1948. Beweislage, Tatfeststellungen, und zur Frage des Genozids

Die Massenexekutionen von Juden, die in Kaunas (Litauen), Babyn Jar (Ukraine) und Rumbula (Lettland) von den Einsatzgruppen (EG) der Sicherheitspolizei und des SD durchgeführt wurden, sind nur die grausamsten Höhepunkte des Jahres 1941, an dessen Ende allein die EG A über 200.000 Morde nach Berlin gemeldet hatte. Der irreversible Prozess wurde von Reinhard Heydrich mit der Wannseekonferenz institutionalisiert und auf den Gesamtbereich der von ihm verantworteten „Endlösung“ übertragen. Seine vom Norden bis zum Süden der Sowjetunion operierenden Sonder- (SK) und Einsatzkommandos (EK) der vier EG waren Feldlabore dieses Völkermordes. Mit dem in der Reihe der Nürnberger Folgeprozesse, NMT, angesiedelten „Case 9, US vs. Otto Ohlendorf et. al.“ hatten die Amerikaner versucht die Täter zu identifizieren um sie nach Aufklärung von Einzeltaten individuell zu bestrafen. Die Dimension des Geschehens war kaum zu fassen. Die Anklagepunkte „Verbrechen gegen die Menschheit“ und „Kriegsverbrechen“ schienen allein nicht ausreichend, und so wurde der gerade neu entwickelte Begriff „Genozid“ in das Verfahren eingeführt, ohne ihn allerdings zum eigenständigen Punkt zu machen. Folgerichtig hieß es: „Erstens: Verbrechen gegen die Menschheitals Teil eines systematischen Völkermord Programms…“ [12]

Auf der Bank des NMT saßen mit Heinz Jost, Erich Naumann, Otto Rasch und Otto Ohlendorf vier Kommandeure (EG A – D)[13] und 20 weitere Einsatzführer. Sie waren für die Amerikaner die hauptverantwortlichen Direkttäter. Das von Jost mit der EG A und als Befehlshaber der Sicherheitspolizei (BdS) „Ostland“ seit Ende März 1942 verantwortete Gebiet umfasste das Baltikum, die besetzten Teile der nördlichen Sowjetunion bis einschließlich der Leningrader Front und große Teile des heutigen Weißrussland, damals Generalkommissariat „Weißruthenien“. In seiner Doppelfunktion waren ihm in den unter Zivilverwaltung stehenden Gebieten die im Herbst 1941 stationär gewordenen Kommandeure der Sicherheitspolizei (KdS), und damit die Gestapo unterstellt.

Michael A. Musmanno war der Vorsitzende Richter in diesem Verfahren. Der damals erst 27-jährige Staatsanwalt Benjamin Ferencz hatte Beweise für etwa eine Million Morde vorgelegt. Er stützte sich im Wesentlichen auf einen Dokumentenfund von zwölf Leitzordnern mit „Ereignismeldungen“ (EM) die nach Vollzug der Morde bis April 1942 im RSHA zusammengestellt worden waren. Mit Sicht auf die Urteilsbegründung des IMT, in der geschätzt worden war, die „Einsatzgruppen und die Sicherheitspolizei waren verantwortlich für den Mord an zwei Millionen wehrlosen Menschen“, klagte Ferencz im NMT alle Kommandeure aus jeder Einsatzgruppe jeweils mit einer Auflistung von („aber nicht beschränkt auf“) Taten an, die er aus den EM extrahiert hatte.[14]

Die EM 186 datierte in Berlin auf den 27. März 1942. Auf dem Kopf des Dokumentes war erstmalig Josts Name erschienen. In der Annahme, dass er an diesem Tag bereits das Kommando innehatte und Tscherwen in seinem Bereich lag, hatte Ferencz die Anklage erweitert: „Am 27.3.1942 befehligte der Angeklagte Jost die Einsatzgruppe A, als sie berichtete, dass in Tscherwen 15000 Juden erschossen worden waren.“ Jost bestritt vehement von Tscherwen jemals auch nur gehört zu haben. Tatsächlich lag der Ort im Operationsbereich der benachbarten EG B. Musmanno hatte Zweifel an Josts Mitwirkung, und folgte dem Ankläger in diesem Punkt nicht. Ferencz ließ nicht locker und übernahm Dokumente aus der Sammlung des IMT für weitere Tatvorwürfe. Sturmbannführer Arnold Kirste, KdS Gestapochef in Riga, hatte dem örtlichen Standesamt „in Vertretung“ mitgeteilt, dass „243 unheilbar Geisteskranke“ am 14.4.1942 „verstorben“ waren. „Morde“, stellte der Ankläger klar. Ort und Zeit passten. Jost zweifelte den Vorgang an und bestritt die Echtheit des Dokuments. Damit war er so erfolgreich, dass es für das Urteil nicht reichte. Das bestrittene Dokument, sogar mit den dazugehörigen Namenslisten der Ermordeten ist heute in Riga archiviert.[15]

