Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abstract
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung und Ausgangssituation
1.1 Einleitung
1.2 Motivation und Forschungsfrage
1.3 Perspektive und Methode
1.4 Quellenlage und Stand der Forschung
2 Grundlagen
2.1 Corporate Social Responsibility
2.2 Abgrenzung zu verwandten Konzepten
2.2.1 Corporate Citizenship
2.2.2 Corporate Social Investment
2.2.3 Corporate Governance
2.2.4 Stakeholder-Theorie
2.3 Semantisches Netz
2.4 CSR in der zivilen Luftfahrt
2.4.1 Netzwerk-Airlines
2.4.2 Low-Cost-Carrier
3 Auswahl der Luftverkehrsgesellschaften
3.1 Netzwerk-Airlines
3.1.1 Air France-KLM
3.1.2 Lufthansa-Gruppe
3.2 Low-Cost-Carrier
3.2.1 Ryanair
3.2.2 EasyJet
3.3 Kennzahlen und Leistungsdaten im Vergleich
4 Kriterien und Gewichtung für den Vergleich von CSR-Konzepten
4.1 Kategorisierung und Auswertung mittels Punktwertanalyse
4.2 Checkliste einer CSR-Berichterstattung
4.3 Bewertung
4.3.1 Ökologische Verantwortung: Treibstoffverbrauch und Emissionen
4.3.2 Ökologische Verantwortung: Abfallvermeidung
4.3.3 Ökologische Verantwortung: Lärm
4.3.4 Ökonomische Verantwortung: Kundenorientierung
4.3.5 Ökonomische Verantwortung: Corporate Governance
4.3.6 Soziale Verantwortung: Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
4.3.7 Soziale Verantwortung: Gesellschaftliches Engagement
4.3.8 Form, Umfang, Glaubwürdigkeit
4.4 Punktwertanalyse
4.5 Ergebnisse im Netzdiagramm
5 Fazit
5.1 Limitation der Untersuchung
5.2 Ergebnisse
5.3 Handlungsempfehlungen für Fluggesellschaften
6 Literaturverzeichnis vii
Abstract
Die Ausführungen in dieser Bachelorarbeit betrachten die Corporate Social Responsibility-Strategien in der zivilen Luftfahrt. Es wird hinterfragt, wie CSR-Strategien von vier Fluggesellschaften gestaltet werden und wie sie im Vergleich miteinander bestehen. Die Forschungsfragen, die in dieser Arbeit beantwortet werden sollen, sind zum einen, welche Kriterien für einen Vergleich von Fluglinien mit unterschiedlichen Geschäftsmodellen gewählt werden können, und zum anderen, wie sie dabei in einem Vergleich bestehen. Dabei wurden luftfahrtrelevante CSR-Aktivitäten der drei Dimensionen ökologisch, sozial und ökonomisch gewählt. In einer Analyse der Handlungsfelder wurden diese Bereiche gewichtet und mit Punkten bewertet. Als wichtigstes Ergebnis kann vorweggenommen werden, dass die CSR-Engagements von Low-Cost-Airlines nicht zwingend erheblich schlechter eingestuft werden müssen als die der Netzwerk-Airlines.
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Arbeit die männliche Form für Personenbezeichnungen beider Geschlechter verwendet.
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Semantisches Netz (eigene Darstellung)
Abbildung 2: Brighter Planet 2011 (Quelle: Ryanair)
Abbildung 3: EasyJet, Carbon-Emissions (Quelle: EasyJet)
Abbildung 4: Netzdiagramm (eigene Darstellung) 32
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Vergleich der ausgewählten Airlines. Eigene Darstellung (Quelle: Air-France/KLM (o. J.); Lufthansa Konzern (o. J.); Ryanair (2017); EasyJet (2016))
Tabelle 2: Punktwertanalyse I (eigene Darstellung)
Tabelle 3: Punktwertanalyse II (eigene Darstellung) 31
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung und Ausgangssituation
1.1 Einleitung
Die Swissair-Pleite im Jahr 2001 hat sich im kollektiven Gedächtnis der Schweizer Gesellschaft eingegraben. Die Insolvenz gehört zu den spektakulärsten internationalen Airline-Pleiten. Mit ihr brach eines der wichtigsten nationalen Symbole der Schweiz zusammen: Weil der Flugbetrieb plötzlich eingestellt wurde, strandeten weltweit tausende Reisende und die Crews wurden ihrer Hotels verwiesen. Ursächlich für das „Grounding“ waren letztlich Verstöße gegen elementare Grundsätze der Corporate Governance. Der mit der Liquidation betraute Insolvenzverwalter machte daher gegen Mitglieder des Vorstandes und des Verwaltungsrates Haftungsklagen geltend (Peemöller/Krehl/Hofmann 2017, S. 55).
Der irischen Fluglinie Ryanair wird vorgeworfen, mit scheinselbstständigen Vertragspiloten illegal Kosten einzusparen. Ryanair beschäftigt einen beträchtlichen Teil seiner Piloten und mehr als die Hälfte aller Co-Piloten über ein sogenanntes Contractor-Modell, wie die ARD-Dokumentation "Die Story im Ersten" sendete. Die Flugkapitäne müssen eine Art Ich-AG gründen und Verträge mit Personalvermittlungsfirmen abschließen, ehe sie als Pilot für Ryanair fliegen können (Schmitt et al. 2017, o. S.). Die Konsequenz der Vermeidung von Sozialabgaben ist die Schädigung des Staates und die Entstehung eines Wohlfahrtsschadens.
Qatar Airways wurde im Juli 2017 im Zusammenhang mit dem Streik der Kabinenbesatzung der Fluggesellschaft British Airways häufig in den Schlagzeilen der Medien genannt. Trotz des Streiks konnten die British-Airways-Flüge größtenteils durchgeführt werden. Durch die politische Krise am Golf, verbunden mit einer Blockade von Katar und dem Verlust der Überflugrechte für Qatar Airways, standen dieser nun zahlreiche Flugzeuge zur Verfügung, die sie für die British-Airways-Strecken einsetzten. Das Vorgehen wurde kontrovers diskutiert. Qatar Airways bietet einen weitaus größeren Komfort als die eigenen Flugzeuge von British Airways auf Europa-Strecken. Die Passagiere schätzen dies und mussten sich gleichzeitig vorwerfen lassen, eine Airline zu unterstützen, die ihren Mitarbeitern kein Streikrecht einräumt. Zudem wird dem Land Katar und der Airline vorgeworfen, dass sie Arbeitsmigranten unter menschenunwürdigen Bedingungen ausbeuten. Die Zustände werden regelmäßig im Report von Amnesty International angeprangert (Amnesty Jahresbericht Katar 2017). Darüber hinaus werden in den Medien zunehmend die extrem schlechten Arbeitsbedingungen oder der Kündigungsschutz thematisiert (McCartney 2014).
