Ein Gedanke nimmt durch die Sprache Gestalt an. Sprachliche Mittel dienen in erster Linie dem Gedankenaustausch zwischen Menschen. Zu diesem Zweck nutzen wir unser Sprachmaterial meist ohne tiefere sprachliche Überlegungen. Wir beachten die Sprachformen, mit denen wir unsere Gedanken ausdrücken, nur soweit, wie es notwendig ist, um das Verständnis beim Gesprächspartner zu sichern. Unsere Konzentration ist auf den Denkinhalt gerichtet und nicht auf dessen sprachliche Form.
Anders verhält es sich beim literarischen Autor, der die Sprache bewusst formt. Er sucht nach Sprachformen, die dem Inhalt einen treffenden ästhetischen Ausdruck verleihen. Diese bewusste Arbeit an der Sprache wird als Stilisieren bezeichnet.
Die Frage nach dem Wesen des Stils spielt bereits seit dem Altertum eine bedeutende Rolle. Dennoch sind wichtige theoretische Grundfragen der Stilistik auch heute noch stark umstritten. Ein grundlegendes Problem ist die Frage nach der Form, in welcher der Stil auftritt. Mit diesem Streitpunkt beschäftigt sich eine große Zahl von Stildefinitionen. Eine empirische Untersuchung der stilistischen Merkmale eines Textes und ihrer Rezeption durch den Leser bedarf einer Definition des Stils.
Breites Interesse hat in der Fachliteratur die Theorie der Abweichungsstilistik gefunden, die der Gegenstand dieser Arbeit ist. Die Abweichungsstilistiker bezeichnen Stil als Abweichung von einer Norm. Bei der Aufstellung von Stilnormen und Abweichungen muss der Leser entscheiden, ob eine Äußerung in einem bestimmten Sprach- und Situationskontext üblich, vorhersehbar oder unüblich, unvorhersehbar ist. Ein solches Urteil trifft dieser aufgrund seiner Spracherfahrung. Demnach ist ein Stilurteil eine Aussage über die Häufigkeitsverteilung sprachlicher Merkmale in gewissen Kontexten.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Die Abweichungsstilistik
- 2.1 Die Abweichung als Fehler
- 3. Der stiltheoretische Ansatz von Michael Riffaterre
- 3.1 Der literarische Stil
- 3.2 Verschlüsseler und Entschlüsseler
- 3.3 Die Stilanalyse und ihre Kriterien bei Riffaterre
- 3.3.1 Kriterium 1: Der Archileser
- 3.3.2 Kriterium 2: Der Kontext
- 3.3.3 Die stilistische Untersuchung konventioneller literarischer Formen
- 3.3.4 Vorteile des theoretischen Ansatzes von Michael Riffaterre
- 4. Durchführung einer Stilanalyse nach dem abweichungsstilistischen Ansatz von Michael Riffaterre
- 4.1 Stilistische Untersuchung der Ergebnisse der Informantenbefragung
- 4.2 Methodische Probleme von Stilanalysen nach dem Konzept von Michael Riffaterre
- 5. Allgemeine Kritik an der Abweichungsstilistik
- 6. Die mustergültige Stiltheorie?
- 7. Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Bachelorarbeit befasst sich mit der Analyse von literarischem Stil im Kontext der Abweichungsstilistik. Sie untersucht, inwieweit die Theorie der Abweichungsstilistik geeignet ist, die stilistischen Merkmale eines Textes zu erfassen und zu analysieren. Im Zentrum der Arbeit steht der stiltheoretische Ansatz von Michael Riffaterre, dessen Methode zur Erfassung und Analyse des Stils anhand eines Textes von Franz Kafka überprüft wird.
- Analyse der Abweichungsstilistik als Theorie der Stilbeschreibung
- Untersuchung des Ansatzes von Michael Riffaterre zur Analyse des literarischen Stils
- Anwendung des Ansatzes von Riffaterre auf einen Text von Franz Kafka
- Bewertung der Effizienz und der Eignung des Ansatzes von Riffaterre zur vollständigen Erfassung des literarischen Stils
- Diskussion der Kritik an der Abweichungsstilistik und der Suche nach einer mustergültigen Stiltheorie
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Stilistik und der Abweichungsstilistik ein. Sie stellt die grundlegenden Probleme der Stildefinition und die Relevanz der Abweichungsstilistik für die empirische Analyse von Stilmerkmalen dar. Kapitel 2 widmet sich der Definition und den grundlegenden Inhalten der Abweichungsstilistik, wobei insbesondere die Frage nach der Relevanz der Abweichung als "Fehler" diskutiert wird.
Kapitel 3 präsentiert den stiltheoretischen Ansatz von Michael Riffaterre. Es wird sein Verständnis vom literarischen Stil, die Rollenverteilung zwischen Autor und Leser und die wichtigsten Kriterien seiner Stilanalyse erläutert.
In Kapitel 4 wird eine eigene Stilanalyse nach dem Ansatz von Riffaterre durchgeführt. Dabei wird die stilistische Wirkung der Ergebnisse einer zuvor durchgeführten Informantenbefragung untersucht und auf methodische Probleme hingewiesen.
Kapitel 5 fasst die Kritik an der Abweichungsstilistik zusammen, während Kapitel 6 die Suche nach einer umfassenden und mustergültigen Stiltheorie im Kontext von alternativen Ansätzen beleuchtet.
Schlüsselwörter
Abweichungsstilistik, Stiltheorie, Michael Riffaterre, literarischer Stil, Stilanalyse, Norm, Abweichung, Archileser, Kontext, Franz Kafka, "Eine alltägliche Verwirrung"
- Arbeit zitieren
- Anonym (Autor:in), 2005, Die Stilanalyse nach dem abweichungsstilistischen Ansatz von Michael Riffaterre, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41825