Die EM 193 vom 17. April 1942 und die EM 195 waren die einzigen, die später in Josts Urteil als Tatfeststellungen einflossen. Am 7. April waren an zwei Orten in Litauen 44 Personen, darunter auch Juden, wegen „aktiver kommunistischer Tätigkeit“ erschossen worden. Das waren eindeutige Ortsangaben und ein Datum nach Josts Übernahme. Er hatte sich zu rechtfertigen versucht, es sei ein „Unterschied, ob Exekutionen vorgenommen werden bei [...] konkreten Tatbeständen [Agitatoren, Partisanen] oder ob es sich um das Erschießen von 10.000 Personen handelt.“ Die EM 195 vom 24. April 1942, die letzte ihrer Art, nennt Gründe vollkommen anderer Natur: „1272 Personen exekutiert, davon 983 Juden, die ansteckende Krankheiten hatten oder alt und gebrechlich waren, dass sie für einen Arbeitseinsatz nicht mehr infrage kamen.“ Jost bestritt jede Verantwortung. Er sei frühestens am 28. oder 29. März in Riga gewesen. Die Tat hätte möglicherweise „nicht nach dem 26. März stattfinden können“, räumte auch Musmanno ein, dem letzten Datum eines „Ereignisses“ aus dieser Meldung 195. Er begründete aber, die EG A hätte „vor dem 29. März ein paar hunderttausend Morde verübt und ermordete am 26. März immer noch Juden“, wie die Meldung zeige. Jost sei nach eigener Aussage am 24. März ernannt worden und hätte nach Dienstantritt keine Tötungsbefehle widerrufen. Obwohl das Datum der Tat nicht zweifelsfrei feststand und der genaue Ort unbekannt blieb, wurde Jost dafür verurteilt.[16]

Bei einem weiteren IMT Dokument hatte das Gericht dann allerdings keinen Zweifel mehr. Er betraf die Bestellung von einem neuen Gaswagen und Ersatzmaterial (Abgasschläuche) für drei im Bereich der EG A beziehungsweise beim BdS „Ostland“ vorhandene mobile Gaskammern. Die Geheimbestellung war von Josts Hauptabteilungsleiter Heinz Trühe am 15.6.1942 beim RSHA in Berlin ausgelöst worden. „Wöchentlich“, so begründete Trühe die Anforderung, „trifft beim KdS in Weißruthenien ein Judentransport ein, der einer Sonderbehandlung zu unterziehen ist. Die drei dort vorhandenen S- Wagen reichen für diesen Zweck nicht aus." Seine persönliche Verantwortung räumte Jost auch im Kreuzverhör nicht ein, in das sich Musmanno nun wiederholt einschaltete. Trühe, der mit „Der Bef. der Sipo u. d. SD Ostland“, also mit Josts Dienststellung gezeichnet hatte, habe sich die Bestellung offensichtlich „angemaßt“. Er, Jost, habe auch das ihm erst im Gerichtssaal vorgehaltene Antwortschreiben nie gesehen, in dem von Berlin die Lieferung des „S-Wagens“ und 100 Meter Abgasschlauch angekündigt worden waren, ja er „habe nie einen Gaswagen gesehen.“ [17]

Wie nahe das Tribunal Josts Tatbeitrag gekommen war, ahnte es mehr, als es wirklich wusste. Die Spur der Gaswagen führte von den Schießkommandos des Jahres 1941 und ihren genozidalen Anfängen zur nächsten Eskalationsstufe, zum systematisierten Völkermord. Jost bezweifelte die Authentizität des ihm nun vorgehaltenen IMT Dokuments 3428-PS. Der Verteidiger des ehemaligen KdS Eduard Strauch hielt es sogar für gefälscht und sah ein US-jüdisches Komplott. Generalskommissar Kube hatte Reichskommissar Lohse in Riga am 31.7.1942 berichtet, man hätte „ in Weißruthenien in den letzten zehn Wochen rund 55 000 Juden liquidiert. Im Gebiet Minsk-Land ist das Judentum völlig ausgemerzt.“ Ob Jost als BdS denn nicht auch Kenntnis von solchen Massenexekutionen hätte haben müssen, wollte Strauchs Verteidiger von ihm im Kreuzverhör wissen. Wenn das überhaupt stimme, pflichtete Jost bei, „hätte ich [davon] in irgendeiner Form hören müssen.“ Habe er aber nicht. Er hätte auch sonst von Massenexekutionen in Weißrussland „im Juni und Juli 1942“ nie etwas gehört. Die hatten, so Kube in seinem Bericht, nach „eingehenden Besprechungen mit dem hervorragend tüchtigen Dr. Strauch“ stattgefunden.[18]

