Jürgen Habermas (geboren am 18. Juni 1929 in Düsseldorf) ist ein deutscher Professor der Philosophie und Soziologie. Bekannt wurde er durch seine Arbeiten zur Sozialphilosophie und als Vertreter der kritischen Theorie der Frankfurter Schule. Zudem beeinflusste er maßgeblich die deutsche Moral- und Sozialphilosophie, sowie die Sozialwissenschaft. Das Hauptmotiv seiner Abhandlungen ist die Sicherung der zerfallenden Moderne. Im Jahre 1961 habilitierte Habermas an der Universität zu Marburg. Seine 1962 erschienene politikwissenschaftlichen Habilitationsschrift "Strukturwandel der Öffentlichkeit - Untersuchungen zu einer Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft", welche die Entwicklung der bürgerlichen Öffentlichkeit skizziert und analysiert, soll hier erläutert werden.
Inhaltsverzeichnis
- I. Die Ausgangsfrage
- II. Zum Typus repräsentativer Öffentlichkeit
- III. Die sozialen Strukturen der Öffentlichkeit
- IV. Politische Funktionen der Öffentlichkeit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Abhandlung "Strukturwandel der Öffentlichkeit" von Jürgen Habermas zielt darauf ab, den Begriff der Öffentlichkeit historisch zu verstehen und so ein besseres Verständnis der eigenen Gesellschaft zu erlangen. Dies impliziert eine Re-Demokratisierung im Sinne der Aufklärung. Habermas analysiert die Entwicklung der bürgerlichen Öffentlichkeit und ihre Funktion in der Gesellschaft.
- Entwicklung des Begriffs "Öffentlichkeit" von der Antike bis zur Moderne
- Die Rolle der bürgerlichen Öffentlichkeit als kritischer Gegenspieler der staatlichen Gewalt
- Die sozialen Strukturen und Kommunikationsformen der bürgerlichen Öffentlichkeit
- Die politischen Funktionen der Öffentlichkeit und ihre Beziehung zum Rechtsstaat
- Die Bedeutung der Privatautonomie und des Marktes für die bürgerliche Öffentlichkeit
Zusammenfassung der Kapitel
I. Die Ausgangsfrage: Habermas beginnt mit der Feststellung, dass die Begriffe „öffentlich“, „Öffentlichkeit“ und „öffentliche Meinung“ in den Wissenschaften seiner Zeit noch keine präzise Definition hatten. Seine Abhandlung zielt darauf ab, den Begriff „Öffentlichkeit“ historisch zu analysieren, um ein systematisches Verständnis der eigenen Gesellschaft zu erreichen und letztlich eine Re-Demokratisierung anzustreben.
II. Zum Typus repräsentativer Öffentlichkeit: Dieses Kapitel verfolgt die historische Entwicklung des Begriffs „Öffentlichkeit“, beginnend mit dem antiken Griechenland und Rom, wo eine Unterscheidung zwischen privater und öffentlicher Sphäre bestand. Im Mittelalter ging diese Dichotomie verloren, um im Frühkapitalismus im Kontext der Renaissancegesellschaft und des frühkapitalistischen Italiens wieder aufzutauchen. Die Entwicklung der Presse und des Nachrichtenverkehrs wird als entscheidender Faktor für die Herausbildung einer neuen Form der Öffentlichkeit dargestellt, die sich von der repräsentativen Öffentlichkeit der Fürsten und des Adels unterscheidet. Die Entstehung des Publikums als Adressat der öffentlichen Gewalt wird beschrieben, und wie sich daraus die bürgerliche Öffentlichkeit als Gegenspieler der staatlichen Macht herausbildete.
III. Die sozialen Strukturen der Öffentlichkeit: Dieses Kapitel beschreibt die „bürgerliche Öffentlichkeit“ als eine „Sphäre der zum Publikum versammelten Privatleute“, die sich kritisch mit der öffentlichen Gewalt auseinandersetzt. Das „öffentliche Räsonnement“, also die Berufung auf Vernunft, dient der Sicherung des Gemeinwohls und der Kontrolle der bestehenden Herrschaft. Die Entwicklung der „literarischen Öffentlichkeit“ und ihr Übergang in eine „politische Öffentlichkeit“ wird analysiert. Die Rolle der Familie, der Marktwirtschaft und der Privatautonomie wird im Kontext der bürgerlichen Öffentlichkeit untersucht. Habermas beschreibt den Ausschluss von Frauen und Unselbstständigen von dieser politischen Öffentlichkeit trotz deren Beteiligung an der literarischen Öffentlichkeit. Schließlich werden die verschiedenen Institutionen der Öffentlichkeit wie Salons, Kaffeehäuser und gelehrte Tischgesellschaften als Kommunikations- und Diskussionsplattformen erörtert.
IV. Politische Funktionen der Öffentlichkeit: Das Kapitel behandelt den Einfluss des Parlamentarismus nach der französischen Julirevolution auf die deutsche Öffentlichkeit und deren normativen Status als Organ der Selbstvermittlung der bürgerlichen Gesellschaft. Es werden die drei Gruppen von Funktionen der Öffentlichkeit im Grundgesetz differenziert: die Sicherung der Meinungsfreiheit und politischen Partizipation des Publikums, die Wahrung individueller Freiheiten in der Intimsphäre, und der Schutz des Privateigentums und des freien Wettbewerbs. Der liberalisierte Markt wird als essentieller Bestandteil für den Fortbestand der bürgerlichen Öffentlichkeit dargestellt, wobei staatliche Eingriffe als verwerflich angesehen werden. Die öffentliche Meinung wird als Legitimationsgrundlage des Rechtsstaates betrachtet, der auf eine machtneutralisierte und herrschaftsemanzipierte Privatsphäre abzielt.