Die Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen (ILO) forderte von Qatar Airways bereits im Jahr 2014, dass die Airline die Mitarbeiterinnen des Kabinenpersonals bei einer Schwangerschaft nicht automatisch entlassen dürfe, auch nicht aus Gründen des Gesundheitsschutzes. Das Vorgehen der Gesellschaft verstoße gegen das 57 Jahre alte Diskriminierungsverbot am Arbeitsplatz, teilte die Organisation in Genf weiter mit (ILO 2015, o. S.).
Der eingangs genannte Bilanzskandal der Swissair wird als Corporate-Governance-Debatte geführt. Der Begriff wird auch im Zusammenhang mit der Unternehmensverantwortung gebracht und in einem späteren Kapitel abgegrenzt. Da eine Insolvenz, wie bei der Swissair, auch die Gesellschaft betrifft (Mitarbeiter verlieren ihre Anstellungen und Ansprüche auf Pensionszahlungen und sie müssen teilweise vom Staat unterstützt werden), betrifft auch ein Fall wie dieser die ganze Gesellschaft.
In den weiteren Fällen könnte der Beobachter feststellen, dass CSR als Rechtfertigung für unethische oder sogar illegale Geschäftspraktiken genutzt wird. Ein Corporate-Social-Responsibility-Engagement wird bei dieser Argumentation als Ausgleich für soziale Sünden missbraucht. Eine Fluglinie könnte demnach internationale arbeitsrechtliche Bestimmungen missachten, dadurch hohe Profite erzielen und als Ausgleich in einem Dritte-Welt-Land das Leid der weiblichen Bevölkerung mit relativ geringem Aufwand erheblich verbessern. Im Fall Ryanair, die Sozialabgaben einspart und sich dadurch einen Wettbewerbsvorteil verschafft, wäre auch eine öffentlichkeitswirksame Kommunikation von CSR-Maßnahmen äußerst unethisch. Diese Auffassung geht einher mit der aktuellen EU-Definition, die mit CSR nicht so stark die Freiwilligkeit betont, sondern nahelegt, dass CSR die Verantwortung eines Unternehmens für die Auswirkungen seiner Handlungen auf die Gesellschaft ist (EU-Kommission 2017).
Governance-Probleme, unlauteres Geschäftsgebaren, schlechte Behandlung von Mitarbeitern sind kein Phänomen der Neuzeit; auch Verstöße gegen die Menschenrechte kann man in keinem Jahrzehnt ausschließen. Was sich verändert hat, ist das ethische Bewusstsein der Verbraucher und die Feststellung, dass durch die Veröffentlichung in den Medien Verbraucher schneller informiert werden und so Unternehmen zum Umdenken gezwungen werden können. Die kulturellen, sozialen und ökologischen Nebenwirkungen des Wirtschaftens sind inzwischen durch Netzwerkmedien und durch die zunehmende Transparenz sogar noch viel stärker in das Bewusstsein der Konsumenten gerückt. Durch den schnelleren Austausch von Informationen unter den Verbrauchern können sich Negativwirkungen, wie zum Beispiel Käuferboykotte, exponentiell steigern. Der Wunsch, Kaufentscheidungen mit den eigenen ethischen Normen in Einklang zu bringen, kann ein Motiv für die gezielte Wahl bestimmter Produkte sein. Unter dem Druck gewaltiger Korruptionsaffären und moralischer Verwerfungen gewinnen Konzepte von Corporate Governance und Corporate Social Responsibility Auftrieb.
Nun darf ein Unternehmen nicht erwarten, dass die Veröffentlichung eines Corporate-Social-Responsibility-Konzepts als Deckmantel für ein unlauteres Geschäftsgebaren und andere inkorrekte unternehmerische Verhaltensweisen gelten kann. Es wird erwartet, dass mittels CSR die Herausforderungen zwischen Regierungen, der Gesellschaft und Unternehmen verantwortungsvoll abgeglichen werden. Homann, der Gründer des ersten Lehrstuhls für Wirtschaftsethik in Deutschland, sieht diese Entwicklung allerdings eher kritisch. Er vertritt die Meinung, dass die Verteidiger unternehmerischen Handelns oft auf die Aktivitäten der Unternehmen in dem breiten, heute modischen Feld von Corporate Social Responsibility verweisen. Angefangen von karitativen Spenden über Kultursponsoring bis hin zur Unterstützung von Ausbildung, Wissenschaft und Forschung und zur Errichtung von Stiftungen ist die Bandbreite ausgeprägt. Homann bemerkt weiterhin kritisch, dass ein Corporate-Social-Responsibility-Engagement zur Rechtfertigung unternehmerischen Handelns benutzt wird und dies höchst problematisch, irreführend und in diesem Sinne kontraproduktiv und falsch ist. Auch setzt man sich der Gefahr aus, als moderner Ablasshändler diskreditiert zu werden (Homann 2007, S. 41).
Yoon et al. halten allerdings dagegen und stellen fest, dass es den Konsumenten durchaus bewusst ist, dass Unternehmen mit ihrem CSR-Engagement strategische und über den Altruismus hinausgehende Ziele verfolgen. Trotzdem wird dies gebilligt und CSR-Absichten als positiv eingestuft (Yoon et al. 2006, S. 388). Solange nicht der Verdacht einer bloßen Instrumentalisierung besteht, sind extrinsische Motive kein Hindernis für eine erfolgreiche Corporate-Social-Responsibility-Strategie. Inwieweit die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung positiv oder negativ bewertet wird, ist vielmehr davon abhängig, mit welcher Ernsthaftigkeit das Unternehmen seinen Bemühungen nachgeht (Schleer 2014, S. 34).
Der Versuch, Selbstverpflichtungen zu verfassen und nach diesen zu handeln, kann aber kaum als negative Entwicklung angesehen werden. Ein Unternehmen, das sich zu verantwortungsvollem Handeln bekennt und den Nachweis dazu liefert, baut sich eine Reputation auf, die nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt wird. Unternehmen müssen Gewinne erwirtschaften; allerdings wird erwartet, dass sie diese Zielvorgabe nicht mehr um jeden Preis verfolgen. Das zunehmende umweltbewusste und moralische Denken der Kunden wirkt sich auch auf ihr Kaufverhalten aus. Corporate Social Responsibility und die übergeordnete Unternehmensethik sind daher das Zusammenspiel von fairen Arbeitsbedingungen, sozialem Verhalten gegenüber den Mitarbeitern, ein sparsamer Umgang mit natürlichen Ressourcen und der Schutz der Umwelt.