Musmanno ließ die Echtheit des Dokumentes feststellen. Es reichte ihm als Beweis allein gegen Strauch. Er suchte die Direkttäter der verschriftlichten Toten. Und er forschte nach den Beweisen des „Führerbefehls“, auf den allen voran Ohlendorf und sein Anwalt Aschenauer die Verteidigung aufgebaut hatten. Dessen Existenz bestätigte oder bestritt Jost nicht. Mit den Vernichtungsaktionen im Osten habe er von Beginn an nichts zu tun haben wollen und auch seinen Chef so verstanden: „Heydrich hat zu mir gesagt, weil ich ursprünglich nicht dort bleiben sollte, kümmern Sie sich nicht um besondere Geschichten, mir kommt es drauf an, dass die Dienststelle nicht verwaist.“ Entsprechend habe er (Jost) seinen Kommandeuren in Litauen (Karl Jäger) und Lettland (Rudolf Lange) bedeutet, er würde ihnen „auf jeden Fall keinen [Tötungs-] befehl geben“, und sie sollten „von sich aus auch nichts unternehmen.“ Strauch („Weißruthenien“) und Sandberger (Estland), beide mit ihm auf der Bank, erwähnte er vorsichtshalber nicht.[19]

Es sei dann „niederschmetternd“ für ihn gewesen, als er „Ende April oder Anfang Mai“ 1942 einen von Heydrich unterschriebenen und persönlich an ihn adressierten Selektions- und Tötungsbefehl erhalten habe „Juden im Alter zwischen 16 und 32 Jahren im Arbeitseinsatz zu verwenden und alle anderen der Sonderbehandlung zuzuführen.“ Diesen Befehl habe er in seinen Safe geschlossen und niemals weitergegeben. Kein Mensch, außer ihm selbst, seiner Frau, seinem Adjutanten, und Alexander Landgraf hätten von der Existenz dieses Befehles jemals etwas erfahren. Jost versuchte nun darzustellen, wie er sich aus der Umklammerung Heydrichs und nach dessen Tod auch von Himmler lösen wollte. Als „gebrochenen“ Mann sieht ihn Hilary Earl. Er habe offenbar situativ und „aus Verzweiflung heraus“ dem Gericht „eine seltsame Mischung rätselhafter Argumente“ präsentiert. Die Diskrepanz zwischen seiner „inneren Einstellung“ und den „Erfordernissen des Amtes“ habe bei ihm eine psychische Spannung hervorgerufen, unter der schließlich auch seine physische Gesundheit litt, auch noch vor Gericht. Er sei doch schon Ende 1941 dem Ostministerium überstellt worden, so beginnt die „verzweifelte“ Argumentation, die Beorderung nach Riga sei weder absehbar noch erwünscht gewesen. Der Tod Stahleckers sei sein persönliches Pech, der Tod Heydrichs Anfang Juni wiederum „ein Glück“ gewesen, denn dadurch hätte niemand seine Befehlsunterdrückung bemerkt. Es sei eben keiner gekommen mit der Frage: „warum wird hier nicht alles erschossen“, beharrte er gegenüber Musmanno. Er habe doch seine Ablösung bei Himmler erreicht, ihn dazu sogar in dessen Feldkommandostelle aufgesucht, „obwohl ich nicht bestellt war.“ Er sprach, so Jost auf Nachfrage, Himmler auf das „für die Männer schwierige Exekutivproblem“ an, aber der habe ihn sofort unterbunden: „Sind Sie ein Philosoph?“. Weiter sei er leider nicht gekommen. Dann habe Himmler ihm wegen seiner „Nervenerkrankung“ die unbestimmte Hoffnung auf eine andere Verwendung gemacht. So habe er das an jenem Tag jedenfalls gesehen. Immerhin sei er zwei Wochen später abgelöst worden.[20]

Jost hatte dem Gericht Sachverhalte angeboten, zu denen es keine eigenen Dokumente besaß. Der Selektionsbefehl schien in die perfide NS-Logik zu passen, Josts Handeln hingegen absurd und von ihm benannte Zeugen nicht greifbar. Im Kreuzverhör versuchte Ferencz, diese Darstellung zu erschüttern. Ob es ihm „physisch unmöglich“ gewesen wäre, oder ob er den „Hitler-Befehl“ als „moralisch ungerecht“ angesehen habe, wollte der Ankläger wissen. Er drang damit ohne eigenes Zutun zu der von ihm angekündigten Genozid-Thematik vor. Jost antwortete ausführlich und scheinbar kontemplativ:

