Frauen auf der Flucht - Frauenspezifische Verfolgung weltweit als Fluchtgrund anerkennen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2002

21 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Flucht und Asyl
2.1 Zum globalen Umfang von Fluchtbewegungen
2.2 Frauen auf der Flucht
2.3 Die frauenspezifische Verfolgung
2.3.1 Verfolgung wegen eigener politischer Aktivitäten
2.3.2 Verfolgung aufgrund der Zughörigkeit zu einer ethnischen oder religiösen Minderheit
2.3.3 Verfolgung aufgrund verwandtschaftlicher Beziehungen zu Oppositionellen
2.3.4 Verfolgung aufgrund der Übertretung speziell für Frauen geltender Normen und Gesetze
2.4 Die Genitalverstümmelung

3. Fluchthindernisse von Frauen
3.1 Der mangelnde Zugang zu Geld und Bildung
3.2 Sexuelle Übergriffe

4.1 Genfer Flüchtlingskonvention
4.2 Die deutsche Rechtslage

5. Die Zuwanderungskommission unter Rita Süssmuth

6. Koalitionsvereinbarung und Zuwanderungsgesetz

7. Position der Parteien
7.1 Bündnis 90/ Die Grünen
7.2 Sozialdemokratische Partei Deutschlands, SPD
7.3 Christlich Demokratische Union Deutschlands, CDU/ Christlich Soziale Union Deutschlands, CSU
7.4 Freie Demokratische Partei, FDP 15
7.5 Partei des Demokratischen Sozialismus, PDS

8. Grenz- und parteiüberschreitende Initiativen

9. Schlussbemerkungen

10.1 Literaturverzeichnis Internet
10.2 Literaturverzeichnis Print

11. Tabellarischer Anhang

1. Einleitung

Stimmen im Rahmen der Debatte um das Zuwanderungsgesetz:

„(...) Da soll es jetzt schon genügen, wegen geschlechtsspezifischer Faktoren benachteiligt zu sein; und dann wird die Bundesrepublik ja das Einfallstor aller benachteiligten Frauen aus aller Welt!“ (Edmund Stoiber, CSU )

„Zur Ehrlichkeit gehört aber auch, sich einzugestehen, dass es das falsche Zeichen wäre, allen unterdrückten Frauen weltweit zu signalisieren, dass Deutschland der richtige Aufenthaltsort für sie ist.“[1] (Angela Merkel, CDU)

„Beim Schutz für die Opfer von nicht-staatlicher Verfolgung und geschlechtsspezifischer Verfolgung geht es demzufolge weder um die Erweiterung von Asylgründen noch um die Frage höherer Asylbewerberzahlen. [...] Doch auch andere Initiativen seitens der Unionsparteien belegen die Ansicht, dass es sich z.B. bei der geschlechtsspezifischen Verfolgung keineswegs nur um Probleme handelt, „die sich aus der unterschiedlichen Stellung von Mann und Frau“ ergeben, sondern um schlimmste Menschenrechtsverletzungen. (...)“[2] (Dr. Christian Schwarz-Schilling, CDU, ehemaliger Bundespostminister, internationaler Streitschlichter für Bosnien und Serbien, engagiert in Menschenrechtsfragen und humanitärer Hilfe).

„Die Kommission bejaht die Schutzbedürftigkeit von Frauen, die ihres Geschlechts wegen verfolgt werden [...]. Über die Frage, ob sich eine entsprechende Schutzgewährung bereits aus der Genfer Konvention oder aus dem Ausländergesetz hinreichend ergibt oder anderweitig vorgesehen werden soll, konnte die Kommission keine Einigung erzielen.“[3] (aus dem Bericht der Zuwanderungskommission, die unter der Leitung der CDU-Abgeordneten und ehemaligen Bundestagspräsidentin Rita Süßmuth tagte)

In der folgenden Hausarbeit wird die Thematik der frauenspezifischen Verfolgung behandelt. Warum flüchten Frauen aus ihren Heimatländern, welche Fluchtmotive haben sie? Wohin zieht es sie auf ihrer Flucht? Gibt es Fluchthindernisse, die sich nur für Frauen und nicht für Männer ergeben?