Nun liegt es nahe, die Zunahme der Veröffentlichungen von Corporate-Social-Responsibility-Maßnahmen als Selbstverpflichtung von Unternehmen der gleichzeitigen Zunahme der Netzwerkmedien und dem globalen Handeln zuzuschreiben. Unternehmen, die gesellschaftliche Verantwortung übernehmen, sind in Deutschland aber kein neues Thema. Durch die eingangs erwähnten verantwortungslosen Verhaltensweisen der Fluglinien und Vorfälle in zahlreichen anderen Branchen, werden zunehmend Forderungen der Gesellschaft nach mehr Verantwortungsübernahme unter dem zeitgemäßen Titel „Corporate Social Responsibility“ eingefordert. CSR kann somit als fundamentale und richtungsweisende Frage verstanden werden, mit der sich jedes Unternehmen auseinandersetzen muss - unabhängig von Standort, Branche und Unternehmensgröße.
In den USA wurde bereits in den 1950er Jahren die Abhandlung „Social Responsibilities of the Business Man“ von Howard R. Bowen, bekannt. In diesem Essay stellt er die These auf, dass Unternehmen von der Gesellschaft profitieren und sie im Gegenzug ihre Verantwortung an den Belangen dieser Gesellschaft orientieren sollten (Bowen 1953).
Wodurch sich CSR in der zivilen Luftfahrt im Detail auszeichnet, ist wissenschaftlich nicht definiert. In der Unternehmenspraxis finden sich dementsprechend unterschiedliche Betrachtungsweisen der Materie, die nicht zwangsläufig den Kern von CSR erfassen. Daher gilt es zu klären, wie die CSR-Konzepte von Airlines aussehen und wie sie im Vergleich stehen.
1.2 Motivation und Forschungsfrage
Die Wettbewerbssituation von Fluglinien hat sich durch die Privatisierung von einst staatlichen Fluglinien, dem Entstehen des Geschäftsmodells der Low-Cost-Carrier[1]und dem Markteintritt mehrerer Fluglinien aus der Golfregion verändert. Aber bereits vor diesen drastisch veränderten Wettbewerbsbedingungen und der verbreiteten Marktsättigung bei absatzsensiblen Märkten haben sich Fluggesellschaften bemüht, sich durch strategische, also nachhaltige und schwer kopierbare, Wettbewerbsvorteile von der Konkurrenz zu unterscheiden. Ein glaubwürdiges Corporate-Social-Responsibility-Konzept war in den 1990er Jahren und ist bis heute eine der Möglichkeiten, dies zu bewerkstelligen.
Die zu Anfang erwähnten negativen Effekte unternehmerischer Tätigkeiten stehen in Konflikt mit einer gesamtgesellschaftlichen Entwicklung, die geprägt wird von einer Omnipräsenz von Nachhaltigkeit und dem Ruf nach verantwortungsvollerem Handeln der Wirtschaftsakteure. Der mündige Konsument erwartet vor allem eine höhere Transparenz bei den sozialen und ökologischen Produktionsbedingungen sowie bei deren Folgewirkungen bis hin zu den Zulieferketten. Kommunikation, Partizipation, Kooperation und Transparenz sind in der Wirtschaft Ausdruck eines ernstzunehmenden Bemühens, Veränderungen und Optimierungen voranbringen zu wollen. Obwohl sie als plakative Worthülsen oftmals Hochglanzformate zieren, stellen sie zentrale Prüfkriterien dar, mit denen sich wirtschaftliches Handeln reflektieren lässt (Wilhelms/Wulsdorf 2017, S. 85, 87). Eine Antwort auf die Forderung der Gesellschaft und der Konsumenten im Einzelnen ist die Selbstverpflichtung von Unternehmen, sich diesen Entwicklungen zu stellen und sich selbst zu regulieren. Es sollte ein Anliegen der Unternehmen sein, dies selbst zu steuern, statt vom Gesetzgeber zu erwarten, dass Gesetze und Regeln bis ins kleinste Detail formuliert werden. Eine Maßnahme, dem sozialen Druck der Gesellschaft Folge zu leisten, ist ein CSR-Konzept mit sozialen, ökonomischen und ökologischen Dimensionen.
Im Rahmen dieser Arbeit wird das Konzept „Corporate Social Responsibility“ von Fluglinien in der zivilen Luftfahrt betrachtet, um die Frage zu beantworten, welche Kriterien für einen Vergleich von Fluglinien mit unterschiedlichen Geschäftsmodellen herangezogen werden können. Weiterhin wird der zweite Teil der Arbeit die CSR-Engagements von vier Fluglinien evaluieren und gegenüberstellen.
1.3 Perspektive und Methode
Die Arbeit unterteilt sich in fünf Kapitel. Kapitel 1 behandelt Unternehmensentscheidungen in der zivilen Luftfahrt, die Reaktionen bei Mitarbeitern und in der Gesellschaft ausgelöst haben. Die Quellenlage und der Stand der Forschung in Kapitel 1.4 gibt Aufschluss darüber, inwieweit sich die Forschung mit dem Thema beschäftigt hat und das Thema CSR in der zivilen Luftfahrt bisher abgedeckt wurde.
Die theoretische Ebene im Kapitel 2 betrachtet die relevanten CSR-Dimensionen und -Theorien ein, um sie für den methodischen Teil im nachfolgenden Kapitel einordnen zu können. Das Kapitel befasst sich auch mit der Einordnung von CSR-Konzepten von Fluglinien im Low-Cost-Segment sowie dem Geschäftsmodell der Netzwerk-Airlines.
Ein semantisches Netz soll dabei, durch die visuelle Darstellung, eine Einordnung der Beziehungen zwischen den unterschiedlichen Themen und deren Zusammenhänge erleichtern.
In Kapitel 3 wird begründet, warum die Auswahl der betrachteten Airlines für den Vergleich von CSR-Konzepten von Fluglinien herangezogen werden kann. In Kapitel 4 wird auf die Kriterien eingegangen, die als geeignet erscheinen, um die CSR-Konzepte der ausgewählten Fluglinien für diese Bachelorarbeit heranzuziehen. Ein Punktwertverfahren mit Gewichtung der einzelnen Handlungsthemen ordnet die nachfolgende Einschätzung jeder einzelnen Kategorie entsprechend ein. Im fünften und letzten Kapitel wird diese Bachelorthesis mit einem Fazit und einer Handlungsempfehlung für Fluglinien abgeschlossen.
Als Untersuchungsgegenstand wurden vier Fluglinien ausgewählt, deren CSR-Aktivitäten nach den Methoden der vergleichenden Forschung untersucht werden. Die Auswahl und Festlegung der Kriterien als Forschungsfrage werden nach den qualitativen Forschungsmethoden der Sozialforschung nach Döring/Bortz angewendet (Döring/Bortz 2017, S. 983). Diese Methoden erfordern zunächst eine Klassifikation und typologische Zuordnung von mindestens zwei Merkmalen, um dann die Evaluationskriterien festzulegen. Bewertungsstandards legen fest, welche Ausprägung der Kriterien eingeordnet wird (Ebenda, S. 985).
