„Unter dem Begriff „Sozialpartner“ wird in Österreich wie in der BRD, die im Rahmen der Tarifautonomie agierenden Organisationen von Lohnarbeit und Kapital bezeichnet. Diese Sozialpartnerschaft im engeren Sinne umfasst vor allem die autonome Regelung von Löhnen und Arbeitsbedingungen. Im weiteren Sinn umfasst der Aufgabenbereich der Sozialpartnerschaft alle Bereiche, die direkt und indirekt die Interessen von Unternehmern und Arbeitern berühren. Zudem ist der Staat, vor allem Regierung und Verwaltung, als dritter Akteur in die Sozialpartnerschaft einbezogen.“1
In Österreich werden die Verbände bei der Gesetzgebung explizit durch das Begutachtungsverfahren bei Regierungsvorlagen einbezogen. Es stellt sich dabei die Frage, ob dieses Begutachtungsverfahren allein die österreichische Sozialpartnerschaft zum Idealmodel für den Korporatismus macht. In dieser Arbeit geht es um den Einfluss dieser Sozialpartnerschaften auf die Gesetzgebung in Österreich und Deutschland. Aufgrund der gängigen Meinung, Österreich sei das Land mit der stärksten Beteiligung der Verbände bei der Gesetzgebung, liegt der Schwerpunkt der Arbeit auf der österreichischen Sozialpartnerschaft. Zum Vergleich wird in der Arbeit auch der Einfluss der Verbände in Deutschland dargestellt. Es soll auch untersucht werden, ob sich die Sozialpartnerschaft in Österreich geändert hat. Handelt es sich in Österreich um eine „Herrschaft der Verbände“? Ist diese „Herrschaft“ überhaupt ein Problem? Um die Besonderheiten Österreichs herauszuarbeiten, soll zunächst die Struktur des Verbändewesens in Österreich dargestellt werden. Darauf werden die rechtlichen Möglichkeiten der Einflussnahme der Verbände aufgezeigt. Wie sich der Einfluss realpolitisch darstellt, soll im folgenden Abschnitt erläutert werden. Anschließend wird die Veränderung der Sozialpartnerschaft in Österreich dargelegt. Danach wird die Verbändestruktur in Deutschland wiedergegeben sowie ihre rechtlichen und realpolitischen Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Gesetzgebung erläutert. Am Ende soll ein Vergleich zwischen beiden Ländern gezogen werden. Haben die Verbände in Österreich durch dieses Begutachtungsverfahren und durch die Stellung der Kammern mehr Einfluss auf die Gesetzgebung als beispielsweise die Verbände in Deutschland? Wie im Folgenden gezeigt werden soll, liegt der starke Verbandseinfluss in Österreich im Vergleich zu Deutschland vor allem an der Struktur des österreichischen Verbändewesens.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Hauptteil
- 1. Die Struktur der österreichischen Verbände
- 2. Die rechtlichen Einflussmöglichkeiten der österreichischen Verbände
- 3. Die realpolitischen Möglichkeiten der Einflussnahme der österreichischen Verbände
- 4. Die Veränderungen der Einflussmöglichkeiten der österreichischen Verbände über die Zeit
- 5. Die Struktur der deutschen Verbände
- 6. Die rechtlichen Einflussmöglichkeiten der deutschen Verbände
- 7. Die realpolitischen Möglichkeiten der Einflussnahme der deutschen Verbände
- III. Fazit
- IV. Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den Einfluss von Sozialpartnerschaften auf die Gesetzgebung in Österreich und Deutschland. Der Schwerpunkt liegt auf der österreichischen Sozialpartnerschaft, da Österreich im Vergleich zu Deutschland als das Land mit der stärksten Beteiligung von Verbänden bei der Gesetzgebung gilt. Die Arbeit analysiert die Struktur des Verbändewesens in beiden Ländern, die rechtlichen und realpolitischen Möglichkeiten der Einflussnahme sowie die Veränderungen der Sozialpartnerschaft in Österreich. Schließlich wird ein Vergleich zwischen den beiden Ländern gezogen, um den Einfluss von Verbänden auf die Gesetzgebung in Österreich und Deutschland zu bewerten.
