Vorwort
Als Polizeibeamter im Streifendienst und später im Dienst der Kriminalpolizei beim Polizeipräsidium Karlsruhe war ich immer wieder mit Situationen konfrontiert, die mich faszinierten, weil sie außergewöhnlich und auf eine gewisse Weise auch anregend waren. Ich wußte aber nicht ganz genau, was diese Faszination und Anziehungskraft auslöste. Andererseits verspürte ich während der Ereignisse auch ein deutliches Unbehagen und meist erst nach dem Dienst wurde mir klar, wie belastend die Vorkommnisse für mich waren. Mit den Kolleginnen und Kollegen tauschte ich mich lediglich über die "Fälle" aus, die dazu geeignet waren, dienstliche Erfahrungen zu teilen oder man gab die besonders spektakulären Ereignisse zum Besten. Warum sollten wir auch nach Wegen suchen, anders mit diesen Belastungen umzugehen, "so war es doch schon immer" und "daran gewöhnt man sich". Wenige Mutige unter meinen Kolleginnen und Kollegen sagten manchmal "das ist mir aber an die Nieren gegangen" oder "diese Art von Aufgabe möchte ich am liebsten nicht mehr übernehmen, ich mache dafür lieber mehr von etwas anderem". Sie wurden manchmal dafür verhöhnt und ausgelacht, nicht mehr als "vollwertige Kraft" angesehen. Manche Kollegen wagten sich sogar soweit vor, zu behaupten, der oder diejenige sei dann nicht mehr für den Polizeidienst geeignet, wenn er/sie unter bestimmten Situationen leiden würde.
Als Suchtkrankenhelfer für die Bediensteten des Polizeipräsidiums Karlsruhe, wurde ich in Beratungsgesprächen immer häufiger damit konfrontiert, daß Klienten Konflikt-, Streß- oder Belastungssituationen im Dienst unmittelbar mit dem Mißbrauch von Alkohol oder anderen psychotropen Substanzen zu lindern versuchten. Andere destruktive Lösungsversuche belasteten die psychische Struktur der Klienten oft ebenso stark wie der Substanzmißbrauch.
Seit 1986 belegte ich Kurse in Transaktionsanalyse, machte eine Ausbildung in Klientenzentrierter Gesprächsführung und eine Ausbildung zum Suchtkrankenhelfer. Eine psychotherapeutische Zusatzausbildung schloß sich an. Von meinen Ausbildern lernte ich, daß belastende Einzelsituationen oder die Kumulation mehrerer Vorfälle nur unter einem hohen Einsatz psychischer Energie und unter Einsatz der psychischen und/oder körperlichen Gesundheit verdrängt werden können.
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Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Belastungssituationen im täglichen Dienst
- Außergewöhnliche Belastungssituationen
- Die Entwicklung von Hilfesystemen innerhalb der Polizei des Landes Baden-Württemberg.
- Entwicklung der Psychosozialen Betreuung beim Polizeipräsidium Karlsruhe..
- Stuhlkreis in der Paulus-Pfarrei
- Namensfindung..
- Entwicklung der Konzeption
- Ablaufplan einer Betreuung...
- Konzeption der Fortbildung der Betreuergruppe
- Tätigkeitsberichte der Betreuergruppe
- Bedarfshebung beim Polizeipräsidium Karlsruhe ...
- Allgemeine Ergebnisse
- Angaben zu Alter, Geschlecht, Dienstzweig und Dienstjahren
- Frage 1:,,Können Sie sich vorstellen, daß Sie im täglichen Dienst mit belastenden Situationen konfrontiert werden, über die Sie mit jemandem sprechen wollen?"
- Frage 2:,,Wie oft haben Sie solche Situationen erlebt?“.
- Frage 4:,,Hat ein Gespräch mit Kollegen und/oder Vorgesetzten für Sie ausgereicht, mit dem Erlebten klar zu kommen?“.
- Frage 5: „Denken Sie, daß sich die bisher im Dienst erlebten schwierigen und belastenden Situationen negativ auf Ihr Wohlbefinden ausgewirkt haben?"
- Frage 6:,,Halten Sie es für möglich, daß Sie Entlastung dadurch erfahren können, daß Sie mit jemand anderem als dem unmittelbaren Kollegen und/oder Vorgesetzten über eine belastende Situation sprechen können?"
- Frage 7:,,Zu wem würden Sie gerne gehen? (Mehrfachnennungen möglich)"
- Frage 8: "In welchem Rahmen würden Sie sich gerne aussprechen? (Mehrfachnennungen möglich)".
- Frage 9: "Haben Sie extreme Situationen erlebt, die Sie noch heute beschäftigen?".
- Frage 10: "Halten Sie eine Psychosoziale Betreuung innerhalb der Polizei für erforderlich?".
- Frage 11: "Welche Situationen haben Sie erlebt?"
- Dienstjahre und subjektive Belastung.