Die Grundlage der Untersuchung bilden Primärdaten, die auf den Webseiten der Fluglinien publiziert wurden, sowie systematisch gesammeltes Material als Sekundärdaten aus wissenschaftlicher Literatur. Generell kann man davon ausgehen, dass der Vergleich von quantitativen Variablen sich naturgemäß als einfacher erweist. Dies setzt allerdings voraus, dass für die Operationalisierung identische Einheiten, Bewertungs- und Berechnungsmethoden verwendet werden können.
1.4 Quellenlage und Stand der Forschung
Die zahlreichen wissenschaftlichen Schriften zu Corporate Social Responsibility enthalten erst in der jüngeren Vergangenheit Beiträge über die Luftfahrt. Um den Stand der Forschung zu evaluieren, wurde zum einen Literatur herangezogen, die CSR im Zusammenhang mit Fluglinien generell thematisiert, zum anderen branchenunabhängige Literatur, die Kriterien vorschlägt, wie CSR-Strategien verglichen werden können.
Eine wissenschaftliche Analyse der Exeter University mit dem Titel: „Corporate Social Responsibility among Low-Fares Airlines: Current Practices and Future Trends” aus dem Jahr 2008 untersuchte die CSR-Aktivitäten von 22 Low Cost Airlines in Großbritannien und kam zu folgenden Erkenntnissen: Low Cost Airlines verfolgen kostenreduzierende Produktionsmethoden und Lean Production. Trotz der Mehrkosten, die durch CSR-Praktiken entstehen, werden dennoch CSR-Aktivitäten verfolgt, diese aber nicht zwingend von Stakeholdern wahrgenommen. Die meisten Low Cost Airlines haben weder eine formelle CSR-Richtlinie noch für CSR verantwortlich gemachte Mitarbeiter. CSR-Ziele werden nicht festgelegt, nachverfolgt oder dokumentiert. In dieser Studie werden CSR-Aktivitäten von Low Cost Airlines als rudimentär eingestuft. Diese Studie gilt als Bestandsaufnahme für das Jahr 2008; Vergleiche wurden nicht angestellt (Coles et al., University of Exeter 2008, S. 4).
CSR im Airline-Management - Eine Benchmark-Studie deutscher Fluggesellschaften aus dem Jahr 2011 vergleicht die CSR-Aktivitäten von neun deutschen Fluglinien. Durch ein komplexes Punktevergabesystem für Kriterien und deren Erfüllungsgrad wurden in dieser Studie die Anforderungskriterien in den Bereichen Ökologie, Ökonomie, Soziales und Allgemeines bewertet. Diese Kriterien wurden auf 36 weitere Bereiche heruntergebrochen. Das Fazit dieser Auswertung ist, dass trotz der andauernden öffentlichen Diskussionen um CSR verantwortungsvolles Handeln in der deutschen Flugbranche nur in Ansätzen umgesetzt wird. Die höchste Anzahl an Punkten wurde an die passagierstärksten Fluglinien mit Konzernstrukturen vergeben (Lumma/Kröger/Groß 2011, S. 259-277). Bei der Betrachtung dieser Studie ist noch anzumerken, dass zwischenzeitlich vier der neun untersuchten Fluglinien nicht mehr existieren. Diese insolventen Fluglinien erreichten in dieser Benchmark-Studie nur eine geringe Punkteanzahl. Eine Korrelation zwischen verantwortungsvollem Handeln und Wettbewerbsfähigkeit würde eine interessante Forschungsfrage aufwerfen.
Chang et al. geben als Grund für die niedrige Beteiligung von Fluggesellschaften an der CSR-Debatte an, dass diese Bedenken haben, durch eine Veröffentlichung von Berichten sich selbst zu schaden, da diese Berichte belegen, wie sehr sie die Umwelt negativ beeinflussen. Als weiteres Motiv, das in dieser Publikation als Grund für asiatische Fluglinien angegeben wird, ist, dass CSR ein westliches Konstrukt ist und nur zögerlich von asiatischen Airlines adaptiert wird (Chang et al. 2015, S. 7762).
Die Aeronautical University in Florida veröffentlichte eine Untersuchung, die die Beobachtung im ersten Absatz dieses Kapitels bestätigt. Fluglinien hinken eine Dekade hinterher mit den Veröffentlichungen von Reports, die CSR-Aktivitäten von Airlines thematisieren. Als Grund für den Stimmungsumschwung von US-Airlines, ihre CSR-Aktivitäten zu veröffentlichen, wurden Regulatory Risks angegeben (Rudari/Johnson 2015, o. S.).
In Fallstudien mit dem Titel: „Business Ethics, Sustainability and CSR“ werden neun Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen betrachtet. In der Studie werden Unternehmensentwicklung, Marktposition und Strategien in Bezug auf ethisches Verhalten und Corporate Social Responsibility eingeordnet. Die CSR-Aktivitäten der Lufthansa-Gruppe werden als „sehr gut“ bewertet, die der Ryanair als „schlecht“ bis „nicht vorhanden“. Dies begründet den Einbezug dieser Fluglinien in Kapitel 5. Kriterien wurden in dieser Studie nicht genannt und sind daher als anekdotische Evidenz einzuordnen, die schwer nachvollziehbar ist (Geraci 2015, S. 101-122).
Abseits der wissenschaftlichen Literatur finden sich Unternehmensberatungen, die CSR-Rankings erstellen. Ranglisten, die das CSR-Thema in der Regel aus einer rein ökonomischen Sicht betrachten, z. B. wie die Reputation eines Unternehmens durch CSR-Aktivitäten beeinflusst wird, um dadurch höhere Gewinne zu erzielen. Die Unternehmensberatung „Reputation Institute“ mit Sitz in New York veröffentlicht auf ihrer Webseite ein Ranking der 100 Unternehmen mit den besten CSR-Reputationen. Fluglinien sind auf dieser Liste auf Platz 40 und 41 mit Emirates und British Airways, auf Platz 66 Air France-KLM und auf Platz 78 Delta zu finden. Die Bewertung kommt durch Befragungen zustande, die laut der Webseite global durchgeführt werden (Ranking Institute 2017). Ähnliche Rankings lassen sich im Internet von unterschiedlichen Anbietern finden. Aussagen zur Qualität des CSR-Engagements oder Relevanz lassen diese Rankings nicht zu.