- Struktur des Verbändewesens in Österreich und Deutschland
- Rechtliche Einflussmöglichkeiten der Verbände in Österreich und Deutschland
- Realpolitische Einflussnahme der Verbände in Österreich und Deutschland
- Veränderungen der Sozialpartnerschaft in Österreich
- Vergleich des Einflusses von Verbänden auf die Gesetzgebung in Österreich und Deutschland
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung
Der Begriff "Sozialpartner" bezeichnet in Österreich und Deutschland Organisationen der Lohnarbeit und des Kapitals, die im Rahmen der Tarifautonomie agieren. Die Sozialpartnerschaft umfasst die Regelung von Löhnen und Arbeitsbedingungen sowie die Bereiche, die direkt oder indirekt die Interessen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern betreffen. Der Staat ist als dritter Akteur in die Sozialpartnerschaft involviert. In Österreich werden Verbände explizit durch das Begutachtungsverfahren bei Regierungsvorlagen in die Gesetzgebung einbezogen. Die Arbeit untersucht den Einfluss dieser Sozialpartnerschaften auf die Gesetzgebung in Österreich und Deutschland, mit besonderem Fokus auf die österreichische Sozialpartnerschaft. Die Arbeit analysiert auch die Veränderungen der Sozialpartnerschaft in Österreich und untersucht, ob es sich um eine "Herrschaft der Verbände" handelt.
II. Hauptteil
1. Die Struktur der österreichischen Verbände
Die österreichische Verbändestaatlichkeit zeichnet sich durch eine dichte Organisation der Wirtschaftsverbände aus, die sich in einem überdurchschnittlichen gewerkschaftlichen Organisationsgrad und einem umfassenden System von Kammern mit gesetzlicher Pflichtmitgliedschaft äußert. Alle Arbeitnehmer gehören einer Kammer an, außer den öffentlich Bediensteten. Die Kammern sind eine Besonderheit Österreichs, da sie verfassungsrechtlich eingerichtet sind und somit "halbstaatlich" sind. Sie erfüllen auch staatliche Funktionen. Neben den Kammern gibt es auch freie Wirtschaftsverbände, die ohne öffentlich-rechtlichen Status organisiert sind. Der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) ist ein zentrales Dachverband, der nach dem Industriegruppenprinzip aufgebaut ist und 13 Einzelgewerkschaften umfasst. Zwischen der Arbeiterkammer und dem ÖGB hat sich eine Aufgabenteilung entwickelt, da beide die Interessen der Arbeitnehmer vertreten und dieselbe Fraktion dominiert. Der ÖGB hat die politisch fordernde Aufgabe und die führende Rolle in der Sozialpartnerschaft inne, während die Arbeiterkammern absichernde Aufgaben übernommen haben.
2. Die rechtliche Einflussmöglichkeiten der österreichischen Verbände
In Österreich gibt es vier Möglichkeiten, Gesetzesvorschläge an den Nationalrat zu richten: durch den Bundesrat, ein Volksbegehren, einen Initiativantrag von Abgeordneten des Nationalrates und durch die Regierung. Die beiden erstgenannten Möglichkeiten haben politisch fast keine Bedeutung, während die Regierung die weitaus häufigste Form der Gesetzesinitiierung darstellt.
Schlüsselwörter
Sozialpartnerschaft, Verbände, Gesetzgebung, Österreich, Deutschland, Korporatismus, Kammern, Gewerkschaftsbund, Tarifautonomie, Begutachtungsverfahren, Einflussnahme, Totalrepräsentation.
- Quote paper
- Alice B (Author), 2004, Der Verbandseinfluss auf die Gesetzgebung in Österreich und Deutschland, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41784