„Die Vorstellung von dem, was nun auf Grund der Ausführung des Befehls geschieht, nämlich ein riesengroßes Unglück für zehntausend Menschen [hat] mich so überwältigt, dass ich den Befehl nicht weitergeben konnte. [...] Ich habe aber, das möchte ich ruhig dazu bemerken, mir das Problem auch von der geschichtlichen Seite her überlegt und [...] habe ein Beispiel gefunden, das erst 30 Jahre zurückliegt […] , als die Türkei die Armenier aus ihrem Siedlungsgebiet abtransportierten in die Wüste [...] wobei meines Wissens zwei Millionen Armenier in scheußlicher Weise zugrunde gegangen sind. Auch das ist eine Ausrottung eines Volksteils.“ [...] [21]

Ferencz war nicht zufrieden, er wollte eine Antwort auf seine Moralfrage. Jost blieb nun stur, er habe seine Antwort gegeben. Dann griff Musmanno die Aussage auf und vertiefte sie mit Erfolg. Ob er beides, das „Armenische Blutbad und das Blutbad Heydrich - Himmler in die gleiche Kategorie“ einreihe, wollte er wissen, „und zwar als unmenschliche, ungerechtfertigte und den Gesetzen der Zivilisation widersprechende Handlungsweisen?“ – „Ich habe sie auf jeden Fall nicht für richtig und eine große Tragödie der Menschheit in der normalen Zeit gehalten“, bestätigte Jost dem Vorsitzenden. „Also beide ungerechtfertigt?“, fragte Musmanno noch einmal nach. – „Ja.“

Das war eine bemerkenswert eindeutige Aussage in einem Nürnberger Verfahren, aber sie war in gleich zweifacher Hinsicht heuchlerisch. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hatte Jost sein Wissen über die Armenier aus Franz Werfels Buch Die vierzig Tage des Musa Dagh. Werfel war Wiener Jude, sein Roman 1933 gleich nach Erscheinen verboten worden. Einige Buchhandlungen bezogen das Buch diskret aus Österreich. Als Chef SD-Ausland wird Jost mit den so ins Reich gelangenden Exemplaren befasst gewesen sein, weswegen 1936 in der SS-Zeitung Das Schwarze Korps sogar ein Schmähartikel erschienen war: „Franz Werfel hat uns […] bewiesen, dass das Judentum eben nichts anderes kann, als Zwietracht, Hass und Verleumdung zu säen.“ [22]

Die Anklage habe in den Kreuzverhören „ihre Linie verloren, die zu einer Entwicklung und Definition [des Begriffes Genozid] im Internationalen Recht hätte führen können“, stellt Hilary Earl in ihrer Prozessstudie zutreffend fest. Dabei hatte Ferencz ambitioniert begonnen. „Systematischer Völkermord, die Ausrottung ganzer Kategorien von Menschen“, sei „das wichtigste Instrument der NS Doktrin“ gewesen. Explizit deswegen verurteilt wurde allerdings keiner der Angeklagten, auch Jost nicht, der dem NMT alles geliefert hatte, was es für eine Begründung brauchen würde: die Definition der Opfergruppe („ein Volksteil“), die Systematik („Vertreibung, Blutbad, Ausrottung“), die Dimension („Millionen“), den historischen Vergleich („die gleiche Kategorie“), die „Ungerechtfertigtheit“ und schließlich die direkte Gleichsetzung dieser Taten mit einer Tätergruppe, der er selbst angehörte. Letztlich findet sich der Begriff Genozid zwar in Musmannos Einleitungen zum Urteil, „Opinion and Judgement“ wieder, ohne allerdings eine juristisch sinnstiftende Wirkung zu entfalten.[23]