Auf der Webseite „Airline Trends“ werden CSR-Aktionen veröffentlicht, die durchaus Einfallsreichtum zeigen. Die in den USA ansässige Jet Blue stellte in Zusammenarbeit mit dem Verlag Random House Automaten in sozial benachteiligten Gegenden auf, die kostenlose Bücher für Kinder bereitstellen. Die spanische Fluglinie Iberia sammelte durch einen Pizzaservice gebrauchte Bücher ein und flog diese kostenlos nach Kolumbien, wo die Bücher an Schulen verteilt wurden. Die Air France-KLM Gruppe transportiert hunderte von gebrauchten, generalüberholten Fahrräder, in Länder, wo sie einem guten Zweck zugeführt werden. Die gespendeten Fahrräder werden vor ihrem Transport in den Niederlanden von jungen Menschen eines Trainings- und Wohnzentrums für unterprivilegierte Jugendliche repariert. Eine Angabe, welche Kriterien herangezogen werden, um diese vereinzelten Aktionen zu erwähnen, bzw. ein Vergleich findet nicht statt (Airline Trends, o. J.).
Laut einer Studie der Universität Bonn haben Fluggesellschaften im Vergleich zu anderen Branchen eher einen schlechten Ruf in punkto CSR. In dieser Studie wurde die unternehmerische Verantwortung unterschiedlicher Branchen bewertet. Mit einem Wert von -36 werden Fluggesellschaften gleich bewertet wie Fast-Food-Ketten (Hartmann/Kliebisch/Lendle 2014, S. 12). In einem Branchenvergleich mit anderen Airlines wurde die Air-France-KLM-Gruppe in 11 aufeinanderfolgenden Jahren als Branchenführer in Nachhaltigkeit im Dow-Jones-Sustainability-Index ausgezeichnet. Peeters et al. schließen daraus, dass der wiederholte erste Platz ein Indikator für die mangelnden Ambitionen anderer Fluggesellschaften ist (Peeters et al. 2017, S. 237).
2 Grundlagen
Für die Durchführung einer Analyse sind theoretische Überlegungen notwendig, die vor allem zur Abgrenzung des Untersuchungsbereichs sowie zur Findung geeigneter Kriterien für den Vergleich der CSR-Strategien von Airlines unerlässlich sind. Es werden unterschiedliche Konzepte beschrieben.
2.1 Corporate Social Responsibility
Weder Gründe noch Konsequenzen von Corporate-Social-Responsibility-Aktivitäten werden in der Fachliteratur einheitlich erläutert. Die zahlreichen in der Wissenschaft existierenden Definitionen führen dazu, dass die theoretische Entwicklung des Themas und ein Vergleich erschwert werden. Eine gängige Übersetzung lautet „soziale Verantwortung von Unternehmen“. Je nach Kontext bedeutet „social“ allerdings „sozial“ oder „gesellschaftlich“ (Gogoll/Wenke 2017, S. 187). Die Definition der Europäischen Kommission beschreibt CSR als ein Konzept, das den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit sowie in die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern zu integrieren (EU-Kommission o. J.; Gogoll/Wenke ebenda).
Nach dieser geradlinigen Definition der EU-Kommission darf die kritische Erklärung von Milton Friedmann nicht fehlen: „The social responsibility of the firm is to increase its profits“ (Friedmann 1970). Friedmann ist ein Vertreter von CSR als ein strategisches Instrument zur Erreichung wirtschaftlicher Ziele. 1970 veröffentlichte er den bekannten Grundsatz im New York Times Magazine. In diesem Artikel erklärt Friedman zunächst, dass mit „Business“ Geschäftsleute gemeint sein müssen, die allerdings in einem Unternehmen nur dem Arbeitgeber bzw. Eigentümern oder Shareholdern Rede und Antwort stehen müssen - dies unter Berücksichtigung gesellschaftlicher Grundregeln und Normen. Wenn eine CSR-Strategie der Gewinnmaximierung dient - etwas tun, weil man sich dadurch einen Wettbewerbsvorteil erhofft - wäre dies nach Friedmann zulässig.
Das Oxford Handbook of Corporate Social Responsibility schlägt aufgrund des fehlenden Konsenses zu einer einheitlichen Definition vor, CSR nicht als Theorie einzuordnen, sondern als „field of scholarship“ - also ein Forschungsfeld und, oder eine noch weiterzuentwickelnde Wissenschaftslehre (Crane et al. 2008, S. 6).
Vorreiter in der Entwicklung der sozialen Verantwortung der Unternehmen sind hauptsächlich größere Unternehmen, doch agieren Unternehmen aller Art - öffentliche wie private, einschließlich der kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) und der Genossenschaften - bereits sozial verantwortlich (EU-Kommission Grünbuch 2017, o. S.).
2.2 Abgrenzung zu verwandten Konzepten
Mit dem Konzept der Corporate Social Responsibility werden häufig Begriffe verbunden, die teilweise ihre Nuancierung auf andere Bereiche setzen und sich daher nicht trennscharf abgrenzen lassen. Die nächsten Unterkapitel sollen ein Verständnis dafür vermitteln, welche Konzepte nicht nur mit CSR in Verbindung gebracht werden, sondern auch oftmals davon ausgegangen wird, dass es sich um dasselbe Konzept handelt. Diese Arbeit legt keine Betonung auf die trennscharfe Nutzung der verwandten Begriffe.
2.2.1 Corporate Citizenship
Bei dem Konzept „Corporate Citizenship“ wird angenommen, dass ein Unternehmen als Kapitalgesellschaft zunächst ähnliche Pflichten einer gesellschaftlichen Verantwortungsübernahme verfolgen sollte wie natürliche Personen. Die Konzepte „Corporate Social Responsibility“ und „Corporate Citizenship“ ergänzen sich hinsichtlich der Entwicklung von unternehmerischen Zielen auf der Basis sozialer Verantwortung. Ein Mix aus ethischer und ökonomischer CSR, in dem das Unternehmen als „Corporate Citizen“ betrachtet wird, bekommt also einen quasi-personalen Charakter zugesprochen. Auf der Basis dieses Charakters wird eine Mischung aus generellen Moralprinzipien und eindeutigen Regeln abgeleitet (Braun 2010, S. 50-51).
Corporate Citizenship hat sich in Deutschland als fester Bestandteil der Unternehmenskultur etabliert. Immer mehr Unternehmen engagieren sich als gute Bürgerin oder guter Bürger für das Gemeinwohl und übernehmen so eine zusätzliche gesellschaftliche Verantwortung. Das gesellschaftliche Engagement wird in die Unternehmensstrategie eingebettet und als Bestandteil der Unternehmenskultur integriert (Suchanek 2017, o. S.).
2.2.2 Corporate Social Investment
Corporate Social Investment beinhaltet alle gesellschaftlichen Aktivitäten, die außerhalb der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit eines Unternehmens liegen und nicht direkt zur Kerntätigkeit gezählt werden können. Dazu zählen Zuwendungen, die an Personen und Organisationen außerhalb des Unternehmens abgegeben werden und nicht zur Gewinnerzielung dienen. Garriga und Melé vertreten die Theorie, dass durch die stetig geringeren Kosten für Technologien große multinationale Konzerne eine teilweise größere ökonomische und gesellschaftliche Macht haben als manche Regierungen. Konzerne übernehmen demnach Aufgaben, für die Regierungen verantwortlich sein sollten (Garriga/Melé 2004, S. 57).