Schlüsselwörter
Öffentlichkeit, bürgerliche Gesellschaft, Privatautonomie, öffentliches Räsonnement, repräsentative Öffentlichkeit, politische Öffentlichkeit, literarische Öffentlichkeit, Marktwirtschaft, Aufklärung, Rechtsstaat, Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Privatautonomie, Gemeinwohl.
Häufig gestellte Fragen zu Habermas' "Strukturwandel der Öffentlichkeit"
Was ist das Hauptthema von Habermas' "Strukturwandel der Öffentlichkeit"?
Habermas' Werk analysiert die historische Entwicklung des Begriffs "Öffentlichkeit" und untersucht dessen Wandel von der Antike bis zur Moderne. Der Fokus liegt auf der bürgerlichen Öffentlichkeit, ihrer Rolle als kritischer Gegenspieler der staatlichen Macht und ihrer Bedeutung für die Demokratie. Ziel ist ein besseres Verständnis der eigenen Gesellschaft und die Förderung einer Re-Demokratisierung im Sinne der Aufklärung.
Welche Phasen der Öffentlichkeit werden in dem Buch behandelt?
Das Buch verfolgt die Entwicklung der Öffentlichkeit durch verschiedene historische Phasen: Die antike Unterscheidung zwischen öffentlicher und privater Sphäre, der Verlust dieser Dichotomie im Mittelalter, ihr Wiederauftauchen im Frühkapitalismus, die Herausbildung der repräsentativen Öffentlichkeit und schließlich die Entstehung der bürgerlichen Öffentlichkeit mit ihren spezifischen sozialen Strukturen und Kommunikationsformen.
Was versteht Habermas unter "bürgerlicher Öffentlichkeit"?
Die "bürgerliche Öffentlichkeit" wird als eine „Sphäre der zum Publikum versammelten Privatleute“ beschrieben, die sich kritisch mit der öffentlichen Gewalt auseinandersetzt. Das „öffentliche Räsonnement“, die Berufung auf Vernunft, dient der Sicherung des Gemeinwohls und der Kontrolle der bestehenden Herrschaft. Sie ist charakterisiert durch den Austausch von Meinungen und Argumenten in öffentlichen Räumen wie Salons, Kaffeehäusern und gelehrten Tischgesellschaften.
Welche Rolle spielen soziale Strukturen und Kommunikationsformen in Habermas' Analyse?
Habermas untersucht die sozialen Strukturen der bürgerlichen Öffentlichkeit, einschließlich der Rolle der Familie, der Marktwirtschaft und der Privatautonomie. Er hebt den Ausschluss von Frauen und Unselbstständigen von der politischen Öffentlichkeit trotz ihrer Beteiligung an der literarischen Öffentlichkeit hervor. Die verschiedenen Institutionen der Öffentlichkeit werden als Kommunikations- und Diskussionsplattformen analysiert.
Welche politischen Funktionen der Öffentlichkeit werden beschrieben?
Habermas differenziert drei Gruppen von Funktionen der Öffentlichkeit: die Sicherung der Meinungsfreiheit und politischen Partizipation, die Wahrung individueller Freiheiten in der Intimsphäre und den Schutz des Privateigentums und des freien Wettbewerbs. Der liberalisierte Markt wird als essentieller Bestandteil für den Fortbestand der bürgerlichen Öffentlichkeit angesehen.
Welche Bedeutung hat der Begriff "öffentliches Räsonnement"?
Das "öffentliche Räsonnement" bezeichnet die Berufung auf Vernunft im Rahmen der öffentlichen Diskussion und dient der Sicherung des Gemeinwohls und der Kontrolle der bestehenden Herrschaft. Es ist ein zentraler Bestandteil der bürgerlichen Öffentlichkeit.
Welche Schlüsselbegriffe sind zentral für das Verständnis des Buches?
Schlüsselbegriffe sind: Öffentlichkeit, bürgerliche Gesellschaft, Privatautonomie, öffentliches Räsonnement, repräsentative Öffentlichkeit, politische Öffentlichkeit, literarische Öffentlichkeit, Marktwirtschaft, Aufklärung, Rechtsstaat, Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Gemeinwohl.
Wie beginnt Habermas seine Analyse?
Habermas beginnt mit der Feststellung, dass die Begriffe „öffentlich“, „Öffentlichkeit“ und „öffentliche Meinung“ zu seiner Zeit keine präzise Definition hatten. Seine Abhandlung zielt darauf ab, den Begriff „Öffentlichkeit“ historisch zu analysieren, um ein systematisches Verständnis der eigenen Gesellschaft zu erreichen und letztlich eine Re-Demokratisierung anzustreben.
Welche Rolle spielt die Marktwirtschaft in Habermas' Konzept der Öffentlichkeit?
Der liberalisierte Markt wird von Habermas als essentieller Bestandteil für den Fortbestand der bürgerlichen Öffentlichkeit dargestellt. Staatliche Eingriffe werden als verwerflich angesehen.
- Arbeit zitieren
- Patricia Häuser (Autor:in), 2017, Jürgen Habermas' Begriff der Öffentlichkeit. Eine Analyse zum "Strukturwandel der Öffentlichkeit", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/416695