Josts festgestellte direkte Tatbeteiligung blieb schließlich deutlich hinter der anderer zurück. Die Beweisführung beim größten Einzelereignis (mit 1.272 Toten am nicht überzeugend belegten 26. März 1942) stand auf wackligen Füßen. Allerdings akzeptierte das Tribunal Josts Befehlsunterdrückung nicht, denn „die Glaubwürdigkeit dieser Geschichte beruhe allein auf ihm“. Damit erkannte Musmanno auch den Zeugenbeweis Bests nicht an. Er hob (neben Zwangsarbeiterverschickungen ins Reich) auf die Gaswagen ab und ordnete Jost schließlich als „Auftraggeber und Helfershelfer des Ausrottungsprogramms in seinem Verantwortungsbereich“ ein. Allein, dass er „nach seinem Einsatz Mitleid gezeigt haben mag“, könne ihm angerechnet werden. Heinz Jost wurde am 10. April 1948 zu lebenslanger Haft verurteilt. Der Prozess endete mit 14 Todesurteilen. Revisionen waren nicht möglich, allenfalls Gnadengesuche, und alle Verurteilten riefen den US Hochkommissar an. Am 28.8.1950 reduzierte ein Beratungsausschuss die Strafen erheblich und hob die meisten Todesurteile auf. Bei Jost hielt man nach einer im Juni erfolgten psychiatrischen Untersuchung zehn Jahre für angemessen, obwohl das Gutachten vernichtend ausgefallen war. Jost sei „eine kalte, berechnende Person, keinesfalls Konflikt beladen, seine emotionale Welt bankrott“. Der Psychiater wollte gar „sadistische Tendenzen“ nicht ausschließen. Eine Amnestie brachte ihm schon im Dezember 1951 die Freiheit. „Wer sagt eigentlich, dass es keinen Weihnachtsmann gibt, “ schrieb Ferencz verbittert an Hochkommissar McCloy und wurde wütend: „Jost, dessen Befehlsstelle einen vierten Gaswagen anforderte, weil die drei die man schon im Einsatz hatte, Frauen und Kinder nicht schnell und effizient genug töteten. Zur Hölle mit Weihnachten.“ Das fällige Spruchkammer-Verfahren wurde 1952 schon vor Eröffnung niedergeschlagen. „Ne bis in idem“ notierte der Öffentliche Kläger in Darmstadt auf Josts NMT Urteil. Nicht zweimal in dergleichen Sache.[24]

[...]


[1] Michael A. Musmanno, 1897 – 1968, US-Jurist, Marineoffizier, Richter u. Buchautor. Beisitzender Richter NMT Fall II (Milch) und IV (Wirtschaftsamt SS), Vorsitz im Fall IX (Einsatzgruppen).

[2] US Government Printing Office, Nuernberg Military Tribunals, Volume IV, Washington 1950 (NMT-Dokument)

[3] Werner Best, 1903 – 1989, Jurist aus Darmstadt, SS-Obergruppenführer, bis 1940 Stellvertreter Heydrichs, Reichsbevollmächtigter Dänemark. Dort 1948 zum Tode verurteilt, 1951 nach Deutschland entlassen. Zu Best v.a.: Herbert, Ulrich; Best, Biografische Studien über Radikalismus, Weltanschauung und Vernunft, 1903-1989, 1996

[4] Reinhard Heydrich, 1904 – 1942. Chef RSHA und stellv. Reichsprotektor in Böhmen und Mähren, verstorben 4.6.1942 infolge des Attentats. Josts Vorgesetzter im RSHA.

[5] Hinrich Lohse, 1896 – 1964, Gauleiter Schleswig-Holstein, 1941 Reichskommissar Ostland. Kein Ermittlungsverfahren zu Lebzeiten.

[6] Affidavit Werner Best v. 16.10.1947, Auszug: „Im September 1942 ... besuchte Jost nach seiner Rückkehr aus Riga mich in meiner Wohnung in Zehlendorf …. Jost erzählte mir von seiner Tätigkeit in Riga und kritisierte schärfstens die Judenerschießungen. Er erklärte mir, dass er, (Jost) es abgelehnt habe, solche Befehle durchzuführen. Er erwähnte einen Befehl Heydrichs und einen Befehl Lohses, an deren Inhalte ich mich nicht mehr erinnere. Weiter erzählte mir Jost von einer Besprechung mit Himmler, bei dem er (Jost) erreicht habe, dass seine Abberufung von Riga und sein Übertritt vom S.D. in das Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete genehmigt wurde. Jost schilderte mir, wie er sich dabei von Himmler vollständig distanziert habe, und erklärte, dass er mit Himmler nicht mehr zusammenarbeiten wolle.“ Records of the US Nuernberg War Crimes Trials, NARA M 895 Roll 23 Bl. 42 f.

[7] Jäger, Herbert; Verbrechen unter totalitärer Herrschaft (1967, 1982), Fall 44, S. 110, FN 139 (StA Ulm Ks 2/57). Das dort zitierte Dokument zum Ulmer EG-Prozess (1958) gibt nur Josts eigene, im NMT Urteil nicht festgestellte Aussagen wieder.