Die Warwick Business School vertritt die Auffassung, dass es für Unternehmen nicht mehr ausreichend ist, die Gesellschaft nicht zu schädigen, nach der Devise: „do no harm“. Vielmehr müssen Unternehmen heutzutage einen positiven Nutzen nachweisen und sich unmittelbar an sozialen Investitionen beteiligen (Warhurst 2001, S. 58).
2.2.3 Corporate Governance
Corporate Governance umschreibt die verantwortungsbewusste innere Ausrichtung und Verpflichtung des Unternehmens zu bestimmten Werten. Dabei verpflichten sich sowohl die Unternehmensführung als auch die Angestellten zur Einhaltung des unternehmerischen Leitbildes und bestimmten ethischen Grundsätzen. Zu den in der Einleitung genannten Skandalen gibt es weitere zahlreiche Korruptionsaffären und moralische Verwerfungen, die durch Manager herbeigeführt oder zumindest toleriert wurden und die dazu beigetragen haben, dass Corporate-Governance-Konzepte gefordert und von Regierungen verabschiedet wurden (Buchholtz/Brown/Shabana 2008, S. 337).
Der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) bietet Ansätze für eine Regulierung. Er wurde im Jahr 2002 von einer durch die Bundesregierung eingesetzten Kommission formuliert (Gogoll/Wenke 2007, S. 185). Das amerikanische Pendant wurde 2002 als Sarbanes-Oxley-Act (SOX), benannt nach den gleichnamigen Senatoren, als Reaktion auf US-amerikanische Betrugsfälle und Bilanzfälschungen verabschiedet (Feldbauer-Durstmüller/Pernsteiner 2009, S. 209). Durch Governance-Kodizes werden gleiche Wettbewerbsbedingungen und verlässliche Rahmenbedingungen geschaffen.
2.2.4 Stakeholder-Theorie
In der wissenschaftlichen Literatur wird teilweise eine Verknüpfung zwischen Stakeholder-Theorie und CSR vorgenommen. Die Stakeholder-Theorie wird auch als Vorgehensweise oder Managementkonzept gesehen, um Corporate Social Responsibility in der Unternehmenspraxis umzusetzen (Garriga/Melé 2004, S. 53-55). Die Shareholde-Theorie gilt als Antonym und geht auf die Aussage Friedmanns zurück (siehe auch Kapitel 2.1.). Obwohl es keine eindeutige Übereinstimmung gibt, welche Interessengruppen in der Stakeholder-Theorie eine Berücksichtigung verdienen, bezieht sich eine allgemein akzeptierte Interpretation auf Aktionäre, Kunden, Mitarbeiter, Lieferanten und die lokale Gemeinschaft.
Die Befriedigung der Bedürfnisse der Anspruchsgruppen ist das oberste Ziel eines Unternehmens. Unternehmen mit einer starken ethischen Identität und hohem sozialen Verantwortungsbewusstsein erreichen einen höheren Grad an Zufriedenheit der betroffenen Anspruchsgruppen (motivierte Mitarbeiter, zufriedene Kunden, usw.), was letztlich die finanzielle Performance des Unternehmens positiv beeinflusst (Feldbauer-Durstmüller/Pernsteiner, 2009, S. 179).
2.3 Semantisches Netz
Um die Begriffe und ihre Beziehungen gedanklich miteinander verknüpfen zu können, wird mittels eines semantischen Netzes die Einordnung der unterschiedlichen Themen erleichtert. Das Thema CSR geht über eine Ausrichtung der drei Themenblöcke ökologisch, ökonomisch und sozial bzw. gesellschaftlich hinaus.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung1:Semantisches Netz (eigene Darstellung)
2.4 CSR in der zivilen Luftfahrt
Der Abschnitt legt den Zeitrahmen der CSR-Veröffentlichungen und die Kontroversen, denen Fluglinien ausgesetzt sind, dar. In den weiteren Unterkapiteln werden die Unterschiede der Geschäftsmodelle der Low-Cost-Carrier und der Netzwerk-Airlines betrachtet.
Im Jahr 1992 haben Fluggesellschaften damit begonnen, Nachhaltigkeitsberichte zu veröffentlichen. British Airways gilt dabei als Vorreiter. Die britische Fluggesellschaft brachte als erste Airline einen eigenen Report über ihre Umweltaktivitäten heraus. Im darauffolgenden Jahr wurde ein Corporate Sustainability Report mit Maßnahmen und Elementen sozialer Belange veröffentlicht (British Airways 1992; Ruske/Preston 2011). Im Vergleich zu anderen Branchen ist die Anwendung von CSR-Methoden und einer entsprechenden Berichterstattung in der Airline-Industrie nicht weit verbreitet (Peeters et al. 2017, S. 237).
Die nachhaltige Nutzung von Ressourcen ist für Fluggesellschaften von besonderer Bedeutung, da der Verbrauch von Kerosin und die damit einhergehenden Einsparungspotentiale bei bspw. neueren, sparsameren Triebwerken und leichteren Materialen im Flugzeugbau eine erhebliche Wirkung erzielen können. Bedeutung hat daher z. B. das Flottenalter. Fluglinien sind in diesem Punkt allerdings zum Teil abhängig von Flugzeugherstellern und dem technologischen Fortschritt. In Perioden hoher Kerosinpreise ist der Ölpreis neben den Personalkosten der größte Kostenfaktor (Doganis 2003, S. 101). Zusätzlich muss sich diese Branche für Luftverschmutzung, Fluglärm, CO2-Emmissionen und teilweise für schlechte Arbeitsbedingungen rechtfertigen (Chang et al. 2015, S. 7762). CSR ist für Fluggesellschaften daher eine der Möglichkeiten, sich von der Konkurrenz abzusetzen.
Der Dow Jones Sustainability Index (DJSI) ordnet Fluggesellschaften als verbesserungsfähig ein (ebenda, S. 7763). Für CSR offen zu sein, ist daher mit etlichen Vorteilen verbunden. Man bedenke die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Eröffnung neuer Märkte, das Anziehen neuer Geschäfte in unterschiedlichen Regionen der Welt, die Minimierung von Abfall und die Reduktion von Lärm, Verbesserungen hinsichtlich Treibstoff und nachhaltiger Technologien (Asatrayan 2014, S. 35). Die CSR-Ansätze vieler Fluglinien können derzeit noch häufig als defensiv bezeichnet werden.
