Die am häufigsten genannten Merkmale in den oft nicht ganz einheitlich lautenden Definitionen des virtuellen Unternehmens (hier im folgenden in einem übergreifenden Netzwerk-Kontext, auch virtuelle Organisation genannt) sind die rechtliche Selbstständigkeit, räumliche Verteiltheit, und die intendiert temporäre Zusammenarbeit der Akteure (Scholz 1994 b, S.38). Aus dem Verzicht auf eine zentrale Koordinationsinstanz und wegen der damit einhergehenden vermeintlichen Kostenersparnisse sowie der Flexibilitätserhöhung erhoffen sich die VU (Virtuellen Unternehmen) Effizienzvorteile gegenüber herkömmlichen Organisationsformen. Als Koordinationsmechanismus und Basis für die Kooperation wird an Stelle dessen auf das gegenseitige Vertrauen der Akteure abgestellt.
Fraglich ist jedoch wie es zu der Ausbildung von Vertrauen zwischen den Kooperationspartnern in VU überhaupt kommen soll. Insbesondere stellt sich diese Frage mit Blick auf die konstitutionellen Merkmale der VU, die den in der einschlägigen Literatur vorzufindenden Entstehungsbedingungen von Vertrauen (vgl. z. B. Luhmann 1989) zumindest auf den ersten Blick nicht zu entsprechen scheinen. Kann Vertrauen im VU demnach überhaupt entstehen? Mit dieser Frage beschäftigt sich die vorliegende Arbeit.
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Das Vertrauensdilemma in virtuellen Unternehmen
- Wesentliche Merkmale virtuellen Unternehmen
- Vertrauen als Kooperationsbasis in VU?
- Informationsdefizit, Kommunikation und Vertrauen
- Spieltheoretische Betrachtung von Vertrauen
- Die Rolle von Vertrauen in Kooperationssituationen
- Die Gefangenendilemma-Situation im VU
- Untersuchung der Merkmale und Handlungsalternativen
- "Schatten der Zukunft" - wie die Zukunft das gegenwärtige Handeln beeinflusst
- Bedeutung von Sanktionsmöglichkeiten und drohender Vergeltung im VU
- Systemtheoretische Betrachtung von Vertrauen
- Ausgewählte Aspekte der Vertrauensbildung
- Zeitperspektive, Erfahrungen und Vertrauensbildung
- Reduktion von Komplexität durch Vertrauen
- Kontrolle des Vertrauens
- Systemvertrauen
- Kontrolle im System
- Die Grenzen des virtuellen Systems
- Vertrauensbildung im Netzwerk Virtuelles Unternehmen
- Das Virtuelle Unternehmen als Unternehmensnetzwerk
- Reputation in Virtuellen Unternehmen
- Unternehmenskultur in Virtuellen Unternehmen
- Kritisches Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit untersucht die Entstehung von Vertrauen in virtuellen Unternehmen (VU) und analysiert die damit verbundenen Herausforderungen und Lösungsansätze. Der Fokus liegt dabei auf der Rolle von Vertrauen als wesentlichem Erfolgsfaktor für die Kooperation in VU, die durch ihre dezentrale Struktur und räumliche Verteiltheit besondere Anforderungen an die Zusammenarbeit stellen.
- Die Bedeutung von Vertrauen in virtuellen Unternehmen
- Die Herausforderungen der Vertrauensbildung in VU
- Spieltheoretische Ansätze zur Analyse von Kooperation im VU
- Die Rolle von Systemvertrauen in virtuellen Unternehmen
- Der Einfluss von Reputation und Unternehmenskultur auf die Vertrauensbildung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in die Thematik des Vertrauensdilemmas in virtuellen Unternehmen. Im zweiten Kapitel werden wesentliche Merkmale virtueller Unternehmen, die Bedeutung von Vertrauen als Kooperationsbasis und das Spannungsfeld zwischen Informationsdefizit, Kommunikation und Vertrauen näher betrachtet.
Kapitel drei beleuchtet die spieltheoretische Perspektive auf Vertrauen und untersucht die Entstehung von Kooperation in virtuellen Unternehmen anhand des Gefangenendilemmas. Hierbei wird die Rolle der Wiederholbarkeit der Interaktion und der Bedeutung von Sanktionsmöglichkeiten und drohender Vergeltung im VU hervorgehoben.
In Kapitel vier werden ausgewählte Aspekte der Vertrauensbildung aus systemtheoretischer Sicht beleuchtet, wobei der Fokus auf der Reduktion von Komplexität durch Vertrauen und dem Konzept des Systemvertrauens liegt.
Kapitel fünf untersucht die Vertrauensbildung im Netzwerk virtueller Unternehmen, wobei die Rolle von Reputation und Unternehmenskultur in diesem Kontext im Vordergrund stehen.
Schlüsselwörter
Virtuelles Unternehmen, Vertrauen, Kooperation, Spieltheorie, Systemtheorie, Gefangenendilemma, Reputation, Unternehmenskultur, Informationsdefizit, Kommunikation.
- Arbeit zitieren
- Agica Reiser (Autor:in), 2003, Das Kooperationsproblem in virtuellen Unternehmen - Eine kritische Analyse mit Lösungsansätzen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41803