[8] Krausnick, Helmut; Die Einsatzgruppen vom Anschluss Österreichs bis zum Feldzug gegen die Sowjetunion, S. 178; Wilhelm, Hans-Heinrich; Die Einsatzgruppe A der Sicherheitspolizei und des SD 1941/42, S. 456, beide in: Die Truppe des Weltanschauungskrieges, 1981. Eine Auswahl (ohne Biografien): Angrick, Andrej; Klein, Peter; Die Endlösung in Riga, 2006; Birn, Ruth Bettina; Die Sicherheitspolizei in Estland 1941-1944, 2006; Cüppers, Martin; Wegbereiter der Shoa, Die Waffen SS, der Kommandostab Reichsführer SS und die Judenvernichtung 1939-1945, 2005; Curilla, Martin; Die deutsche Ordnungspolizei und der Holocaust im Baltikum und Weißrussland 1941-44, 2006; Ezergailis, Andrew, The Holocaust in Latvia, 1941-1944, USHMM 1996; Gerlach, Christian; Kalkulierte Morde, Die deutsche Wirtschafts- und Vernichtungspolitik in Weißrussland 1941 bis 1944, 1999; Hilberg, Raul, Die Vernichtung der europäischen Juden, Fischer 1999; Klein, Peter; Die Erlaubnis zum grenzenlosen Massenmord, in: Müller/Erich (Hg), Die Wehrmacht: Mythos und Realität, 1999, und Klein, Peter (Hg), Die Einsatzgruppen in der besetzten Sowjetunion 1941/42, Haus der Wannsee Konferenz Band 6, 1997. Ogorreck, Ralf; Die Einsatzgruppen und die Genesis der Endlösung, 1996: Mit Jost, Naumann, Steimle, Biberstein, Braune, Haensch, Ott, Schubert und vor allem Strauch fehlen bei Ogorreck aus dem Kreis der Angeklagten im NMT alle EG- u. Kommando-Führer, die erst als Ablösung nach Russland kamen.

[9] „…als Gefolgsmann Bests offenkundig weder von Heydrich noch von Himmler wohlgelitten…“, Wildt, Michael, Die Generation des Unbedingten, 2003; S. 761 (Zitat) 557, 938. Brissaud, André; Die SD Story, Zürich 1975; Kahn, David, Hitler’s Spies, London 1978, S. 251 – 271; Altenhöner, Heinz Jost und das Amt III des SD-Hauptamtes in: JIPPS, Vol. 2 No.2, 2008; Pähler, Katrin; Ein Spiegel seiner selbst. Der SD-Ausland in Italien in: Wildt, Michael, (Hg.) in: Nachrichtendienst, politische Elite und Mordeinheit. Der Sicherheitsdienst des Reichsführers SS, 2003, S. 241 – 266; Querg, Thorsten; Spionage und Terror - das Amt VI des Reichssicherheitshauptamtes, 1939 – 1945, Berlin, 1997

[10] Earl, Hilary; The Nuremberg SS-Einsatzgruppen Trial, 1945-1958, New York 2009 und dgl., Beweise, Zeugen, Narrative: Der Einsatzgruppen-Prozess und die historische Forschung zur Genese der Endlösung, in: Priemel, Kim C.; Stiller, Alexa; NMT, Hamburger Edition, 2013. Earl, Trial: „Jost’s motivation is difficult to discern”. S. 156; "some evidence he did try to avoid his job as commander.” S. 158

[11] Vor allem Alfred Naujocks und Wilhelm Höttl („kleiner Mann“) trugen in Verhören MI-5 zu diesem Bild bei British National Archives (NA), NA-KV-2-104, -412. Schellenberg überzeichnete Jost in dubiosen Memoiren (1956/59). Die auf dessen MI-5 Akten (NA-KV-95 / -98) fußende Studie von Reinhard Dörries Hitler's last Chief of Foreign Intelligence, 2003 übernimmt Schellenbergs Bild von Jost unkommentiert. „Inkompetenz“: vgl. zuletzt Earl, Trial, S. 157, FN 83, die Kaltenbrunner zitiert.

[12] Angesichts der Massentötungen v.a. an Juden verabschiedete die UN am 9.12.1946 (nach Ende des NMT) eine Resolution zum Völkermord (Genocide), bot aber noch keine rechtliche Definition an. Zur Einführung in die NMT: Earl, Trial, und dgl., Beweise in: Priemel/Stiller NMT, S. 135 f. “Count One — Crimes Against Humanityas part of a systematic program of genocide” : NMT Dokument, S. 15. Der dritte Anklagepunkt betraf Zugehörigkeit zur SS, wie bereits im IMT.