2.4.1 Netzwerk-Airlines
Für die meisten Regierungen war es bis in die 1980er Jahre von großem Interesse, mindestens eine Staatsfluglinie zu besitzen. Die sogenannten Flag-Carrier waren nicht nur gut für das Image, sondern sie hatten auch den Auftrag, Personen und Fracht in Friedens- und Kriegszeiten im Auftrag der Regierungen zu transportieren. Bis Mitte der 1980er Jahre waren viele Fluggesellschaften noch in Staatsbesitz - mit Ausnahme einiger US-Fluglinien. Die Liberalisierungsbestrebungen des internationalen Luftverkehrs in dieser Zeit erforderten, dass Fluggesellschaften alte Geschäftspraktiken aufgaben, um wettbewerbs- und kundenorientierter zu agieren.
Mit Beginn des neuen Jahrtausends befanden sich viele Fluggesellschaften im Prozess der vollständigen oder teilweisen Privatisierung oder ihre Regierungen gaben die Intention hierzu bekannt (Doganis 2003, S. 4). Durch oder mit der Privatisierung mussten sich Fluggesellschaften mit CSR auseinandersetzen und konnten sich nicht mehr darauf verlassen, dass die Regierung gesellschaftliche Pflichten übernahm. Der Begriff „Netzwerk-Airline“ oder „klassische Fluggesellschaft“ wird verwendet, wenn ein dichtes Streckennetz mit aufeinander abgestimmten Anschlussflügen im Hub-and-Spoke System[2]des Linienverkehrs angeboten wird (Vespermann/Holztrattner 2015, S. 11). Ein Zu- und Abbringer-Dienst zu den Hubs[3]gewährleistet eine gute Streckenabdeckung und dient auch einer besseren Auslastung der Flugzeuge auf interkontinentalen Strecken. Netzwerk-Airlines bedienen sowohl nationale als auch internationale Flugverbindungen, mit großer Präsenz an dem Heimatflughafen, an dem zusätzlich Punkt-zu-Punkt Verbindungen mit Orten mit höherem Verkehrsaufkommen angeboten werden. Im Ausland werden idealerweise Hauptflughäfen mit guten Umsteigemöglichkeiten, aber auch Sekundärflughäfen, die über ein hohes Verkehrsaufkommen verfügen, angeflogen (Conrady/Fichtert/Sterzenbach 2013, S. 227-229). In der Regel sind Netzwerk-Airlines in Allianzen wie One-World et al. zusammengeschlossen, um mittels aufeinander abgestimmter Linienflüge, gemeinsamer Streckenrechte, konzentrierter Flotten- und Ersatzteilbestellungen sowie gemeinsamer Qualitätsstandards Synergieeffekte respektive Effizienzsteigerungen zu generieren (Scherle/Rosenbaum 2017, S. 402).
Viele Airlines bieten ein breites Dienstleistungsspektrum an, das alle wesentlichen Leistungen, wie Gepäckbeförderung, Sitzplatzreservierung, Essen und Getränke, beinhaltet. Darüber hinaus verfügen die Airlines über unterschiedliche Flugzeugtypen und bieten traditionell drei, oftmals auch vier Beförderungsklassen an (First-Class, Business-Class, Premium Economy/Economy Plus und Economy-Class). Weitere Annehmlichkeiten sind Vielfliegerprogramme sowie Verträge mit Firmen, die ein hohes Flugaufkommen haben und eine größere Flexibilität bei Stornierungen und Änderungen für die reisenden Mitarbeiter benötigen. Der Verkauf der Tickets, also die Distribution, erfolgt direkt und indirekt über verschiedene Buchungskanäle (Conrady et al. ebenda).
2.4.2 Low-Cost-Carrier
Neben den großen traditionellen Fluggesellschaften, die in der Vergangenheit meist in Staatsbesitz waren und die durch die Art ihrer Streckennetzstruktur als Netzwerk-Carrier bezeichnet werden, gibt es seit den 1970er Jahren ein Geschäftsmodell, das dem traditionellen Modell Konkurrenz bietet. Low-Cost-Carrier, Billigfluggesellschaften oder auch sogenannte No-Frills oder Low-Fare-Airlines sind konventionelle Bezeichnungen für Fluggesellschaften mit der Marktstrategie, Flüge erheblich kostengünstiger anzubieten als klassische Fluggesellschaften (Jarach 2006, S. 51-55). Ein einheitliches Geschäftsmodell dieser Low-Cost-Carrier ist jedoch nicht festzustellen. Ein Unterscheidungsmerkmal innerhalb dieses Marktsegments ist die Ausrichtung auf entweder günstige Tarife mit eingeschränktem Service, oder im Falle der sogenannten No-Frills-Airlines, auf die Kernleistung: den eigentlichen Transport von A nach B ohne jegliche Extras im Grundpreis (Groß/Schröder 2005, S. 3). Das maßgebliche Unterscheidungsmerkmal ist das Berechnen von Leistungen wie bspw. Sitzplatzreservierung, bevorzugtes Boarding bzw. Priority Boarding, zusätzliche Gebühren für aufgegebenes Gepäck oder sogar Gebühren für den Check-In am Flughafenschalter. Das Streckennetz in diesem Geschäftsmodell ist geprägt vom Punkt-zu-Punkt- Verkehr oder Direktverbindungen auf stark frequentierten Kurz- und Mittelstrecken mit dem Ziel einer maximalen Betriebsauslastung der Flugzeuge, kurzen Bodenzeiten, einheitlicher Beförderungsklasse und einer Mindestpersonalbesatzung. Der Passagier bucht nicht über ein zwischengeschaltetes Reisebüro, sondern fast ausschließlich online auf der unternehmenseigenen Webseite oder auch über ein Call-Center. Von Vielfliegerprogrammen wird im Regelfall abgesehen.
Bevorzugt nutzen Low-Cost-Carrier Sekundärflughäfen mit geringeren Flughafengebühren, um eine konsequente Kostenreduktion umsetzen zu können (Maurer 2006, S. 43). Diese in der Regel kleineren Flughäfen bieten auch noch Raum für Expansion im Gegensatz zu den stark nachgefragten Hauptflughäfen. Das schnelle Wachstum in diesem Segment ist den Low-Cost-Airlines aus Großbritannien und Irland zuzuschreiben. Im Jahr 1994 flogen noch weniger als drei Millionen Passagiere im Jahr mit Low-Cost-Airlines innerhalb Europas. 1999 verzeichneten die Vertreter dieses Geschäftsmodells bereits 17,5 Millionen Passagiere im Jahr. Der Low-Cost-Monitor des DLR berichtet für das Jahr 2016 51,5 Millionen Passagiere im Low-Cost-Sektor (DLR 2017, o. S.). Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt bezeichnet all jene Fluggesellschaften als Low-Cost-Carrier: „…die generell verfügbare günstige Flugpreise auf einer Vielzahl von Flügen anbieten, welche sich im Wesentlichen nach dem noch vorhandenen Vorausbuchungszeitraum bzw. dem Flugtag und der Buchungslage richten“ (DLR 2016, o. S.).
