Die Lieder Frauenlobs sind von der Forschung sehr unterschiedlich beurteilt worden. Einerseits blieben sie „formal und inhaltlich innerhalb der durch die Gattungstradition vorgeschriebenen Schranken“, andererseits heißt es, dass es „vor Frauenlob keinen Text in deutscher Sprache [gibt], der so ausschließlich und radikal die Konsequenzen der hohen Minne für das Ich durchdenkt.“ Susanne Köbele weist nun wiederum darauf hin, dass man „[…] die Möglichkeit nicht ausschließen (sollte), daß sich hinter den uneinheitlichen Forschungsmeinungen nichts anderes verbirgt als eine ambivalente, widersprüchliche Qualität der Texte selbst.“
Der Frage nach dem Traditionsbezug resp. Traditionsbruch geht die vorliegende Untersuchung jedoch nicht – jedenfalls nicht primär – nach. Vielmehr nimmt sie die Spur etwa von Burghart Wachinger, Harald Bühler und Eva B. Scheer auf und fragt nach der Konstitution des Ich in den Liedern Frauenlobs. Dabei sehe ich von der Betrachtung des Liedes 2 ab, da es meines Erachtens im Hinblick auf den ins Auge gefassten Untersuchungsschwerpunkt nicht sonderlich ertragreich ist.
Eine genaue Analyse und Interpretation der übrigen Lieder Frauenlobs erscheint mir hingegen unabdingbar, um ein möglichst differenziertes Untersuchungsergebnis erreichen zu können.
Wenn hier von Ich-Konstitution die Rede ist, so darf dies freilich nicht im modernen Sinne einer Selbstkonstitution des Ich als eines individuellen Subjekts missverstanden werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Analyse und Interpretation
- Daz geschach mir durch ein schouwen oder Das Ich in Frauenlobs Lied 3
- Zum Ich in Lied 4: Min sterben, min genesen treit die gute
- Daz ich tummer mir selber gar vertuzzet han mine sinne. Vom Ich in Lied 5
- Ich suchte mich, da vant ich min da heime nicht oder Ein Ich, das sich fremd ist... in Frauenlobs Lied 6
- Lied 7. Das Ich im Dialog mit der Minne: Mag aber ich min gewaltig sin?, nein zware, du bist ganzlich ir und bist nicht din.
- ouch steln min ougen mir min frouwen. Erkenntnisse des Ich im Dialog mit sich selbst - Frauenlobs Lied 1
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Konstitution des Ich in den Liedern Frauenlobs. Sie geht der Frage nach, wie das Ich in diesen Texten dargestellt wird und welche Bedeutung es in den einzelnen Liedern erhält. Der Fokus liegt dabei auf der Frage, ob Frauenlob eine neue, von der Minne geprägte Form des Ichs darstellt oder ob er sich in der Tradition des Minnegesangs bewegt.
- Die Darstellung des Ich in den Liedern Frauenlobs
- Das Verhältnis des Ich zur Minne
- Die Rolle des Ich in der Gesellschaft
- Die Bedeutung des Ichs für die Interpretation der Lieder
- Die Frage nach der Tradition und dem Traditionsbruch in den Liedern Frauenlobs
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel analysiert das dritte Lied Frauenlobs, „Daz geschach mir durch ein schouwen". Dabei wird gezeigt, wie das Ich in diesem Lied durch die Minne gequält wird und sich gezwungen sieht, die eigene Trauer zu verbergen. Der zweite Teil behandelt das vierte Lied, „Min sterben, min genesen treit die gute", in dem das Ich von der Minne sowohl getröstet als auch gequält wird. Das dritte Kapitel beleuchtet das fünfte Lied, „Daz ich tummer mir selber gar vertuzzet han mine sinne", in dem das Ich seine eigene Verwirrung beschreibt. Das vierte Kapitel analysiert das sechste Lied, „Ich suchte mich, da vant ich min da heime nicht", in dem das Ich seine Fremdheit erfährt. Das fünfte Kapitel behandelt das siebte Lied, „Mag aber ich min gewaltig sin?, nein zware, du bist ganzlich ir und bist nicht din", in dem das Ich seine Beziehung zur Minne hinterfragt. Das sechste Kapitel analysiert das erste Lied, „ouch steln min ougen mir min frouwen", in dem das Ich seine innere Zerrissenheit erfährt.
Schlüsselwörter
Frauenlob, Minne, Ich, Lied, Analyse, Interpretation, Tradition, Traditionsbruch, Selbstfindung, Selbstverlust, Minnegedicht, Gesellschaftskritik, Liebe, Leid, Trauer, Sehnsucht, Verzweiflung, Sprache, Dichtung, mittelalterliche Literatur.
- Arbeit zitieren
- Kevin Demski (Autor:in), 2005, Die Konstitution des Ich in den Liedern Frauenlobs, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41639