[13] Erich Naumann (1905-1951, EG B); Emil Otto Rasch (1891-1948, EG C), er schied am 5.2.1948 wegen Krankheit aus dem Prozess aus und starb im Gerichtsgefängnis. Otto Ohlendorf (1907-1951, EG D) angeklagt für bereits im IMT zugegebene 90.000 Morde in der Ukraine. Vgl. Earl, Trial, S. 46 f: ”Otto Ohlendorf and the Origins of the Einsatzgruppen Trial”

[14] Benjamin Ferencz, geb. 1920, US-Jurist und Chefankläger im NMT Case 9. Im Frühjahr 47 waren in Berlin zwölf Ordner mit „Ereignismeldungen“ gefunden worden. Earl, Trial, S. 78. Die Zahl der tatsächlich verübten Morde ist nicht gesichert, vgl. Earl, Trial, S. 6-8; 74 f. Genauere Opferzahlen bieten Angrick / Klein, Endlösung, Gerlach, Morde und die kommentierten Quelleneditionen von Mallmann, Klaus; Matthäus, Jürgen; Cüppers, Martin; Angrick, Andrej, Die „Ereignismeldungen UdSSR“ 1941, Dokumente der Einsatzgruppen in der Sowjetunion, 2011 (Ereignismeldungen) und dgl., Deutsche Berichte aus dem Osten 1942/1943, Dokumente der Einsatzgruppen in der Sowjetunion, 2014 (Deutsche Berichte). "Einsatzgruppe [A, B, C, D] and the units under its command committed murders and other crimes which included, but were not limited to, the following”: NMT-Dokument, S 16, u.17, Mordziffern der EG A.

[15] Josts Name, Bemerkung „unleserlich“ im Verhör durch Verteidiger Schwarz. Verlesung im Gerichtssaal aus der „deutschen Übersetzung der Anklageschrift“. In der gedruckten und ergänzten Anklageschrift vom 27.7.47 fehlen diese individuellen Tatvorwürfe; NARA M 895 Roll 14 Bl. 444, 445; NMT Document, „Amended Indictment“, S. 15 f. Zu Tscherwen: Mallmann et.al. Deutsche Berichte 1942/43, S. 233, 241, und Gerlach , Kalkulierte Morde, S. 684, 685 (FN 983, 986). „15000“ war ein Übertragungsfehler, Gerlach nennt 1.342 Opfer; Yad Vashem, The Untold Stories (online): „zwischen 1.500 und 1.750“. Weitere Tatvorwürfe, Ermordung Geisteskranker: in der Verhandlung zwei Bezeichnungen, „NO-UdSSR-41“ und „NO 3277“. Arnold Kirste, geb. 1901, Baltendeutscher. Beteiligt an den Erschießungen in Rumbula. Verbindungsmann und Führungsoffizier des „Arjas-Kommandos“. Ezergailis, Holocaust in Latvia, S. 245, 246. Dokument in Riga: Latvia State Historical Archive (LVVA), P252-1-28-2

[16] EM 195: Mallmann et al., Deutsche Berichte 1942/43, S. 327; NARA M 895 Roll 14 Bl. 511, 512; NMT-Dokument, „Judgement Heinz Jost“, S. 513

[17] Nazi Conspiracy and Aggression. US Government Printing Office, Office of United States Chief Counsel for Prosecution of Axis Criminality, Volume I, Washington, 1946, 501-PS, S. 1001 (IMT-Dokument). Heinz Georg Theodor Trühe, Hauptsturmf., Ltr. Abt. I / II b, BdS Riga von Juni 1941 - Jan. 1944. NARA M 895 Roll 14 Bl. 525 – 530; NMT-Dokument “Prosecution Exhibit” 32 , S. 198, “Judgement Heinz Jost” , S. 514

[18] Eduard Strauch, 1905 – 1955. Epileptiker, zeitweise verhandlungsunfähig. Trug wenig zur Aufklärung der Verhältnisse in Weißrussland bei. Todesurteil, nach Belgien ausgeliefert, dort ein weiteres Mal zum Tode verurteilt. Urteil ausgesetzt, in Haft verstorben. Vgl auch: Earl, Trial, S. 132 und 133. NMT-Dokument, „Prosecution Exhibt 3“, S. 191-193 und IMT Dokument, 3428-PS. Kube: „der hervorragend tüchtige Dr. Strauch“ vermutl. zynisch. Das Dokument sei „nicht wie die übrigen Dokumente in den Besitz der Militärbehörde gelangt“, sondern nach dem Fund durch einen jüdischen US-Offizier „in privater Mission an die Jüdische Gesellschaft in New York gesandt worden“, so Strauchs Verteidiger Glick nach dem Echtheitsbeweis durch das NMT. NARA M 895 Roll 14, Bl. 454 – 458; Bl. 465: Glick Zitat