3 Auswahl der Luftverkehrsgesellschaften
Bei der Auswahl der Fluggesellschaften zur Beantwortung der Forschungsfrage wurde das Geschäftsmodell der Low-Cost-Airlines und der Netzwerk-Airlines herangezogen. Maßgeblich für die Auswahl war die Relevanz auf dem deutschen Markt. Um die Vergleichbarkeit zu gewährleisten, wurden zwei Fluglinien aus Europa mit ähnlichen Konzernstrukturen gewählt. Die starke Abhängigkeit des CSR-Fokus vom Standort, dem Geschäftsmodell und der Unternehmensperformance ist ein weiterer Grund für die getroffene Auswahl. Beide Netzwerk- Airlines betreiben mehrere Fluglinien bzw. Marken, die Kurz-, Mittel- und Langstrecken bedienen. Die Flotten weisen ähnlich heterogene Strukturen auf. Durch die geographische Nähe der Hubs werden die gleichen oder unmittelbar benachbarte Märkte bedient.
Die jeweils jüngsten CSR-Reports wurden für diese Analyse herangezogen. Trotz der nicht übereinstimmenden Perioden der Betrachtung, erscheint es dennoch sinnvoll, den jeweils letzten CSR-Report heranzuziehen. Diese sind:
- AF-KLM: Corporate Social Responsibility Report 2016. Als Download auf der Webseite erhältlich.
- Lufthansa-Konzern: Balance, Ausgabe 2017 für das Berichtsjahr 2016, gedruckte Ausgabe und als Download auf der Webseite erhältlich.
- Ryanair: Sowohl die Homepage Ryanair.com enthält einen Link zu den Unterseiten mit CSR-Themen unter dem Titel: Ryanair Environmental, Social & Governance (ESG) Policy, als auch die Investor Relations Seite.
- EasyJet listet die Themen mit einem Verzeichnis der Unterthemen übersichtlich auf der entsprechenden Seite der Homepage auf.
3.1 Netzwerk-Airlines
Bei den ausgewählten Netzwerk-Airlines Air France-KLM und die Lufthansa-Gruppe handelt es sich um europäische Unternehmen, die, im Falle der Air France-KLM, der One World Allianz und, im Falle der Lufthansa-Gruppe, der Star Alliance angehören.
3.1.1 Air France-KLM
Die Air France-KLM-Gruppe mit den Marken Air France, KLM Royal Dutch Airlines, Transavia und HOP! fliegt zu 320 Destinationen in 114 Ländern (Air France-KLM 2017). Die Hubs der Fluglinien sind in Paris-Charles de Gaulle und Amsterdam-Schiphol angesiedelt. Mit den beiden letztgenannten Airlines bedient die Gruppe auch den Low-Cost-Bereich für Kurz- und Mittelstrecken. Der Zusammenschluss der beiden ehemaligen staatlichen Fluglinien wurde im Mai 2004 beschlossen. Trotz der Fusion blieben die Marken Air France aus Frankreich und KLM aus den Niederlanden unverändert bestehen. Um sich im harten Konkurrenzkampf behaupten zu können, erhofften sich die Airlines durch diesen Zusammenschluss Synergieeffekte. Das Streckennetz wurde optimiert und Doppelbedienungen von Strecken wurden nach der Fusion eingestellt. Einkaufsvorteile bei Flugzeugen, Einsparungen bei Versicherungen und der Vereinheitlichung von Computersystemen helfen, Kosten zu senken und somit die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Mit den Low-Cost-Marken Transavia und HOP! versucht der Konzern gegen die beiden Branchengrößen Ryanair und EasyJet zu konkurrieren.
3.1.2 Lufthansa-Gruppe
Gegründet im Jahr 1926 durch die Fusion des Deutschen Aero Lloyd mit der Junkers Luftverkehr AG, nahm die heute als Lufthansa bekannte Airline zunächst als Deutsche Luft Hansa den Flugverkehr auf. Sie zählt zu den Pionierunternehmen der zivilen Luftfahrt. Im Jahr 1951 wird die „alte“ Lufthansa liquidiert, 1954 erfolgt die Neugründung unter dem auch heute noch gültigen Namen Deutsche Lufthansa AG. Ein Jahr später wurde der nationale und internationale Flugbetrieb wiederaufgenommen (Scherle/Rosenbaum, 2017, S. 401).
Die heutige Lufthansa-Gruppe zählt die Marken Lufthansa, Austrian Airlines, Swiss, Edelweiss Air, Brussels Airlines und Eurowings, Germanwings zum Verbund. Zu den Hubs dieser Airlines zählen Frankfurt, München, Wien, Zürich, Köln und Brüssel für Flüge zu 308 Zielen in 103 Ländern (Lufthansa Konzern Balance 2017, S. 5). Die Marken Eurowings, German Wings bedienen den Low-Cost-Sektor, Edelweiss Air in der Schweiz bedient den touristischen Sektor. Die Flugzeuge der Brussels Airlines werden zum Teil im Wet-Lease[4]für die Eurowings eingesetzt.
Im März 2005 übernahm der Lufthansa-Konzern die Swiss, unter der Auflage, die Marke Swiss zu erhalten und den Hub Zürich neben den Drehkreuzen Frankfurt und München fortbestehen zu lassen. Die Übernahme der defizitären Austrian Airlines im Jahre 2009 konnte durch die Zusage der „integrierten Eigenständigkeit“ umgesetzt werden. Durch die Übernahme von Swiss und Austrian Airlines wird der Lufthansa-Konzern zur größten Fluggesellschaft Europas. Auch dieser Luftfahrtkonzern realisiert das Wachstum durch den Low-Cost-Carrier Eurowings - ähnlich zur Air France-KLM Gruppe, deren Wachstum auf die Low-Cost-Marken zurückzuführen ist.
[...]
[1]Synonym werden die Low-Cost-Carrier auch als No-Frills-Airlines, Budget Airlines, Discount Airlines, Billigflieger, Sparflieger und Niedrigpreis-Fluggesellschaften bezeichnet.
[2]Gängige Bezeichnung für einen zentralen Knotenpunkt für Verbindungen zu den weiteren Zielen (eigene Übersetzung).
[3]Hub = Drehkreuz einer Fluglinie (eigene Übersetzung).
[4]Wet-Lease wird als eine Form des Flugzeug-Leasings verstanden, das die Miete des Flugzeugs, einschließlich Cockpit-Crew, Kabinenpersonal, Wartung und Versicherung von einer anderen Fluggesellschaft, beinhaltet.