„Sein und Wahrheit“ schreibt der Philosoph Aristoteles, seien das Thema der Philosophie. So gibt es manche moralische Erwägung über die Erlaubtheit und Unerlaubtheit der Lüge. Im Werk „Kant und das Recht der Lüge“ wird der Streit thematisiert, der sich zwischen Immanuel Kant und Benjamin Constant, einem französischen Philosophen, zuträgt.
Immanuel Kant, dem man in seiner kritischen Philosophie einen außerordentlichen Rigorismus vorwirft, bezieht sich in der Begründung seines „kategorischen Imperativs“ auf den Umgang mit der Lüge und bezieht in der Formulierung eines Beispieles eine deutliche Position in dieser Sache. So sieht er „das bedingungslose ethische und rechtliche Verbot der Lüge, selbst dann, wenn ein Angreifer mit erklärter Mordabsicht und mit der Waffe in der Hand nach dem Aufenthaltsorte des Unschuldigen fragen sollte, den er zu ermorden gewillt ist.“
„Keine Tugend ist also von Kant mit solch enthusiastischer Rede gepriesen worden wie die Aufrichtigkeit – kein sittliches Vergehen so nachdrücklich von ihm als eine Entehrung der Menschheit der Abscheu preisgegeben worden wie die Lüge.“
Benjamin Constant jedoch bemerkt in seinem Werk „Des réaction politiques“ , dass die Notwendigkeit, die Wahrheit zu sagen, als unbedingte Pflicht genommen, jede Gesellschaft zur Unmöglichkeit machen würde.
Die „bewusst falsche Aussage“ ist aber nicht nur Thema der Philosophen.
Auf den zwei Steintafeln, die Moses vom Berg Sinai mit ins Tal bringt und dem Volk Israels als das Wort Gottes übergibt, finden sich 10 Gebote, die das Zusammenleben der Menschen regeln – und den Willen Gottes verkünden sollen. Das 8. Gebot lautet: “Du sollst nicht falsch Zeugnis reden, wider deinem Nächsten“ und formuliert so auch ein Verbot der Lüge im theologischen Sinne.
Das Strafgesetzbuch, welches sich mit den rechtlichen Konsequenzen von Straftaten auseinandersetzt, thematisiert die Lüge in den Paragraphen §§ 153,154 und gibt somit einen Ausblick auf die Position der Lüge aus juristischer Sicht.
Im § 153 StGB ist festgehalten, dass nur Zeugen oder Sachverständige dazu verpflichtet sind, vor Behörden oder dem Gericht die Wahrheit zu sagen. Diese machen sich des Meineides § 154 StGB schuldig, wenn sie vor der Befragung vereidigt wurden und eine Falschaussage treffen.
Als Angeklagter kann man nicht vereidigt werden, was dazu führt, dass es keinerlei rechtliche Schritte zur Folge hat, wenn man vor Gericht lügt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Grundlagen der Rational-Choice-Theorie
- Gary S. Becker
- Axiome
- Theoreme
- Gary S. Becker
- Das SEU-Modell
- Modell sozialer Wechselwirkungen
- Übertragung auf die Strukturebene
- Die Entstehung sozialer Normen
- Kritik
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Rationalität der Lüge aus der Perspektive des Rational-Choice-Ansatzes. Sie analysiert, warum Menschen trotz möglicher negativer Konsequenzen zu Lügen greifen, insbesondere im Kontext von "guten Manieren".
- Die Rational-Choice-Theorie und ihre Anwendung auf menschliches Verhalten
- Die Rolle der Kosten-Nutzen-Kalkulation bei der Entscheidungsfindung
- Die Entstehung und Funktion von sozialen Normen im Kontext von Lügen
- Die Ambivalenz von "guten Manieren" in Bezug auf Wahrheit und Lüge
- Die Auswirkungen von Lügen auf soziale Interaktionen und Beziehungen
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Diese Einleitung stellt das Thema der Lüge in verschiedenen philosophischen, religiösen und rechtlichen Kontexten vor. Sie führt in das zentrale Thema der Arbeit ein – die Rationalität der Lüge aus der Perspektive des Rational-Choice-Ansatzes.
- Grundlagen der Rational-Choice-Theorie: Dieses Kapitel liefert eine Einführung in die Rational-Choice-Theorie, die den Menschen als ein zweckrational handelndes Wesen, den „homo oeconomicus“, betrachtet. Es stellt den wichtigen Vertreter Gary S. Becker und seine zentralen Axiome und Theoreme vor.
- Das SEU-Modell: Dieses Kapitel behandelt das SEU-Modell (Subjective Expected Utility) als ein wichtiges Werkzeug der Rational-Choice-Theorie, das die Entscheidungsfindung unter Unsicherheit beschreibt.
- Modell sozialer Wechselwirkungen: Dieses Kapitel analysiert die Anwendung des Rational-Choice-Ansatzes auf soziale Interaktionen und die Entstehung von Normen. Es befasst sich mit den Kosten und Nutzen von Lügen in sozialen Kontexten.
- Übertragung auf die Strukturebene: Dieses Kapitel untersucht die Auswirkungen von Lügen auf die Struktur von Gesellschaften und sozialen Institutionen.
- Die Entstehung sozialer Normen: Dieses Kapitel erörtert die Rolle von Normen bei der Regulierung von Lügen und die Entstehung von "guten Manieren" als einer Form von sozialen Normen.
Schlüsselwörter
Diese Arbeit befasst sich mit der Rational-Choice-Theorie, der Kosten-Nutzen-Kalkulation, "guten Manieren", sozialen Normen, Lügen, der Ambivalenz von Wahrheit und Lüge, und den Auswirkungen von Lügen auf soziale Interaktionen und Beziehungen.
- Quote paper
- Markus Ringhofer (Author), 2005, Die Rationalität der Lüge. "Gute Manieren" aus der Perspektive des Rational-Choice-Ansatzes, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41836