[19] Rudolf Aschenauer, 1913 – 1981, NS-Verteidiger im IMT, NMT, Ulmer EG- u. Auschwitz-Prozess; rechtsnationaler Aktivist in West-Deutschland. „Dienststelle nicht verwaist“: NARA M 1019 ROLL 32 Bl. 728, Vernehmung Jost am 2.5.1947. Karl Jäger, 1888-1959, KdS Litauen, sein „Jägerbericht“ vom 1.12.41 nennt 137.346 ermordete Juden. Nach dem Krieg untergetaucht, 1959 in Neckargemünd enttarnt, Suizid in Haft. Zu Jäger v.a. Wette, Wolfram; Karl Jäger: Mörder der litauischen Juden, 2011. Rudolf Lange, 1910 – 1945. Mit Jeckeln Erschießungen bei Riga, maßgeblich beteiligt am Aufbau des Polizeihaftlagers Salaspils. Teilnehmer Wannseekonferenz. Vermutlich Suizid bei Kriegsende. „Keinen Befehl geben“: NARA M 895 Roll 14, Bl. 407

[20] Heydrichs Befehl unterdrückt: NARA M 895 Roll 14, Bl. 408 f; 479 f. Earl zu Jost vor Gericht: Trial, S. 156 - 158; “desperate”, “frail”: S. 157. Walter Stahlecker, 1900-1942, Jurist, SS-Brigadeführer, Vorgänger Josts bei der Einsatzgruppe A, gefallen März 1942 im „Partisanenkampf“. Kreuzverhör durch Musmanno: NARA M 895 Roll 14, Bl. 538, 541, Jost bei Himmler, dto. Bl. 417 – 419.

[21] NARA M 895 Roll 14, Bl. 499, 23.Oktober 1947. Jost irrte sich in Details und verlegte den Ort der Vertreibung in die „Wüste Sinai“.

[22] Nachfragen Musmannos zum Armenier Vergleich: NARA M 895 Roll 14, Bl. 543 – 544. Zum Verbot des Buches: Treß, Werner; Franz Werfel - ein verfemter und verbotener Schriftsteller, in: Knocke, Roy; Treß, Werner: Franz Werfel und der Genozid an den Armeniern, Moses Mendelssohn Zentrum Potsdam Band 22, 2015, S. 115, FN 39: Das Schwarze Korps, Folge 2 v. 9.1.1936, S.10, dort zitiert nach Hall, Paul Zsolnay Verlag, S. 494 f.

[23] Earl, Trial, S. 94. NMT Dokument, S. 15 - 17, 30, 32, 42 und 411 – 413.

[24] NMT Dokument, „Judgement Heinz Jost“, S. 512-515, S. 514, dort zum Selektionsbefehl: „vom 19. Mai 1942“. Earl, Trial, S. 266 f; „Clemency Board“: S. 283. Vier Todesurteile, darunter gegen Ohlendorf (EG D) und Naumann (EG B) wurden 1951 vollstreckt. Psychiatrische Untersuchung: NARA RG 466, Prisons Division, Petitions for Clemency, box 13, Jost folder, 26.6.1950, Dr. Spradley; zit. n.: Earl, Trial, S. 158, FN 90. “Noel, noel, what the hell,” 17.12.1951, Fernecz an McCloy; zit. n. Bloxham, Donald; Genocide on Trial, Oxford, 2001, S. 162-163. Spruchkammerverfahren Heinz Jost: BA Koblenz Z 42 IV/6514. Vermerk „ne bis in idem“ unter Ziffer 3 des Urteils, „Mitgliedschaft in der SS“.

Ende der Leseprobe aus 45 Seiten

Details

Titel
Heinz Jost und der Holocaust in Weißrussland 1942. Korrektur eines Täterbildes
Note
0,00
Autor
Jahr
2018
Seiten
45
Katalognummer
V415919
ISBN (eBook)
9783668657984
ISBN (Buch)
9783668657991
Dateigröße
1082 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Einsatzgruppen, Heinz Jost, Werner Best, NMT, Eichmann, Himmler, Heydrich, Musmanno, Ferencz, Holocaust, Weißrussland, Maly Trostinez, Minsk, Riga, Jeckeln, Jost, Lorsch, Sumpffieber, Gaswagen
Arbeit zitieren
Thilo Figaj (Autor:in), 2018, Heinz Jost und der Holocaust in Weißrussland 1942. Korrektur eines Täterbildes, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/415919

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