- Dienstjahre und extreme Belastungssituationen
- Dienstzweige und subjektive Belastung
- Dienstzweige und extreme Belastungssituationen
- Subjektive Belastungen in Abhängigkeit der geleisteten Dienstjahre im Streifendienst
- Extreme Belastungen in Abhängigkeit der geleisteten Dienstjahre im Streifendienst
- Die Frauen des Polizeipräsidiums Karlsruhe in der Bedarfshebung
- Schlußfolgerungen zu der Bedarfshebung, den Tätigkeitsberichten, den bisher bestehenden Hilfsangeboten und den Erfahrungen der Psychosozialen Betreuung beim Polizeipräsidium Karlsruhe..
- Bedarfshebung und Fragestellungen
- Weitergehende Fragestellungen und Thesen
- Tätigkeitsberichte
- Bisherige Betreuungsinstanzen
- Anforderungen an das Personal der Psychosozialen Betreuung beim Polizeipräsidium Karlsruhe..
- Anforderungen an die Gruppe..
- Anforderungen an die Ausbildung der Psychosozialen Betreuer beim Polizeipräsidium Karlsruhe..
- Weiterentwicklung der konzeptionellen Grundlagen und der Betreuungstätigkeit.
- Schlußwort.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit befasst sich mit der Entwicklung eines psychosozialen Betreuungsdienstes für Polizeibeamte in dienstlichen Belastungssituationen. Das Ziel der Arbeit ist es, die Entstehung und die Notwendigkeit dieser Dienstleistung aufzuzeigen, die Konzeption des Dienstes beim Polizeipräsidium Karlsruhe zu analysieren und die Erfahrungen der Betreuergruppe zu beleuchten.
- Belastungssituationen im Polizeidienst
- Entwicklung von Hilfesystemen innerhalb der Polizei
- Konzeption und Umsetzung der Psychosozialen Betreuung
- Erfahrungen der Betreuergruppe und deren Bedeutung
- Anforderungen an die Psychosoziale Betreuung im Polizeidienst
Zusammenfassung der Kapitel
- Vorwort: Dieses Kapitel gibt einen persönlichen Einblick in die Motivation des Autors, sich mit dem Thema der psychosozialen Betreuung im Polizeidienst auseinanderzusetzen. Er beschreibt seine eigenen Erfahrungen mit belastenden Situationen und die Notwendigkeit, sich mit diesen auseinanderzusetzen.
- Belastungssituationen im täglichen Dienst: Dieses Kapitel beleuchtet die verschiedenen Belastungssituationen, denen Polizeibeamte im täglichen Dienst ausgesetzt sind. Es wird auf die spezifischen Herausforderungen und die möglichen Auswirkungen auf die psychische Gesundheit eingegangen.
- Außergewöhnliche Belastungssituationen: Dieses Kapitel befasst sich mit den besonderen Belastungssituationen, die über den normalen Dienstalltag hinausgehen. Es werden Beispiele wie Einsätze bei Gewaltdelikten, Unfällen oder Katastrophen erwähnt.
- Die Entwicklung von Hilfesystemen innerhalb der Polizei des Landes Baden-Württemberg.: Dieses Kapitel skizziert die Entstehung und Entwicklung von Hilfesystemen innerhalb der Polizei in Baden-Württemberg. Es werden die verschiedenen Ansätze zur Bewältigung von Stress und Belastung vorgestellt.
- Entwicklung der Psychosozialen Betreuung beim Polizeipräsidium Karlsruhe..: Dieses Kapitel beschreibt die Entwicklung der Psychosozialen Betreuung beim Polizeipräsidium Karlsruhe. Es wird auf die Entstehung der Betreuergruppe, die Konzeption des Dienstes und die Abläufe der Betreuung eingegangen.
- Bedarfshebung beim Polizeipräsidium Karlsruhe...: Dieses Kapitel stellt die Ergebnisse der Bedarfshebung vor, die durchgeführt wurde, um die Bedürfnisse der Polizeibeamten in Bezug auf Psychosoziale Betreuung zu ermitteln.
- Schlußfolgerungen zu der Bedarfshebung, den Tätigkeitsberichten, den bisher bestehenden Hilfsangeboten und den Erfahrungen der Psychosozialen Betreuung beim Polizeipräsidium Karlsruhe..: Dieses Kapitel fasst die wichtigsten Ergebnisse der Arbeit zusammen und stellt die Bedeutung der Psychosozialen Betreuung für die Polizeibeamten heraus.
Schlüsselwörter
Psychosoziale Betreuung, Polizeibeamte, Belastungssituationen, Stressbewältigung, Hilfesysteme, Konzeption, Bedarfshebung, Erfahrungen, Arbeitskreis Sucht, Posttraumatische Belastungsreaktionen.
- Quote paper
- Harald Martin (Author), 1999, Aufbau eines psychosozialen Betreuungsdienstes für Polizeibeamte in dienstlichen Belastungssituationen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/4176