Auf dem Kapitalmarkt existiert eine große Vielfalt von Finanzprodukten, die den Anforderungen der Kapitalanleger angepasst sind. Neben den Aspekten der Sicherheit und Liquidität spielt bei der Kapitalüberlassung von Seiten der Privatinvestoren die Forderung nach einer risikoadäquaten Rendite sowie die Steueroptimierung eine wichtige Rolle. Im Zusammenhang mit den letztgenannten Faktoren ist für den privaten Anleger dabei die Maximierung der Rendite nach Steuern ausschlaggebend, da Erträge aus Kapitalanlagen grundsätzlich steuerpflichtig sind. Folglich sind Kapitalanlagen aus Sicht des Kapitalgebers, die einer im Vergleich zu anderen Kapitalanlagen günstigeren Besteuerung unterliegen, auch mit geringeren Renditen konkurrenzfähig. Demgegenüber fokussiert der Kapitalnehmer seine Bestrebungen darauf, eine Anlage zu kreieren, die den Anforderungen der Kapitalgeber entspricht und die zugleich eine Minimierung der Kapitalkosten für die Kapitalbeschaffung ermöglicht, um so einen maximalen Unternehmenswert zu schaffen. Konstruiert der Kapitalnehmer eine Kapitalanlage, die die Nachsteuerrendite beim Kapitalgeber optimiert, erzielt er damit zugleich eine Senkung seiner Kapitalkosten. Dies führt immer wieder dazu, dass sog. Finanzinnovationen entwickelt werden, durch die eine Besteuerung – zu Lasten des Fiskus – umgangen werden soll.
Vorbehaltlich der §§ 17, 23 EStG wird der durch Realisierung von Vermögen erzielte Gewinn im Privatvermögen einkommensteuerlich grundsätzlich nicht besteuert. Werden Entgelte für die Kapitalüberlassung auf die Vermögensebene verlagert, können die Kapitalgeber somit nichtsteuerbare Erträge erzielen. Aufgrund der schrittweisen Erweiterung des § 20 EStG werden inzwischen jedoch wirtschaftlich der Ertragsebene zuzuordnende Erträge als Einkünfte aus Kapitalvermögen erfasst, selbst wenn sie zivilrechtlich auf der Vermögensebene liegen. Aufgrund dieser gesetzlichen Regelungen ist eine Verlagerung von Entgelten für die Kapitalüberlassung auf die Vermögensebene nur dann erfolgreich, wenn die Kapitalanlage rechtlich wie wirtschaftlich keiner bloßen Kapitalüberlassung entspricht. Diese Gegebenheit versucht die Kreditwirtschaft durch die Emission von Zertifikaten zu nutzen. Es handelt sich dabei um Wertpapiere, die die Tatbestandsmerkmale des § 20 EStG und damit die Besteuerung verfehlen sollen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 1.1 Problemstellung
- 1.2 Gang der Untersuchung
- 2. Grundlagen der Besteuerung von Kapitalforderungen im Privatvermögen.
- 2.1 Die Trennung von Frucht und Stamm
- 2.2 Der Begriff der Finanzinnovation
- 2.3 Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG.
- 2.3.1 Kapitalforderungen mit zugesagtem Entgelt und zugesagter Kapitalrückzahlung
- 2.3.2 Kapitalforderungen mit ungewissem Entgelt und zugesagter Kapitalrückzahlung
- 2.3.3 Kapitalforderungen mit zugesagtem Entgelt und ungewisser Kapitalrückzahlung
- 2.3.4 Irrelevanz der Bezeichnung und zivilrechtlichen Gestaltung für die steuerliche Beurteilung
- 2.4 Einkünfte aus Kapitalvermögen bei Übertragungsgeschäften nach § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG.
- 2.4.1 Das Kriterium der Emissionsrendite
- 2.4.1.1 Auf- und abgezinste Kapitalforderungen
- 2.4.1.2 Abgetrennte Kapital- und Zinsforderungen
- 2.4.1.3 Kapitalforderungen ohne Stückzinsberechnung
- 2.4.1.4 Kapitalforderungen mit Erträgen in unterschiedlicher Höhe oder für unterschiedlich lange Zeiträume
- 2.4.2 Steuerliche Behandlung von Kapitalforderungen ohne Emissionsrendite mit Kapitalerträgen in ungewisser Höhe
- 2.4.2.1 Floating Rate Notes
- 2.4.2.2 Hochzins- und Umtauschanleihen
- 2.4.3 Das Verhältnis zwischen § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG und § 20 Abs. 2 EStG
- 3. Die Besteuerung von Zertifikaten
- 3.1 Funktionsweise und Merkmale von Zertifikaten
- 3.2 Ausgewählte Zertifikate-Modelle
- 3.2.1 Garantie-Zertifikate
- 3.2.1.1 Beschreibung
- 3.2.1.2 Besteuerung
- 3.2.2 Nichtgarantie-Zertifikate
- 3.2.2.1 Beschreibung
- 3.2.2.2 Besteuerung
- 3.2.3 Lock-in-Zertifikat von Goldman Sachs
- 3.2.3.1 Beschreibung
- 3.2.3.2 Besteuerung
- 3.3 Ökonomischer sowie einkommensteuerrechtlicher Vergleich mit konventionellen Kapitalanlagen
- 4. Thesenförmige Zusammenfassung
- Die Trennung von Frucht und Stamm im deutschen Steuerrecht
- Die Besteuerung von Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 EStG
- Die Funktionsweise und Merkmale von Zertifikaten
- Der Vergleich der steuerlichen Behandlung von Zertifikaten mit konventionellen Kapitalanlagen
- Der Steuerspareffekt durch die Verlagerung von Zinseinkünften auf die Vermögensebene
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit beschäftigt sich mit der steuerlichen Behandlung von Kapitalforderungen, insbesondere im Kontext von Finanzinnovationen wie Zertifikaten. Ziel der Arbeit ist es, die Auswirkungen der Verlagerung von Zinseinkünften auf die Vermögensebene auf die Kapitalkosten zu analysieren und den Steuerspareffekt zu erläutern.
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 führt in die Problemstellung der Arbeit ein und skizziert den Gang der Untersuchung. Kapitel 2 beleuchtet die Grundlagen der Besteuerung von Kapitalforderungen im Privatvermögen, wobei insbesondere die Trennung von Frucht und Stamm, der Begriff der Finanzinnovation und die Anwendung des § 20 EStG im Detail betrachtet werden. Kapitel 3 fokussiert sich auf die Besteuerung von Zertifikaten, beleuchtet deren Funktionsweise und Merkmale und stellt verschiedene Zertifikate-Modelle mit ihrer spezifischen steuerlichen Behandlung vor. Darüber hinaus wird ein Vergleich mit konventionellen Kapitalanlagen gezogen. Kapitel 4 bietet eine thesenförmige Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der Arbeit.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit Themen wie der Besteuerung von Kapitalforderungen, Finanzinnovationen, Zertifikaten, Steuerspareffekt, Kapitalkosten, Vermögensebene, § 20 EStG, Trennung von Frucht und Stamm, Emissionsrendite, Floating Rate Notes, Garantie-Zertifikate, Nichtgarantie-Zertifikate, Lock-in-Zertifikate und Vergleich mit konventionellen Kapitalanlagen.
- Quote paper
- Kai Brinkmann (Author), 2004, Steuerspareffektbedingte Kapitalkostensenkung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41598