Wie sieht die derzeitige Rechtslage für Frauen in Deutschland aus, die geschlechtsspezifische Gründe für ihre Flucht geltend machen wollen? Welche Einstellungen vertreten die Politiker der verschiedenen Parteien? Was soll das neue Zuwanderungsgesetz von Bundesinnenminister Otto Schily verändern? Welche Initiativen gibt es auf europäischer und internationaler Ebene zu diesem Thema?

Die Autorin begründet am Ende zusammenfassend, warum die geschlechtsspezifische Verfolgung in den Text der Genfer Konvention und das deutsche Grundgesetz aufgenommen werden sollte.

2. Flucht und Asyl

2.1 Zum globalen Umfang von Fluchtbewegungen

Laut UNHCR, dem Hohen Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen, flohen 1990 weltweit 17 Millionen Menschen. Diese Angaben könnten „ungenau oder auch manipuliert sein“[4], da die große Gruppe der Elendsflüchtlinge, Entwurzelten und Umweltflüchtlinge, deren Anzahl auf circa eine halbe Milliarde geschätzt wird, sowie die Inlandsflüchtlinge nicht mitgezählt wurden. Auch nicht berücksichtigt wurden die de facto-Flüchtlinge, die aus politischen oder humanitären Gründen nicht abgeschoben werden können, aber nicht den Status eines Flüchtlings nach der Genfer Konvention haben (vgl. Potts 1993: 13). Wie die Grafik 1 und die Tabelle 1 im Anhang zeigen, stammen die Flüchtlinge „nicht nur in ihrer großen Mehrheit aus den Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas- neun von zehn bleiben auch auf dem jeweiligen Kontinent“ (Potts 1993: 14). So kann der Grafik 1 entnommen werden, dass Europa 1990 lediglich 800.000 Flüchtlinge aufgenommen hat, während Asien 6,7 Millionen und Afrika 4,6 Millionen unterzubringen hatten.

2.2 Frauen auf der Flucht

Frauen stellen zusammen mit ihren Kindern weltweit die Mehrheit aller Geflohenen dar. Bei manchen Fluchtbewegungen beläuft sich ihr Anteil auf 80% (vgl. Potts 1993: 17). Dies kann dadurch erklärt werden, dass die ´neue` Kriegsführung besonders die Zivilbevölkerung in Mitleidenschaft zieht, was bedeutet, dass oft drei von fünf Kriegstoten Frauen, Kinder und alte Männer sind (vgl. Potts 1993: 18). Darüber hinaus hat die Armut weltweit ein weibliches Gesicht: Laut UNICEF (1983) leisten zwar Frauen weltweit 66% der Arbeitsstunden, erhalten dafür aber nur 10% des Welteinkommens und besitzen nur 1% des Weltvermögens (vgl. Potts 1993: 18). Frauen können wie Männer wegen ihrer Rasse, Religion oder politischen Einstellung verfolgt werden, des weiteren gibt es noch eine frauenspezifische Art der Verfolgung (vgl. Potts 1993: 18), auf welche noch detaillierter eingegangen werden soll.

2.3 Die frauenspezifische Verfolgung

Laut Margit Gottstein ist Verfolgung eine gesteigerte Form der Diskriminierung, „die dann eintritt, wenn bestehende Regeln der Machtverteilung übertreten werden...[und] sich die herrschende Gruppe in ihrer Machtposition bedroht fühlt und darauf mit Sanktionen reagiert“[5]. „Bezieht sich die Verletzung der Regeln auf das Machtverhältnis zwischen den Geschlechtern, ist die daraufhin einsetzende Verfolgung per se frauenspezifisch“ (Schöttes/Schuckar 1994: 28).

2.3.1 Verfolgung wegen eigener politischer Aktivitäten

Frauen, die wegen oppositioneller politischer Aktivitäten in Parteien, Frauenorganisationen oder Gewerkschaften verfolgt und inhaftiert werden, sind teilweise „in den Verhörzentren und Gefängnissen neben geschlechtsunspezifischen Foltermethoden auch Vergewaltigungen und anderen Formen sexueller Misshandlung ausgesetzt“[6]. Die Sanktionen richten sich dabei nicht nur auf die „Gegnerinnenschaft zum herrschenden System, sondern auch gegen ihr aktives politisches Engagement als Frauen“ (Schöttes/Schuckar 1994: 25). Die Frauen haben durch ihre politischen Aktivitäten den ihnen zugeschriebenen Raum von Familie und Haushalt verlassen und ihre Rolle eigenständig erweitert. Durch sexuelle Misshandlung der Frauen soll das ungleiche Machtverhältnis von Frauen und Männern zum Ausdruck kommen. Die Männer bestrafen sie „für ihr Vordringen in die männliche Sphäre der Politik [...] und [verweisen] sie auf ihre untergeordnete gesellschaftliche Stellung“ (Schöttes/Schuckar 1994: 26).

2.3.2 Verfolgung aufgrund der Zughörigkeit zu einer ethnischen oder religiösen Minderheit

Die Verfolgung aus ethnischen oder religiösen Gründen kann ebenfalls die Anwendung von sexueller Gewalt beinhalten. Falls sexuelle Gewalt angewendet wird, liegt meist eine doppelte Intention zugrunde: Die Frau soll erstens als Angehörige einer Minderheitengruppe getroffen werden und zweitens soll durch Ausnutzung der sozialen Position der Frau die Gruppe als Ganzes getroffen werden. Dies gelingt besonders effizient, wenn die Männer der Gruppe bei der Schändung dabei sein müssen. So müssen sie die Demütigung miterleben, ihre eigenen Frauen nicht schützen zu können (vgl. Schöttes/Schuckar 1994: 26). Vergewaltiger nutzen darüber hinaus zum Teil die Gebärfähigkeit der Frauen aus und zeugen Kinder, die zur gegnerischen (Mehrheits-) Gruppe gehören um den Bestand und die Identität der verfolgten Gruppe zu schwächen (vgl. Schöttes/Schuckar 1994: 26).

[...]


[1] Geis, Matthias/Klingst, Martin. „Ich bin machtbewusst“. Interview mit Angela Merkel in DIE ZEIT Nr. 49, 29.11.2001, S.5

[2] Schwarz-Schilling, Dr. Christian. Eine geschicktere Politik wäre weiß Gott angebracht. Offener Brief an die Frankfurter Rundschau Nr. 281, 3.12.2001, S.6

[3] http://www.bmi.bund.de/frameset/index.jsp, 21.2.2002

[4] Potts, Lydia. Frauen, Flucht, Asyl: eine Studie zu Hintergründen, Problemlagen und Hilfen. Bielefeld: Kleine 1993. S. 13. Im Folgenden angekürzt mit (Potts 1993: S.x)

[5] Gottstein, Margit. Die rechtliche und soziale Situation von Flüchtlingsfrauen in der Bundesrepublik Deutschland vor dem Hintergrund frauenspezifischer Flucht- und Verfolgungssituationen. ZDWF-Schriftenreihe, 18. Bonn: 1986.

[6] Schöttes, Martina/Schuckar, Monika. Politische Verfolgung von Frauen. in: Schöttes, Martina/Schuckar, Monika (Hg.). Frauen auf der Flucht. Band 1-Leben unter politischen Gewaltverhältnissen Chile, Eritea, Iran, Libanon, Sri Lanka. Berlin: Ed. Parabolis, 1994. S. 25. Im folgenden abgekürzt mit (Schöttes/Schuckar 1994: S.x)

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Frauen auf der Flucht - Frauenspezifische Verfolgung weltweit als Fluchtgrund anerkennen
Hochschule
Universität Bremen  (Fachbereich Politikwissenschaften)
Veranstaltung
Einwanderungsland Deutschland
Note
2
Autor
Jahr
2002
Seiten
21
Katalognummer
V4171
ISBN (eBook)
9783638125918
ISBN (Buch)
9783638770811
Dateigröße
571 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Frauen, Flucht, Frauenspezifische, Verfolgung, Fluchtgrund, Einwanderungsland, Deutschland
Arbeit zitieren
Tanja Prinz (Autor:in), 2002, Frauen auf der Flucht - Frauenspezifische Verfolgung weltweit als Fluchtgrund anerkennen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/4171

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